Berlin/Schwerin/München Das Verwaltungsgericht Schwerin hat das weit reichende und heftig umstrittene Versammlungsverbot während des G8-Gipfels in Heiligendamm gekippt.
Das Verwaltungsgericht Schwerin erlaubte den Gegnern des Gipfels vom 6. bis 8. Juni unter Auflagen am Freitag nun doch, wesentlich näher am Tagungsgelände als bisher genehmigt zu protestieren. Sie dürfen bis auf 200 Meter an den Sicherheitszaun um Heiligendamm herankommen. In Hamburg sorgte eine weitere Sicherheitsmaßnahme vor dem Gipfel für neue Aufregung: Die dortige Polizei hat bei ihrer Suche nach den Tätern der jüngsten Brand- und Farbbeutelanschläge Briefe abgefangen und geöffnet.
Mit der Schweriner Gerichtsentscheidung haben die Globalisierungs- Kritiker einen wichtigen Etappensieg im Rechtsstreit um Einschränkungen der Versammlungsfreiheit erzielt. Die Protestszene und Vertreter von Grünen, FDP und Linkspartei zeigten sich zufrieden. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.
Die Polizeidirektion Rostock hatte vom 5. Juni an ein allgemeines Verbot für Aktionen im Umkreis von fünf bis zehn Kilometern um den Zaun erlassen. Dagegen hatten die Organisatoren eines für den 7. Juni geplanten Sternmarsches nach Heiligendamm geklagt. Die Richter entschieden nun (AZ: 1B 243/07), dass das Versammlungsverbot nur für den eingezäunten Versammlungsort und die 200 Meter breite Pufferzone gilt. Der Sternmarsch kann damit wie geplant stattfinden.
Der Koordinator des Rostocker Bündnisses gegen den Gipfel, Monty Schädel, bewertete die Gerichts-Entscheidung positiv. “Die Polizei ist in ihre rechtlichen Schranken verwiesen worden”, sagte er. Er hoffe, dass die Polizei die Entscheidung akzeptiere und keine Beschwerde gegen das Urteil einlege. Auch das globalisierungskritische Netzwerk Attac begrüßte die Entscheidung. “Offenbar hat das Gericht eine klarere Vorstellung davon, was ein Rechtsstaat bedeutet, als Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und die Polizei”, sagte Pedram Shahyar vom Attac-Koordinierungskreis.
Der Leiter des Hamburger Staatsschutzes, Detlef Kreutzer, bestätigte “punktuelle” Durchsuchungen von Postsendungen. “Hierbei handelte es sich um richterlich genehmigte Postbeschlagnahmungen im Zusammenhang mit aufgetauchten Bekennerschreiben.” Er betonte: “Es ist entgegen anders lautender Medienberichte nicht zur Durchsuchung der Briefsendungen ganzer Stadtteile gekommen.”
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) rechtfertigte die Sicherheitsmaßnahmen vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm erneut. Die Sicherheit der Gipfel-Teilnehmer müsse gewährleistet werden, sagte er zum Abschluss des Treffens der G8-Justiz- und Innenminister der führenden Industrienationen in München. Auf die Frage nach den Kontrollen verdächtiger Postsendungen in Hamburg verwies Schäuble auf die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft. Im Zweifel sei man aber in der Vorbereitung lieber “etwas gründlicher”, als dass hinterher etwas passiere, sagte er. “Wir machen es insgesamt richtig.”
MVregio News red/sn, 25.05.2007
[http://www.mvregio.de/mvr/37236.html]