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09.12.2008

9.12.2008 Griechenland -- Berlin -- Freiburg -- Strasbourg/ Baden-Baden -- Heiligendamm -- Genua

- Erklärung der Vollversammlung der besetzten Theaterschule von Thessaloniki

- Vorbereitung einer bundesweiten Demonstration

- Freiheit stirbt mit Sicherheit — Für unkontrollierte Versammlungen

- Schlampige Arbeit beim Verfassungsschutz Baden-Württemberg

- Kehler müssen beim NATO-Gipfel mit vielen Einschränkungen rechnen

- Vertrauensbonus für Polizei in Agenturmeldungen

- Italien: Freispruch von G8-Gegnern angefochten

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Erklärung der Vollversammlung der besetzten Theaterschule von Thessaloniki

Alexandros war unser Freund, unser Bruder, unser Sohn, unser Klassenkamerad und unser Genosse. Der Mord am 15jährigen Alexandros war der Tropfen, der das Fass all der Fälle von Morden an jungen Menschen, die der Polizei widersprachen, auf Aufforderung nicht an einer Straßensperre angehalten haben oder einfach - so wie Alexandros - zur falschen Zeit am falschen Ort waren, zum Überlaufen gebracht hat. Der Mord an Alexandros mit war kein isoliertes Ereignis, wie der Innenminister dreist behauptet. Seine Erklärung vollendet faktisch die Ankündigung des ehemaligen Justizministers Polydaros, wonach es nur eine Frage der Zeit sei, bis einem Polizisten das Temperament durchgehe und er schießen würde.

Der Polizemord am jungen serbischen Studenten Bulatovic im Jahre 1998 in Thessaloniki, der Mord am jungen Leontidis durch einen Polizisten in der Cassandrou Straße 2003, der Tod des 24jährigen Onohua, nachdem er im Sommer 2007 von einer Zivilstreife in Kalamaria gejagt worden war, der Mord an der 45jährigen Maria in Lefkimi im Zusammenhang mit einem Angriff der Polizei auf Menschen, die sich gegen eine Mülldeponie wehrten, der Mord am pakistanistischen Migranten in der Straße Petrou Ralli in Athen im letzten Monat, die alltägliche Erniedrigung und Gewalt gegen jeden kleine Missetäter bei Polizeiaktionen überall in Griechenland, die Schüsse gegen die TeilnehmerInnen von Studieredendemonstrationen im letzten Jahr, die gewaltsame Unterdrückung von Demonstrationen, der Tränengas-Krieg der Polizei, die Gewalt gegen jeden, der protestiert ... Und natürlich der tagtägliche Mord an wirtschaftlichen und politischen Flüchtlingen durch die Grenzpolizei. Selbst die Tode in den eisigen Wasser der Ägais oder den Minenfeldern von Evros: All dies ergibt das Bild der griechischen Polizei.

Der Mord am Alexandros mit seinen 15 Jahren erzeugte eine Welle der Wut und Verzweiflung bei hunderttausenden von Jugendlichen und Menschen jeden Alters. Es ist nicht nur die Abscheu und die Trauer über den Tod des jungen Mannes. Es gibt ein verbreitetes Bewusstsein, dass es für jeden von uns oder diejenigen die wir lieben, eine Kugel gibt, die auf ein unglückliches Zusammentreffen wartet und dieses Bewusstsein teilen wir alle als Brüder, Freunde und Eltern miteinander. Wir leben in einer sozialen Realität, die die Genauer belohnt, die uns manipulieren – die Politiker und den Klerus. Wir alle versuchen in einem Morgen ohne Zukunft zu überleben.

Wir haben die Zukunft uns die Verwaltung unserer Gesellschaft an Leute ohne Moral und Regeln übertragen, die keinen Respekt vor der Menschheit kennen.

In dieser Realität war der Mord am 15jährigen Alexandros der letzte Tropfen, der das Fass unserer Wut zum Überlaufen brachte.

Aber Wut ist nicht einfach nur ein Gefühl. Sie ist ein Kampf für soziale Gerechtigkeit. Eine Gerechtigkeit, von der jetzt deutlich wird, dass, solange sie in der sozialen Realität nicht existiert, es keinen sozialen Frieden geben wird, weil es nur Friedhöfe sind, die mit solcher Unterordnung und solcher sozialen Ungleichheit sozialen Frieden fordern können.

Weil wir jung sind wie Alexandros, weil wir einen Traum von Würde träumen wollen, wo der Staat und die Autoritäten nur Unterordnung und Verzweiflung verbreiten, weil wir leben wollen und nicht nur über den nächsten Winter kommen, wegen all dem sind wir wütend und kämpfen.

Wir werden Alexandros weder vergessen, noch wollen wir einen weiteren toten Alexandros durch Polizeikugeln.

Es wird keinen Frieden geben mit denen, die die Zukunft der Jugend zerstören, kein Eingreifen, keine Krokodilstränen für die heuchlerischen Minister. Liebe im Leben und Hoffnung für die Menschen. Einen täglichen sozialen Kampf mit unseren Klassenkameraden, unseren Freunden, unseren Familien und unseren GenossInnen für eine Gesellschaft ohne Wächter, für eine solidarische Gesellschaft.

Wir rufen alle Bewohner, alle StudentInnen und ArbeiterInnen auf, mit uns gegen die staatlich gedeckten Mörder auf die Straße zu gehen.

Die Vollversammlung der besetzten Theaterschule

Source: http://www.fau.org/artikel/art_081209-141610

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Vorbereitung einer bundesweiten Demonstration
Kommt zum Vorbereitungstreffen
Endlich in die Offensive!

Die Ereignisse überschlagen sich. Vor dem Hintergrund einer weltweiten Krise des Kapitalismus jetzt der erste Riss im neoliberalen Gebäude: der Aufstand in Griechenland.

Es wird Zeit schnelltens eine bundesweite Großdemonstration vor diesem Hintergrund sich zuspitzender Ereignisse vorzubereiten.

Wir müssen handeln.

Vorbereitungstreffen für eine bundesweite Demo:

Do. 11.12, 19.30 im Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Straße 4

In die Offensive kommen!

In vielen Spektren der Linken wird in den letzten Wochen über die Krise des neoliberalen Kapitalismus und ihre sozialen und politischen Folgen diskutiert. Verständigungsprozesse über linke Strategien finden statt. Einige Vorschläge hierzu liegen bereits auf dem Tisch z.B. ein ‚antikapitalistischer Ratschlag’ der Interventionistischen Linken am 25. Januar in Frankfurt; Vorschläge aus linken gewerkschaftlichen Zusammenhängen

Bislang fehlt jedoch die ‚Initialzündung’, damit unterschiedliche Spektren zusammenkommen und linke Perspektiven jenseits der Krise sichtbar machen.Mit dieser Einladung möchten wir, in Ergänzung zu bestehenden Vorschlägen, einen konkreten Schritt in diese Richtung
gehen und ein breites, gesellschaftlich mobilisierungsfähiges Bündnis für eine gemeinsame (bundesweite) Demonstration in den ersten Monaten 2009 anstoßen.

Das Projekt einer gemeinsamen Bündnisdemonstration

Eingeladen sind u.a.:

Interventionistische Linke (IL); Bundeskoordination Internationalismus (BUKO); Antifaschistische und antirassistische Gruppen und Initiativen; Antimilitaristische Gruppen und Initiativen; Initiativen der Erwerbslosen- und Sozialproteste, Sozialforum; Gewerkschaftslinke und Gewerkschaftsjugend; Attac; Sozialistische Alternative (SAV)
Anti-Atom und klimapolitische Initiativen; ‚Sozialistische Linke’ und ‚Antikapitalistische Linke’ in der Partei ‚die Linke’; linke Verbände u.a. solid!; SDS; Naturfreundejugend; SJD – die Falken; JungdemokratIn nen/Junge Linke)

Source: http://de.indymedia.org/2008/12/234980.shtml

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Freiheit stirbt mit Sicherheit — Für unkontrollierte Versammlungen

In Baden-Württemberg will die CDU/FDP-Landesregierung zum 1. Januar 2009 ein neues Versammlungsgesetz einführen. Mit Blick auf anstehende Proteste sollen zusätzlich zum Polizeigesetz noch weitere versammlungsfeindliche Maßnahmen möglich sein. Den Repressionsorganen werden immer mehr Möglichkeiten zur Verhinderung unerwünschter Versammlungen gegeben. Im Rahmen eines europaweiten Rechtsrucks wird die Grundlage zur repressiven Durchsetzung wirtschaftlicher und politischer Interessen der Herrschenden ausgebaut werden. Die außerparlamentarische Opposition wird mehr denn je überwacht und kontrolliert, möglicher Druck von der Straße soll im Keim erstickt werden können...

UnterstützerInnen der Demo am 13.12.2008

Antifaschistisches Aktionsbündnis BaWü (AABaWü)
Autonome Medienkollektiv Freiburg
Bündnis für Politik- und Meinungsfreiheit (bpm)
Bundesausschuss der Studentinnen und Studenten in der GEW (BASS)
DGB Jugend
DIY-Küche
FiWi’s West
FreieBurg
Freiräume PiratInnen
Grether Geländeplenum
Grüne Jugend Baden-Württemberg
Harlekeens antinational
Indymedia linksunten
Kampagne 19. Mai
KTS Freiburg
Linksjugend Solid Mittelbaden
Nextsteffi
No Entertainment
Revolutionärer Aufbau Schweiz
Schattenparker

Source: http://www.kts-freiburg.org/spip/spip.php?article857

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Kehler müssen beim NATO-Gipfel mit vielen Einschränkungen rechnen

Aus Anlass des NATO-Gipfels in Straßburg/Kehl im kommenden April wird es zum größten Polizeieinsatz in der Geschichte von Baden-Württemberg kommen. Vor allem Kehler Bürger müssen sich auf massive Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit einstellen. Erwartet werden 26 Staats - und Regierungschefs mit einem Tross von ca. 2000 Mitarbeitern. Alleine der neue US-Präsident Obama wird mit 900 Mann Sicherheitspersonal und einem eigenen Fahrzeugtross von 80 bis 100 Fahrzeugen anreisen. In Kehl wird das gesamte Rheinvorland zum Sperrbereich, zwar ohne Zäune, aber mit massiver Bewachung. Der angrenzende Stadtteil "Insel" wird zum Kontrollbereich, rein und raus kommt man nur nach strenger Kontrolle. Der größte Teil der Innenstadt soll für mögliche Demonstrationen tabu sein. Für die viele Tausend Mann Sicherheitspersonal und ihre Geräte soll das Hafengebiet reserviert werden. Personen und Fahrzeuge haben dort nur nach strenger Kontrolle Zutritt. Die Polizei hat die Hafenfirmen aufgefordert, in der Zeit ihren Betrieb einzuschränken. Und schließlich soll die Rheinschifffahrt ab Gambsheim für 3 bis 4 Tage voll gesperrt werden.

Source: http://www.swr.de/nachrichten/bw/freiburg/-/id=1552/kbz7p6/index.html

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Schlampige Arbeit beim Verfassungsschutz Baden-Württemberg

[Pressemitteilung]

Brennender Pappmachépanzer lässt Schlapphüte schwitzen

Mit einiger Überraschung nahmen wir den Bericht des Baden-Württembergischen Verfassungsschutzes vom 27. November 2008 auf.

Hierbei handelt es sich wohl um standardisiertes Polizei- und Geheimdienstgeplänkel, wie es bei allen Großereignissen dieser Art veranstaltet wird. Die Hintergründe für derartige Mitteilungen sind zum einen darin zu sehen, dass man versucht, durch das Schüren von Ängsten einen Keil zwischen die regionale Bevölkerung und den Protest zu treiben. Zum Anderen soll durch die versuchte Spaltung in “gute” und “böse” Demonstranten die Protestbewegung geschwächt werden.

Am vergangenen Wochenende trafen sich Aktivisten aus Großbritannien, Belgien, Frankreich und Deutschland zu einer Arbeitskonferenz in der Ortenau. Das Ziel dieser Konferenz war es, ein Gespür für die Region zu entwickeln, um konkrete Protestformen ausarbeiten zu können. Angesichts des großen Aktionsradius sind die Aktivisten zuversichtlich, durch medienwirksame Aktionen auf die Machenschaften der NATO aufmerksam machen zu können.

Bei dem Dokument, welches auf militante Aktionen hinweisen soll, handelt es sich um die Präsentation zur Informationstour. Diese ist nicht, wie behauptet, auf französischen Seiten eingestellt, sondern wurde lediglich vom französischen Dissent-Netzwerk verlinkt. Die Präsentation zur Informationstour ist bereits seit etlichen Wochen für jeden auf der Seite von Gipfelsoli einsehbar. Bei den Bildern von brennenden Panzern und Straßenschlachten, welche Indizien für Militanz darstellen sollen, handelt es sich um das Bild eines brennenden Pappmachépanzers. Eine Symbolik, welche bei zahlreichen antimilitaristischen und Friedensprotesten verwendet wird. Auch das Bild von einer Straßenschlacht wurde aus dem inhaltlichen Zusammenhang gerissen und bewusst fehlinterpretiert. Der dazugehörige Text weist darauf hin, dass das ab dem 1. Januar 2009 in Kraft tretende Baden-Württembergische Versammlungsgesetz ein “Militanzverbot” und damit ein Verbot des Tragens von einheitlicher schwarzer Kleidung beinhalten soll.

“Die Vorbereitungen gegen den Gipfel der Kriegstreiber laufen auf vollen Touren. Sie werden getragen von einem breiten Spektrum der unterschiedlichsten Organisationen und Gruppen. Darum haben wir alle Hände voll zu tun, aber die Zeit, schlampige Arbeit vom Verfassungsschutz zu kommentieren, nehmen wir uns dann doch”, sagt Franka Berger von resistance des deux rives. Der wieder aufkommende Schwung von Heiligendamm 07 sei deutlich zu spüren.

Frank Dietrich

Uta Färber

resistance des deux rives/widerstand der zwei ufer

http://natogipfel2009.blogsport.de

Präsentation der Infotour http://www.gipfelsoli.org/static/Media/anti-nato-2009-en-limit.pdf

Source: resistance des deux rives/ widerstand der zwei ufer

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Vertrauensbonus für Polizei in Agenturmeldungen

Eine Diplomarbeit der Hochschule Bremen hat das hehre Ziel Objektivität mit der Realität der Agenturberichterstattung verglichen. Dazu untersuchte Christian Selz 476 Meldungen und Berichte von dpa, AP, AFP und ddp über die Proteste gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm vom 2. bis 8. Juni 2007. Der nüchtern präsentierte Befund: “Das Verhältnis der Agenturen zur Polizei war deutlich weniger distanziert als … zur Partei der Demonstranten.”

Die im Studiengang Fachjournalistik erstellte Arbeit untersucht die Aussagen über beide Konfliktparteien mit dem methodischen Handwerkzeug der Inhaltsanalyse. Zunächst aber analysiert Selz die Ausgangsposition im publizistischen Ringen um die Darstellung der Ereignisse in der Öffentlichkeit und konstatiert einen deutlichen Vorteil der Polizei gegenüber den Gegnern des G-8-Gipfels – die staatliche Ordnungsmacht hatte mit ihrer Pressearbeit einen professionellen Zugang zu den Redaktionen, während die Gegenseite ihre Positionen aufgrund der eigenen heterogenen Zusammensetzung weit weniger eindeutig vermitteln konnte.

Nach der Untersuchung aller Aussagen in den Agenturdiensten kommt Selz zu dem Schluss, “dass das über die Nachrichtenagenturen vermittelte Bild der Demonstranten überwiegend negativ war.” Zwar “machten neutrale Beschreibungen (983) mehr als die Hälfte der gezählten Aussagen aus, der Wert der negativen Aussagen (559) überstieg den der positiven (169) aber deutlich”. Hingegen sei “die Polizei nur in 11 Prozent der Aussagen über sie aufgrund von zu hartem oder nicht deeskalierendem Vorgehen kritisiert” worden. Dieses generelle Bild fand der Autor in allen untersuchten Agenturdiensten vor, im Detail stellte er aber auch Unterschiede fest:

Selz untersuchte auch, wie oft beide Seiten zu Wort kamen, und stellte dabei eine “quantitative Ausgewogenheit” fest: Die Demonstranten kamen 506 Mal, die Polizei 500 Mal zu Wort. Bei der sprachlichen Präsentation der jeweiligen Aussagen stellt die Studie aber deutliche Unterschiede fest, wobei drei Distanzierungsklassen unterschieden werden. Eine “große Distanz” wurde etwa konstatiert, “wenn direkte oder indirekte Zitate mit stark distanzierenden Verben wie beispielsweise ‘behaupten’ verknüpft werden”. Weitere Indikatoren waren Attribute wie ‘angeblich’ und distanzierende Wendungen in Verbindung mit dem Konjunktiv. Als “mittlere Distanz” wurden unter anderem “Äußerungen in indirekter Rede und mit Verben wie ‘sagen’ oder ‘berichten’ verknüpfte Zitate” eingestuft. Eine “geringe Distanz” wurde angenommen bei “Umschreibungen von Sachverhalten im Indikativ…, bei denen sich die Umschreibung mit der Aussageabsicht des Urhebers deckt”.

Das in der Grafik zum Ausdruck kommende Ergebnis veranlasst den Autor zu dem Schluss, dass die Aussagen der Demonstranten “deutlich distanzierter” wiedergegeben worden seien als die der Polizei. Selz sieht damit eine seiner Ausgangsthesen bestätigt: “Die Polizei genoss in deutlich höherem Maße das Vertrauen der Nachrichtenagenturen als die Demonstranten.”

Zu einem interessanten Befund kommt die Differenzierung nach Meldungen und Zusammenfassung auf der einen und Korrespondentenberichten auf der anderen Seite: Mit Ausnahme von dpa zeigte sich hierbei, “dass die Demonstranten in einem Genre, das weniger auf die Pressearbeit der Konfliktparteien angewiesen ist, positiver dargestellt werden”. Auf der
anderen Seite zeigte sich für Nachrichten und Zusammenfassungen, dass diese Artikel wesentlich stärker von der Polizei-Pressestelle beeinflusst wurden.

Die Studie belegt den hohen Stellenwert des Nachrichtenwertes Gewalt für die Berichterstattung der Agenturen. Dies zeige sich bereits bei einer “einfachen Durchsuchung der Artikel nach den Schlagwörtern ‘Ausschreitungen’, ‘Krawalle’,
‘Straßenschlacht’, ‘Polizei angreifen’, ‘Gewalttäter’, ‘Gewaltbereite’ und ‘Militante’.” Die Nachrichtenagenturen, so resümiert Selz, hätten ein Interesse daran gehabt, ihre Bezieher mit dramatische Artikeln über den Konflikt zu beliefern, “obwohl sie
nicht über die Ressourcen verfügten, das Geschehen immer selbst zu beobachten oder Informationen stets zu überprüfen”.

Für künftige Studien hat der Verfasser gleich ein paar Hausaufgaben gestellt. Als eine der offenen Fragen nennt er “die nach den Gründen, die die Redakteure dazu bewogen haben, der Polizei mehr Glaubwürdigkeit beizumessen als den Demonstranten.” Selz fügt die Frage hinzu: “Warum griff die eigentlich selbstverständliche journalistische Gleichbehandlung von in einen Konflikt involvierten Parteien hier nicht?”

Source: http://www.agenturjournalismus.de/studie-selz.html

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Italien: Freispruch von G8-Gegnern angefochten

Die Staatsanwaltschaft Cosenza hat den Freispruch von 13 G8-Gegnern angefochten, die von 2002 bis 2008 unter Anklage standen, weil die Ankläger ihnen die Mitgliedschaft in einer subversiven Vereinigung unterstellten und sie als solche für mehrere Auseinandersetzungen bei Protesten wie dem G8 in Genua und dem OECD in Neapel im Jahr 2001 verantwortlich machten.

Im Grunde hatte ihnen die Staatsanwaltschaft die konspirative Herbeiführung der Unruhen vorgeworfen - der Anklageführer behauptete, dass alle 13 sich im Konsens über Gewalt als Methode und Auseinandersetzungen mit Ordnungskräften als Ziel verbündet und vom Mai bis zum Juli 2001 gemeinschaftlich das Ziel verfolgt hätten, mittels Gefährdung der öffentlichen Ordnung in Genua die Aktivitäten der Staatshäupter und Regierungschefs beim G8 zu blockieren. Staatsanwalt Fiordalisi hatte auf dieser Grundlage Strafen für insgesamt über 50 Jahre Haft und weitere 26 Jahre in eingeschränkter Freiheit beantragt. Die Staatsadvokatur hatte als Verteterin des italienischen Staates, der als Nebenkläger angetreten war, zudem 5 Millionen Euro Schadensersatz gefordert. Um ihre Konstrukte zu untermauern, hatten sie mit einer Verbissenheit, die beinahe sprichwörtlich wurde, verstaubte Paragrafen und Urteile ausgegraben, die aus den Zeiten des Widerstands gegen den Faschismus bzw. den "bleiernen Jahren" gefällt stammten und ein mit unzähligen Abhörmitschnitten gespicktes, aus Berichten der Digos von Cosenza und der R.o.s der Carabinieri zusammen geschustertes copy-and-paste Werk präsentiert.

Am 23. April 2008 benötigte das Richterkollegium gerade einmal eineinhalb Stunden, um sich über die haltlose Fadenscheinigkeit der Konstrukte des Staatsanwalts endgültig zu einigen. Die 13 wurden frei gesprochen; die vorgeworfene Tat habe keinen Bestand, so die Richter. Nach Verkündung des Freispruchs hatten die frisch entlasteten AktivistInnen und ihre UnterstützerInnen ihrem Jubel freudigst freien Lauf gegeben. Auf manchen Freudeschrei und die Begrüßung des Urteils mit erhobenen Fäusten folgten an die Ankläger und an die Polizei adressierte Sprechchöre, mit denen die jahrelangen Schikanen und die dreisten Konstrukte, mit denen versucht worden war, sie hinter Gittern zu bringen, lautstark quittiert wurden. Dass es nicht vorbei sein würde, war ihnen klar. Es war bereits bekannt, dass die Staatsanwalt, die in Genua gegen 25 Protessteilnehmer vorgegangen war, die im November 2007 dann zu insgesamt über 100 Jahren Haft verurteilt wurden, Berufung eingelegt hatte, weil sie das Urteil des Gerichts zu milde fand. Daran, dass von Staatsanwalt Fiordalisi die gleiche Verbissenheit zu erwarten sei, bestand kein Zweifel. Selbst zum Zug kam Fiordalisi allerdings nicht mehr. Im Mai 2008 war er Oberstaatsanwalt in Lanusei auf Sardinien geworden.

Die Zeit ist trotzdem gekommen. Das Anfechtungsbegehren trägt die Unterschriften des Oberstaatsanwalts von Cosenza Dario Granieri und der Staatsanwälte Claudio Curreli und Antonio Tridico. Die Tatsache, dass die Unterzeichner der Urteilsanfechtung nichts zur Begründung vorbringen konnten, außer, dass schwerwiegende "Indizien" vorliegen würden, lässt vermuten, dass lediglich ein neuer Anlauf mit dem Alten Kartenhaus Fiordalisis versucht werden soll. Dafür spricht auch die Tatsache, dass die Unterzeichner der Anfechtung vorsichtshalber auch beanstanden, dass die Geschworenen des Schwurgerichts, das berufen war, über die Position der Angeklagten zu befinden, nach dreizehn Verhandlungen ausgetauscht worden waren. Angesichts der Zweierlei-Maß-Politik, die gerade durch die Abwicklung der Verfahren rund um den G8 2001 offenkundig wurde, sollte der Vorstoß in Cosenza jedoch nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

Source: http://de.indymedia.org/2008/12/235197.shtml