Demonstrieren sollen die Gipfelgegner, nur nicht zu nahe am G8-Tagungsort. Die Bundesregierung verteidigt ein für Heiligendamm erlassenes Versammlungsverbot, die linke Szene rebelliert.
Das Bundesinnenministerium hat das geplante Demonstrationsverbot rund um den Tagungsort des G8-Gipfels Anfang Juni in Heiligendamm verteidigt. «Wir haben als Gastgeber die Pflicht, dass wir alles tun, um unsere Gäste zu schützen», sagte Staatssekretär August Hanning am Mittwoch in der ARD. Deutschland wolle auch ein guter Gastgeber sein. «Aber wir werden auch dafür sorgen, dass Versammlungen stattfinden können, die auch den Gipfel und bestimmte Aspekte der Globalisierung kritisieren.»
Die zuständige Polizeidirektion hatte zum Schutz des G8-Gipfels in Heiligendamm vor gewaltbereiten Globalisierungsgegnern ein generelles zehntägiges Demonstrationsverbot angekündigt. Dieses soll vom 30. Mai bis zum Ende des Gipfels am 8. Juni im Abstand von 200 Metern vor dem zwölf Kilometer langen Sicherheitszaun gelten. Angemeldet seien bisher 60 Protestveranstaltungen, von denen zehn nicht verboten worden seien, hieß es am Dienstag. Die Polizei prüft nun aber auch diese Demonstrationen noch einmal.
In der Zeit vom 2. bis 8. Juni wird auch der Flughafen Rostock-Laage einbezogen, auf dem die Teilnehmer des Gipfels landen und wieder abfliegen werden. Damit bleibt den G8-Gegnern vor allem die Rostocker Innenstadt, wo eine Woche vor dem Gipfel Großdemos angemeldet sind. Gipfelgegner kündigten Klagen gegen das Demonstrationsverbot an. Die Organisation «Gipfelsoli Infogruppe» warf der Polizei vor, auf Zeit zu spielen und die Demonstranten zu täuschen. Monatelang habe es geheißen, beim Gipfel werde es keine «Bannmeilen» geben.
Gewalttäter über den Zaun
Durch die späte Ankündigung solle es den Gegnern erschwert werden, gegen die Verfügung zu klagen. Zusätzlich erbost hatte die Gipfelgegner eine bundesweite Razzia von linken Treffs und Zentren am Mittwoch, wo die Ermittler angeblich Hinweise auf knapp 30 Anschläge im Zusammenhang mit dem anstehenden Gipfel gesucht hatten. Bislang wollten oder konnten die Fahnder jedoch keine Erfolge bekannt geben.
Hanning sagte, er sei davon überzeugt, dass der ganz überwiegende Teil der Demonstrationen friedlich verlaufen werde. Aber es gebe auch einige Störer. «Es gibt Ankündigungen, die darauf hinauslaufen, dass der Gipfel gewaltsam gestört wird. Und das bereitet uns Sorge», sagte der Staatssekretär. «Es besteht der Eindruck, dass Gewalttäter versuchen wollen, diesen Zaun zu überwinden, die eigentliche Veranstaltung zu stören, und da muss Vorsorge getroffen werden.» Diesem Ziel diene das vorgesehene Versammlungsverbot. «Wir wollen alles tun, um Störungen des eigentlichen Gipfels zu vermeiden.»
Imageverlust befürchtet
Hanning betonte, die Sicherheitsbehörden hätten bislang keine Erkenntnisse, dass gewaltsame Aktionen gegen Menschen geplant seien. «Aber wir wissen von Aktionen, die zumindest gefährdenden Charakter haben.» Wenn zum Beispiel Häuser in Brand gesteckt werden – wie in Hamburg geschehen – werde auch die Verletzung von Menschen in Kauf genommen. Dies sei «ein sehr ernst zu nehmendes Phänomen».
Bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2006 hatte Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) auch auf die Gewaltbereitschaft in der linksextremistischen autonomen Szene hingewiesen, die deutlichen Zulauf hat. Ende 2006 gehörten der gewaltbereiten Szene 6000 Mitglieder an, rund 500 mehr als im Jahr zuvor. Die Verfassungsschützer zählten 5363 linke Straftaten mit extremistischem Hintergrund, 465 mehr als im Vorjahr. «Wir werden nicht zulassen, dass mögliche Gewalttaten den ordnungsgemäßen Verlauf des G8-Gipfels beeinträchtigen», betonte Schäuble, der Imageverluste für Deutschland durch Gipfelkrawalle befürchtet.
Zuletzt hatten in Hamburg militante Globalisierungsgegner in der Nacht zu Montag einen Anschlag auf ein Fünf-Sterne-Hotel verübt. Die Polizei bestätigte, dass bei zwei Zeitungen Bekennerschreiben einer Gruppe «Autonome Gipfelstürmer» eingegangen seien. Darin gaben sie zu, das Hotel «mit Steinen und Farbe» angegriffen zu haben. Der Anschlag richte sich nach ersten Erkenntnissen vor allem gegen das Asien-Europa-Treffen mit Außenministern der EU und aus Asien am 28. und 29. Mai in Hamburg, sagte ein Polizeisprecher. (nz/dpa/AP)
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