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2006-07-12

tagesschau: Russische Opposition veranstaltet Gegengipfel

tagesschau 12.7. 2006

Vor Treffen der G8-Staaten
Russische Opposition veranstaltet Gegengipfel

Unter dem Motto “Das andere Russland” hat die russische Opposition in Moskau einen Gegengipfel zum G8-Treffen veranstaltet. Die Organisatoren übten massive Kritik an der Politik von Präsident Putin. Sie eint der Wunsch nach einer Stärkung der russischen Zivilgesellschaft. Doch es sitzen Menschen zusammen, die eigentlich nicht miteinander können.

Von Ruth Dickhoven, ARD-Hörfunkkorrespondentin Moskau

Putin

Der Kongress begann mit Zwischenfällen. Putin-treue Jugendliche störten die Veranstaltung. Eine Gruppe unterbrach schreiend den Gastauftritt des britischen Botschafters, eine zweite versuchte, Ex-Premierminister Kassjanow anzugreifen. Die dritte zeigte draußen vor dem Eingang kompromittierende Fotos der Teilnehmer. Alexander Osowzow, einer der Organisatoren: “Was hier heute und morgen noch alles passieren kann, kann ich nur erahnen. Jedenfalls werde ich mich über nichts mehr wundern.”

Prügel und Festnahmen im Vorfeld

Schon im Vorfeld war dieser G8-Gegengipfel massiv behindert worden. Ein Putin-Sprecher hatte gewarnt, die Teilnahme an dieser Oppositionsveranstaltung werde vom Kreml als feindseliger Akt betrachtet. Wer die Warnung ignorierte, riskierte offenbar seine Gesundheit. Zahlreiche Teilnehmer aus verschiedenen Regionen Russlands wurden auf dem Weg nach Moskau verprügelt oder festgenommen. Der ehemalige Schachweltmeister Gary Kasparow: “Das ist die traurige Realität im heutigen Russland. Hinter der strahlenden Fassade die jetzt in Sankt Petersburg aufgebaut wird, passiert das, worüber wir sprechen wollen.”

“Anderes Russland” ist Motto des Kongresses

Gari Kasparow und Eduard Limonow (Foto: AFP) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Gari Kasparow (rechts), ehemaliger Schachweltmeister, auf dem Kongress. Links: Eduard Limonow, Vorsitzender der nationalbolschewistischen Partei]
Kasparow setzt auf ein “Anderes Russland”. Unter dieser Überschrift läuft auch der zweitägige Kongress. Das “andere Russland”, dem sich ein breites Spektrum gesellschaftlicher Kräfte verbunden fühlt, setzt auf Freiheit, Demokratie, Menschenrechte, und die Stärkung der russischen Zivilgesellschaft. Eine gemeinsame Partei oder Oppositionsbewegung kann aus dieser Veranstaltung aber nicht entstehen, meint Sergej Kowaljow, einer der bekanntesten Dissidenten der Sowjetzeit. Zu unterschiedlich seien die politischen Überzeugungen: " Die Zivilgesellschaft ist eine vielgestaltige Gesellschaft. Zu etwas Ganzem wird sie durch den Glauben an demokratische Prozesse, Meinungsfreiheit und die Überzeugung, dass nicht das Volk den Mächtigen dient, sondern die Mächtigen dem Volk.

Menschen eint der Wille, ein neues Russland aufzubauen

Auf dieser Basis also diskutieren in Moskau heute und morgen Menschen miteinander, die noch nie zusammen an einem Tisch saßen und die eigentlich auch nicht miteinander können. Der ehemalige Gulaghäftling Sergej Kowaljow und der Alt-Stalinist Viktor Ampilow etwa. Oder Alla Gerber von der Holocaust-Stiftung und Eduard Limonow, der sich National-Bolschewist nennt. Nach mehreren Jahren Putin eint diese Menschen nun der Wille, ein Russland aufzubauen, in dem politische Meinungen miteinander konkurrieren können, auch ihre Meinungen.

Westliche Regierungschefs haben Beobachter geschickt

Dass die westlichen Staats- und Regierungschefs beim G8-Gipfel am Wochenende in Petersburg mit Putin Tacheles reden, das glauben diese Dissidenten nicht. Auch dies ein Grund für den Gegengipfel in Moskau. Sergej Kowaljow klagt : “Dass die westlichen Führer Putins Nähe suchen, das ist nicht nur dumm, das ist erniedrigend, unanständig. Denn wer ist er? Warum buckeln alle vor ihm. Warum steht die G7 stramm vor diesem kleinwüchsigen Nichts? Ich verstehe es nicht.” Dabei haben die westlichen Staats- und Regierungschefs immerhin Beobachter ins “Andere Russland” entsandt. Angela Merkel etwa schickte ihren Parteifreund Andreas Schockenhoff, den Russlandbeauftragten der Bundesregierung.

Schockenhoff sieht eine breite Zivilgesellschaft als Grundlage für Russlands Modernisierung: “Ein wiedererstarktes Russland kann seine Weltmachtrolle nicht nur auf Öl und Gas und seine Rolle als Vetomacht im Sicherheitsrat gründen. Sondern ein starkes Russland braucht eine starke Zivilgesellschaft. Und ich glaube, wir müssen Kräfte, die diese Zivilgesellschaft gründen, auch öffentlich unterstützen.”

tagesschau 12.7. 2006

links:

external link Indymedia Rußland  [Mehr Artikel zum G8 2006 in Rußland]
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external link www.badespasz.tk  [Ausführlicher Pressespiegel rund um Heiligendamm]
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Images:

Putin
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