Der Anwalt der G-8-Gegner setzt auf Kooperation, um die Demoverbote rund um Heiligendamm vor Gericht zu kippen. Einige Routen des Sternmarsches könnten gestrichen werden, Rettungsfahrzeuge könnten jederzeit die Strecken passieren
AUS FREIBURG CHRISTIAN RATH
Die Gipfelgegner hoffen auf das Verwaltungsgericht Schleswig. Dort haben sie einstweiligen Rechtsschutz gegen das Verbot des globalisierungskritischen Sternmarsches am 7. Juni beantragt. Der 31-seitige Antrag, der der taz vorliegt, argumentiert betont konstruktiv und bietet dem Gericht eine Reduzierung der Demorouten an.
Eigentlich sollte der Sternmarsch, ausgehend von vier Ortschaften rund um Heiligendamm, auf sechs thematisch bestimmten Routen bis zum Schauplatz des Gipfels oder zumindest bis zum Sicherheitszaun führen. Doch am 16. Mai untersagte die für den Gipfel eingerichtete Sonderpolizei-Behörde Kavala nicht nur den Sternmarsch, der von der von der Abgeordneten Ulla Jelpke schon vor sechs Monaten angemeldet worden war. Vielmehr wurden per Allgemeinverfügung auch alle Demonstrationen im Umkreis von rund 8 Kilometern um Heiligendamm verboten. Begründet wurde das Verbot des Sternmarsches vor allem mit der Vermutung, dass es den Veranstaltern nicht um die Kundgebung gehe, sondern um eine “Verhinderungsblockade”.
Dem widersprach Anwalt Christian Gericke, der die Verbote für rechtswidrig hält. Die Organisatoren des Sternmarsches, zu dem bis zu 11.000 Personen erwartet werden, hätten nie zu Blockaden aufgerufen und beabsichtigten diese auch nicht. “Sollten sich einzelne Demonstrationsteilnehmer/innen hinsetzen und sitzen bleiben, wird der Demonstrationszug weiterziehen”, heißt es in Gerickes Schriftsatz. Die Annahme, dass der Sternmarsch nur Ausgangspunkt für eine Blockade des Gipfels sei, sieht Gericke als “theoretische Erwägung ohne Bezug zur konkreten Versammlung”.
Mit 16.000 Beamten sei die Polizei auch stark genug, um gezielt gegen “Störer” vorzugehen, und müsse nicht vorsorglich alle Demonstrationen verbieten. Ein Durchbrechen nach Heiligendamm werde ohnehin durch den Sicherheitszaun verhindert. Falls Beschädigungen des Zaunes befürchtet würden, könne dies kein Demonstrationsverbot rechtfertigen. Störungen des Gipfelablaufes müsse die Polizei durch Auflagen für die Demonstrationsrouten- und -zeiten verhindern, nicht durch ein pauschales Verbot, argumentierte der Anwalt. Selbstverständlich sei es möglich, die Demoroute für Rettungsfahrzeuge freizuhalten.
Eine kritische Demonstration müsse jedenfalls bei den Gipfelteilnehmern und den internationalen Medien “Beachtungserfolge” erzielen können, fordert Gericke. Deshalb sei eine demonstrationsfreie Zone von rund 100 Quadratkilometern rund um den Gipfel inakzeptabel. Der Anwalt findet, dass die Veranstalter sich “in hohem Maße kooperativ verhalten”, während der Staat seine Kooperationspflichten “gröblich” verletze.
taz vom 22.5.2007, S. 7, 97 Z. (TAZ-Bericht), CHRISTIAN RATH
[http://www.taz.de/dx/2007/05/22/a0095.1/text]