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2007-08-07

Demo 2.6. in Rostock aus autonomer Sicht

“I wear the black for the poor and beaten down… (And) for the prisoner who has long since served his time.”

Johnny Cash

Der folgende Text wurde von unterschiedlichen Menschen aus der radikalen Linken erstellt, die wie viele, auch unterschiedliche Meinungen und Ansichten zu den Ereignissen am 2. Juni 2007 haben. Eines haben wir aber alle gemeinsam: den Willen zum Widerstand, der in seiner praktischen Ausführung mit den unterschiedlichen Ausdrucksformen von uns allen respektiert wird. Öffentliche Denunziation und einseitige Schuldzuweisung sind nicht unsere Mittel. Mit dem Text wollen wir lieber positive und negative Kritik üben, an uns selbst, als auch an den Leuten, mit denen wir die letzten 2,5 Jahre an einem Widerstandskonzept gearbeitet haben.

Bild: Chaostage HRO

Die Großdemonstration am 2. Juni 2007 in Rostock.

Die Demo am 2. Juni in Rostock war ein Erfolg. Nicht trotz sondern wegen des schwarzen Blocks und der massiven Gegenwehr aus den unterschiedlichen Blöcken der Demonstration. Die Auseinandersetzungen mit den Bullen und der Angriff auf die Sparkasse etc. erzeugten Bilder, die unmissverständlich eine radikale Kritik an den herrschenden Verhältnissen und eine Ablehnung des offiziellen G8 Treffens zeigten. Hier ging es einer ganzen Menge Menschen nicht darum, mit den Herrschenden “in Dialog zu treten”, “gehört zu werden” oder um “konstruktive Kritik” (d.h. mitmachenwollen bei der Organisation der Kapitalverwertung). Die Riots von Rostock waren eines der wenigen nicht integrierbaren oder umdeutbaren Zeichen gegen das Treffen der selbsternannten Herrscher der Welt. Hier wurden Symbole des kapitalistischen Systems angegriffen, ob es nun Banken oder Bullen sind, um “Nein” zu sagen, “Nein” zu einem ungerechten und unterdrückenden Weltwirtschaftssystem. “Den Kapitalismus angreifen” – dieses Motto wurde am 2. Juni 2007 tatkräftig umgesetzt – als unversöhnliches Zeichen, getragen von vielen internationalen, autonomen, linksradikalen und anarchistischen Gruppen und Einzelpersonen. Dabei waren “wir” nicht nur die Menschen aus organisierten kleinen oder größeren Zusammenhängen, am Samstag haben viele Leute wütend zum Stein gegriffen. Der Riot war nicht nur als Ausdruck von Wut gegen die Arroganz der Macht, die vor dem Hintergrund zunehmender staatlicher Repression, wie der Razzien am 9. Mai 2007,
massiven Eingriffen in das Demonstrationsrecht vergangener Jahre wie Vermummungsverbot, Videoüberwachung, Polizei-Sonderkommandos zur Festnahme, Seitentransparent-Auflagen, Vorkontrollen, Wanderkessel, usw. zu sehen ist, sondern machte den Widerstand unkalkulierbarer für den Polizei- und Staatsapparat. Dieses Zeichen verfolgte das strategische Ziel, große Zusammenkünfte der Herrschenden (WTO, G8, IWF) zu behindern, effektiv zu blockieren und letztendlich zu verunmöglichen. Als unmittelbares Ergebnis, bzw. auch aufgrund der militanten Auseinandersetzungen bei der WTO-Konferenz in Seattle 1999, der IWF/Weltbank-Tagung in Praha 2000 und dem G8-Gipfel in Genova 2001, entschieden die G8-Staaten unserer Meinung nach die weiteren G8-Gipfel fernab großer Städte und Metropolen abzuhalten, in ländlichen Regionen mit vermeintlich schwächer ausgeprägten Widerstandspotenzialen. Können wir den Widerstand an Massivität und Intensität in den nächsten Jahren aufrechterhalten, werden G8-Treffen vielleicht nur noch im Hochgebirge, in der Antarktis oder virtuell stattfinden können.
Viele Militante haben sich dem von der “Interventionistischen Linken” (IL) organisierten “make capitalism history” Block angeschlossen. Dieser Block war als “geschlossener” Schwarzer Block organisiert, für alle autonomen und anarchistischen Gruppen offen. Das Konzept hat im Nachhinein das spätere militante gemeinsame Vorgehen erleichtert bzw. ermöglicht. Zum deutlichen Charakter trugen auch Mobilisierungs-Plakate aus dem IL-Spektrum mit vermummten und behelmten DemonstrantInnen als Plakatmotiv bei.

Schon während und vor allem nach den Angriffen auf Polizei und Banken gab es verzweifelte Distanzierungsversuche von Vertretern unterschiedlicher Organisationen, die teils die Großdemonstration mit organisiert haben, teils die Blockaden für die kommenden Tage vorbereitet haben. Zusammen mit der offiziellen Presse strengten sich viele an, die militante Widerstandform zu entpolitisieren. Als Resultat der Distanzierungen berichteten die offiziellen Medien ausschließlich über “Gewalt” und die ist selbstverständlich nur legitim, wenn sie vom Staat ausgeht. Letztendlich ist das ein altbekanntes Spiel und von Spiegel, FAZ und TAZ ist auch nichts anderes zu erwarten. So wurde die inhaltliche Aussage “make capitalism history” in den folgenden Tagen medial völlig verschwiegen. Der Distanzierungswahn von einigen Attac SprecherInnen war für uns nicht weiter verwunderlich. Viel wichtiger für die Debatte ist, dass die Attac Basis den Spaltungs-Versuch von Peter Wahl, Pedram Shahyar und Sabine Leidig vom Attac-Koordinierungskreis am Montag beim Attac-Plenum auf dem Rostock-Camp zurückwies, die eine eigene Attac-Blockade in Abgrenzung zu Block G8 und in völliger Absprache mit der Polizei durchzusetzen versuchten. Diese Spaltung wurde von den BasisaktivistInnen verhindert.
Neu für uns waren und sind die heftigen Distanzierungen von Vertretern aus dem linksradikalen Lager. Ein Tiefpunkt war sicherlich Christoph Kleines (IL, Sprecher von Block G8, AVANTI) Analyse der Beteiligten: “Es war eine wilde Mischung aus Hooligans, Jugendlichen aus der Gegend und Leuten aus dem Ausland” (Welt 4.6.07). Noch viel mehr auf Diffamierung ausgerichtet zweifelslos Monty Schädels (Geschäftsführer der DFG-VK und Mitorganisator der G8-Proteste, Anmelder der Großdemo am 2. Juni) Totalitarismustheorie für Anfänger. Er verglich die Bilder mit den Progromen in Rostock Lichtenhagen 1992: “Dass wir jetzt diese Bilder, die wir gerade auch als Rostocker Bündnis vermeiden wollten, die
Wiederholung von solchen Bildern die wir 1992 schon in Rostock bei dem Überfall auf das Asylbewerberheim hatten, wieder hier aus Rostock haben, das ist ein großer Misserfolg, das ist das, was wir nicht wollten, was von uns nicht vorbereitet worden ist, was wir auf keinen Fall gutheißen” ( ZDF am 3.6.07, Link bei Indymedia mit Streaming seines Interviews 3.6.07). Auch einer der Sprecher der IL, Tim Laumeyer von der ALB, einer linksradikalen Antifa Gruppe aus Berlin, mühte sich um Distanzierung und rechtfertigender Entschuldigung. “Zum Ende ist die Situation in einem Maße eskaliert, wie wir dies nicht wollten und ausdrücklich verurteilen” (Junge Welt, 5.6.) oder auch “Die Randalierer waren nur eine kleine Minderheit, wir wollen keine Gewalt” (Mopo , 4.6.) und “Eine Eskalation wie in Rostock darf es nicht wieder geben” (Vanity Flair, dpa, 6.6.) Hier wird sich nicht nur politisch distanziert, sondern auch der Sprachduktus herrschender Terminologien unreflektiert übernommen und letztendlich dadurch entpolitisiert, etwa wenn von “Randalierern” die Rede ist. Interessant ist hier zu beobachten, dass sich einzelne Sprecher der IL in Rostock von den militanten Geschehnissen und Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht distanziert haben, während sich doch zumindest Teile der IL genüsslich am Riot beteiligten.
Inzwischen gab es ja von verschiedener Seite Entschuldigungen und Erklärungen (z.B. ALB, 05. Juni, http://www.antifa.de/cms/content/view/564/32/) für die Distanzierungen. Das ist gut. Ob es als Erklärung jedoch ausreicht, das Fehlverhalten einzelner, die von den Medien “überrollt” wurden, herauszuheben ist zweifelhaft. Vielmehr bleibt zu prüfen, wie man in breiten, bis weit in die bürgerliche Mitte reichenden Bündnissen einer Bündnislogik entgehen kann, die einen zwingt sich von linksradikalen Kämpfen zu distanzieren.
Gezeigt hat sich auf jeden Fall, dass das Vermeiden der Militanzdebatte im Orgakreis der Großdemonstration keine geeignete Wahl war. Dies gilt insbesondere auch für uns Autonome. Das Ringen um die Akzeptanz militanten Widerstands ist ein wichtiger Hegemoniekampf in einer antistaatlichen Orientierung. Und der Kampf um die Anerkennung militanten Widerstands ist immer gleichzeitig auch der Kampf um die Anerkennung der brutalen Gewaltförmigkeit der Verhältnisse selbst. Ein sich selbst ernst nehmen im Gerede um das rassistische Grenzregime, die gnadenlose Kapitalverwertungslogik und die Angriffskriege bedeutet eben auch militanten Widerstand. Es geht hier wohlgemerkt immer noch um einen symbolischen Kampf. Steine auf Schaufensterscheiben oder schwer gepanzerte Bullen bedeutet nicht den Kapitalismus zu zerschmettern. Es ist ein unversöhnliches Zeichen an ein menschenverachtendes System. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Besser gemeint, aber letztlich auch distanzierend ist “die Bullen haben angefangen”.

Wir wissen, dass die Polizei viele Möglichkeiten zur Manipulation besitzt und diese auch einsetzt: Agents Provocateurs, direkte Angriffe wegen Lappalien (schwarzes Basecap, oder schwarzes Tuch) oder konstruierte Vorgänge. Alles so geschehen in Rostock. Dazu kommen noch Medien, die zunächst fast ausnahmslos jede noch so dummdreiste Bullenlüge sofort verbreiten: Auf der Großdemo hätte es 400 verletzte Bullen, davon 30 Schwerverletzte gegeben – später stellte sich heraus: es waren 30, davon 2 Schwerverletzte, angebliche Säureattentate von der Rebel Clowns Army auf einzelne Bullen, in Wahrheit war es Seifenlauge, mit denen Seifenblasen gepustet wurden. Auch dementierte die Polizeileitung den Einsatz von Agents Provocateurs während des Gipfels, Zitat vom Pressesprecher der Polizei “es gibt keine BeamtInnen in Zivil auf Demonstrationen”, schon am gleichen Tag tauchten mehrere Videos auf, die einen Bremer Polizeibeamten ganz in Schwarz als Zivilbullen enttarnten. Es gibt noch mehr Beispiele, doch dass die Bullen uns oft angreifen, darf jedoch nicht bei jeder Demo als (alleinige) Begründung für militanten Widerstand herangezogen werden.
Wir müssen uns nicht entschuldigen, wenn wir das staatliche Gewaltmonopol in Frage stellen. Wir wollten angreifen und haben es in Rostock auch getan, auch wenn Ort und Zeit so nicht von uns gedacht waren!
Schon bereits bei den Protesten gegen die WTO-Tagung 1999 in Seattle, auf die sich ja so viele aus der anti-globalisierungskritischen Bewegung beziehen, hat eine anarchistische Gruppe, das ACME Collective, am 4.12.1999 in einem so genannten “Black Block Communique” unter dem Titel “Peasant Revolt” detailliert begründet, warum es notwendig und legitim war, in Seattle kapitalistische Symbole anzugreifen und Scheiben multinationaler Konzerne wie etwa Bank of America, US Bancorp, GAP, Starbucks, Mc Donalds, Nike Town und Levis etc. einzuschmeißen.

Endlich mal konstruktive Kritik

Wichtiger als die Distanzierungswelle müssen für uns andere Kritikpunkte sein. Ja, es lief nicht alles gut in Rostock. Schön wäre es zum Beispiel gewesen, wenn sich der “make capitalism history” Block nicht am Ende der Demonstration und noch vor dem Angriff der Berliner Einsatzhunderterschaften aufgelöst hätte, sondern sich geschlossen, und vor allem entschlossen, in Richtung Innenstadt bewegt hätte. Hier hätte es ausreichend Ziele und Angriffspunkte des Kapitalismus gegeben und andererseits wären “Unbeteiligte” weniger gefährdet worden. Aber anscheinend war das nicht geplant oder gewollt. Viel später gab es dann den erneuten Versuch von einigen hundert Vermummten in die Innenstadt zu ziehen, was allerdings nur bis zur ersten Bank geklappt hat, die dann auch gesmasht wurde. Hier fehlte im Nachhinein ein erneuter Treffpunkt, um weiter zu ziehen. Der Angriff auf das einzelne Polizeifahrzeug ( http://www.youtube.com/watch?v=yDqThVpu1AM) ist in dieser Form zu hinterfragen. Viele Militante kritisieren, dass, nachdem die Scheiben des Bullis eingeschlagen wurden, mit Steinen und Stangen die beiden unbehelmten und ungeschützten Polizisten, die vorne im Fahrzeug saßen, angegriffen wurden. Eine auch schwerere Verletzung konnte nicht ausgeschlossen werden. Zumindest ein Teil von uns vertritt die Auffassung, dass hiermit eine Grenze legitimer Militanz überschritten worden ist, weil es nicht unser Ziel sei, Polizeibeamte (schwerer) zu verletzen. Bei den anschließendem Riot im Stadthafen von Rostock wurden viel zu viele GenossInnen und zum Teil auch Unbeteiligte von eigenen Flaschen und Steinen getroffen und verletzt. Es müssen Wege gefunden werden, dass nicht Leute durch Würfe aus den hinteren Reihen verletzt werden. Für Leute, die keinen Bock auf diese Konfrontationen haben, muss ein geordneter Rückzug möglich sein. Zu einer verantwortlichen Militanz gehört aber auch, die Flaschen am Vorabend auszutrinken und nicht erst auf der Demo. Hier sind alle gefordert, sprecht Leute an, die auf Demos saufen!
Wir müssen uns eingestehen, dass wir noch nicht weit genug sind bei der Organisierung verantwortlicher Militanz. Dies ist schwer und war in Rostock auch nicht unbedingt zu erwarten, waren wir doch alle überrascht, wie viele wir auf einmal waren. Mangelnde Erfahrung soll aber kein Grund sein, militante Demo´s ganz zu lassen. Vielmehr ist eine neue Demokultur nötig, um Militanz 1. akzeptierter , 2. sicherer für alle und 3. erfolgreicher zu machen. Und dies kann nur geschehen, wenn sich nachher nicht nur gebrüstet wird “ich war dabei und dann hab ich dem Bullen…”, sondern es braucht eine Auseinandersetzung über Militanz und die kann zum Beispiel durch solche Texte, Diskussionen auf autonomen Plena, bei der Vorbereitung der nächsten Demo, etc. geschehen.
Die Kritik muss ernst genommen werden. Aber sie ist auch ein Aufruf für eine bessere militante Organisierung.

Schwerter zu Pflugscharen, Steine zu Botschaften….

Aber nicht nur die Aktionen selber müssen besser organisiert werden, sondern auch deren Vermittlung. Das Dictum von der “Propaganda der Tat” mag stimmen, wenn es gelingt Symbole kapitalistischer Herrschaft anzugreifen. Manchmal, so auch in Rostock, stimmt es nicht. Wir haben es nach Samstag nicht geschafft, die Legitimität von militantem Widerstand gegen die gewalttätigen, staatlichen und kapitalistischen Verhältnissen zu vermitteln. Dies hat mit Sicherheit auch viel mit möglicher Repression zu tun.
Es gab zahlreiche Interview – Anfragen, eine/n am Riot Beteiligte/n vor die Kamera zu bekommen. Die Möglichkeit, über die Medien unsere Beweggründe und Inhalte zu vermitteln, hat bestanden, aber es fehlten im allgemeinen die Leute, die sich das entweder getraut oder gar gewollt hätten.
Dies gilt auch für die Campinski-Presse-Gruppe, die von Leuten aus dem autonomen Spektrum betrieben wurde. Selbst “unsere” Pressegruppe hat einige Erklärungen ignoriert, so z. B. die Erklärung der “Internationalen Brigaden” ( http://dissentnetzwerk.org/node/3040) die am 06. Juni auf Indymedia veröffentlicht wurde. Ebenso die Black Barrio Erklärung ( https://www.gipfelsoli.org/Newsletter/Militanz/2709.html) aus dem Camp Reddelich vom 06. Juni, als Reaktion auf die Vorwürfe und Distanzierungen der Attac-Führungsspitze. Es hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, unsere eigenen Strukturen wie Indymedia, Freie Radios, etc. besser zu nutzen und zu unterstützen. Dies beinhaltet eine breite Diskussion innerhalb unseres linksradikalen Spektrums über den Umgang mit Medien und die Frage über ihre Rolle als “vierte Gewalt im Staat”.
Letztendlich tauchen nur die alt-bekannten Gesichter in den Medien auf, deren Stellungnahme zwar eine Wohltat nach der Medienhetze war, die allerdings nur allein und ohne einen Gruppenzusammenhang abgegeben wurde. Wir halten es prinzipiell für sinnvoller, kollektiv diskutierte Meinungen von Gruppen und Zusammenhängen zu verbreiten anstatt, dass sich Einzelne, zumeist auch noch Männer, mit ihren eigenen Einschätzungen profilieren. Das ist zumindest unser Ansatz einer antagonistischen Bewegung. Das Ziel ist es gemeinsam die Ereignisse von Rostock auszuwerten und zu veröffentlichen und dies nicht einigen selbsternannten oder auch ernannten Sprechern zu überlassen. Das ist leider sehr durchgängig geschehen. Selbst das linken Szene-Blatt “analyse und kritik” hat meist nur männlichen Einzelpersonen Raum für Statements und Einschätzungen gegeben: über Sven Giegold (ATTAC), Olaf Bernau (no lager), Thomas Seibert (IL), Christoph Kleine (IL), Michael Kronawitter, Tim Laumeyer (ALB), Ulrich Brand (BUKO), Dario Azzelini (FELS) bis hin zu Raul Zelik u. Geronimo. Das ist für uns ein Rückschritt. Ebenso scheint die Tatsache, dass vornehmlich Männer sich äußern durften bzw. wollten, weder Zufall noch ein Ausdruck von reflektierten antipatriarchalen Diskussionen zu sein. Wir wollen das nicht pauschal allen unterstellen, denken jedoch, dass es an der nötigen Sensibilität diesbezüglich, zumindest gemangelt hat.
Letztendlich müssen wir uns aber auch an die eigene Nase fassen. Dass es zu Riots kommen würde, haben wir nicht nur gehofft, sondern auch gewollt. Die mediale Reaktion war vorhersehbar. Mit unserem Nichtverhalten haben wir den Sprechern von NGOs, Attac und der IL das Feld überlassen, was zu Distanzierungen geführt hat. Diesem Dilemma müssen wir uns stellen, Diskussionen über Vermittlung von militanter Praxis auf Demonstrationen und den Umgang mit den Medien sind hier dringend notwendig.

Dress for the moment

Obwohl er es nicht wissen will, seien noch Ulrich Brands Vermutungen “Ich vermute (ich weiß es nicht und will es auch nicht wissen!), dass Menschen im Schwarzen Block mitlaufen und vielleicht sogar agieren, die sich ansonsten in ähnlichen politischen Zusammenhängen bewegen wie viele der anderen Demonstrations-TeilnehmerInnen” bestätigt. Militant sein auf Demos begründet keine Identität – sollte es zumindest nicht – sondern ist eine Aktionsform mit Stärken und Schwächen wie jede andere Aktionsform auch. Manchmal ist sie nützlich, manchmal nicht. In Rostock war sie nützlich, um dem G8 Widerstand eine unversöhnliche Note zu geben.

Für einen emanzipatorischen militanten Widerstand

“There must be a better world somewhere” (BB King)

United Color of Resistance, 01.08.2007