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2007-06-01

Stern: Ist das Demo-Verbot verfassungswidrig?

Das Demonstrationsverbot ist ein "schwarzer Tag für die Versammlungsfreiheit in Deutschland"

Die Verbannung der G8-Protestler aus Heiligendamm stößt auf heftige Kritik. Nun wollen die Gipfel-Gegner vor das Bundesverfassungsgericht gehen. Laut eines Zivilrechtlers könnten die Richter in Karlsruhe sogar den gesamten Zaun wieder kippen.

Die Bestätigung des Demonstrationsverbots rund um den G8-Gipfelort Heiligendamm ist bei den Veranstaltern der geplanten Kundgebungen auf scharfe Kritik gestoßen. "Dies ist ein schwerer Rückschlag für den friedlichen Protest im G8-Umfeld und ein schwarzer Tag für die Versammlungsfreiheit in Deutschland", sagte der Anwalt der Organisatoren eines für den 7. Juni geplanten Sternmarsch nach Heiligendamm. Rechtsanwalt Carsten Gericke kündigte an, nun werde geprüft, ob ein Eilantrag wegen Grundrechtsverletzung vor dem Bundesverfassungsgericht eingelegt werde.

Ein Demonstrationsverbot direkt am Zaun um den Tagungsort des G8-Gipfels verstößt auch nach Ansicht des Zivilrechtlers Uwe Wesel gegen die Versammlungsfreiheit. "Ich rechne damit, dass das Bundesverfassungsgericht das wieder kippt", sagte der eremitierte Professor der Freien Universität (FU) Berlin. "Das verstößt gegen das Brokdorf-Urteil." Darin waren die Rechte von Demonstranten gestärkt worden. Wesel sagte zudem: "Das Bundesverfassungsgericht könnte theoretisch auch noch den ganzen Zaun kippen, weil dieser so weit um das Tagungsgelände gezogen wurde." Die Absperrung steht etwa zwei Kilometer vom Treffen der mächtigen Staats- und Regierungschefs entfernt. "Dann müsste die Polizei einen engeren Sicherheitsring um das Hotel ziehen."

Die Köpfe hinter dem Zaun


Der Innenexperte der Union, Wolfgang Bosbach (CDU), verteidigte die Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Greifswald im Radiosender NDR Info als "notwendig und verhältnismäßig". Er erinnerte an die gewalttätigen Ausschreitungen beim G8-Gipfel von Genua, bei denen es 2001 einen Toten gab. Der Rechtsexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, bezeichnete die getroffenen Maßnahmen als zu weitgehend. "Durch einzelne Gewalttäter darf das Recht auf Versammlung und Meinungsfreiheit nicht eingeschränkt werden", sagte Beck.

Grüne kritisieren Ausschluss von Journalisten
Unterdessen soll der Ausschluss von rund 20 Journalisten von der Berichterstattung über den G8-Gipfel in Heiligendamm nochmals überprüft werden. Dies kündigte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin an. Erstes Ergebnis: Der zunächst ausgeschlossene "taz"-Redakteur Felix Lee erhielt vom Bundespresseamt nun doch eine Akkreditierung für den Tagungsort. Grund war laut dem "taz"-Bericht ein Sinneswandel des Bundesamts für Verfassungsschutz. Die Behörde teilte dem Betroffenen mit, man habe nach nochmaliger Prüfung dann doch dem Presseamt empfohlen, die Akkreditierung zu erteilen.

Zuvor hatte die Verweigerung von Akkreditierungen Entrüstung bei Medienverbänden und in der Politik ausgelöst. Grünen-Chefin Claudia Roth erklärte, der Ausschluss von globalisierungskritischen Journalisten sei ein weiterer drastischer Eingriff in die Grundrechte. Die G8-Staats- und Regierungschefs sollten von den Protesten offensichtlich nichts sehen und nichts hören - weshalb bereits das Demonstrationsrecht ausgehöhlt worden sei. "Wir fordern die Verantwortlichen dringend auf, die Pressefreiheit strikt zu achten", sagte sie.

Im Ermessen der Sicherheitsbehörden

Staatssekretär Wilhelm versicherte hingegen, dass mit den Entscheidungen keinesfalls kritische Berichterstattung unterdrückt werden sollte. Sein Amt folge bei der Zulassung oder Nicht-Zulassung in der Regel einer Empfehlung des Bundeskriminalamts, das sich bei seiner standardisierten Sicherheitsüberprüfung unter anderem mit dem Verfassungsschutz abstimme. Welche Informationen den Empfehlungen genau zu Grunde liegen und welche Maßstäbe dabei gelten, liege im Ermessen der Sicherheitsbehörden, sagte Wilhelm. Details konnte er nicht nennen. Für den G8-Gipfel hat das Bundespresseamt rund 4700 Anträge auf Akkreditierung entgegengenommen. Die Zahl der Fälle, in denen eine Akkreditierung nicht möglich gewesen sei, lag laut dem Amt bei etwa 20.


Reuters/DPA/AP