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2007-05-31

„Wir rücken doch nicht mit Panzern an!"

Er ist 13 Kilometer lang, 2,5 Meter hoch, zwölf Millionen Euro teuer und umstritten: Der Zaun, der die Teilnehmer des G-8-Gipfels in Heiligendamm schützen soll. Globalisierungskritiker halten ihn nicht nur für unnötig - sondern auch für illegal.

Umstrittener Schutz: 14 Kilometer lang und 2,5 Meter hoch ist der Zaun von Heiligendamm. Er soll verhindern, dass gewaltbereite Demonstranten auf das Konferenzgelände gelangen und die Staatschefs gefährden. Ob er wirklich notwendig ist, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Einige Besucher aus dem Ausland stehen vor dem Zaun in Heiligendamm. Eine Frau murmelt vor sich hin: „Früher in der DDR, da war alles abgesperrt.“ Nach einigem Nachdenken sagt sie kopfschüttelnd: „Und das haben die scheinbar einfach alles so stehen lassen!“



Diese Szene zeigt heute eine Karikatur in der Frankfurter Rundschau. Gefragt, was er von dem Zaun in Heiligendamm hält, verweist Peter Wahl auf die Zeichnung. Wahl ist einer der führenden Köpfe der Globalisierungskritiker, Mitbegründer des Netzwerkes „Attac“ und Chef der Nichtregierungsorganisation WEED (Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung). Ganz abgesehen davon, dass er den 2,5 Meter hohen, 13 Kilometer langen und 12 Millionen teuren Zaun für „ein Zeichen paranoider Sicherheitspolitik“ hält, schade er dem internationalen Image Deutschlands, sagt Wahl. Karikaturen wie diese seien in den vergangenen Wochen in Zeitungen überall auf der Welt gedruckt worden. „’Isn’t that like Stasi?’ fragte mich gestern ein Reporter aus Australien“, erzählt Wahl. Ein Mitarbeiter des britischen Fernsehsenders BBC erkundigte sich bei ihm, ob in Deutschland mittlerweile russische Verhältnisse herrschten.

„Ein Minimum an Differenziertheit muss man natürlich bewahren“, sagt Wahl, „natürlich herrschen hier keine russischen Verhältnisse.“ Doch die Verhältnismäßigkeit sei bei dem Bau eines solchen Zauns einfach nicht mehr gewährleistet. „Die Demonstranten rücken doch nicht mit Panzern und Kanonen an!“, sagt er. Eine Absicherung wie bei einem großen Fußballspiel, mit Stahlabsperrgittern und Polizeischutz wäre seiner Meinung nach völlig ausreichend gewesen. Denn der Großteil der Demonstranten werfe im schlimmsten Fall Farbbeutel. „Hätten sich die Staatschefs dazu entschlossen, in der Stadt zu tagen, wäre solch ein enormer Sicherheitsaufwand außerdem gar nicht nötig gewesen“, sagt Wahl. Eine Stadt könne man besser kontrollieren und die 100 Millionen Kostenaufwand des Gipfels wären besser direkt nach Afrika geflossen.

Ungeeignetes Mittel zur Abwehr von Terrorismus
Nachdem die Gewalt beim Weltwirtschaftsgipfel 2001 in Genua eskalierte, tagen die acht mächtigsten Nationen der Welt an entlegenen Orten, in den Alpen oder im schottischen Hochland. Attac-Sprecherin Frauke Distelrath sieht darin letztlich einen Erfolg der Globalisierungskritiker. „Die G-8 sind in die Defensive geraten und müssen sich aufs Land verziehen“, sagt Distelrath. „Das ist doch auch ein Zeichen, dass sie unter Legitimationsdruck stehen, sonst könnten sie den Kontakt, mit denen über die sie bestimmen möchten, aushalten.“

Globalisierungskritiker Demonstration
Distelrath hält einen Zaun, auch wenn er so hoch, so sicher und so gut bewacht ist wie der in Heiligendamm, für ein ungeeignetes Mittel zur Abwehr von Terrorismus. „Anschläge wie in Madrid oder London hält ein Zaun nicht ab“, sagt sie. „Doch einzig dafür wurde der Zaun doch angeblich errichtet.“ Den wahren Grund der starken Sicherung sieht Distelrath in dem Bestreben, demokratischen Protest fernzuhalten. Im Brokdorf Urteil beschloss das Bundesverfassungsgericht 1985 jedoch, dass demokratischer Protest an der Stelle geäußert werden darf, an der sich auch der Anlass für die Demonstration befindet. „Der Zaun ist illegal“, findet Distelrath deshalb. „Das einzig Gute an ihm ist, dass er zeigt, wie es um die G 8 steht. Die Regierungschefs müssen sich in einen vergoldeten Hochsicherheitstrakt verziehen, um unbehelligt miteinander küngeln zu können.“ Den Kontakt zur Gesellschaft aber hätten sie verloren.

[http://www.welt.de/politik/article909388/Wir_ruecken_doch_nicht_mit_Panzern_an.html]