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2007-06-15

Illegaler Bundeswehr-Panzer-Einsatz bei G8

Neben den Tornados zur Luftauklärung über dem Camp Reddelich und der BW-Drohne über dem Rostocker Camp war die Bundeswehr an mehreren Stellen auch mit Panzern im Einsatz. Ausserhalb ihrer Militärgelände – entlang der Autobahn vor Rostock. BRD 2007: Mit militärischen Mitteln mitten im Bürgerkriegsmanöver… Hierzu ein Gedächtnisprotokoll

Am 6.6. bin ich um cirka 10.00 Uhr von Rostock kommend Richtung Berlin auf der Autobahn A19 gefahren. Das Kreuz zwischen A19/A20 hatte ich bereits passiert.
Auf den jeweiligen Brücken der A 19 bis hin zur Ausfahrt Laage fielen mir militärische Fahrzeuge der Bundeswehr auf. Ich sollte insgesamt entlang der Autobahn mindestens 6 weitere derartige Fahrzeuge erkennen, die zum Teil auf Brücken stehend, zum Teil in Fahrtrichtung Berlin rechtseitig in den angrenzenden Feldern und Büschen standen und sich verbargen.
An allen Fahrzeugen der Bundeswehr auf den Brücken war mindestens ein Einsatzfahrzeug der Polizei beigestellt. Im Feld konnte ich keine Fahrzeuge der Polizei ausmachen.

Ich entschied mich die Autobahn zu verlassen um mich zu vergewissern, das ich es mit Soldaten zu tun hatte die einen Einsatz im Inneren der Bundesrepublik durchführten.
Da ich Mitte der 80er bei der Bundeswehr als Wehrpflichtiger in einer Kampfeinheit eines Panzeraufklärungsbattallions eingesetzt war, beruhen nachfolgende Fakten auf der Kenntnis der Bundeswehr, deren Struktur, der verschiedenen Waffengattungen und der Bedeutung bestimmter Verhaltensweisen. Im Rahmen meines Dienstes war ich im Spähpanzer „Fuchs“ eingesetzt, mit dem feindlich definierte Stellung auszuspähen waren.

Auf der Brücke angekommen, parkte ich direkt hinter dem Bundeswehrfahrzeug. Es handelte sich meiner Erkenntnis nach um einen Spähpanzer (nachher stellte er sich als “Fennek” heraus, vgl. Wikipedia-Link). Auf seinem Dach war ein große 360 Grad schwenkbarer Kasten angebracht in dem eine Kamera eine Rundumüberwachung des Geländes vornahm. Neben der Kamera integriert in den Kasten waren zwei dunklere Objektive angebracht, die ich als Infrarot identifizierte. Die Kamera war in ständiger Bewegung und war auf Bodenbewegungen ausgerichtet. Eine Luftraumüberwachung kann ich aufgrund fehlender Eigenschaften des Fahrzeuges ausschließen. Alle Panzer der Bundeswehr an den Brücken und im Feld waren eines gleichen Typs. Vor dem Fahrzeug der Bundeswehr standen zwei Soldaten. Ein weiterer Soldat muss in dem Fahrzeug gewesen sein um die Kamera zu bedienen. Die Soldaten waren in Kampfanzug, wie gewöhnlich auch an Bahnhöfen zu beobachten. Sie trugen weder das vorschriftsmäßige Barett noch einen Stahlhelm. Eine direkte Bewaffnung habe ich nicht erkennen können. Bei diesen Soldaten standen mehrere Polizeibeamte und sprachen miteinander.
Ich identifizierte einen Soldaten als einen Oberfeldwebel und wusste dass er der ranghöchste Soldat vor Ort ist und die Befehle erhält und weiterreicht. Den anderen Soldaten, ich konnte keinen Dienstgrad erkennen, ordnete ich vom Alter her einem Mannschaftsdienstgrad zu, womöglich handelte es sich um einen Wehrpflichtigen. Die Litzen an den Schulterklappen lösten bei mir Irritation aus (Die Litzen geben Soldaten Auskunft über die Zugehörigkeiten, z.B. Grenadiere, Feldjäger, Panzeraufklärer, Sanitäter etc.). Üblicherweise wird nur eine farbige Litze getragen, doch die Soldaten hatten eine gelbe und orange Litze an den Schulterklappen, wenn mich meine Sinne nicht arg getäuscht haben. Erstere stehen für Panzeraufklärer, zweitere für Feldjäger (deutsche Militärpolizei). Die Soldaten waren allerdings nicht mit den üblichen weißen Armbinden mit „Feldjäger“ gekennzeichnet. Das kann heißen, das Panzeraufklärer im Dienst der Feldjäger eingesetzt wurden.
Ich entschied mich diese Situation auf Film zu dokumentieren, da die Aktion ganz offensichtlich nicht der Eigensicherung diente und auch kein Manöver war sondern in Zusammenhang mit Sicherungsmaßnahmen bezüglich ankommender Staatsgäste, bzw. der Proteste dagegen zu sehen war. Ich filmte direkt das vor mir befindliche Fahrzeug, den Oberfeldwebel, die Polizeibeamten und dann die Autobahn um den Ort unwiderlegbar mit der Kamera festzuhalten. Der Oberfeldwebel winkte nervös ab und versteckte sich vor der Kamera indem er sich hinter dem Panzer versteckte und befahl den Mannschaftsdienstgrad in den Panzer zu klettern. Gleichzeitig beobachtete ich wie die Polizeibeamten, von dem Soldaten angewiesen oder gebeten auf dessen Initiative hin, gegen mein Filmen einzuschreiten begannen und auf mich zukamen. Spätestens ab hier war mir klar, das diese Einheiten außerhalb der Legalität operiert und sich vor der Öffentlichkeit scheuten – auch wenn sie offen sichtbar auf den Brücken postiert waren. Es ist nur so, das ein Spähpanzer für Laien keinen großen Unterschied ausmacht zu einem ähnlichen Fahrzeug der Bundespolizei wie sie zur gleichen Zeit an der Westseite am letzten Zipfel des Flughafen Laage sichtbar an der A19 postiert waren. Durch die Bereitstellung eines Polizeifahrzeuges (kleiner VW-Bus) wird der Eindruck verstärkt das es sich um eine Polizeiaktion handelte und suggeriert neben einem nichtmilitärischen Räumpanzerähnlichen Fahrzeug einer Polizeieinheit zu stehen.
Die beiden Polizisten kamen auf mich zu und forderten mich auf die Kamera auszumachen mit den Worten, das hier Filmen nicht erwünscht sei. Auf meine selbstverständliche Frage nach dem „Warum“ baten die Beamten um meinen Personalausweis. Ich gab ihn meinen Ausweis und fragte noch mal nach den Gründen warum Filmen nicht erwünscht sei. Er antwortete ausweichend und fragte ob ich von der Presse sei, was ich bejahte, da ich im Rahmen unabhängiger Medien zur Dokumentation von G8-Protesten eingesetzt war.
Während der eine Beamte meine Personalien überprüfen ging, schaute der Oberfeldwebel nervös hinter seine Panzer ab und an zu mir rüber. Ich fragte den Polizeibeamten, ob ich mit den Soldaten sprechen könne, worauf der mir mitteilte, das die das nicht wollen würden und das ich dort keine Bereitschaft zu einem Gespräch vorfinden würde. Mir wurde von dem Beamten verwehrt, zu dem Soldaten zu gehen und ihn direkt fragen zu können, ob er mit mir sprechen wolle. Ich erklärte dem Beamten, dass sich zu unserer Zeit (meiner Dienstzeit) wir (als Soldaten) uns das nicht hätten erlauben dürfen, Polizisten Weisungen zu erteilen.
Die Funktion der Polizei bestand darin, die Soldaten bei ihrem Tun abzuschirmen, wenn nicht sogar wie in meinem Fall, die Weisung des Militärs erteilte wurde, mir das Filmen zu untersagen. So konnte ich dann beobachten, wie nach der Personalienüberprüfung der Polizeibeamte aus seinem Fahrzeug kam und dann mit dem Oberfeldwebel über ein weiteres Vorgehen sprachen. Dieser Vorgang dauerte länger. Ich kann nur spekulieren darüber, was ein Polizeibeamter einem Soldaten mit zuteilen hat, der gerade eine Personalienfeststellung unternommen hat. Und ich kann nur darüber spekulieren auf wessen Veranlassung das Dokumentieren von Sachverhalten behinderte wurde (ohne Rechtliche Grundlage, wie sich später herausstellen sollte). Ich sehe aber keine, aber auch gar keine Veranlassung und Rechtfertigung dafür, dass nach einer Personalienkontrolle eine Verständigung zwischen Polizei und Militär über ein weiteres Vorgehen, in welche Richtung auch immer, stattfindet und halte dieses Zusammenwirken für illegal.
Nach einer Weile des Gespräches kam der Beamte zurück und händigte mir meinen Personalausweis aus und wiederholte noch mal, dass Filmen unerwünscht sei seitens des Militärs. Ich bat nun um eine Rechtmittelbelehrung, was das heiße, wenn das Filmen unerwünscht sei. Er erklärte mir, dass das Filmen nicht verboten sei, und er dagegen nichts unternehmen könne, wenn ich es dennoch täte – es wäre aber unerwünscht. Eine Erklärung auf welcher rechtlichen Grundlage einerseits Militär im öffentlichen Raum Polizeiaufgaben wahrnimmt, und was die rechtliche Grundlage der Zusammenarbeit zwischen Militär und Polizei ist, erhielt ich ebenso wenig, wie darüber, was deren Absprachen bezüglich meiner Kontrolle waren. Stattdessen hielt direkt vor mir ein Mannschaftswagen einer Polizeieinheit im Einsatz, die mein Vertrauen in die Situation nicht vergrösserte.
Ich zog es vor, mich zu entfernen und die Dokumentation an einer geschützten Stelle fortzusetzen, um der Öffentlichkeit die Bilder zugänglich zu machen.

Ich möchte hiermit zum Ausdruck bringen, dass ich sowohl den Einsatz der Bundeswehr im Inneren in Bezug zu den G8-Protesten für einen Skandal halte, gesetzlich illegal und grundrechtlich (Gewaltenteilung) unerträglich.
Es ist die Aufgabe guter JournalistInnen, diese Umstände zu recherchieren und öffentlich zu machen.
Es ist die Aufgabe kritischer BürgerInnen und PolitikerInnen sich gegen die schleichende Aushebelung demokratischer Grundlagen zu artikulieren und zu wehren.

Und ich bitte alle aktiven und ehemaligen Soldaten, ihr Wissen über illegale Praktiken seitens der Bundeswehr und ihrer Verbündeten der Zivilgesellschaft zur Verfügung zu stellen und öffentlich zu machen.
Wer weitere Beobachtungen des Militärs gemacht hat, die im Zusammenhang mit den G8-Protesten stehen (z.B. Die Feldjägereinheiten am Ortsausgang Bad Doberan Richtung Hohenfelde, den Tornadotiefflug über das Camp in Reddelich am Aktionstag gegen Militarismus, Krieg und Folter des Anti-G8 Bündnisses, der als Angriffsflug seitens der CampbewohnerInnen wahrgenommen worden ist oder die Bundeswehr-Drohne über dem Camp in Rostock) ist gebeten sie zusammentragen zu helfen.

Gegen jeden Krieg

Videos von Begegnungen mit den Panzern und Soldaten:
http://g8-tv.org/index.php?play_id=1721
http://g8-tv.org/index.php?play_id=1752

Der Panzer bei Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sp%C3%A4hwagen_Fennek

Sonst:
http://de.indymedia.org/2007/06/184684.shtml
http://g8-tv.org/index.php?play_id=1721

[http://de.indymedia.org/2007/06/184930.shtml]