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2011-08-21

»Unsere Haft war eine politische Entscheidung«

Greenpeace-Mitglieder stehen in Kopenhagen wegen Klimagipfel-Protest vor Gericht / Heute fällt das Urteil

Juan López de Uralde baut zur Zeit die neue spanische Partei Equo mit auf. Von 2001 bis 2010 war er Geschäftsführer von Greenpeace Spanien. Im Dezember 2009 verschaffte er sich in Begleitung einer weiteren Aktivistin Zugang zum Empfang der dänischen Königin für die zum UN-Klimagipfel in Kopenhagen angereisten Staatschefs. Obwohl sie nur ein Transparent auf dem roten Teppich hochhielten, verbrachten sie und zwei weitere Greenpeace-Mitglieder 21 Tage in Untersuchungshaft. Am Freitag wurde verhandelt, heute wird das Urteil verkündet. Ralf Hutter hat mit dem Aktivisten gesprochen.

ND: Wie lief der Prozess bisher?

Juan López de Uralde: Es war okay. Das ganze Verfahren ist freilich völlig unangemessen und auch ein bisschen surreal. Wir sind empört. Das Schlimme ist, dass, obwohl die letzten Daten über den Klimawandel alarmierend sind, da die Emissionen wegen des Scheiterns in Kopenhagen letztes Jahr um fünf Prozent angestiegen sind, mit voller Kraft gegen die Aktivisten vorgegangen wird. Zwischen dem wirklichen Willen, gegen den Klimawandel vorzugehen, und der Verfolgung der Aktivisten besteht offensichtlich ein Widerspruch.

Es kommt sogar ein sehr alter Paragraf zur Anwendung, der lange nicht benutzt wurde: Majestätsbeleidigung.
Genau. Sie benutzen einen Paragrafen, der seit den 1930ern nicht benutzt worden ist, und der die Strafe erhöhen würde. Das ist ein weiterer Beweis für die Absurdität des Prozesses.

Die anderen Delikte sind Dokumentenfälschung, Amtsanmaßung und Hausfriedensbruch: Welche Strafen stehen da im Raum?

Ich würde das nicht einmal Delikte, also Straftaten nennen. Normalerweise würde das nur (als Ordnungswidrigkeit; d. Red.) von der Verwaltung verfolgt werden. Bezüglich des Kopenhagener Gipfels gibt es aber in allem, wo die Zivilgesellschaft strafrechtlich verfolgt wird, eine große Unverhältnismäßigkeit. Die Staatsanwaltschaft fordert zwei Monate auf Bewährung plus 3000 Dänische Kronen Geldstrafe pro Person, also über 400 Euro. Für Greenpeace Nordic wird eine Strafe von 200 000 Kronen gefordert. Für die aus dem Ausland kommt noch ein Einreiseverbot von sechs Jahren hinzu.

Stimmt es, dass Sie damals solange nicht aus der Untersuchungshaft gelassen wurden, bis Greenpeace die Namen und Daten aller elf an der Aktion Beteiligten herausrückte?

Es war so: Eigentlich waren wir ja im Gefängnis, weil die Polizei den Fall aufklären sollte. In Wirklichkeit wurde aber nichts untersucht, während wir im Gefängnis waren. Wir wurden erst am letzten der 21 Hafttage befragt. Als Greenpeace sah, dass nichts passierte, machten sie öffentlich, wer bei der Vorbereitung der Aktion beteiligt gewesen war, damit es keinen Vorwand mehr geben konnte, uns im Gefängnis zu behalten. Wenn Greenpeace eine Aktion macht, dann steht die Organisation auch dazu, dann gibt es nichts zu verstecken.

Wie erging es Ihnen in ihrer Zeit im Gefängnis?

Na ja, ein Gefängnis ist kein schöner Aufenthaltsort. Das Schlimmste war, dass wir in Isolation waren. Wir hatten keinen Kontakt zur Außenwelt, konnten keine Zeitungen lesen und durften nicht mit unseren Familien sprechen. Wir wurden fast wie Terroristen behandelt.

Es gibt im Internet einen Film, der die Vorbereitungen zu der Aktion zeigt. Sie waren auf Gefängnishaft eingestellt, aber nicht auf 21 Tage, oder?

Nein, absolut nicht. Nach der dänischen Rechtslage hätten sie uns eigentlich direkt des Landes verweisen müssen. In der ersten Nacht kam auch ein Polizist und sagte: »Morgen früh um neun werdet ihr an die deutsche Grenze gebracht.« Als am Morgen dann ein anderer Polizist sagte, wir kämen jetzt ins Gefängnis, sagte ich noch: »Nein, du irrst dich. Wir sollten doch aus dem Land geworfen werden.« Es war also eine rein politische Entscheidung, uns in Haft zu lassen.

Source: http://www.neues-deutschland.de/artikel/204920.unsere-haft-war-eine-politische-entscheidung.html