Auswirkungen des G8
Ein Interview mit Josh Wolf
Fault Lines interviewte Josh Wolf und Gabe Meyers, die nach der Anarchist Action Demonstration vom 8.Juli 2005 von lokalen und Bundesbehörden ins Visier genommen wurden. Anti-kapitalistische Proteste und Aktionen gegen G8, WTO und andere Institutionen, die neokoloniale Herrschaft und die Globalisierung der Konzerne repräsentieren, wurde schon immer mit mehr Aggression und Feindschaft entgegengetreten als gewöhnlichen Friedensmärschen. Zugegeben, meist waren die DemonstrantInnen oft viel militanter. Nachdem ein Polizeibeamter verletzt und ein Polizeiauto demoliert worden war, sahen die Behörden die Notwendigkeit Leute vorzuladen und anzuklagen.
Fault Lines: Es herrscht Einigkeit, dass Ihr als JournalistInnen unterwegs wart, Euer Verhalten vom California Shield Law geschützt ist. In einigen Interviews habt ihr gesagt, dass die staatlichen Behörden eine Hexenjagd veranstaltet haben. Hinter welchen Hexen waren sie her?
Josh Wolf: Scheinbar hinter AnarchistInnen und der Anarchie im Allgemeinen. Aber es sah so aus, als wären sie darüber hinaus auf vielen Ebenen hinter jeglichem zivilen Ungehorsam her, gegen jeden und jede, die gegen diese Regierung demonstriert, bis hin zum Feuern von StaatsanwältInnen. Es könnte nicht weiter von Anarchie entfernt sein.
FL: War ihr überrascht über die Unterstützung der Mainstream Medien?
JW: Ja, es läßt sich ganz gut damit zusammenfassen, dass ich angenehm überrascht war. Es war nicht schockierend, sondern einfühlsam. Es milderte mein Mißtrauen gegenüber den Mainstream Medien etwas, dass sie von Grund auf für´n Arsch sind.
FL: Du hast Deinen Video Blog als transparenten Journalismus beschrieben, als transparent insofern, als deine parteiischen Vorannahmen offen ersichtlich und daher transparent seien. Worin liegt die Bedeutung radikaler Medien, unabhängiger und anderer Medien, die sich nicht fürchten in den Bewegungen um soziale Gerechtigkeit Position zu beziehen?
JW: Wenn es zu zivilem Ungehorsam kommt, berichten die Mainstream Medien nur noch aus Perspektive der Polizei - um den Status Quo aufrecht zu erhalten. Die Hälfte des Dialogs fehlt, unabhängige Medien und die alternative Pressen berichten über diese andere Seite der Konversation.
Die Quellen der Mainstream Medien erfüllen einen Zweck, aber wenn du genauer hinschaust ist es nur ein Stückchen von Kuchen, ein Achtel vielleicht, ein Stückchen von den gigantischen Kuchen, das sollte uns als gebildeten und informierten Leute klar sein.
FL: Wenn wir uns an die Anarchist Action Demo gegen den G8-Gipfel in Gleneagles erinnern, die 2005 in San Francisco stattfand, so schienen die beiden Cops in ihrem Polizeiauto als eine Art Katalysator funktioniert zu haben, um in die Reihen der DemonstrantInnen einzubrechen und sie zu verfolgen, anstatt die Demonstration von selbst enden zu lassen?
JW: Das ist nur zum Teil richtig. Es stimmt nicht, dass die beiden Beamten gemeinsam mit den taktischen Polizeieinheiten in die Reihen der Demo reingegangen sind; tatsächlich sind sie vor der Mission Streife gelaufen. Anlaß war ein telefonischer Notruf über Vandalismus schwarz gekleideter Leute gewesen, aus diesem Bericht war nicht hervorgegangen, dass diese Leute Teil der Demonstration waren.
FL: Nicht dass ich Gewalt gegen die Polizei refertigen wollte, aber wurde der Angriff auf die Polizei nicht durch deren aggressive Versuche ausgelöst die Demonstration aufzulösen?
JW: Wenn wir über die Polizei reden, dann geht es um Shields and Wolf, welche die beiden Beamten waren, die vor Ort auftauchten. Zuvor war die Polizei mehr oder weniger...es war seltsam, als sie über Lautsprecher dazu aufriefen, sich zu zerstreuen, etwa so: "Die BeamtInnen des San Francisco Police Departments fordern sie dazu auf, sich zu zerstreuen. Wer dieser Aufforderung nicht nachkommt, wird verhaftet werden." Das klingt wie etwas, das sie sonst nicht sagen, ganz anders als die Dinge, die sie normalerweise rufen. Dann tauchten hields und Wolf auf und sind offenbar durchgedreht und entschieden, dass es der beste Weg wäre die DemonstrantInnen zur Auflösung der Demo zu zwingen, mit ihrem Auto Gas zu geben. Was offensichtlich eine höchst gefährliche Taktik ist. Und ihre Reaktion war, die Leute zu verfolgen, die sie beinahe überfahren hätten...es war obszön.
Ein bißchen was zum Hintergrund: Im Jahr zuvor hatte es am 8.Juni eine Reclaim the Streets Demo gegen den G8 Gipfel 2004 in Sea Island gegeben. Eine Unmenge Polizei nahm 120 Leute fest. Sie umstellt alle, die sich an der 5ten und Market Straße aufhilten und nahmen daraufhin alle fest - es gab keine Anordnung sich zerstreuen oder irgendwas. Einige dieser Leute weigerten sich, der Polizei ihre Namen zu geben, im Gefängnis gab es eine Solidaritaktion: 40 Leute identifizierten sich als John und Jane Doe. Die Regierung weigerte sich, die DemonstrantInnen freizulassen, bis sie ihre Namen gaben.
Tatsächlich handelten sie einen Deal aus, dass die Anklagen fallengelassen werden würden, so sie ihre Namen geben würden, die andersherum aufrecht erhalten würden, so sie ihre Namen nicht sagen würden. Wir haben hier also eine Situation, in der es das Bestreben der Regierung war, die Namen der DemonstrantInnen des 8.Juni 2004 herauszufinden. Das bestärkt mich in dem Gedanken, dass es sich hier um eine Art Hexenjagd handelt, um die TeilnehmerInnen an den Protesten zu identifizieren.
FL: Dann war der Grund, warum Du so lange im Knast warst also nicht, dass Du Dein nicht veröffentlichtes Video nicht freigeben wolltest, sondern dass Du Dich geweigert hast vor Gericht eine Zeugenaussage darüber abzugeben?
JW: Sie wollten die Aufnahmen, weil sie alle Information wollten, die sie nur sammeln können, aber was sie wirklich wollten, was vor Gericht nie wirklich zur Sprache kam, war dass ich eine Zeugenaussage über diejenigen machen sollte, die auf den Aufnahmen zu sehen sind. Ich sollte sie identifizieren. Nachdem wir den Kampf um die Nichtherausgabe des Material auf der 9ten Ebene [bin keine JuristIn, Anm.Ü.] verloren hatten, haben wir dem Staatsanwalt angeboten, ihm zu zeigen, dass sich auf dem Tape keine Aufnahmen befinden. Wir haben eine Erklärung eingereicht, dass das betreffende Tape leer ist. Mein Anwalt machte den Vorschlag, dass wir das Band übergeben und sie mich freilassen. Der Staatsanwalt antwortete: "Nein, wir brauchen diesen Beweis."
FL: Was sagst Du zu denen, die der Ansicht sind, dass Dein Prozess Zeitverschwendung war, weil Du nicht real etwas geschützt hast.
JW: Dass es einige Dinge gibt, für die es sich zu kämpfen lohnt, aber wenn du dabei bist den Kampf zu verlieren und nur noch das Recht zu kämpfen verteidigst, kannst du ihnen genausogut zeigen, dass du nichts in der Hand hast. Es ist wie beim Pokern, Du kannst blöffen und so tun, als hättest Du was Tolles auf der Hand, aber wenn es darum geht zu zeigen und du hast nichts, gibt es keinen Grund mehr weiter drin zu sein.
FL: Es sieht danach aus, dass die Bundesbehörden zivile Proteste weiterhin verfolgen werden, vor allem auf diejenigen, die geschützt sein sollten, aber keine professionellen JournalistInnen sind.
[Die letzten zwei Sätze des Interviews hab ich nich kapiert, sorry; Anm.Ü.]