Von Frank Pfaff, dpa
Heiligendamm (dpa) – Der Protest hat auf den Feldern rund um
Heiligendamm neue Wege gefunden. Ungeachtet höchstrichterlicher
Beschlüsse und vorbei an einem Großaufgebot der Polizei marschierten
tausende Globalisierungsgegner unbeirrt durch die Sicherheitszone bis
zum Zaun um den Tagungsort der Staatschefs beim Gipfel der sieben
führenden Industrienationen und Russlands. Das Stacheldraht bewehrte
Bollwerk sollte das Treffen der G8 vor Anschlägen schützen – und
hielt damit auch den Protest von den Politikern weitgehend fern.
Dass die G8-Kritiker wenigstens bis zum Zaun vordrangen, ist für
den Sprecher der globalisierungskritischen Organisation Attac, Peter
Wahl, ein wichtiger Etappensieg der selbstbestimmten
Bürgergesellschaft. «Das waren wunderbare Gegenbilder – die
martialische Stahlfestung und der bunte, friedliche Protest.»
Schon Tage vor dem Treffen hatte die G8-Polizeieinheit Kavala die
Sicherheitszone um den Tagungsort auf drei bis fünf Kilometer vor den
Zaun ausgedehnt. Protestaktionen innerhalb dieses Korridors waren
damit verboten. Das wollten die Organisatoren der Proteste, die am
liebsten direkt vor das Tagungshotel im Ostseebad marschiert wären,
nicht hinnehmen. Sie zogen vor Gericht und bekamen zunächst auch
Recht. Nach langem juristischem Tauziehen verbot dann am Ende das
Bundesverfassungsgericht unter dem Eindruck der schweren Krawalle von
Rostock mit vielen Verletzten doch einen geplanten Sternmarsch nach
Heiligendamm und Mahnwachen. Da waren die Demonstranten an einigen
Stellen aber schon bis fast an den Zaun vorgerückt.
Nach Überzeugung von Anwalt Carsten Gericke, der die Sternmarsch-
Organisatoren vertrat, haben die Sicherheitskräfte das Verbotsurteil
mit «falschen Tatsachen zur Bedrohungslage» erwirkt. «Da wurde ein
Großangriff auf den Zaun prophezeit. Erlebt hat die Welt einen
kreativen und vor allem einen friedlichen Protest.»Dem Urteil aus
Karlsruhe kann der Jurist viel Positives abgewinnen: «Das
Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass ein Grundrecht wie
das der Versammlungsfreiheit nicht so einfach auf eine so riesige
Fläche von 40 Quadratkilometern ausgedehnt werden kann.» Die Richter
hatten ihre Bedenken gegen das Verbot sehr deutlich formuliert, sich
letztlich aber unter Hinweis auf etwa 2000 gewaltbereite Autonome in
der Region Rostock den Sicherheitsrisiken gebeugt.
Karlsruhe/Heiligendamm (dpa) – Der für diesen Donnerstag zum
Tagungsort des G8-Gipfels in Heiligendamm geplante Sternmarsch von
Globalisierungskritikern bleibt verboten. Das
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wies am Mittwoch einen gegen
das Verbot gerichteten Eilantrag ab. Der Sternmarsch dürfe angesichts
der Sicherheitsrisiken nicht in der Verbotszone um den Tagungsort
stattfinden.
Karlsruhe (Reuters) – Die Globalisierungskritiker dürfen nicht in der erweiterten Schutzzone rund um den Tagungsort des G-8-Gipfel in Heiligendamm demonstrieren.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wies am Mittwoch einen Eilantrag der G-8-Gegner gegen das weiträumige Demonstrationsverbot ab und bestätigte die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Greifswald. Angesichts der Sicherheitsrisiken dürfe der von den Demonstranten geplante Sternmarsch am Donnerstag nicht in der Sicherheitszone stattfinden, erklärte das Verfassungsgericht und verwies zur Begründung auf die Ausschreitungen in Rostock am Samstag.
Es bestehe die Gefahr, dass auch der Sternmarsch von gewalttätigen Störern genutzt würde. Allerdings äußerten die Verfassungsrichter auch Bedenken gegen ein derart weiträumiges Demonstrationsverbot.(Az.: 1 BvR 1423/07)
weiter...05.06.2007: Karlsruhe/MVregio Das Bundesverfassungsgericht wird noch am (heutigen) Dienstag über zwei der insgesamt drei Beschwerden von Globalisierungskritikern zum G8-Gipfel entscheiden.
Beschlüsse zu einer Mahnwache am Tagungsort und zu einer Demonstration am Flugplatz Rostock-Laage sollten schnell beraten werden, sagte eine Sprecherin des höchsten deutschen Gerichts heute in Karlsruhe auf Anfrage. Eine Entscheidung zum geplanten Sternmarsch nach Heiligendamm sei wahrscheinlich erst für diesen Mittwoch zu erwarten. Insgesamt lagen bis zum Vormittag drei Verfassungsbeschwerden zu Versammlungsverboten und Auflagen rund um den Tagungsort vor.
weiter...Beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ist in der Nacht die Verfassungsbeschwerde gegen das Demonstrationsverbot rund um den G8-Tagungsort eingegangen. Ein Urteil könnte noch heute fallen.
Karlsruhe (dpa) Nach Angaben einer Gerichtssprecherin erreichte die Beschwerde mit Eilantrag kurz nach Mitternacht das Gericht. Wann eine Entscheidung zu erwarten ist, wurde zunächst nicht bekannt. Der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht, Ernst Gottfried Mahrenholz, erwartet eine für die Organisatoren des Sternmarsches positive Entscheidung.
weiter...Berlin/ AP - Der frühere Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ernst Gottfried Mahrenholz, erwartet, dass das Demonstrationsverbot rund um den G-8-Konferenzort in Heiligendamm aufgehoben wird. Das lasse sich anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts klar ausmachen, sagte Mahrenholz am Montag im Deutschlandradio Kultur. Demnach dürfe das Ziel der Demonstration «legitimerweise und vom Grundgesetz her der Ort der Veranstaltung sein».
weiter...04.06.2007: Karlsruhe/MVregio In der Auseinandersetzung um die geplanten Demonstrationen am Rande des G8-Gipfels in Heiligendamm wird das Bundesverfassungsgericht die endgültige Entscheidung treffen.
Wie eine Gerichtssprecherin heute in Karlsruhe mitteilte, ging in der Nacht eine Verfassungsbeschwerde gegen das allgemeine Versammlungsverbot am G8-Konferenzort ein. Wann das Gericht darüber entscheide, stehe noch nicht fest. Die Beschwerde sei mit einem Eilantrag verbunden.
weiter...Anwältin Donat klagt gegen Verbot des Sternmarschs: “Demonstrationsfreiheit wurde wegorganisiert”
FREIBURG taz Am Flughafen Rostock-Laage wird es nun doch drei Kundgebungen von Gipfel-Gegnern geben. Dies teilte gestern Rechtsanwalt Hans-Eberhard Schultz mit, der die G-8-Gegner vertritt. Am Flughafen Laage kommen viele der Gipfel-Teilnehmer an.
Die Einigung wurde am Samstag vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald ausgehandelt. Ursprünglich war auch am Flughafen ein großflächiges Demonstrationsverbot vorgesehen. Die Polizei fürchtete nicht nur terroristische Anschläge, sondern auch, dass einzelne Gipfelgegner über Zäune klettern und Richtung Rollfeld laufen könnten. Dies würde den engen Zeitplan der Gäste durcheinanderbringen. Die Anmelder der Kundgebungen, der linke Europaabgeordnete Tobias Pflüger und der Deutsche Friedensrat e. V., bestanden aber auf Kundgebungen in der Nähe des Flughafens. Der Flughafen sei Sinnbild für die enge Beziehung von G-8-Politik und Militarisierung der Außenpolitik. Zumindest drei Kundgebungen in Weitendorf, Striesdorf und Friedrichshof sind nun möglich. Für eine vierte in Kronskamp war keine Einigung zu erzielen. Hier muss das OVG nun eine Entscheidung treffen, die für heute erwartet wird.
Source: http://www.taz.de/dx/2007/06/04/a0142.1/text weiter...Gestern Schwerin, heute Greifswald, morgen Karlsruhe: Deutschlands Juristen sind sich uneinig darüber, welches Recht sie höher bewerten sollen – das auf Versammlungsfreiheit oder jenes auf körperliche Unversehrtheit. Es hat den Anschein, dass sie sich den „Fall Heiligendamm“ wie ein heißes Eisen, an dem man sich verbrennen kann, im Eiltempo zuwerfen. Jetzt muss das Verfassungsgericht Karlsruhe abschließend entscheiden, ob eine Bannmeile zum G8-Gipfel rund um Heiligendamm rechtswidrig ist oder nicht. Und die ganze Welt schaut zu.
Doch so sehr die gegensätzlichen Entscheidungen der letzten Tage auch verwirren mögen, einen Schluss lassen sie nicht zu: Unsere Justiz könne wankelmütig sein. Denn unabhängig davon, ob sie gerade für oder gegen ein Versammlungsverbot entscheiden: Die Richter benennen stets plausible Gründe. Die Justiz hat in unserem Staat unüberhörbar das letzte Wort – ein gutes Zeichen für den Zustand einer Demokratie. Das sei all jenen ins Stammbuch geschrieben, die nimmermüde Vergleiche mit totalitären Systemen heranziehen.
Eines allerdings ist auch klar: Ein Deutschland, das Proteste von Globalisierungskritikern in Sicht- und Hörweite von Mächtigen toleriert, wirkt in der Welt allemal sympathischer als ein Land, das Demonstrationen verbietet. Erst recht dann, wenn keine 100 Kilometer weiter Neonazis marschieren dürfen.
JÖRG KÖPKE
[http://www.ostsee-zeitung.de]
HEILIGENDAMM. Wenn die G8-Staatslenker kommende Woche in Mecklenburg-Vorpommern eintreffen, sind die Gegner schon seit Tagen da.
Mit der heutigen Großdemonstration in Rostock beginnt der Reigen von Gegenveranstaltungen rund um den in der kommenden Woche in Heiligendamm an der Ostsee beginnenden G8-Gipfel. Zu der Kundgebung gegen die Globalisierung und das Treffen der 7 führenden Industrienationen und Russlands erwarten die Organisatoren 100.000 Teilnehmer.
Zwei Tage davor hatten die Gipfelgegner eine herbe Niederlage erlitten: Das Oberlandesgericht Greifswald hob eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf. Nun dürfen Demonstrationen rund um den Tagungsort diesem doch nur bis auf mehrere Kilometer nahe kommen. "Wir sehen nicht ein, dass unser Sternmarsch zu einem Gänsemarsch zurecht gestutzt wird", empört sich der Organisator der für Donnerstag geplanten Großdemonstration, Matthias Monroy. Weitab jeder Wahrnehmung durch die in Heiligendamm tagenden Staats-chefs dürfen die Demonstranten lediglich den Bereich einer Bundesstraße nutzen. Die Gipfelgegner sehen das Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt und wollen nun vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.
weiter...02.06.07, 18:37
Das Demonstrationsverbot rund um den G8-Gipfel der führenden Industrienationen in Heiligendamm sorgt weiter für hitzige Diskussionen.
Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz nannte die Maßnahme überzogen. Nach Ansicht des früheren Vize-Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Ernst Gottfried Mahrenholz, widerspricht das Verbot der bisherigen Rechtsprechung des höchsten deutschen Gerichts. Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) verteidigte dagegen die Sicherheitsvorkehrungen.
Symbol gewalttätiger Demonstrationen
Ein kleiner Teil der Demonstranten verfüge über ein erhebliches Aggressionspotenzial und wolle den Gipfel verhindern. “Wir haben eine Verpflichtung, dass alles sicher und ordnungsgemäß abläuft. Da ist leider räumlicher Abstand eine gewisse Garantie dafür”.
Wiefelspütz kritisierte: “Wer sich friedlich gegen den G8-Gipfel wendet, muss dies auch in der Nähe des Veranstaltungsorts Heiligendamm tun dürfen. Alles andere wird dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nicht gerecht.” Dem stimmte Mahrenholz zu. Das Bundesfassungsgericht habe seit dem Brokdorf-Urteil auf dem Standpunkt gestanden, “dass Demonstranten ein Recht darauf haben, den Ort, an dem etwas stattfindet, wogegen man demonstriert, auch zu erreichen”. Das sei jetzt der G8-Gipfel.
weiter...Globalisierungskritiker wollen Verfassungsbeschwerde gegen das Demonstrationsverbot um Heiligendamm einlegen. Der Eilantrag werde am Montag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingehen,
kündigten die Organisatoren eines für Donnerstag geplanten Sternmarsches um den Tagungsort des G8-Gipfels am Sonntag an. Die G8-Gegner forderten, der Protest müsse «in Sicht- und Hörweite» der G8-Delegierten stattfinden. Zumindest solle eine Demonstration mit 600 Teilnehmern bis zum Gipfelhotel Kempinski ermöglicht werden. Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hatte am Donnerstag das allgemeine Versammlungsverbot um den G8-Konferenzort bestätigt. Die Richter in Greifswald gestatteten lediglich Demonstrationen auf der Bundesstraße 105, die etwa fünf Kilometer von Heiligendamm entfernt verläuft. ddp/med
Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) bietet in den nächsten Tagen all jenen Rechtsbeistand an, die im Rahmen der G8 Proteste mit Polizei und Gesetz in Konflikt geraten. Der Verein besteht seit 1979 und versteht sich als Teil einer Bürgerbewegung. Erklärtes Ziel der Anwältinnen und Anwälte ist es, die Interessen von Minderheiten und Benachteiligten zu vertreten, indem sie das “Recht als Waffe” nutzen. Carsten Gericke arbeitet als Strafverteidiger in Hamburg und ist seit Jahren Mitglied im Verein. Für die Dauer des G8-Gipfels hat er in Rostock Stellung bezogen.
weiter...Das Oberverwaltungsgericht Greifswald (OVG) hat das allgemeine Versammlungsverbot um den Tagungsort des G8-Gipfels in Heiligendamm bestätigt. Damit dürfen Gegner des Treffens nicht im Umkreis von fünf bis zehn Kilometern um den Sicherheitszaun demonstrieren. Für FDP-Fraktionsvize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist die Entscheidung “problematisch”. Sie empfiehlt “dringend, das Bundesverfassungsgericht mit dem Ziel anzurufen, die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben.”
Interview mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Die Polizei in Rostock will über eine sogenannte Allgemeinverfügung vom 30. Mai bis 8. Juni in einer 200-Meter-Zone vor dem Sicherheitszaun um den G-8-Tagungsort öffentliche Versammlungen und Aufzüge verbieten. Während des Treffens vom 6. bis 8. Juni sollte die Sperrzone auf bis zu sechs Kilometer rund um Zaun erweitert werden. Das Schweriner Verwaltungsgericht hatte dagegen vor einer Woche entschieden, dass den von der Versammlungsbehörde vorgetragenen Sicherheitsbedenken außerhalb einer Pufferzone von 200 Metern durch Auflagen Rechnung getragen werden könne. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald dagegen sind die räumlichen und zeitlichen Beschränkungen des Versammlungsrechts während des Gipfeltreffens in den festgelegten Zonen rechtmäßig.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger kritisierte das Urteil. “Demonstrationen müssen aus Sicht der Liberalen weitestgehend möglich sein”, unterstrich sie. Der Freiraum für Proteste in Hör- und Sichtweite der technischen Sperre gehören aus Sicht der Liberalen “zwingend” dazu. Die Liberale verwies darauf, dass Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) das innenpolitische Klima in den vergangenen Wochen “unnötig aufgeheizt” habe. Postdurchsuchungen, Geruchsproben oder “der seltsame Umgang mit Presseakkreditierungen” hätten das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden nicht gestärkt.
Angesichts der massiven Sicherheitsvorkehrungen hatte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger schon am Mittwoch in einem Interview mit der „Thüringer Allgemeinen“ davor gewarnt, die Demonstranten zu weit vom Tagungsort der Ministerpräsidenten abzudrängen. Das Szenario bedeute für die Polizei, dass sie sich überlegen müsse, „wie sie beides hinbekommt - die friedliche Demonstration und den Schutz der Staatsgäste“.
Mit Blick auf eine mögliche Radikalisierung der Demonstration durch das Abdrängen vom Veranstaltungsort, warnte die Liberale, dass ein solches Vorgehen dazu führen könne, „dass die Gewalttätigen sich aufgefordert fühlen, sich zu radikalisieren. Und es kann auch zu einer falschen Solidarisierung führen. Das wäre schlimm und verantwortlich für eine solche Entwicklung wären nicht nur die Demonstranten sondern auch die Polizei“.
weiter...Die Verbannung von Protesten aus der Nähe des G8-Gipfelortes Heiligendamm stößt auf Kritik. In Rostock wollen heute Zehntausende demonstrieren.
Rostock (OZ/dpa/AP) Die Entscheidung des Greifswalder Oberverwaltungsgerichtes (OVG) gegen Demonstrationen von Globalisierungsgegnern nahe dem Gipfelort Heiligendamm entfachte gestern neuen politischen Streit. Das OVG hatte in der Nacht zum Freitag einen Beschluss des Schweriner Verwaltungsgerichts aufgehoben, das Proteste bis auf 200 Meter an den Sicherheitszaun heran zugestanden hatte.
Damit folgten die Greifswalder Richter Bedenken der Polizei und schickten einen für den 7. Juni geplanten Sternmarsch auf eine sechs Kilometer entfernte Bundesstraße. Die Organisatoren des Sternmarsches prüfen derzeit eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe. Sie wollen zunächst den Verlauf der heutigen Demonstrationen im Land abwarten, sagte Anwalt Carsten Gericke.
Nach Ansicht des Ex-Vize-Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Ernst Gottfried Mahrenholz, widerspricht das Demo-Verbot beim G8-Gipfel der Rechtsprechung des höchsten deutschen Gerichts. „Das Verwaltungsgericht Schwerin ist näher an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als das Oberverwaltungsgericht Greifswald“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Auch nach Ansicht des Zivilrechtlers Uwe Wesel verstößt ein Demonstrationsverbot am Zaun um den Tagungsort des G8-Gipfels gegen die Versammlungsfreiheit. „Ich rechne damit, dass das Bundesverfassungsgericht das wieder kippt“, sagte gestern der emeritierte Professor der FU Berlin. Wesel sagte zudem: „Das Bundesverfassungsgericht könnte theoretisch auch noch den ganzen Zaun kippen, weil dieser so weit um das Tagungsgelände gezogen wurde.“
Das Netzwerk Attac rechnet nach der Entscheidung mit Reaktionen von G8-Gegnern. Er befürchte zwar keine „Eskalation, aber mit Scharmützeln, ähnlich wie nach dem Ende eines Fußballspiels, rechne ich schon“, zitiert die „Netzeitung“ einen Sprecher.
weiter...G8-Kritiker wollen Demonstrationsfreiheit am Zaun von Heiligendamm vor dem Verfassungsgericht durchsetzen / Schäuble verteidigt Sicherheitsvorkehrungen
Sigrid Averesch, Regina Kerner und Daniela Vates
BERLIN. Der Streit um das von der Polizei verhängte Demonstrationsverbot um den G8-Gipfel in Heiligendamm soll kommende Woche vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden. Nachdem das Greifswalder Oberverwaltungsgericht die Polizeientscheidung zur Bannmeile vor dem Sicherheitszaun bestätigt hatte, kündigten die Veranstalter gestern einen Eilantrag in Karlsruhe an. “Wir rechnen uns gute Chancen aus”, sagte Attac-Sprecher Sven Giegold der Berliner Zeitung.
Die Karlsruher Richter hätten 1985 mit ihrem Grundsatzurteil zur Versammlungsfreiheit in Zusammenhang mit einer Großdemonstration gegen das Kernkraftwerk Brokdorf Maßstäbe gesetzt. “Wir hoffen, dass Demonstrationsfreiheit in Deutschland vor außenpolitischen Interessen steht”, sagte Giegold.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigte die Sicherheitsvorkehrungen rund um den G8-Gipfel, kommentierte die Gerichtsentscheidungen zum Demonstrationsverbot aber nicht. Es sei gut, dass polizeiliche Verfügungen überprüft werden, sagte der Minister dieser Zeitung. Er sehe den Polizeieinsatz nicht gefährdet, sollten Gerichte Demonstrationen in weiterem Rahmen zulassen. Die Polizei sei flexibel genug, ihr Konzept kurzfristig anzupassen. “Für uns ist der Schutz des Demonstrationsrechts genauso wichtig wie die Gewährung des störungsfreien Ablaufs des Gipfels”, sagte Schäuble. Der umstrittene Zaun sei in jedem Fall gerechtfertigt. “Soll ein solcher Gipfel nicht auf der Zugspitze stattfinden, muss der ungestörte Ablauf durch einen Zaun gewährleistet werden”, sagte Schäuble. “Es geht der Politik nicht darum, Ängste zu schüren.” Er betonte aber, dass er als Bundesinnenminister nur an zweiter Stelle für die Sicherheitsvorkehrungen in Heiligendamm verantwortlich sei. Auch für die Entnahme von Geruchsproben bei Globalisierungsgegner sei er nicht verantwortlich. Er kritisiere diese Maßnahmen aber auch nicht.
weiter...Freitag 1. Juni 2007, 21:54 Uhr
Rostock (AP) Grünen-Chefin Claudia Roth hat am Vorabend der Großdemonstration gegen den G-8-Gipfel in Rostock das Vorgehen der deutschen Sicherheitsbehörden mit der Lage in Russland verglichen. «Das nimmt schon Putinsche Züge an», sagte Roth am Freitagabend in Rostock über den Hochsicherheitszaun um Heiligendamm, den Ausschluss bestimmter Journalisten vom Gipfel und die Kontrolle von Körpergeruchsproben von Globalisierungsgegnern.
Nach ihrer Ansicht spielt sich eine «systematische Entrechtung» der G-8-Gegner ab. Roth will am Samstag an der Großdemonstration teilnehmen. In Russland werden Regierungsgegner regelmäßig an Demonstrationen gehindert.
Die Grünen-Politikerin forderte ein Recht zur Demonstration «in Hör- und Sichtweite» der Adressaten, also der Politiker im G-8-Tagungshotel in Heiligendamm. Genau das hat die Polizei verboten und sich mit dieser Auffassung in zweiter Instanz vor Gericht durchgesetzt. «An das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit wird wie an einen Steinbruch herangegangen», sagte Roth.
weiter...Die umstrittene Bannmeile rund um Heiligendamm bleibt – die Organisatoren des geplanten Sternmarsches sprechen von einem „schwarzen Tag“.
Greifswald/Schwerin (OZ) Die Entscheidung fiel spät. Um 22.37 Uhr drang am Donnerstagabend erstmals die Meldung nach außen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Greifswald hatte entschieden. Eine Entscheidung wie ein kleines Erdbeben. Die umstrittene Bannmeile rund um Heiligendamm bleibt zum Sternmarsch am 7. Juni bestehen. G8-Kritiker dürfen nun doch nicht näher an den Sicherheitszaun heran. Zerstört der Traum der Demonstranten, wenigstens ein leises Unmutssäuseln möge durch die dicken Mauern des Kempinski Grand Hotels an die Ohren der Mächtigen dringen. Fünf bis zehn Kilometer Abstand sind zu viel. Da kann man schreien, wie man will. Da kann der Wind stehen, wie er will.
Doch noch in der Nacht setzte eine Protestbrise ein. „Ein schwarzer Tag“, sagte ein sichtlich verärgerter Carsten Gericke, Anwalt der Organisatoren des Sternmarsches. Dies sei „ein schwerer Rückschlag für den friedlichen Protest im G8-Umfeld, ein schwarzer Tag für die Versammlungsfreiheit“, erklärte der Jurist, der umgehend ankündigte, beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einen Eilantrag wegen Grundrechtsverletzung einzulegen. Wieder einmal, wie so oft in den vergangenen Tagen, soll das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit – verankert in Artikel 8 des Grundgesetzes – auf den Prüfstand. Jetzt müssen die höchsten deutschen Richter entscheiden, nachdem Greifswald ein gegenteiliges Urteil des Schweriner Verwaltungsgerichtes aufgehoben hat. Juristen-Pingpong im Schatten des Gipfels.
weiter...Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern in Greifswald hat Globalisierungskritiker aus dem weiteren Umfeld des G8-Tagungsortes Heiligendamm verbannt. Diese sehen sich in ihren Grundrechten verletzt und wollen nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. ARD-Rechtsexperte Karl-Dieter Möller beurteilt im Interview mit tagesschau.de die Erfolgsaussichten einer solchen Verfassungsbeschwerde.
weiter...Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigt sich verärgert über die Sicherheitsdebatte und die Vorwürfe gegen ihn.
Herr Schäuble, wegen der umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen beim G8-Gipfel gelten Sie als Symbolfigur für die Einschränkung der Grundrechte. Berührt Sie das?
Wenn Sie Verantwortung haben, müssen sie diese wahrnehmen und werden kritisiert. Dem stelle ich mich. Für G8 bin ich als Bundesinnenminister jedoch nur an zweiter Stelle verantwortlich. Zaun, Demonstrationsbeschränkungen, Polizeieinsatz: Alles Sache des Landesinnenministers von Mecklenburg- Vorpommern und seiner Polizeibehörden. Aber Sie werden es nie erleben, dass ich die Arbeit der Polizei öffentlich in Zweifel ziehe, nur weil einzelne Maßnahmen auf Unverständnis stoßen. Insoweit übernehme ich gerne politische Gesamtverantwortung.
weiter...