PRESSEINFORMATION
“Nicht wir sind die Gefährder in unserer Gesellschaft”, betont der
Münsteraner Matthias Kayß entschieden. Er hat Anfang Juni mit einigen
anderen G8-Gipfelgegnern aus dem Umfeld der lokalen attac-Regionalgruppe
an den Protesten in Heiligendamm teilgenommen und den Überflug des
Tornado über das Camp Reddelich miterlebt. “Scheinbar zum Greifen nahe
krachte das Ding unter der tiefliegenden Wolkendecke über uns hinweg”,
erinnert sich Kayß, “Momente des entsetzten Schweigens machten sich
breit in unserer Gruppe. Unser erster Gedanke war: Einschüchterung”.
Dass es letztlich wohl um Aufklärungsfotos ging, mache die Sache nicht
besser – im Gegenteil. Mit Unterstützung des Anwalts Wilhelm
Achelpöhler hat Kayß nun Klage eingereicht gegen die Polizeidirektion in
Rostock. Der Grund: Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung im
Rahmen eines grundgesetzwidrigen Einsatzes der Bundeswehr.
Für den Auftrag der Bundeswehrtornados, Fotos von heimlichen Depots oder
ähnlichem zu machen, zeigt Kayß keinerlei Verständnis. “Heiligendamm
war keine militärische Auseinandersetzung, sondern eine politische”,
betont der Aktivist. Weder militärisches Denken noch die Präsenz der
Bundeswehr hält er für gerechtfertigt. Achelpöhler ergänzt: “Ein
Katastrophenfall lag nicht vor, auch keine andere Situation, die einen
Einsatz der Bundeswehr im Innern hätte rechtfertigen können”. Keiner der
Demonstanten oder Blockierer habe das Ziel gehabt, den Tagungsort
gewaltsam zu erobern, ergänzt Kayß. Das hätte auch der Polizei bekannt
sein können – und müssen.
Für Kläger und Anwalt aus Münster steckt etwas anderes als einfache
Amtshilfe hinter den Bundeswehreinsätzen in Heiligendamm. Ohne
politische oder gesellschaftliche Debatte würden hier grundgesetzlich
garantierte Regeln und Normen allmählich verändert, behauptet
Achelpöhler. Und wenn es in Heiligendamm möglich war: Warum solle es
dann nicht auch bei der nächsten Demo in Ahaus, Gorleben oder auch bei
den nächsten Anti-Nazi-Protesten in Münster möglich sein? Die Klage
gegen den Tornadoeinsatz sei deshalb auch ein wichtiger Teil des
politischen Widerstands, betont Kayß. Gerade jetzt, wo im Namen der
Terrorabwehr fast täglich neue Kontrollen und Einschränkungen
vorgeschlagen werden, gelte es, bestehende Bürgerrechte zu stärken. Eine
Klage sei dafür das geeignete Mittel.
Matthias Kayß, 41 Jahre alt, ist Fachrefent für Philosophie an der
Universitäts- und Landesbibliothek Münster und seit Frühjahr 2001 aktiv
bei der attac-Regionalgruppe Münster (http://www.attac.de/muenster).
Wilhelm Achelpöhler ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Münster und
Mitglied im Fachausschuss Gefahrenabwehrrecht des Deutschen Anwaltsvereins.