In Direktübertragung mit Luca Tornatore, der endlich frei ist.
[Global Radio] Hallo, Luca!
[Tornatore] Hallo, Hallo an Alle! Es ist super schön, vor einem Bier zu sitzen, ihr könnt es euch gar nicht vorstellen, es ist wunderschön! Hallo an Alle…!
[Global Radio] Also, als erstes glaube ich, Luca, eine hyper-hyper-hyper kollektive Umarmung von ganz, ganz vielen Leuten interpretieren zu müssen, die in diesem extrem langen Monat deine Geschichte verfolgt haben, die dich durch uns grüßen wollen.
[Tornatore] Danke, und übertragt für mich eine Umarmung an Alle, wirklich an jeden Einzelnen, weil ich es niemals schaffen werde, all das, was ihr mir in diesem Monat gegeben habt, zurück zu geben. Wirklich: Danke. Tausend Mal Danke. Eine Umarmung an Alle.
[Global Radio] Also, gegen wir über zu den Ereignissen: Zuallererst, du bist frei, und das war das, was wichtig war. Man hat Dich aber auch für unschuldig befunden.
[Tornatore] Also, weißt Du… ich meine, es ist eine unglaubliche Sache, schau mal: meine Anwältin, die sehr, sehr gut ist, die technisch wirklich gut ist – ein bisschen kühl, sagen wir, was die zwischenmenschlichen Beziehungen angeht, aber technisch sehr, sehr gut – sagte mir gestern, pass’ auf: vergiss’, dass sie Dich frei sprechen könnten, weil es hier unmöglich ist, dass ein Gericht sich gegen die Aussagen von zwei Polizisten ausspricht – wirklich, das ist unmöglich, ich erinnere mich nicht, hat sie mir gesagt – und sie ist um die sechzig Jahre alt, glaube ich, fünfzig, sechzig, mit Sicherheit – an ein solches Urteil. Und die haben mich für unschuldig befunden! Ich war darauf eingestellt, mir einen weiteren Monat im Knast reinzuziehen, ich hatte schon zwei – super polemische – fertige Briefe, zur Versendung an hiesige Tageszeitungen. Ihres Erachtens hätte der günstigste Fall so ausgesehen, dass sie gesagt hätten, guck mal, du bist schuldig, aber wir haben genug davon, dich hier bei uns zu behalten, ein Monat, dann gehst du nach Hause. Statt dessen: unschuldig! Das ist ein ungemein wichtiges Ereignis in Hinblick auf alle zweifellos ideologiebegründete Prozesse die da kommen werden, weil es wirklich ein Tabu bricht, nämlich die Tatsache, dass die Polizei sich irren kann. Gleich bin ich mit einem Journalisten einer wichtigen hiesigen Zeitung und ich werde für sie auch einige Sachen schreiben. Nun den: der springende Punkt ist nicht, dass sich zwei Polizisten irren können, das interessiert mich nicht, nicht einmal, dass man ihre Namen nennt. Die beiden…, die beiden – jetzt mache ich ein Stück weit eine ketzerische Aussage – armen Teufel, haben den Befehl zu lügen ausführen müssen. Also, das ist der… Ich werde jetzt den Rücktritt des Justizministers fordern, weil ich sicher, dass es mir gelingen kann, dass ich an ein Video herankomme, das einen objektiven Beweis meiner Unschuld liefert und folglich den Beweis der Unterschlagung von Justizakten seitens der Polizei, die sich dieses Video ansehen sollte und es sicherlich auch gesehen hat und gesehen hat, dass ich lange vor der Zeit, zu der sie sagen, dass ich die Flaschen geworfen habe, schon Gefangener der Polizei war. Das ist aber ein soziales Problem – nicht nur hier in Dänemark – ich hoffe, dass ihr den Brief, den ich euch geschickt hatte erhalten habt… es gibt gleichermaßen absurde Dinge, die in Italien passiert sind, wie mit den compagni der Welle, der compagni aus Monfalcone, die in Haft gesteckt wurden, nicht? Es ist exakt das Gleiche.
[Global Radio] Ja, Sicher. Sagen wir aber mal, dass Dänemark da schärfer ’ran geht. Wir haben durch Deine Inhaftierung herausgefunden, dass Amnesty International unter den europäischen Ländern genau auf dieses einen Fingerzeig richtet, weil eine Justiz bzw. ein sozialdemokratisches Land, die eine Avantgarde des Fortschritts sein müsste, in Wirklichkeit, wie Du sagst, solch absurde Dinge birgt, dass sich ein Anwalt wundern muss, dass das Wort eines Polizisten in Frage gestellt werden könnte.
[Tornatore] Pass auf: am Freitag war ich überzeugt, dass sie einen 19 Jahre jungen französischen Mann, der mit mir in Haft war frei gelassen hätten, am Ende aber habe ich erlebt, wie er da ankam und zu drei Monaten verurteilt war, und ich werde alles was möglich ist tun, auch öffentlich – er hat Berufung eingelegt – um zu erreichen, dass er raus kommt, und zwar unter Ausnutzung der Tatsache, dass ich der Beweis bin, dass die Polizei sich irren kann, er wurde nämlich auf der Grundlage von nichts Anderem als der Aussage von zwei Polizisten, die sich gegenseitig auf schier unübersehbare Weise widersprechen – wenn Du sie Dir sie in der Kneipe liest, diese Teile, da fängst Du an zu lachen, und sagst, na Mensch, ach geht doch baden, verstehst Du? Dagegen hat der Richter gesagt, dass alles sehr überzeugend war, aber richtig voll daneben, und ich sitze dann 4 Monate… Ich meine… das ist eine absurde Sache.
[Global Radio] Hör mal, Luca… Von dieser ganzen inhaftierten Gruppe, die wir die Klimagefangenen genannt haben, wer bleibt noch zurück?
[Tornatore] Also, Momentan gibt es diesen jungen französischen Mann von neunzehn Jahren, einen jungen Weißrussischen Mann… also, der junge französische Mann wird noch einen weiteren Monat absitzen müssen, weil das Strafmaß durch die verschiedenen Strafminderungen um zwei Drittel geringer ausfällt. Vielleicht wird er es sogar schaffen, schon vorher aus der Haft zu kommen. Sagen wir jedenfalls, dass er einen weiteren Monat im Knast sitzen müssen wird. Dann gibt es einen jungen Weißrussen, der am 22. Januar raus kommen wird, der verurteilt wurde, weil er einem Polizisten einen Tritt in die Eier versetzte. Er sagt, dass das nicht stimmt, dass er bloß das Gleichgewicht verloren hatte und dass er sich kurz abgestützt hatte, um das Gleichgewicht zurück zu erlangen. Ich muss sagen, dass es eine sehr hübsche Szene gewesen ist… jedenfalls wird er am 22. Januar rauskommen. Gestern aber ist ein junger Däne verurteilt worden, [unverständlich] von einem jungen Kanadier, weil sie in den Kameras ein sehr klares Bild von ihm hatten, wo er ein Stück Holz auf eine Barrikade wirft. Sie haben ihn zu einem Monat Haft verurteilt. Der wurde also gestern verurteilt. Es ist mir aufgrund der Rhythmen in der Haftanstalt nicht gelungen, ihn zu treffen, ich hätte ihn bestenfalls heute Abend sehen können. Im Augenblick sind es also drei, die im Gefängnis sind.
[Global Radio] Kommen wir einen Moment auf uns zurück. In kürze wird es uns möglich sein, Dich wieder bei uns zu Hause ;-) zu Haus’ zu haben – dieses Land ist unser Land :-) …
[Tornatore] Ich kann es gar nicht erwarten :)
[Global Radio] … auch damit wir, sagen wir, mit der Arbeit weiter gehen können, die durch diese Gescichten, die Kopenhagen in Gang gesetzt hat… Eine letzte Sache zu diesem dänischen Gefängnis, sagen wir… Was war die erste Reflexion, die Dir durch den kopf gegangen ist, als du sahst, was auch draußen passierte, und auch dieses Scheitern von COP 15, während Du dort warst?
[Tornatore] Na… Geht zum Teufel!
[Global Radio] :P He he he he he! ;-)
[Tornatore] :P Wirklich :-) Es ist wirklich die erste gewesen! Na, in Wahrheit war ich richtig froh. Ich werde Dir die Wahrheit sagen: natürlich ist die Haft etwas nicht angenehmes, sie ist eine ziemlich harte Sache, ich war aber froh, weil mir sagte: die sind dabei, sich selbst in die Scheiße zu manövrieren, ich meine: man wird etwas Geduld haben, durchhalten und die Würde hoch halten müssen, aber wir werden hier ERHOBENEN Hauptes raus gehen, weil wir wirklich auf der ganzen Linie im Recht sind. Als ich hier war, je mehr ich zu Hunderten Eure Briefe bekam, je mehr ich mitbekam, was draußen in der Welt alles passiert, das uns Alle betrifft und auch Kopenhagen und so weiter, desto mehr wurde ich mir klarer, und desto mehr war ich fast froh, dass ich sitze, weil mir dies die Möglichkeit bot, mich zu verwenden, um alles zu klären und damit wir es schaffen, noch stärker, als wir vorher waren zu sein.
[Global Radio] Nun, sicher gab es keinen Namen, der in dieser Zeit mehr die Runden machte ;-)
[Tornatore] Nun, ich bin froh, weil es was genützt hat, verstehst Du? Sie haben übertrieben. Ich meine: diese so elende und so aufgeblasene Macht hat wirklich übertrieben, nicht? Ich hoffe, dass das auf sie zurück fällt. Voll und Ganz.
[Global Radio] Ok, Luca. Wir verabschieden und von Dir.
[Tornatore] Paß’ auf. Meine letzte Reflexion…
[Global Radio] Schieß’ los!
[Tornatore] Es ist etwas Wichtiges, und für mich ist es Alles auf der Welt. Ich habe die Sicherheit wieder gefunden, [bis hier ohne Gewähr, d.Ü. Wegen Störung der Übertragung sehr schwer verständliche Worte] weil ich weit weg von der Polizei bin, im Kreise meiner compagni, ich habe meine Freiheit, [unverstänlich]
[Global Radio] Gut, wir umarmen Dich ganz fest, und wir warten hier zu Hause auf Dich. Tschüss, bis dahin!
[Tornatore] Danke
[Global Radio] Ciao!
[Tornatore] Ciao ciao!
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