Freitag, 18. Mai 2007
attac spricht von Unterhöhlung der Demonstrationsfreiheit
Berlin (LiZ/dpa). Während Jörg Ziercke, der Chef des Bundeskriminalamt (BKA) den “militanten” Globalisierungsgegnern vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm den Kampf angesagt hat wollen die Organisatoren eines geplanten Sternmarsches zum G8-Gipfelort gegen das allgemeine polizeiliche Demonstrationsverbot klagen. «Wir müssen ausschließen, dass es zu Ausschreitungen und Anschlägen kommt und die Konferenz dadurch gestört wird», hatte Ziercke der Zeitung «Die Welt» gesagt. Ziercke malte schon vorab große Gefahren an die Wand, indem er sagte: «Wer durch eine Vielzahl von Brandanschlägen gegen Häuser und Autos Angst und Schrecken verbreiten will und dabei nicht ausschließen kann, dass auch Menschen gefährdet werden, terrorisiert seine Mitmenschen.»
Die globalisierungskritischen Organisation Attac hat in diesem Zusammenhang das Demonstrationsverbot während des G8-Gipfels kritisiert. Peter Wahl vom Attac-Koordinierungskreis sprach am Freitag in Berlin von einer Unterhöhlung der Demonstrationsfreiheit. Die groß angelegte Polizeiaktion vorige Woche gegen militante Gegner des Treffens der sieben führenden Industriestaaten und Russlands (G8) bezeichnete Wahl als Provokation. Die Sicherheitsbehörden und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) betrieben ein «implizites Wechselspiel» und führten mit ihren Warnungen und Aktionen eine sich selbst erfüllende Prophezeiung herbei. Zugleich versicherte Wahl, dass Attac friedlich demonstrieren werde und auch nicht plane, den um den Tagungsort errichteten Sicherheitszaun anzugreifen.
Der vom Organisationsbündnis für den Sternmarsch beauftragte Hamburger Anwalt Carsten Gericke sagte der dpa, er wolle noch am Freitag einen Eilantrag beim Schweriner Verwaltungsgericht einreichen. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte für Gefahren, die von dem Sternmarsch am 7. Juni unter dem Motto «Den Protest nach Heiligendamm tragen» ausgingen.
Um den Marsch zu genehmigen, müsste das Gericht das vom 30. Mai bis zum 8. Juni geltende Demonstrationsverbot zumindest teilweise aufheben. Gericke sagte, Voraussetzung für die Verhängung eines allgemeinen Demonstrationsverbots sei ein bestehender polizeilicher Notstand. Ein solcher sei für ihn angesichts von rund 16 000 Polizisten, die das Treffen der wichtigsten Staatschefs vom 6. bis 8. Juni schützen sollten, nicht nachzuvollziehen. Auch die zuständige Polizeidirektion Kavala mit 580 Mitarbeitern sei als Versammlungsbehörde groß genug, um jede angemeldete Veranstaltung einzeln genehmigen zu können.
Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) räumt Klagen gegen das Demonstrationsverbot gute Chancen ein. Im ARD-«Morgenmagazin» sagte er, das so genannte Brokdorf-Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1985 besage, dass das Demonstrationsrecht auch dann stark bleibe, wenn mit Ausschreitungen zu rechnen sei.
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