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2007-05-17

Unbewaffnet in Heiligendamm

Auch Soldaten schützen den G8-Gipfel/Nato auf der Ostsee

BERLIN Spitzen der großen Koalition haben einen neuen Anlauf zur Grundgesetzänderung für Bundeswehreinsätze im Inland unternommen. Bei einem Treffen im Kanzleramt konnten die Fraktionschefs der Union und SPD sowie die zuständigen Minister den Konflikt nicht lösen.

Sie verhandeln noch. Doch die Bundeswehr steht zum Einsatz im Inland bereit, wenn auch ohne Gewehr bei Fuß. 1100 im Großen und Ganzen unbewaffnete Soldaten werden zum G8-Gipfel nach Heiligendamm geschickt. Sie sollen auch den Luft- und Seeraum sichern - mit Fähigkeiten, die die Polizei nicht hat. Ein von Terroristen für einen Anschlag entführtes Passagierschiff dürften sie aber nicht versenken. Dafür fehlt die Rechtsgrundlage. So soll die Bundeswehr etwa mit Minenjagdbooten mögliche Terrorgefahren vorher aufspüren.

Grundlage für den Einsatz ist der Artikel 35 des Grundgesetzes, der die Amtshilfe für die Polizei regelt. Konkret kennt dieser Artikel nur die Naturkatastrophe und den besonders schweren Unglücksfall und nicht einen Angriff von Terroristen.

Am Mittwoch berieten Spitzen der großen Koalition erneut über eine Verfassungsänderung. Doch die Positionen zwischen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und der SPD liegen so weit auseinander, dass schwer absehbar ist, wie eine Einigung aussehen könnte. Einzige Botschaft: Beide Seiten wollen weiter miteinander sprechen, was für eine Koalition eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

Zwar wollen sowohl die Union als auch die SPD die Bundeswehr zur Terrorabwehr aus der Luft und von See einsetzen und als Waffe missbrauchte Passagierflugzeuge oder -schiffe angreifen lassen können, um eine noch schlimmere Katastrophe zu verhindern. Doch die SPD - in der Vorgängerregierung mit einem Gesetz zur Terrorabwehr aus der Luft beim Bundesverfassungsgericht gescheitert - will dafür die kleinstmögliche Grundgesetzänderung. Auch, um Schäuble in seinem Streben nach weitergehenden Bundeswehreinsätzen im Inland zu stoppen. Der Innenminister will aber nicht wie die SPD nur den Artikel 35 ändern, sondern Artikel 87a um einen Passus ergänzen, der die Bedrohungslage zwischen dem Verteidigungsfall und polizeilicher Gefahrenabwehr regelt.

So hat die große Koalition bisher keine Grundlage für die von ihr gewünschten umfassenderen Bundeswehreinsätzen bei den größten internationalen Ereignissen in ihrer Amtszeit geschaffen. 7000 Soldaten bei der Fußball-Weltmeisterschaft und 400 beim Papstbesuch im vorigen Jahr und jetzt 1100 Soldaten beim G8-Gipfel - sie alle wurden und werden nach Artikel 35 eingesetzt.

Das Verteidigungsministerium betont, dass die Soldaten unbewaffnet sind. Nur die Feldjäger nicht, die militärische Einrichtungen schützen. In Heiligendamm werden sich die Soldaten um Verpflegung und Unterkünfte kümmern. Allein 16 000 Polizisten werden das Treffen der acht wichtigsten Industrienationen der Welt schützen. Der Bundeswehr-Sanitätsdienst leistet medizinische Versorgung. Mit Hubschraubern stehen Piloten zum Transport von Politikern oder Verletzten bereit.

Ferner würden Minenjagdboote zum "Absuchen von Fremdkörpern" eingesetzt, nicht aber Kriegsschiffe, sagt Ministeriumssprecher Thomas Raabe. Dennoch werden Kriegsschiffe auf der Ostsee kreuzen. Denn zeitgleich zum G8-Gipfel macht die Nato dort ein Manöver. Ein Zufall, sagt das Verteidigungsministerium.

[http://www.wiesbadener-kurier.de/politik/objekt.php3?artikel_id=2829211]