Das Oberverwaltungsgericht Greifswald (OVG) hat das allgemeine Versammlungsverbot um den Tagungsort des G8-Gipfels in Heiligendamm bestätigt. Damit dürfen Gegner des Treffens nicht im Umkreis von fünf bis zehn Kilometern um den Sicherheitszaun demonstrieren. Für FDP-Fraktionsvize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist die Entscheidung “problematisch”. Sie empfiehlt “dringend, das Bundesverfassungsgericht mit dem Ziel anzurufen, die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben.”
Interview mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Die Polizei in Rostock will über eine sogenannte Allgemeinverfügung vom 30. Mai bis 8. Juni in einer 200-Meter-Zone vor dem Sicherheitszaun um den G-8-Tagungsort öffentliche Versammlungen und Aufzüge verbieten. Während des Treffens vom 6. bis 8. Juni sollte die Sperrzone auf bis zu sechs Kilometer rund um Zaun erweitert werden. Das Schweriner Verwaltungsgericht hatte dagegen vor einer Woche entschieden, dass den von der Versammlungsbehörde vorgetragenen Sicherheitsbedenken außerhalb einer Pufferzone von 200 Metern durch Auflagen Rechnung getragen werden könne. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald dagegen sind die räumlichen und zeitlichen Beschränkungen des Versammlungsrechts während des Gipfeltreffens in den festgelegten Zonen rechtmäßig.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger kritisierte das Urteil. “Demonstrationen müssen aus Sicht der Liberalen weitestgehend möglich sein”, unterstrich sie. Der Freiraum für Proteste in Hör- und Sichtweite der technischen Sperre gehören aus Sicht der Liberalen “zwingend” dazu. Die Liberale verwies darauf, dass Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) das innenpolitische Klima in den vergangenen Wochen “unnötig aufgeheizt” habe. Postdurchsuchungen, Geruchsproben oder “der seltsame Umgang mit Presseakkreditierungen” hätten das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden nicht gestärkt.
Angesichts der massiven Sicherheitsvorkehrungen hatte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger schon am Mittwoch in einem Interview mit der „Thüringer Allgemeinen“ davor gewarnt, die Demonstranten zu weit vom Tagungsort der Ministerpräsidenten abzudrängen. Das Szenario bedeute für die Polizei, dass sie sich überlegen müsse, „wie sie beides hinbekommt - die friedliche Demonstration und den Schutz der Staatsgäste“.
Mit Blick auf eine mögliche Radikalisierung der Demonstration durch das Abdrängen vom Veranstaltungsort, warnte die Liberale, dass ein solches Vorgehen dazu führen könne, „dass die Gewalttätigen sich aufgefordert fühlen, sich zu radikalisieren. Und es kann auch zu einer falschen Solidarisierung führen. Das wäre schlimm und verantwortlich für eine solche Entwicklung wären nicht nur die Demonstranten sondern auch die Polizei“.
Auch angesichts der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald seien die Behörden jetzt klug beraten, zur Deeskalation beizutragen. Die Polizeieinsatzkräfte vor Ort würden zu Recht auf klare Vorgaben warten. Eine falsche Solidarisierung könne die pluralistische Demokratie nachhaltig beschädigen, warnte Leutheusser-Schnarrenberger. Friedliche Proteste seien Ausdruck einer starken Demokratie. “Deshalb dürfen sich die Sicherung des Gipfelverlaufes und die Erhaltung der Bürgerrechte nicht ausschließen.”
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