Sternmarsch-Bündnis
Pressemitteilung
20. Mai 2007
G8: Demoverbot bis 6 Kilometer von Heiligendamm
Anwalt: “Verbotszonen beispiellos in bundesrepublikanischer Geschichte”
Sonderbehörde “Kavala” verschleppt weitere Demonstrationsanmeldungen
Während des G8-Gipfels gilt ein 10-tägiges Demonstrationsverbot
innerhalb des Zauns in Heiligendamm und bis zu 200 Meter außerhalb.
Vom 5. bis 8. Juni, also während des Gipfeltreffens, erweitert sich die
Zone zusätzlich auf bis zu 4 Kilometer vom Zaun. Demonstrationen sollen
somit auf bis zu 6 Kilometer vom Tagungshotel entfernt verbannt werden.
Eine Gruppe von Anwälten hatte für das “Sternmarsch-Bündnis” am
Wochenende einen Eilantrag gegen das Demonstrationsverbot beim
Verwaltungsgericht Schwerin eingereicht. In dem Eilantrag legen die
Anwälte dar, dass die G8-Delegationen, obwohl nicht dafür legitimiert,
international bedeutsame Entscheidungen treffen. Daher müsse
internationaler Protest für die G8 auch sichtbar sein. Die
“Empfindungen
der Staatsgäste”, die die Polizei nicht trüben möchte, spielen dabei
eine untergeordnete Rolle. Aus dem Eilantrag:
“Bürger-Proteste gegen Politik auf internationalem Niveau haben ein
besonderes Gewicht – sie brauchen einen Raum, um bei Staatsoberhäuptern
der G 8 und in der internationalen Öffentlichkeit Ausdruck und
Beachtung
zu finden. Öffentlichkeitswirksam bedeutet bei internationalen
Ereignissen in besonderem Maße, daß es um Zugang und Beachtung durch
die
internationalen Medien geht. Die notwendige Beachtung können derartige
Proteste nur finden, wenn sie “medienwirksam am Ort des Geschehens”
stattfinden. Die Bedeutung des Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit
geht daher bei derart wichtigen
übernationalen Anlässen über die Bedeutung der Versammlungsfreiheit bei
nationalen Anlässen hinaus".
Nach Auffassung des Hamburger Anwalts sind die Demoverbote in
erheblichen Teilen rechtswidrig: “Die von Kavala verhängten
Verbotszonen
sind beispiellos in der bundesrepublikanischen Geschichte”, erklärt
Anwalt Carsten Gericke. “Können die Antragsteller ihre Versammlung
nicht
durchführen, ist ihre Versammlungsfreiheit irreparabel verletzt, denn
die Versammlung ist unwiderruflich anlassbezogen”, führt er weiter aus.
Auch die “besondere Gefährdungslage” des G8-Treffens wird zwar von der
Polizei behauptet. Jedoch gibt es dafür keinerlei Anhaltspunkte. Dies
müssen auch das BKA und der Verfassungsschutz auf Nachfrage einräumen:
“Tragfähige Anhaltspunkte für drohende hinreichend erhebliche Gefahren
hat die Versammlungsbehörde nicht vorbringen können”, erläutert die
Klageschrift.
Kritisiert wird in der Klage die Polizeiorganisation “Kavala”: "Die
Schaffung einer Sonderbehörde “Kavala” bei der Polizeidirektion Rostock
für den Erlass der angegriffenen Verfügungen ist verfassungswidrig",
schreibt Gericke. Vor allem habe die Schaffung einer Sonderbehörde mit
Hunderten von Beamten dazu geführt, dass Anmeldungen von Versammlungen
und Demonstrationen nicht oder schleppend bearbeitet werden:
“Diese Konstruktion führte im Ergebnis dazu, dass verfassungsrechtlich
gebotene Kooperationspflichten der Versammlungsbehörde faktisch über
Monate auf Eis lagen bzw. verschleppt wurden, da erst eine
Sonderverwaltungseinheit dafür aufgebaut und durch auswärtige
Verwaltungsbeamte besetzt wurde. Auf diese Weise wurde den
Antragstellern zudem die Möglichkeit frühzeitigen und effektiven
Rechtsschutzes genommen”.
Auch andere Anmeldungen sind vom Verbot betroffen. Für den 5. Juni hat
die “Jüdische Stimme” zusammen mit Aktivisten aus Israel und Palästina
eine Protestkundgebung mit 150 Teilnehmern angemeldet. Der 5. Juni ist
der 40. Jahrestag des Beginns des Sechs-Tag-Kriegs. Bis heute ist bei
der “Jüdischen Stimme” nicht einmal eine Verbotsverfügung eingegangen.
“Wir sind sehr erfreut über das breite, sogar internationale Medienecho
und die Sympathie für unseren Protest gegen das G8-Treffen”, erklären
die Veranstalter des Sternmarschs am 7. Juni. Gegenwärtig wird weiter
international zur Demonstration aufgerufen.
[Sternmarsch-Bündnis]