Auch beim Bundeskriminalamt gibt man sich besorgt: Behörden-Chef Ziercke sieht rund um den G-8-Gipfel eine erhöhte Gefährdung durch linke militante Kräfte. Dagegen hält Ex-Bundesinnenminister Baum die geplanten Gegen-Maßnahmen für völlig übertrieben.
Hamburg – Er wolle ein Klima der Gewalt beim G-8-Gipfel im mecklenburgischen Heiligendamm verhindern, erklärte der Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke. “Wir müssen ausschließen, dass es zu Ausschreitungen und Anschlägen kommt und die Konferenz dadurch gestört wird”, sagte Ziercke der Zeitung “Die Welt”. Ziercke äußerte sich besorgt darüber, dass die Sicherheitsbehörden seit Anfang des Jahres eine verstärkte Zunahme von Straftaten aus einem linksextremistischen, militanten Umfeld in Deutschland registrierten. “Wir können nicht zulassen, dass sich diese Lageentwicklung weiter verschärft”, sagte er.
Um einen störungsfreien Ablauf des G8-Gipfels vom 6. bis 8. Juni zu garantieren, sind ein zwölf Kilometer langer Zaun und eine zwei bis sechs Kilometer breite Bannmeile um das Seebad geplant. In dieser Zone gilt vom 5. bis 8. Juni Versammlungsverbot. In den Tagen davor und danach, vom 30. Mai bis zum 9. Juni, ist der Sicherheitsraum auf 200 Meter außerhalb des Zaunes beschränkt.
Wer durch eine Vielzahl von Brandanschlägen gegen Häuser und Autos Angst und Schrecken verbreiten will und dabei nicht ausschließen kann, dass auch Menschen gefährdet werden, terrorisiert seine Mitmenschen”, sagte der Leiter des Bundeskriminalamts. Eine extreme politische Radikalisierung der Protest-Szene sehe er indes nicht. “Ich sehe derzeit keinen Vergleich zur früheren RAF”, sagte Ziercke.
Ex-Innenminister Baum sieht Demonstrationsrecht in Gefahr
Dagegen sieht der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) durch die Pläne für eine Bannmeile um den Veranstaltungsort Heiligendamm und den Flughafen Rostock-Laage das Demonstrationsrecht in Gefahr. Diese Maßnahmen gingen zu weit, sagte Baum heute im ARD-«Morgenmagazin». Die Bürger hätten das Recht, zu demonstrieren und müssten dabei auch sichtbar sein. Er gehe daher davon aus, dass die Gerichte «das so nicht bestehen lassen». Andererseits habe er auch Verständnis dafür, dass sich die Bundesregierung eine friedliche Veranstaltung wünsche.
Zum G-8-Gipfel soll die Bundeswehr Ärzte und Krankenhäuser in der Region unterstützen. Mit einem mobilen Einsatzzentrum würden die Militär-Sanitäter mit dem Krankenhaus in Hohenfelde (Landkreis Bad Doberan) zusammenarbeiten, wie der Landkreis heute mitteilte. Die Kräfte der Bundeswehr werden bereits vom 29. Mai an in allen Bereichen des Klinikbetriebes zum Einsatz kommen. Eine ähnliche Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr, Krankenhäusern und Ärzten hatte es zuletzt während der Fußballweltmeisterschaft 2006 und beim Papstbesuch in Köln gegeben.
Schon vor dem Gipfel werden 100 000 Demonstranten erwartet.
flo/dpa/ddp
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