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2007-06-13

Tornados beim G8

Methoden wie in Afghanistan: Das Verteidigungsministerium hat den Einsatz von Tornados beim G8-Gipfel bestätigt. Dabei ist höchstwahrscheinlich auch das Camp Reddelich gefilmt worden.

Der Einsatz sei im Rahmen der "technischen Amtshilfe" erfolgt. Tatsächlich wird diese im Artikel 35 der Verfassung ermöglicht und kommt häufig zur Anwendung. Beispielsweise erfolgt der Einsatz der Bundespolizei jenseits der Schinenwege, Bahnhöfen und Autobahnen stets auf dieser Grundlage. Der Einsatz der Armee im Rahmen der Amtshilfe ist jedoch letztes Jahr sprunghaft angestiegen, wie Christoph Marischka kürzlich für die Informationsstelle Militarisierung dokumentiert hat. Er beschreibt außerdem, dass seit Anfang 2007 explizit Stellen durch die Bundeswehr in der zivilen Verwaltung geschaffen wurden, die solche Einsätze forcieren (Militärische "Amtshilfe" - Die Bundeswehr auf dem Weg nach Heiligendamm, http://www.imi-online.de/2007.php3?id=1572).

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums haben zwei Tornados die Umgebung von Heiligendamm in der geringsten Flughöhe uberflogen, die zulässig ist, um die gemachten Aufnahmen mit älteren Bildern zu vergleichen und so Sabotage-Akte an Strassen erkennen zu können. Es gehöre, so tagesschau.de ( http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6919674_NAV_REF1,00.html) "zum Alltag der Zusammenarbeit von Bundeswehr und Polizei, dass etwa Tornados mit Wärmebildkameras über Gegenden fliegen, in denen Menschen vermisst oder Entführungsopfer vermutet werden."

Camp

Tatsächlich wurden Tornados auch im Februar 2006 zur "Bekämpfung" der Vogelgrippe eingesetzt.
Die Aussagen des Verteidigungsministeriums sind jedoch in mehrfacher Hinsicht irreführend. So haben die Bewohner des Camps eindeutig ausgesagt, dass mindestens ein Tornado am Dienstag gezielt das Camp überflogen hätte. Es muss nun ermittelt werden, ob auch dabei Fotos gemacht wurden. Denn um Sabotageakte an Strassen kann es dabei ja nicht gegangen sein. Unabhängig davon, ob zu diesem Zeitpunkt konkrete Aufklärung stattgefunden hat, handelte es sich dabei um einen Akt der Einschüchterung. Über sonstige Tornado-Einsätze zur auffindung vermisster Personen ist nichts bekannt. Würden sie in der selben Flughöhe stattfinden, wäre es wohl nicht leicht, sie zu verheimlichen. Angesichts des Absturzes eines Tornados der Bundeswehr erst vor wenigen Wochen stellen solche Einsätze eine nicht zu verantwortende Bedrohung der Zivilbevölkerung und eben auch der Protestierenden dar.
Die Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes ist aus mehreren Gründen zu bezweifeln. Zunächst die Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (soweit man davon im kontext des G8-Gipfels überhaupt sprechen kann): Die durchaus erfolgreichen Blockaden haben bewiesen, dass die Nutzung der Strassen für die Gipfel-Logistik zumindest im größeren Massstab ohnehin nicht geplant war. Desweiteren eignet sich die Aufklärung mit Tornados nicht zur Erfassung von kurzfristigen Sabotageakten. Entgegen der allgemeinen Auffassung arbeiten die Tornados mit Nassfilmen, die erst nach der Landung entnommen und entwickelt werden müssen. Es vergeht also viel Zeit zwischen dem Überflug und der Auswertung.
Ein noch zweifelhafterer Punkt ist folgender: Die Bundeswehr darf in Inland im Rahmen der Amtshilfe bei äußerster Notwendigkeit eingesetzt werden, aber nur zur Unterstützung der Polizei und mit polizeilichen Mitteln. Ob hierzu Kampfjets gehören ist fraglich, bzw wurde vom Verfassungsgericht im Verfahren wegen des Luftsicherheitsgesetzes eindeutig verneint. Tornados sind grundsätzlich, immer, auch in der Recce-Variante, mit zwei 27mm Bordkanonen mit je 180 Schuss und zwei infrarotgelenkten Raketen ausgerüstet.
Aber die Verfassungsmäßigkeit ist nicht der Punkt. Unabhängig davon, wie das BVerfG die Amtshilfe auslegt, ist der Einsatz des Militärs im Inneren - insbesonder in Deutschland - illegitim und muss verhindert werden. Angesichts des Abdriftens in den Terror-Sicherheitsstaat sollte aber vielleicht eine einschränkende Regelung des Artikel 35GG gefordert werden.
Diejenigen, die gegen den G8 Gipfel protestiert haben, weil die G8 für Kriege verantwortlich sind, haben durch den Einsatz des Militärs zur Luft- und Bodengestützten (hierzu ein lustiger Film: http://g8-tv.org/index.php?play_id=1721) Aufklärung, die Sanitätsdienste, den Transport und die Beherbergung der Polizei durch die Bundeswehr allemal Recht behalten. Der G8-Gipfel selbst hat die Ostsee zum Kriegsgebiet gemacht.
Deutlich entlarvt der Einsatz auch die Bemühungen der Kanzlerin um Klimaschutz:

"Der Kraftstoffverbrauch des Waffensystems TORNADO liegt in Abhängigkeit von Flughöhe, Fluggeschwindigkeit und anderen Variablen zwischen 30 und 100 kg pro Minute. Hieraus ergibt sich ein Kraftstoffverbrauch pro Flugstunde zwischen 1800 und 6000 kg. Aus einem Kilogramm des Turbinenkraftstoffs Kerosin und 3,4 kg Sauerstoff entstehen bei der Verbrennung im Triebwerk rund 3,15 kg Kohlendioxid (CO2) und 1,24 kg Wasserdampf. Unter Zugrundelegung der eben genannten Verbrauchszahlen ergeben sich nach Berechnungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt durch die Verbrennung von 1000 kg Kerosin mittlerer Qualität in einem Turbinenluftstrahltriebwerk circa 3150 kg Kohlendioxid. Daneben entstehen weitere Abgaskomponenten."
BT-Drucksache 16/4367

[http://de.indymedia.org/2007/06/184384.shtml]


Images:

Camp
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