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2009-03-19

19.3.2009 Strasbourg/ Baden-Baden -- London

- Presseerklärung von Résistance des deux Rives bezüglich des Protestcamps

- Zum NATO-Gipfel soll ein Anwaltsnotdienst eingerichtet werden

- RECHTSHILFETIPS für die Aktivitäten gegen den NATO-Gipfel 2009

- Rezession und Repression

- "The Nine of Tarnac": Confronted by an absurd state power, we shall speak no more...

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Presseerklärung von Résistance des deux Rives bezüglich des Protestcamps

Seit drei Monaten verhandeln das Strasbourger Bündnis Coordination Anti-OTAN und die Präfektur um einen Platz für ein Protestcamp gegen den NATO-Gipfel Anfang April. Durch einen inakzeptablen Vertragsentwurf seitens der Präfektur gerieten die Verhandlungen, die beinahe abgeschlossen schienen nun kurz vor dem großen Ereignis ins Stocken.

Heute fand auf dem vorgesehenen Gelände in Ganzau eine Pressekonferenz der Coordination Anti-OTAN statt, auf der bekannt gegeben wurde, dass ein solcher Vertrag nicht akzeptiert werden kann.

Anbei eine Übersetzung der gestrigen Presseerklärung von der Coordination Anti-OTAN und Résistance des deux Rives.

Anti-NATO-Camp: Präfektur der Stadt Strasbourg organisiert das Chaos

Zwei Wochen vor dem NATO-Gipfel entfernt sich die Präfektur von den Zusagen, die sie in Bezug auf die Einrichtung des Protestcamps im Strasbourger Vorort Ganzau gemacht hat.

Statt einer einfachen Charta bezüglich der Nutzung des Geländes, wie ursprünglich diskutiert, wird den Organisatoren nun ein Vertrag aufgezwängt. Die Bedingungen dieses Vertrags sind in Hinblick auf das, was seit drei Monaten verhandelt wird, inakzeptabel:

Die Menge an Material wie z.B. Stroh und Bretter, die der Nutzbarmachung des Campgeländes dienen sollte, wurde stark verringert.

Die elektrischen Installationen, die am 10. März versprochen und mit der “Electricité de Strasbourg” vereinbart wurden, sollen nun doch nur bis zum Rande des Geländes gelegt werden u.s.w.

Während unsere umweltfreundlichen und kostengünstigen Vorschläge – verglichen mit den Millionen Euro, die man für den nur wenige Stunden dauernden Besuch von etwas dreißig Staatschefs ausgibt – in Frage gestellt werden, ist die Aufnahme von tausenden Menschen, die das Camp bewohnen wollen, gefährdet. Die Präfektur leugnet stur den politischen Charakter des Protestcamps und reduziert das Geschehen durch einen Vertrag, der sonst für große Sportfeste oder Kulturveranstaltungen vorgesehen ist.

Vierzehn Tage vor der angekündigten Camperöffnung sind diese neuen Forderungen der Präfektur Zeichen eines offensichtlichen Willen, die Existenz des Camps, und damit auch das demokratische Grundrecht auf Protest, durcheinander zu bringen und zu gefährden. Da ein geordneter Empfang nicht mehr zu garantieren ist, lehnen die Coordination Anti-OTAN Strasbourg und das Bündnis Résistance des deux Rives jegliche Verantwortung für das Durcheinander, das bei der Unterbringung Tausender Menschen an verschiedenen Orten der Stadt Strasbourg entstehen wird, ab. Die Verantwortung für dieses angekündigte Chaos bei den Protesten gegen die NATO liegt bei der Präfektur.

Coordination Anti-OTAN, Résistance des deux Rives, 18.03.09

Weiter Informationen senden wir Ihnen in den nächsten Tagen zu.

Mit freundlichen Grüßen,

Résistance des deux Rives

natogipfel2009.blogsport.de
natogipfel2009@riseup.net

Source: Gipfelsoli Presseverteiler | Coordination Anti-OTAN Strasbourg

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Zum NATO-Gipfel soll ein Anwaltsnotdienst eingerichtet werden

30 Anwälte wollen sich u.a. um Demonstranten kümmern, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten

Während des NATO-Gipfels wird ein Anwaltsnotdienst eingerichtet. Dies teilte heute der Offenburger Anwalt Reinhard Kirpes in einem Pressegespräch mit. Rund 30 Anwälte aus der Region wollen sich zwischen dem 1. und 5. April um Menschen kümmern, die zum Beispiel bei Demonstrationen mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Die Anwälte befürchten auch eventuelle Einschränkungen der Versammlungsfreiheit.

Mehr Informationen zum Anwalts-Notdienst während des NATO-Gipfels unter Tel:0761/4097251

Source: http://www.baden-online.de/ticker.phtml?id=2636

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RECHTSHILFETIPS für die Aktivitäten gegen den NATO-Gipfel 2009

DIE TELEFONNUMMER DES LEGAL-TEAMS STRASBOURG: +33 (0)3.68.46.02.62
DIE TELEFONNUMMER DES LEGAL-TEAMS FREIBURG: +49 (0)761 409 725 1

Gewöhnlich hilft die Broschüre “Was tun wenn’s brennt…”, aber für Frankreich und gegenüber der französischen Polizei und Justiz braucht’s noch was extra. Das hat jetzt das Legalteam zusammengestellt.

GRUNDSÄTZLICHES:

* Vor, während und nach den Protesten: Bleibt in Gruppen, niemals alleine !

* Vergesst nicht, folgende Dinge immer dabei zu haben:
Eure Ausweise/ VISA/ Telefonkarten/ Papier und Schreibzeug/Brillen (besser als Kontaktlinsen)/ eure Medikamente (sofern notwendig).

* Hinterlasst irgendwo euren Vor- und Nachnamen und Geburtsdatum und ruft diese Angaben jemandem zu falls ihr festgenommen werdet

* Schreibt euch die Telefonnummer des Legalteams auf den Arm

* Bringt keine Fotoapparate oder Videokameras mit: es existieren Teams, die den Protest filmen.

* Vermeidet es, euer persönliches Telefon voller Kontakte und Bilder mitzunehmen – eure Freunde werden es euch danken.

* Alle Substanzen, die euer Verhalten ändern (Alkohol und Drogen), Messer und Waffen aller Art sind natürlich Faktoren, die die Situation im Fall einer Festnahme verschlimmern.

* Nehmt einen Schal oder ähnliches mit, um euer Gesicht während der Proteste oder bestimmter Aktionen zu verbergen. Das ist in Frankreich nicht illegal.

* Versucht euch beizubringen, die unterschiedlichen Typen von Polizisten (uniformiert oder nicht) zu erkennen. Zivilpolizisten sind oft daran zu erkennen, dass sie in Gruppen herumstehen und die Situation zu Beginn der Proteste beobachten. Die Mobilen Abteilungen der Gendarmerie tragen die Nummer ihrer Einheit auf dem Rücken (z.B. 1A, 3B, etc.).

* Seid euch bewusst, dass kürzlich eine Spezialeinheit der Polizei (nicht des Geheimdienstes) gegründet wurde, um Gruppen zu infiltrieren.

* Vergesst nie, dass es VIELE Zivilbeamte gibt. Sprecht nicht offen in den Strassen über eure Aktionen und vermeidet es, Namen zu benutzen.

* Verteilt nicht Sticker oder Flyer eurer Organisationen an irgendwen. Die Polizei darf euch nicht auffordern, Sticker zu entfernen, die an euch befestigt sind. Das selbe gilt für Fahnen und Transparente.

* Im Fall von breiter gewaltsamer Repression oder ähnlichem:
Bleibt cool, beobachtet die Situation und reagiert schnell.

* Sollte die Polizei versuchen, einzelne Aktivist/innen herauszuziehen, bleibt stehen und bildet Ketten. Bleibt vereint und solidarisch: auf diese Weise kann viele gewalttätige Repression verhindert werden und es ist möglich, Verletzte zu evakuieren.

* Beschützt Verletzte und versucht ein Saniteam zu kontaktieren.

* Wenn ihr von der Polizei angehalten werdet: bleibt ruhig und höflich. Die Polizei ist schnell dabei, euch wegen Beleidigungen anzuzeigen.

DAS LEGAL TEAM :

Während der Gegenaktivitäten werden die meisten vor Gericht zugelassenen
Anwälte Anwälte des Legal Teams sein und ständig im Kontakt mit dem Legal Team stehen. Daher:

Wenn du angehalten und in Polizeigewahrsam genommen wirst , kannst du nicht das Legal Team kontaktieren. Du musst nach einem „vor Gericht zugelassenen Anwalt“ verlangen.

Wenn du einem Richter vorgeführt wirst, nachdem du in Polizeigewahrsam genommen wurdest frage deinen vom Staat zugewiesenen Anwalt, ob er/sie Mitglied des Legal Teams ist. Falls nicht, sage ihr oder ihm dass du einen Anwalt des Legal Teams zugewiesen bekommen willst.

Wenn du Zeuge einer Festnahme wurdest, benachrichtige das Legal Team so schnell wie möglich und gib ihm die folgenden Infos: Name der festgenommenen Person(en), Ort der Festnahme, Anzahl der Festgenommenen, Polzeieinheit, Anzahl der Polizisten. Beschreibe so gut du kannst, was passiert ist und schreibe am besten ein Gedächtnisprotokoll. Deine Aussage ist wichtig und ausschließlich für das Legal Team bestimmt. In jedem anderen Fall, halte sie sicher unter Verschluss!

Sobald du freigelassen wurdest, benachrichtige so schnell es geht das Legal Team und schreibe ein möglichst genaues Gedächtnisprotokoll.

PERSONEN/FAHRZEUGKONTROLLEN :

Wenn du von der Polizei überprüft wirst, so hast du das Recht, mit umstehenden Personen zu kommunizieren und sie zu bitten, als Zeugen zur Verfügung zu stehen oder deine Freunde anzurufen um ihnen von deiner Situation zu berichten. Du kannst durchsucht werden. Dabei handelt es sich um ein Abtasten deiner Kleidung, keine körperliche Durchsuchung.

Die Polizei hat das Recht ein Fahrzeug zu durchsuchen, solange es nicht als Wohnraum dient. Das Fahrzeug kann bis zu 30 Minuten angehalten werden.

Befragung (PV in Frankreich): Falls du schlecht behandelt wurdest, sorge dafür, dass es im Bericht steht. Unterschreibe nichts, mit dem du nicht einverstanden bist. Falls du nicht einverstanden sein solltest, schreibe das was fehlt dazu und streiche den übriggebliebenen Platz durch, so dass kein Platz bleibt um im Nachhinein etwas dazuzufügen. Falls du nicht einverstanden sein solltest mit dem was da geschrieben steht, unterschreibe es nicht. Und grundsätzlich: Bitte um eine Kopie!

Sollte die Polizei mit deinen Papieren nicht zufrieden sein, kann sie dich für eine Personenfeststellung auf die Wache bringen.

POLIZEIGEWAHRSAM:

Du wirst in Polizeigewahrsam genommen, wenn es einen oder mehrere plausible Gründe gibt, dich zu verdächtigen, eine strafbare Handlung begangen oder geplant zu haben.

Das gibt der Polizei das Recht, dich zu verhören, und deine Kommunikation mit anderen einzuschränken oder zu behindern um die Beschuldigungen die sie gegen dich haben weiter zu untersuchen.

Dauer: Angefangen von dem Moment als du angehalten wurdest oder vom Beginn der Personalienfeststellung kann das Polizeigewahrsam bis zu 24 Stunden anhalten und es kann erneuert werden. Es kann bis zu 96 Std. für den Vorwurf der „Bandenmitgliedschaft“ betragen und bis zu 144 Std. für „Terrorismus“.

Fordere von Anfang an einen Übersetzer wenn nötig und lass dir deine Rechte erklären: Du hast das Recht zu erfahren, was dir vorgeworfen wird, ein Mitglied deiner Familie zu benachrichtigen, einen Anwalt zu sprechen und dich von einem Arzt untersuchen zu lassen. Verlange, jemandem Bescheid zu geben, der dir nahe steht – dieses Recht kann dir nur vom Staatsanwalt verweigert werden. Du hast das Recht, sofort einen Anwalt und einen Arzt zu sprechen. Dieses Recht erneuert sich, falls das Gewahrsam nach 24 Std. verlängert wird. Spreche den anwesenden Polizisten darauf an..

Das Recht, einen Anwalt zu sprechen

Nachdem du deine Angaben zur Person gemacht hast (Vor- und Nachname, Geburtsdatum und -ort) hast du das Recht zu schweigen oder die Aussage zu verweigern. Alles was du sagst, kann und wird gegen dich und die Leute verwendet werden, die du erwähnst. Wir schlagen vor, du verweigerst die Aussage bis du mit einem Anwalt gesprochen hast.

Eine komplette Durchsuchung im Polizeigewahrsam beinhaltet von einem Beamten des gleichen Geschlechts ausziehen zu lassen. Nur ein Arzt hat das Recht bestimmte Körperuntersuchungen durchzuführen.

DNA-Proben können nicht ohne deine Erlaubnis genommen werden. Wenn du wegen „Beleidigung und Rebellion“ festgenommen wurdest, hat die Polizei nicht das Recht, eine DNA-Probe zu nehmen.

Eine Verweigerung ist möglich (und ratsam), aber es ist ein Delikt. Die Polizei kann eine DNA-Probe von körperfremden Gegenständen (Zigarettenkippen, Haare) nehmen und die Ergebnisse können vor Gericht gegen dich verwendet werden. Sei dir bewusst, dass die Verweigerung von DNA-Proben im Mund als „militante Aktion gegen DNA Datenbanken“ gewertet werden kann.

Während du festgehalten wirst, versuche ruhig zu bleiben trotz physischem und psychischem Druck durch die Polizei: Brutalität, Bedrohung, Einschüchterung, Demütigung, usw.

AM ENDE DEINER GEWAHRSAMNAHME :

Wenn sie dich gehen lassen, gilt der selbe Rat bezüglich der Befragung wie zu Beginn der Festnahme. Die Polizei überprüft die Bedingungen deiner Festnahme. Es ist nicht ratsam, ein Dokument zu unterschreiben, sollte weiter gegen dich ermittelt werden. Ein unterschriebener Bericht kann Probleme für deinen Anwalt während der Verteidigung nach sich ziehen.

Der Staatsanwalt entscheidet, ob es zu einer Strafverfolgung kommt oder nicht. Sollte es zu einer Verfolgung kommen, so kann er/sie eine der folgenden Möglichkeiten wählen:

* die Untersuchung weiterführen – du wirst einem Untersuchungsrichter vorgeführt;

* das Urteil auf später verschieben – du bekommst eine Vorladung, entweder von einem Polizist bei der Entlassung oder später auf dem Postweg,;

* sofort eine Verhandlung durchführen – du wirst direkt vor Gericht gestellt..

WICHTIG: wenn du einem Richter vorgeführt wirst (sei es ein Untersuchungsrichter oder gleich deine Verhandlung) akzeptiere juristischen Beistand durch einen Anwalt. Du kannst einen Anwalt wählen oder dir einen zuteilen lassen. Im letzteren Fall vergewissere dich, dass er/sie tatsächlich ein Anwalt des Legal Teams ist..

Du kannst dich einer sofortigen Verhandlung verweigern. Es ist grundsätzlich vorzuziehen,deine Verteidigung mit einem Anwalt vorzubereiten, auch wenn das bedeutet, dass du länger in Präventivhaft sitzt. Rede mit deinem Anwalt darüber.

Falls du wenig Einkommen hast, hast du das Recht auf freien juristischen Beistand.

FÜR NICHT-EUROPÄER:

Du könntest einem Abschiebehaftbefehl oder -androhung und einer administrativen Haft von 48 Stunden unterworfen werden. Du kannst beide Entscheidungen anfechten, während dieser Zeit wirst du aber im Polizeigewahrsam bleiben.

Du hast das Recht, medizinische Hilfe, einen Anwalt und einen Übersetzer zu verlangen, sowie in Kontakt mit deiner Botschaft/deinem Konsulat zu treten und eine Person deiner Wahl zu kontaktieren. Bitte diese Person, dem Legal Team Bescheid zu geben oder ruf selbst an..

Administrative Haft kann durch einen Richter auf bis zu 15 Tage verlängert werden und kann einmal wiederholt werden. Du hast das Recht gegen diese Verlängerung Berufung einzulegen.

Verlange so schnell wie möglich eine Person von CIMADE zu sprechen (eine französische NGO, die sich um entwurzelte Menschen kümmert, speziell um Immigrant/innen ohne Papiere in Frankreich). Diese NGO kann dir speziell Empfehlungen zur Anfechtung der Entscheidungen zu Abschiebung oder Administrativhaft geben..

Wie im Polizeigewahrsam, so musst du auch in der Administrativhaft gut behandelt werden. Toleriere keine Gewalt, weder physisch, noch verbal.

FÜR DEN FALL DER POLIZEIGEWALT:

Denk daran, Bilder deiner Verletzungen usw. zu machen. Bewahre deine blutverschmierten Kleidungsstücke falls es solche geben sollte;

Beim Arzt: (Wenn es in der Notaufnahme ist, sage nichts über die Fakten!)

* Versichere dich, dass ein detaillierter medizinischer Bericht erstellt wird. Stelle sicher, dass er eine Beschreibung all deiner Verletzungen und Beschwerden enthält.

* Frage immer nach einer Krankschreibung – auch wenn du arbeitslos bist!

* Wenn du einen Arzt während des Polizeigewahrsams konsultierst, stelle sicher, dass er oder sie deine Verletzungen bezeugt und aufschreibt. Solltest du bei der Untersuchung keine Verletzungen haben, lass dir die Abwesenheit von Verletzungen auch konstatieren. Das kann später als Beweis für erlittene Polizeigewalt während der Gewahrsamnahme dienen..

Du kannst gegen Polizeigewalt klagen und es wird auch geraten, das zu tun.

Kontaktiere eine Anti-Repressionsgruppe die gegen Polizeigewalt, Profiling und Datensammelwut arbeitet..

FÜR WEITERE DETAILS UND INFOS ZU ALL DEN OBEN GENANNTEN PUNKTEN, ZU POLIZEIGEWALT USW. LEST DEN LEGAL GUIDE, DER SICH AN DEN INFOPOINTS UND DER WEBSEITE DES LEGAL TEAMS FINDET.

Legal Team Strasbourg: legalteam-strasbourg@effraie.org
Legal Team Freiburg (AE): antirep-nato09@immerda.ch

Source: http://www.info.libertad.de/de/story/2009/03/rechtshilfetips-fuer-die-aktivitaeten-gegen-den-nato-gipfel-2009

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Rezession und Repression

Matthias Monroy und Hanne Jobst

Während die gegenwärtige Wirtschaftskrise sich weltweit vertieft, bereiten sich europäische Sicherheitsbehörden auf Unruhen vor

Mit den jüngsten Unruhen in Griechenland, Island, Schweden, Litauen, Lettland, Bulgarien, Frankreich, Guadeloupe, La Réunion, aber auch den migrantischen Kämpfen in den Flüchtlingslagern von Malta und Lampedusa, ist Europa unmittelbarer Austragungsort heftiger Auseinandersetzungen geworden. Die Kämpfe erinnern an die Aufstände der 80er Jahre gegen den Internationalen Währungsfonds IWF in Lateinamerika.

Unter Einsatz von Steinen, Eiern, Schneebällen, Flaschen, Rauchbomben, dem Zerstören von Fensterscheiben, Umstürzen und Inbrandsetzen von Fahrzeugen sowie massiven Sachbeschädigungen üben Demonstranten Druck auf Regierungen aus. In Griechenland und La Réunion wurde auf Polizisten geschossen, in Frankreich ein Manager von Arbeitern als Geisel genommen (1). Die Polizei antwortet mit Tränengas, Gummigeschossen, Massenverhaftungen.

Allerorten ist eine Aufrüstung des Sicherheitsapparats zu beobachten, der von Polizeigewerkschaften (2) und Medien publizistisch flankiert wird. Polizeien, etwa in Spanien (3), Polen und Bulgarien (4), gehen selbst auf die Straße um mehr Stellen, höhere Löhne und mehr Ausrüstung zu fordern.

Die Sicherheitsindustrie dürfte eine der wenigen Branchen sein, die von der Handhabung sozialer Kämpfe gewaltig profitieren. Vor allem der Markt für Drohnen, Kleinwaffen und "Non Lethal Weapons" wie Taser-Waffen (5) zur Aufstandsbekämpfung boomt, in Deutschland explizit unterstützt durch das "Konjunkturpaket" (6). Auch die Bundeswehr soll für "Operationen in urbanem Umfeld" mit neuen Schall- und Mikrowellenkanonen oder und Tasern ausgerüstet werden. . Zunehmend wird der Einsatz von Militär ins Spiel gebracht. In Italien etwa sollen 30.000 Soldaten zur "öffentlichen Sicherheit" beitragen (7). Im Vordergrund dürfte dabei der "Schutz kritischer Infrastrukturen" vor Arbeitskämpfen stehen (Telekommunikation, Finanzen, Energie, Regierung/Verwaltung, Transport/Verkehr). Damit zeichnet sich eine weitere Fortschreibung der Verpolizeilichung und Militarisierung (besser: "Gendarmerisierung") sozialer Konflikte ab.

"Civil unrest and crowd control"

Als Auswirkungen der Finanzkrise werden weltweit weitere Aufstände erwartet.

Bereits im Dezember 2008 warnte (8) der geschäftsführende Direktor des IWF, Dominique Strauss-Kahn, dass "Aufstände und Unruhen" auf den globalen Märkten entstehen werden, würde der Abwertung des Dollars nicht Einhalt geboten. Größte Risikofaktoren sieht Strauss-Kahn in geringerverdienenden Haushalten, Schulden und zunehmender Erwerbslosigkeit. Betroffen seien durchaus auch Industrieländer, die USA nicht ausgenommen.

Trendforscher und Senatoren sehen (9) die USA gar als zukünftiges Entwicklungsland, wenn die Revolution "food riots, squatter rebellions, tax revolts and job marches" hervorbringt und Urlaub zukünftig zur Nahrungsmittelsuche genutzt werden müsse. Als Szenario wird über die Einführung des Kriegsrechts diskutiert. Bundesstaaten wie Arizona oder Phoenix entwickeln (10) eigene Pläne für Unruhen und halten eine "Tactical Response Unit" bereit. Die Angst der weißen Mittelschicht dürfte auch durch das sicherheitspolitische Management der Flutkatastrophe in New Orleans 2005 und den daraus folgenden Aufständen von Afroamerikanern, Armen, Mietern und Arbeitslosen gespeist sein.

In zukünftige Zivilschutzszenarien ist seit Oktober 2008 das "Brigade Combat Team" der 3. Infanteriedivision integriert (11). Die Einheit wurde aus dem Irak abgezogen und dem U.S. Northern Command (12) unterstellt, das nach 9/11 eingerichtet wurde und für die "Planung, Organisation und Ausführung von Heimatschutz und Zivilschutz", aber auch die Sicherheit bei Großereignissen wie dem "Super Bowl" zuständig ist. Aufgabe der Division ist fortan unter anderem, bei "civil unrest and crowd control" einzuspringen. Die Soldaten werden in der Handhabung von "nichttödlichen Waffen" sowie polizeilicher Ausrüstung mit Schild und Schlagstock ausgebildet. Zum Training tasern sich die Soldaten gegenseitig.

Ein Report des U.S. Army War College untersuchte (13) untersuchte weitere Möglichkeiten, wie Ressourcen und Truppen des Pentagon zur Bekämpfung von Aufständen gegen Wirtschaft und Regierung genutzt werden können:

Widespread civil violence inside the United States would force the defense establishment to reorient priorities in extremis to defend basic domestic order and human security.
U.S. Army War College

"Die Situation ist wirklich, wirklich ernst"

Die jüngsten Aufstände in der EU haben auch in Brüssel für hektische Betriebsamkeit gesorgt. Zwar ist Island kein EU-Mitglied, doch haben die dortigen militanten Proteste immerhin in einem ersten europäischen Land den Rücktritt der Regierung (14) und eine neue politische Kultur durchgesetzt.

"Es gibt Bedenken. Die EU teilt sie. Es ist eine der größten Herausforderungen für das Frühjahrstreffen des Europäischen Rats", wird ein "führender EU-Beamter" zitiert (15). Auf dem Treffen des Ministerrats wird auch der Bericht der "Future Group", einer "informellen hochrangigen beratenden Gruppe zur Zukunft der europäischen Innenpolitik" (bestehend aus einigen europäischen Innenministern) vorgelegt. Das Papier "Europäische Innenpolitik in einer offenen Welt" fordert unter anderem mehr Überwachung von Finanztransaktionen, Nutzung von Drohnen für polizeiliche Operationen, die Einrichtung neuer Datenbanken und -sätze sowie den gemeinsamen Zugriff europäischer Verfolgungsbehörden darauf ( Die Wünsche der EU-Innenminister (16)).

Ein anderer EU-Beamter erklärt, EU-Botschafter "befassten sich intensiv" mit dem Problem und bekämen "regelmäßige Updates", es brauche allerdings mehr geheimdienstliche Aufklärung, um zu analysieren ob die Unruhen "Teil eines sozialen Trends" seien oder "von Elementen der Opposition" gesteuert würden. "Es kann überall passieren, in Europa sicherlich", pflichtet IWF-Direktor Strauss-Kahn bei. "Es kann Streiks geben, die aussehen wie immer, gewöhnliche Streiks, aber es kann sich in den nächsten Monaten verschlimmern". Auf Nachfrage, in welchen Ländern "das größte Risiko" bestünde, nannte Strauss-Kahn Ungarn, Ukraine, Litauen und Weißrussland. "Es kann mein eigenes Land sein [Frankreich], Großbritannien, möglicherweise Osteuropa. Die Situation ist wirklich, wirklich ernst."

Betroffene Regierungen tauschen sich untereinander aus. Schon vor den Straßenkämpfen trafen sich die Innenminister von Lettland und Litauen, um die Sicherheitslage bezüglich der Finanzkrise zu diskutieren. "Lettländer sind normalerweise ganz gemütlich", analysiert (17) der lettische Diplomat Inese Allika messerscharf, "offensichtlich beobachten die Leute was in anderen Ländern Europas passiert, darunter Griechenland, und fragen sich: 'Warum sind wir so still?'".

Litauen sammelt seit Januar "alle verfügbaren Informationen über ähnliche Ereignisse in anderen Mitgliedsstaaten" und tauscht diese mit den "betroffenen Ländern" Estland, Frankreich, Deutschland und Litauen, erklärte ein litauischer Diplomat dem EUobserver. Auch baltische Staaten und Polen würden "intensiven Informationsaustausch" betreiben. Das Thema "Jugendgewalt" stand auf der Agenda des Treffens der Innenminister der "G6-Staaten" (18) letzten Sonntag in Berlin. Zu den G6 gehören Polen, Frankreich, Italien, Spanien und Grossbritannien und Deutschland. An dem Treffen nahm auch die US-Heimatschutzministerin Napolitano teil.

"Summer of rage"

In Großbritannien erwarten Polizei und Militär Aufstände von "Betroffenen aus der Mittelschicht", die sich mit politischen Aktivisten verbünden könnten, um die Zentren des Finanzsystems in London zu stürmen. Anlass ist der britische Vorsitz der G20 (19), deren Regierungen sich am 1. und 2. April in der britischen Hauptstadt zum Krisengipfel verabredet haben, und angekündigte Proteste (20).

Superintendent David Hartshorn, Leiter der Abteilung "Öffentliche Ordnung" der Metropolitan Police, befürchtet (21) Massenproteste als Folge von Massenentlassungen. Banken würden zu praktikablen Zielen für Demonstranten "Bekannte Aktivisten" würden sich die Straßen zurückerobern, Geheimdienste hätten herausgefunden dass sie wegen der "noch nie da gewesenen Umstände" womöglich großen Zuspruch unter der Bevölkerung finden könnten und nun endlich über "foot soldiers" verfügten.

Für den G20-Gipfel will Großbritannien die "größte Polizeioperation des letzten Jahrzehnts" (22) in Stellung bringen. Letzte Einsätze vergleichbarer Brisanz waren die Aufstände gegen die Poll Tax und die May Day Riots 2000.

Weil der Widerstand gegen die Poll Tax "Margaret Thatchers Regierung ernsthaft getroffen hat", schaltete sich jüngst auch der britische Inlandsgeheimdienst MI5 ein. Sollte selbst das, wie Polizeifunktionäre behaupten, nicht zur effektiven Kontrolle des Protests führen, will die Regierung angeblich (23) das Militär auf den Straßen positionieren. Notfallpläne simulieren Szenarios, um das Treffen im Falle erfolgreicher Verkehrsblockaden andernorts zu Ende zu bringen. Die britische Polizei hat im November 2008 10.000 Stück neue Taser-Waffen erhalten (24)

Die Rhetorik der Sicherheitsbehörden geht einher mit der Verabschiedung neuer Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle politischer Aktivisten, etwa das Ausspionieren und Profiling durch das Scotland Yard ( "Die Kirche im Dorf lassen" (25)). Die dafür zuständige "Confidential Intelligence Unit" (CIU) soll eng mit Regierungs- und Universitätsbehörden sowie dem "privaten Sektor" zusammenarbeiten (26).

Ähnlich nervös dürften der französische Präsident Sarkozy und Innenministerin Alliot-Marie auf die Unruhen in den Überseegebieten, aber auch kürzlich wieder in den Banlieus (27) reagiert haben. Nach den tagelangen Straßenkämpfen in Griechenland anlässlich der Erschießung des 15jährigen Alexandros Grigoropoulos durch einen Polizisten argwöhnte Sarkozy ein Überschwappen nach Frankreich. "Natürlich sind wir besorgt über die sozialen Bewegungen in Europa. Wir haben ein wachsames Auge auf das was in Frankreich, Großbritannien und anderswo passiert", erklärt (28) Chantal Hughes, Sprecherin der EU-Kommission gegenüber Journalisten kurz nach dem Generalstreik gegen Sarkozy im Januar.

Für heute ist ein neuer landesweiter Streik angekündigt, der noch mehr Menschen als die 2,5 Millionen Ende Januar auf die Straße bringen soll. Auch in Frankreich setzen Polizei und Geheimdienste auf mehr Ausforschung etwaigen Widerstands. Im Rahmen von Ermittlungen Festnahmen gegen Aktivisten, deren internationale Kontakte und Teilnahme an globalisierungskritischen Protesten verdächtig machten (siehe hierzu Giorgio Agamben (29)), erläutert Christophe Chaboud, Leiter der neu organisierten "Abteilung für Überwachung des Territoriums" (DST) die Strategie (30) der Behörden, den Lebensstil von "anarcho-libertären Gruppen" zu überwachen, da sie sich von der Gesellschaft zurückziehen und Gewalttaten im Untergrund vorbereiten könnten.

"Kommando, Kontrolle, Kommunikation, Computer und Aufklärung"

Die Treffen europäischer Polizeien und Geheimdienste werden in neuen Kooperationsabkommen institutionalisiert. Mitarbeiter des Scotland Yard trafen Mitte März in Athen ein,um griechische Behörden gegen den "Vandalismus gegen Geschäfte und Autos" zu beraten ( Neue Büros mit Blick auf die Akropolis für Scotland Yard (31)). Premierminister Costas Karamanlis hatte zuvor einen Anstieg von "heimischen Terrorangriffen" und "Straßengewalt" festgestellt. Die griechische Anti-Terror-Einheit soll umstrukturiert, neue Taktiken gegen die "Gesetzlosigkeit" empfohlen werden. Der frühere höchste Beamte der Londoner Polizei, Ian Blair, wird ebenfalls in Athen erwartet. Blair hatte 2005 gefordert, dass "Terrorverdächtige" bis zu 90 Tage festgehalten werden sollten. Britischen Medien warf er "Rassismus" vor, weil sie zuwenig über "Verbrechen gegen Weiße" berichten würden.

Pünktlich zu den wochenlangen militanten Protesten in Griechenland im Dezember 2008 erhielt die Polizei die letzte Tranche eines "C4I"-Systems (32). "C4I" steht für "Command, Control, Communications, Computers and Intelligence", wurde für militärische Einsätze entwickelt und soll Personal, Ausrüstung und Kommunikation von Sicherheitsbehörden durch den Einsatz von Hard- und Software besser miteinander vernetzen. Computergestützt werden Daten gesammelt, analysiert, mit anderen Datenbanken (auch im Ausland) abgeglichen und ausgewertet. Das System für die griechischen Polizeien, Feuerwehren, Küstenwachen und Rettungsdienste war im Rahmen der olympischen Sommerspiele 2004 geliefert (33) geliefert und vom Hersteller SAIC "verbessert", d.h. den "griechischen post-olympischen Sicherheitsbedürfnissen angepasst" worden. Der Vertrag hat bis 2014 ein Gesamtvolumen von etwa 322 Millionen US-Dollar.

Spannend dürfte die weitere Entwicklung der "Europäischen Gendarmerietruppe" EUROGENDFOR (34) mit Sitz des Führungsstabes im italienischen Vicenza werden. Auf Initiative der damaligen französischen Verteidigungsministerin (und gegenwärtigen Innenministerin) Alliot-Marie eingerichtet, soll sie in enger Zusammenarbeit mit dem Militär die "Sicherheit in Krisengebieten" gewährleisten. In der Öffentlichkeit wird die EUROGENDFOR für Missionen in "Drittstaaten" ins Spiel gebracht. Die Statuten schließen allerdings Einsätze innerhalb der EU nicht aus.

Die bis zu 3.000 Kräfte starke Truppe soll Eigentum schützen, bei Demonstrationen eingesetzt werden und sogar geheimdienstliche Informationen beschaffen. Das Einsatzspektrum umfasst "alle polizeilichen Aufgaben" ( Berlusconi und Frattini produzieren Sicherheit (35)). Nicht alle EU-Staaten sind an der EUROGENDFOR beteiligt, zugelassen sind nur Länder mit paramilitärischen Gendarmerien die dem Militär unterstellt werden können. Bisherige Mitglieder sind Spanien, Frankreich, Italien, Polen, Niederlande und Portugal. Seit Februar 2009 ist auch die rumänische Gendarmerie (36) Teil der EUROGENDFOR, gemeinsame Trainings und Ausbildungseinheiten haben bereits stattgefunden. Als weitere Anwärter liebäugeln (37) Litauen und die Türkei mit einer Aufnahme in die Truppe.

Links

(1) http://meedia.de/nc/details/article/sony-arbeiter-nehmen-chef-als-geisel_100017079.html
(2) http://www.cop2cop.de/2009/03/16/niedergang-von-recht-und-gesetz/
(3) http://diepresse.com/home/wirtschaft/international/461144/index.do?_vl_backlink=/home/index.do
(4) http://www.javno.com/en-world/bulgaria-police-march-for-higher-pay_242899
(5) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29795/1.html
(6) http://nachrichten.t-online.de/c/17/89/04/94/17890494.html
(7) http://www.ftd.de/politik/europa/:Gewalt-in-Italien-Berlusconi-plant-B%FCrgerwehren/475090.html
(8) http://business.timesonline.co.uk/tol/business/economics/article5349277.ece
(9) http://www.liveleak.com/view?i=1ad_1226630673
(10) http://phoenix.bizjournals.com/phoenix/stories/2008/12/15/daily34.html
(11) http://www.armytimes.com/news/2008/09/army_homeland_090708w
(12) http://www.northcom.mil
(13) http://phoenix.bizjournals.com/phoenix/related_content.html?topic=US%20Army%20War%20College
(14) http://www.heise.de/tp/blogs/8/122385
(15) http://euobserver.com/843/27460
(16) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28493/1.html
(17) http://euobserver.com/9/27443
(18) http://www.publico.es/agencias/efe/209732/rubalcaba/asiste/reunion/g/eeuu/marcada/agenda/transatlantica
(19) http://www.londonsummit.gov.uk/en/
(20) http://www.g-20meltdown.org
(21) http://www.heise.de/tp/blogs/8/133396
(22) http://www.telegraph.co.uk/finance/financetopics/recession/4986303/Biggest-police-operation-for-a-decade-to-be-launched-at-G20-summit-in-London.htm
(23) http://www.express.co.uk/posts/view/86981/MI5-alert-on-bank-riots
(24) http://www.heise.de/newsticker/Britische-Polizei-wird-mit-10-000-Taser-Elektroschockwaffen-ausgestattet--/meldung/119313
(25) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29896/1.html
(26) http://www.mailonsunday.co.uk/news/article-1138755/Secret-police-unit-set-spy-British-domestic-extremists.html
(27) http://diepresse.com/home/wirtschaft/international/461144/index.do?_vl_backlink=/home/index.do
(28) http://euobserver.com/851/27507
(29) http://de.indymedia.org/2008/11/234221.shtml
(30) http://www.liberation.fr/societe/0101302669-la-gravite-des-faits-en-question
(31) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29942/1.html
(32) http://www.c4i.org/whatisc4i.html
(33) http://news.prnewswire.com/DisplayReleaseContent.aspx?ACCT=104&STORY=/www/story/12-22-2008/0004945682&EDATE=
(34) http://www.eurogendfor.org/
(35) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29634/1.html
(36) http://www.romaniapress.com/article-direct-100184.html
(37) http://www.hss.de/downloads/071015-19_News_aus_Bruessel.pdf

Source: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29952/1.html

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"The Nine of Tarnac": Confronted by an absurd state power, we shall speak no more...

LE MONDE | 16.03.09

For four month now, the legal & media spectacle titled "The Tarnac affair" won't come to an end. Was Julien Coupat to come out of prison for Christmas? For New Year's Eve then? Or would Friday the 13th be his lucky day? No. In the end 'we' will keep him a bit longer in jail, locked into his new role as 'leader of an invisible cell'.

Since a few people in power appear to have an interest in letting this charade go on, even beyond the limits of the grotesque, for the sake of collective clarification, we will have to take once more the garb that has been knit for us ("the 9 from Tarnac").

Well then.

Firstly. As journos were burrowing into our garbage cans, the cops were fingering our assholes. Not the funniest of experience. For months you have been opening our mail, eavesdropping our phones, harassing our friends and video-tapping our homes. And you delectate in these actions. We, the 'nine', we endure them, like so many others. We have been atomised by judicial procedures, nine times one single individual, whereas you are one administration, one police force, and the one and whole logic of one system. As we stand now, we have been double-dealt, and the stake is already erected. So please don't expect us to play cricket.

Secondly. Of course you do desperately need 'individual suspects' making up 'cells' belonging to a 'movement' relating to a certain 'fraction' on the political chessboard. You need all this, because it constitutes your last and only handle on an increasing part of reality, which cannot be longer reduced to 'the society' you pretend to protect. You are right, there is something happening in France, but it is definitely not the rebirth of the 'ultra left' [*N1]. We are merely symbol people, a, rather rustic, crystallisation of the conflict that criss-crosses our times. The media-police edge of a ruthless conflict opposing an order that is collapsing against everything and anyone who dares pretend to survive it.
It is rather obvious that when looking at what is going in Guadeloupe, Martinique [*N2], in the banlieues (big cities suburbs) and in the universities, among the wine-growers, the fishermen, the railway workers and the sans-papiers (undocumented immigrants), you will soon need more judges than teachers to control the mess. You don't get it - and don't bank on the sleuths of DCRI (French home security intelligence service) to enlighten you - they're just as clueless.

Thirdly. We can but notice that there is much more joy in our friendships and our 'company of miscreants' than in your offices and court houses.

Fourthly. Whereas it would appear entirely appropriate to you, given the seriousness of your employ, to question us regarding our political thoughts and our friendships, for us, we do not feel like a duty to talk to you about these matters. No life will ever be entirely transparent to the State and its judicial apparatus. You wanted to shed some light on certain things? You have rather managed to spread obscurity. And as rumour has reached us, in order to escape your glance, the numbers are growing of those who go to demos without mobile phones, who encrypt their messages, and who take the long winding way home to reach their homes. As the saying goes: makes sense.

Fifthly. From the start of this "affair", you appear to have deliberately given great credence to the statements of a mythomaniac witness, heard under the cover of anonymity. And you persist, a brave stand we admit, to somehow believe this heap of lies, reviving a practice, delation, that 'honoured' France a few scores of years ago [*N3]. It would be almost moving, if this did not mainly frame the prosecution of Julien Coupat, and hence his ongoing detention. And as if this kind of 'witness statement' was necessary to make arbitrary arrests, like in Villiers-le Bel (Paris suburb) after the riots there.

And finally. Given the fact that the margin of liberty left to us is henceforth rather limited, and that the only moments we can escape your clutches are actually the ones in which you subject us to questioning, what you do regularly; And that Julien Coupat has now for the fourth time seen his request for release denied; And that he is our friend; And that he is no more than we are: We are to state that from this day onwards, following the heroic tradition of Bartleby, "we would rather not". Meaning roughly: That we will speak no more till you liberate him, that you abandon the qualification of 'leader' for him, and of 'terrorists' for us all. In one word, that you drop the whole case.

For all those, wherever they are, fight and do not resign. For all those who are not suffocated by resentment, and make joy their line of offensive. For our friends, our children, our brothers and sisters, and the support committee. Have no fear, harbour no commiseration. We are not heroes, we are not martyrs. It is precisely because this 'affair' had no legal standing from its very inception that we need to bring the conflict in the realm of politics. What the ever increasing number of attacks launched against us by an ever more absurd political power calls for is a generalisation of collective practices of self-defense everywhere where it becomes a necessity.

There are no nine people to be saved. There is a regime to be felled.

Aria, Benjamin, Bertrand, Elsa, Gabrielle, Manon, Matthieu, Yldune are, together with Julien Coupat, indicted in what has become known as "The Tarnac Affair".
'Q 'n' D' translation by Patrice Riemens
Bangalore, St Patrick's Day, 2009
Translator's notes

[*N1] "Ultra-gauche" in French. A neologism of sorts coined by interior minister Michelle Alliot-Marie in a bid to distinguish it from traditional extreme left ('extreme gauche) of old. The 'ultra gauche' was deemed to be 'anarchist', 'autonomous' and, of course 'violent'. The '9 of Tarnac' were arrested and lengthily detained after a number of sabotages of hi-speed ('TGV') train lines last autumn, which have not at all been elucidated yet, let alone materially linked to 'the 9'.

[*N2] Add Reunion to the list. The French 'overseas departments' in the Carraibic and the Indian Ocean are boiling at the moment, as the chickens come home to roost after years of a colonialism without name, an artificial 'motherland'-oriented economy, ill-mitigated by a pretense of welfare and a reality of increasingly unmanageable clientelist hand-outs culture.

[*N3] Authors refer to the collaborationist (with the Nazis) government of Vichy France (1940-45) where the 'citoyens' engaged in settling their private scores with their neighbours by denouncing them to the regime's police or the Gestapo with gay abandon. Official France long time choose to and still would rather like forget this unsavoury page of history.

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