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2007-06-01

ad-hoc-news: Wieviel Demonstration verträgt der G8-Gipfel?

Börsennews – Berlin (ddp). Die Auseinandersetzung um die geplanten Demonstrationen am Rande des G8-Gipfels in Heiligendamm hält an. Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern bestätigte am Donnerstagabend das allgemeine Versammlungsverbot um den G-8-Konferenzort. Die Richter in Greifswald gestatteten jedoch Demonstrationen auf der Bundesstraße 105, die etwa fünf Kilometer von Heiligendamm entfernt verläuft.

DGB-Chef Michael Sommer und der FDP-Nachwuchs Juli warnten am Freitag vor einer Einschränkung der Demonstrationsfreiheit. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sagte, er sehe für die Polizei die Grenze der Belastbarkeit erreicht. Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) rief die Globalisierungskritiker zum Gewaltverzicht auf. Nach Auffassung des Greifswalder Oberverwaltungsgerichts sind die räumlichen und zeitlichen Beschränkungen des Versammlungsrechts während des G8-Gipfels in Heiligendamm in den festgelegten Zonen rechtmäßig und verstoßen nicht gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Damit wurde eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 25. Mai geändert, das einen Teil der Demonstrationsbeschränkungen aufgehoben hatte. Sommer sagte: «Natürlich müssen Demonstrationen eindeutig friedlich und gewaltfrei angelegt sein. Nicht hinnehmbar wäre auch ein ambivalenter friedlicher Protest, der Gewaltausbrüche billigend hinnimmt oder gar einplant.« Es gehe aber nicht an, dass Politik oder Sicherheitsbehörden erst einen Teil der Demonstranten kriminalisierten, um dann unter dem Vorwand präventiver Maßnahmen die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit abzubauen. Die Gewerkschaften würden das Demonstrationsrecht offensiv verteidigen. Das Demonstrationsrecht sei «die Pressefreiheit der kleinen Leute». «Daran darf man nicht rütteln», sagte Sommer.

«Sonst verliert unsere Gesellschaft ihre freiheitliche Grundordnung.» Juli-Chef Johannes Vogel sagte, auch am Zaun in Heiligendamm müsse in Sichtweite des Gipfelortes demonstriert werden können.

Die Razzien der Behörden in den vergangenen Wochen würden Fragen nach der Verhältnismäßigkeit aufwerfen, weil diese bisher offenbar nicht zu Anklagen geführt hätten. «Sollten diese ausbleiben, setzt sich der Staat dem Vorwurf eines unnötigen und inakzeptablen Missbrauchs von Ermittlungsmethoden zur Machtdemonstration aus», sagte Vogel. Caffier sagte angesichts der G8-Demonstration der rechtsextremen NPD am Samstag: «Das ist ein zusätzliches Großereignis, mit dem wir an Grenzen stoßen.» Während des G-8-Gipfels habe das Land 41 Prozent des gesamten Polizeipersonals im Einsatz. «Das ist absolut grenzwertig und nur mit persönlichen Belastungen zu stemmen», fügte er hinzu. Dies sei auch ein Grund dafür, dass der Sicherheitszaun rund um Heiligendamm errichtet worden sei. Caffier räumte ein, der Zaun habe eine gewisse Symbolkraft. Dass sich Ostdeutsche an die Mauer erinnert fühlen, könne er sehr gut verstehen. Polizei-Einsatzleiter Knut Abramowski sagte: «Hätten wir die technische Sperre nicht, müssten wir Meter für Meter einen Polizeibeamten aufstellen. Das wären insgesamt 36 000 Mann im Schichtdienst.» Da das Land aber nicht so viele Polizisten habe, sei das Sperrwerk als «kräfteökonomisches Ausgleichselement» nötig. Wieczorek-Zeul sagte, friedlicher Protest gehöre zu einer lebendigen Zivilgesellschaft, doch Gewalt sei kein Mittel politischer Auseinandersetzung. «Was wir uns für Heiligendamm vorgenommen haben, hilft auch den Entwicklungsländern», sagte die Ministerin. Dort seien nicht nur die G8-Staaten vertreten, sondern auch die fünf größten Schwellenländer und sechs Vertreter afrikanischer Staaten. Für Afrika erwarte sie konkrete Hilfen wie die Aufstockung der Mittel für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) verteidigte den Sperrzaun. Unter den erwarteten 100 000 Demonstranten gebe es einige Tausend Gewaltbereite. Ein Differenzierung vor Ort sei nahezu unmöglich. Zu Vorwürfen, die Demonstranten könnten ihren Protest wegen der Absperrungen nicht an die Adressaten bringen, sagte er mit Blick auf die Sicherheitsansprüche der Amerikaner: »Wenn einer meint, dass er auf Sichtweite an den amerikanischen Präsidenten rankommt, ist er geistesgestört.« (ddp)