Rostock/Berlin (dpa) - Die Organisatoren des für Heiligendamm geplanten Sternmarsches haben das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Greifswald zur Einschränkung ihrer Demonstration scharf kritisiert.
«Dies ist ein schwerer Rückschlag für den friedlichen Protest im G8-Umfeld und ein schwarzer Tag für die Versammlungsfreiheit in Deutschland», sagte der Anwalt der Sternmarsch-Organisatoren, Carsten Gericke, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Mit dem Urteil erfahre der Konflikt zwischen Demonstranten und Polizei eine weitere Zuspitzung. Nun werde ein Eilantrag wegen Grundrechtsverletzung vor dem Bundesverfassungsgericht geprüft. Das OVG hatte am Donnerstagabend die Globalisierungskritiker aus dem weiteren Umfeld des G8-Tagungsorts Heiligendamm verbannt und damit eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Schwerin aufgehoben.Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sind die räumlichen und zeitlichen Beschränkungen des Versammlungsrechts, «jedenfalls was die von den Antragstellern dieses Verfahrens angemeldete Versammlung betrifft, rechtmässig und verstoßen nicht gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit», erklärten die Richter in einer als unanfechtbar bezeichneten Entscheidung. Sie gestatteten aber die Durchführung des Sternmarsches auf einer Bundesstraße außerhalb der Verbotszone.Zuvor hatten die Innenminister von Bund und Ländern die Sicherheitsmaßnahmen rund um den Tagungsort im Grundsatz gerechtfertigt. Allerdings gab es bei einer Konferenz am Donnerstag in Berlin unterschiedliche Einschätzungen zwischen Union und SPD über das Ausmaß der Einschränkungen für Demonstranten und Bürger.
Einem Bericht des «Kölner Stadt-Anzeigers» zufolge geht das Bundeskriminalamt (BKA) davon aus, dass zehn Prozent aller Demonstranten gegen den G8-Gipfel gewaltbereit sein werden. Für die Großdemonstration an diesem Samstag in Rostock rechnet die Polizei aber mit einem friedlichen Verlauf.Rund 16 000 Polizisten sollen das Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen und Russlands im Ostseebad Heiligendamm (6. bis 8. Juni) absichern. Nach Angaben des Chefs der G8-Polizeieinheit «Kavala», Knut Abramowski, ist in den kommenden Tagen mit Blockadeaktionen am Zaun von Heiligendamm und am Flughafen Rostock-Laage, dem Ankunftsort der Gipfelteilnehmer, zu rechnen.Bei der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern wurden Differenzen zwischen den Ressortchefs deutlich. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) nannte Darstellungen seines rheinland- pfälzischen Kollegen Karl Peter Bruch (SPD) unzutreffend, der Sicherheitsaufwand werde nur wegen US-Präsident George W. Bush betrieben. Es müsse gewährleistet sein, «dass alle unsere Gäste sicher sind», argumentierte Schäuble ähnlich wie Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU). Dieser hatte der Deutschen Presse-Agentur dpa gesagt, der reibungslose Verlauf des Gipfels müsse «unter allen Umständen» sichergestellt werden. Schäuble nannte das Sicherheitskonzept «insgesamt abgewogen». Das Demonstrationsrecht sei gewährleistet.Der Mainzer Innenminister Bruch hatte den hohen Sicherheitsaufwand vor allem auf die Anforderungen der Amerikaner zurückgeführt. Diese seien «so hoch, dass sie für europäische und deutsche Verhältnisse eigentlich nicht hinnehmbar sind». Die Minister waren sich aber einig darin, dass friedlicher Protest willkommen sei. Gewalttätern, so Beckstein, müsse durch «Stärke vor Ort» aber deutlich gemacht werden, dass sie keine Chance hätten.Der Rostocker G8-Polizeichef Abramowski hat «keine Erkenntnisse über Gewalttäter». Es sei allerdings nicht auszuschließen, dass es am Rande der Großdemonstration am Samstag in Rostock zu Störungen komme, sagte er. Diese seien einkalkuliert. «Das gehört zur polizeilichen Pflichterfüllung.» Abramowski zufolge werden 50 000 bis 100 000 Teilnehmer erwartet.