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2009-07-08

G8-Gipfel begleitet von Protesten und Ausschreitungen: «Yes we camp» auf den Hügeln von L'Aquila

Italien zum Auftakt des G8-Gipfels: Aktivisten besetzen Kohlekraftwerke, Erdbebenopfer machen mit einem abgewandelten Obama-Slogan auf ihre Lage aufmerksam und G8-Gegner, die offenbar von Polizisten durch Rom gejagt werden.

Mit mehreren ideenreichen Protestaktionen haben Umweltschützer in Italien die sieben führenden Industrienationen und Russland zu einer Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel aufgerufen. Zu Beginn des G8-Gipfels in L’Aquila kletterten Dutzende Aktivisten auf die Schornsteine von vier Kohlekraftwerken und entrollten dort Banner, wie Greenpeace am Mittwoch mitteilte.

Pic: L'Aquila

«Diese vier Kohlekraftwerke sind die vier großen Klimakiller Italiens, weil das die vier großen CO2-Emittenten sind», sagte Greenpeace-Klimaexperte Tobias Münchmeyer.

In L’Aquila setzten sich acht Oxfam-Mitglieder Masken der Gipfelteilnehmer auf. Als Köche verkleidet salzten sie mit CO2-Streuern die Erde, die in einem großen Kessel schmorte. Die Darsteller von Bundeskanzlerin Angela Merkel und des italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi studierten in einem Kochbuch «Klimawandel-Rezepte». Der Klimaschutz steht am Mittwoch auf der Tagesordnung des Gipfeltreffens. Die Staatsführer wollen sich für ein globales Klimaabkommen stark machen.

Auch in Rom stülpten sich Mitglieder des christlichen Hilfswerks World Vision Masken über und simulierten in Anspielung auf die Finanzkrise, wie sich die führenden Staatslenker nach einem Bankraub mit den Geldsäcken aus dem Staub machen.

Außerdem machten Aktivisten auf die noch immer schwierige Lage der Erdbebenopfer aufmerksam: In der noch weitgehend zerstörten Stadt L’Aquila kletterten Anwohner auf einen Hügel vor der Polizeikaserne, der diesjährige Tagungsort des G8-Gipfels. Mit der Parole «Yes we camp» – einer Anspielung auf den berühmten Wahlkampfslogan von US-Präsident Barack Obama – machten sie deutlich, dass nach dem verheerenden Erdbeben am 6. April noch immer Tausende Menschen in Behelfsunterkünften leben.

Zusammenstöße in Rom

In Rom war es am Dienstag zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Nach Berichten des italienischen Rundfunks wurden 36 Menschen festgenommen, darunter zwei Deutsche. Die Demonstranten hatten Autoreifen und Müllcontainer in Brand gesteckt. Während in der Hauptstadt unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen die ersten Gipfel-Teilnehmer eintrafen, veranstalteten Globalisierungsgegner in mehreren Stadtteilen Proteste. Bei einer nicht genehmigten Demonstration von 150 Anhängern der italienischen Gruppe «No G8» kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Autonomen.

Demonstranten warfen den Behörden vor, Jagd auf einzelne Teilnehmer der Proteste gemacht zu haben. Polizisten hätten sie bis in Gaststätten hinein verfolgt, in denen sie Schutz gesucht hätten. Etwa fünfzig Studenten der größten römischen Universität blockierten zeitweise mit Zelten die Zufahrt zur Autobahn nach L’Aquila.

Auf der zentralen Piazza del Popolo forderte ein Zusammenschluss von 70 Hilfsorganisationen die G-8-Teilnehmer zur Einhaltung ihrer Versprechen im Kampf gegen den weltweiten Hunger auf. Die größte Demonstration gegen den G-8-Gipfel ist unmittelbar nach dessen Ende am Freitagnachmittag in Paganica in der Nähe von L’Aquila geplant.

Unterdessen wurden bei den Klimaschutzverhandlungen vor dem G-8-Gipfel nach Darstellung von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel Fortschritte erzielt. erstmals hätten die wichtigen Schwellenländer wie Indien oder China akzeptiert, dass nicht nur die Industrienationen den Ausstoß von Treibhausgasen drosseln müssten, sondern auch sie selbst, sagte der SPD-Politiker der ARD.

Zudem hätten die Mitgliedstaaten des Major Economies Forum (MEF) – darunter sind die großen Schwellenländer und die G-8-Staaten – bei Verhandlungen in Rom zum ersten Mal anerkannt, dass die globale Durchschnittstemperatur nicht über zwei Grad Celsius steigen dürfe, wurde Gabriel zitiert.

«Das sind die beiden großen Erfolge: Die Bereitschaft der Entwicklungsländer zu sagen: Wir müssen unter das normale Emissionsszenario kommen und zweitens, wir akzeptieren das Zwei-Grad-Ziel», sagte der Bundesumweltminister. (dpa/AP/nz)

Source: http://www.netzeitung.de/politik/ausland/1398799.html