Während in Heiligendamm die Arbeiten zur Errichtung einer 4,5 Kilometer langen Netzsperre auf See begonnen haben, warnen die Grünen und die Linkspartei nachdrücklich vor überzogenen Sicherheitsvorkehrungen beim bevorstehenden G8-Gipfel.
Zwar seien Sicherheitsmaßnahmen rund um einen solchen Gipfel berechtigt, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth am Montag in Berlin. Dies rechtfertige aber nicht „unverhältnismäßige, willkürliche Razzien“ oder die Einschüchterung und Abschreckung von Demonstranten, die gegen den Gipfel protestieren wollen.
Versuche, das Demonstrationsrecht einzuschränken, machten aus einem starken Staat einen schwachen Staat, fügte Roth hinzu. Nicht durch kritischen Protest leide das Ansehen Deutschlands, sondern „wenn sich Politik hinter Zäunen verbarrikadiert und sich vor Menschen versteckt“. Daher begrüße sie den „breiten Widerspruch“ gegen die geplanten Sicherheitsmaßnahmen.
Linkspartei ruft zu Protesten auf
Auch die Linkspartei wandte sich gegen die Kriminalisierung der G8-Gipfelproteste. In einem Aufruf, der unter anderem vom Vorsitzenden der Linkspartei.PDS, Lothar Bisky, und den Linksfraktionschefs Oskar Lafontaine und Gregor Gysi unterzeichnet wurde, heißt es: „Wir fordern die Sicherheitskräfte und die politisch Verantwortlichen auf, ihren Beitrag zur Deeskalation zu leisten und auf Repressionen gegen die Protestbewegung zu verzichten.“ Vorbeugehaft und Hausdurchsuchungen seien verfassungswidrig und trügen nicht zu einer Deeskalation, sondern zur Verschärfung bei.
Die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, warf der Bundesregierung vor, rund um den G8-Gipfel einen „gesellschaftlichen Reinraum“ schaffen zu wollen, der frei von Demonstrationen und Protesten sei. „In demokratischen Gesellschaften darf es aber im Gegensatz zu Chipfabriken keine Reinräume geben“, mahnte Kipping. Die Globalisierungskritiker müssten sich auch zu Wort melden dürfen.
Eilantrag gegen Demoverbot
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verliere in ihren Augen auch international an Glaubwürdigkeit, wenn sie gegenüber Präsident Wladimir Putin die Menschenrechtsverletzungen in Russland kritisiere, zugleich aber Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) „schalten und walten“ lasse. Sie sehe die Gefahr, dass sich Merkel im Umgang mit G8-Kritikern in die unselige Tradition von Italiens Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und Putin einreihe, fügte Kipping hinzu.
Unterdessen ist beim Schweriner Verwaltungsgericht ein Eilantrag gegen das Demonstrationsverbot um den G8-Gipfelort Heiligendamm eingegangen. Der Hamburger Anwalt Carsten Gericke hatte den Antrag im Namen der Organisatoren eines für den 7. Juni geplanten Sternmarsches zum Gipfelort eingereicht. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte für Gefahren, die von dem Sternmarsch ausgingen, sagte Gericke. Um den Marsch zu genehmigen, müsste das Gericht das vom 30. Mai bis zum 8. Juni rund um den Gipfelort geltende polizeiliche Verbot zumindest teilweise aufheben. Mit einer Entscheidung wird Ende der Woche gerechnet.
Arbeiten an Seesperre begonnen
Zum Schutz des G8-Gipfels haben derweil die Arbeiten zur Errichtung einer Netzsperre auf See begonnen. Mitarbeiter einer Rostocker Spezialfirma fingen damit an, von einem Kutter aus das Netz in der Ostsee auszubringen. Zwei Schlauchbootbesatzungen zogen die Netzsperre auf und verbanden sie an einer Stelle mit dem Zaun um Heiligendamm. Die insgesamt 4,5 Kilometer lange Anlage auf See verlängert den zwölf Kilometer langen Zaun an Land rund um den Tagungsort.
jba/sö/ddp/dpa
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