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2008-07-07

7.7.2008 Hokkaido -- Heiligendamm

- GipfelgegnerInnen auf dem Weg zum G8-Hotel

- Open letter to the Japanese Prime Minister Yasuo Fukuda On Criminalization of Protest

- Heiligendamm war anders

- Extremkletterer demonstriert an Frankfurter Wolkenkratzer gegen G8

- Bewährungsstrafe für Steinewerfer bei Anti-G8-Demonstration 2007

- G8-Gipfel in Heiligendamm: Journalisten machten "schwere handwerkliche Fehler"

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GipfelgegnerInnen auf dem Weg zum G8-Hotel

[Gipfelsoli Infogruppe | Media G8way]

Pressemitteilung 7. Juli 2008

* Japan: G8-Proteste verlagern sich
* Militär unterstützt Polizei

Die Gipfelproteste in Japan haben sich am Wochenende von Sapporo zum Austragungsort des G8-Gipfels am Lake Toya verlagert. Etwa 1.000 AktivistInnen verteilen sich auf die Camps Toyoura, Soubetsu und Da-te. Während des offiziellen Gipfeltreffens sind zahlreiche Demonstrationen angemeldet. Ziel ist, so nah wie möglich zum Konferenz-Hotel zu gelangen.

Mehrere Hundert DemonstrantInnen sind heute von den Camps in Richtung Lake Toya aufgebrochen. Die größtenteils japanischen DemonstrantInnen des Soubetsu-Camps wurden dabei von “Ainu Mosir” unterstützt. Die Ainu fordern Anerkennung als UreinwohnerInnen der Halbinsel Hokkaido.

Internationale AktivistInnen versuchen zusammen mit japanischen Gruppen vom Camp Toyoura aus mit Blockaden und Versammlungen den Gipfel zu stören. Sie werden von Rechtshilfegruppen begleitet.

26 Organisationen aus aller Welt haben in einem Offenen Brief gegen das Einreiseverbot für koreanische GewerkschafterInnen protestiert. Japanische Immigrationsbehörden hatten die 23 KoreanerInnen zurückgewiesen. Sie wollten unter anderem gegen die Zollpolitik der G8 und US-Fleischimporte demonstrieren.

Die japanische Polizei wird wie zuletzt in Heiligendamm von 4 Kampfjets und einem AWACS-Aufklärer unterstützt, die von 12 Kriegsschiffen sowie Patriot-Raketen begleitet werden.

Der Einsatz des Militärs im Innern ist in Japan äußerst umstritten. Artikel 9 der Verfassung verbietet den Unterhalt von Land-, See- und Luftstreitkräften. Das Militär darf nicht zur Konfliktlösung eingesetzt werden. Um dennoch eigene Truppen aufbauen zu können wurden die japanischen “Self Defence Forces” (SDF) gegründet. Die Luft- und Seemissionen zum G8-Gipfel am Lake Toya werden von den SDF gemeinsam mit dem US-Militär ausgeführt. Die USA unterhalten zahlreiche Militärbasen in Japan, was immer wieder zu Protesten der Bevölkerung führt. Antimilitaristische Gruppen sind Teil des diesjährigen Gipfelprotestes.

Offiziell wird behauptet, der Einsatz diene der Abwehr “terroristischer Luftangriffe”. Die japanische Polizei mußte allerdings zugeben, dass es dafür keine Hinweise gibt.

“Wie in Heiligendamm 2007 wird versucht, die Zusammenarbeit von Polizei und Militär weiter zu etablieren. Entgegen aller Behauptungen ist der politische Protest Adressat des Militär-Apparats. Wir kritisieren die Militarisierung sozialer Konflikte aufs Schärfste”, erklärt Hanne Jobst von der Gipfelsoli Infogruppe.

Hintergrund

* Demonstrationen zum G8-Hotel: http://japan.indymedia.org/noG8/timeline/?lang=en
* Proteste gegen Ausweisung koreanischer GewerkschafterInnen: http://japan.indymedia.org/newswire/display/4589/index.php
* Militäreinsatz beim G8 in Japan: http://www.yomiuri.co.jp/dy/summit/20080706TDY01303.htm
* Artikel 9 Japanische Verfassung: http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Japan/artikel9.html
* Allgemein: http://www.gipfelsoli.org/Home/Hokkaido_2008

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Open letter to the Japanese Prime Minister Yasuo Fukuda On Criminalization of Protest

Hokkaido, Japan—6 July 2008

We – environmentalists, social movements, peasant farmers, workers and civil society organisations – in solidarity with 23 Korean farmers and trade unionists who were denied entry to Japan denounce the authorities’ unwillingness to allow their participation in civil society events taking place parallel to the G8 summit on 7th until 9th July. Among other issues, the unionists and farmers were to raise awareness about the millions of Koreans who have been mobilising against their markets being forced open to the imports of American beef despite concerns of mad cow disease and the negative consequences for local food production and consumption. Organisations from around the world are protesting and holding public events in order to condemn the corporate-driven economic policies that are being ruthlessly being pursued by G8 countries with disregard for their impacts on people and the planet Due to reports from many signatory organisations, it appears that has been a broader, systematic approach to hinder civil society representatives entering Japan during the G8.

We would like to give a special thanks to the people of Hokkaido for their very warm welcome to such a beautiful region. We would like to express our concerns regarding the over-reaction of the police during protests and activities so far. We are disappointed that Japan, as host of the G8 summit, is criminalising freedom of expression. It is unacceptable for Japan, the G8 or any other countries to prevent healthy, critical debates from taking places alongside international meetings where decisions are being made that will affect the lives of millions of people around the globe.

Signatories

Anti-Debt Coalition (KAU), Indonesia
Asian Migrant Centre
ATTAC Japan
Batis Center for Women, Philippines
Centre for Promotion of Economic and Social Alternatives, Cameroon
Committee for the Abolition of the Third World Debt (CADTM)
Equity Bd., Bangladesh
Focus on the Global South
Freedom from Debt Coalition (FDC), Philippines
FSU Trade Union, France
G8 Action Network Japan
IMADR, Japan
Jubilee South-Asia Pacific Movement on Debt and Development (JS-APMDD)
Korean Confederation of Trade Union (KCTU), Korea
La Via Campesina
LDC Watch
Migrant Forum in Asia (MFA)
NO-VOX Japan
People’s Movement Against Neocolonialism-Imperialism (Gerak Lawan), Indonesia
Rural Reconstruction Nepal (RRN)
South Asia Alliance for Poverty Eradication (SAAPE)
Trade Union Basques (ESK), Basque Country
Unnayan Onneshan Bangladesh
Friends of the Earth International
No-Vox France
Attac France

For more information on this event or to arrange interviews contact:

Mr. William Kramer: [+81] (0)90 5542 3194 (English, Spanish, Some French) Mr. Shinya Takeda: [+81] (0)80 2091 0813 (Japanese, English)

Source: http://japan.indymedia.org/newswire/display/4589/index.php

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Heiligendamm war anders

Heiligendamm war anders. Posti ist aus Deutschland angereist, um am Ufer des japanischen Toya-Sees gegen das G-8-Gipfeltreffen zu protestieren. "Die Demonstrationen hier sind kleiner als die Proteste, die wir letztes Jahr in Deutschland gesehen haben", erinnert sich der deutsche Punk an die massiven Proteste am Rande des G-8-Treffens 2007 im Ostseebad Heiligendamm, bei denen fast tausend Menschen verletzt wurden. Mit Freunden liegt er auf dem Rasen eines Zeltlagers, in dem sich rund tausend G-8-Gegner zusammengefunden haben. Auf der anderen Seite des Sees prangt das imposante "Windsor Hotel Toya", in dem bis Mittwoch die Staats- und Regierungschefs der mächtigsten acht Nationen tagen.

Fahnen in den verschiedensten Farben und Banner mit Aufschriften wie "Nein zu G-8" flattern über den Zelten. Die wenigen einheimischen Bauern, die auf den umliegenden Feldern Spinat ernten, staunen über das Lager. Auf Schildern fordern die Organisatoren der Protestbewegung die Zeltbewohner auf, sich bei den Bauern mit Gemüse zu versorgen und sie zum Mitmachen zu animieren. Eine Frau mittleren Alters, die auf einem nahegelegenen Feld arbeitet, beobachtet das Geschehen aber mit Skepsis. "Ich weiß nicht, was die da machen. Ich weiß überhaupt nichts über sie", sagt sie mürrisch.

Entgegen sonstigen Gepflogenheiten haben die japanischen Behörden die Zeltlager völlig überraschend genehmigt. Zum einen wollen sie einen Mangel an Hotelbetten wiedergutmachen. Zugleich ist dies aber auch der Versuch, die Gipfelgegner besser im Blick zu haben, um gewaltsame Auseinandersetzungen zu verhindern. Schon im Vorfeld des Gipfels riegelten 21.000 Polizisten die Gegend rund um den Tagungsort ab, mit Straßensperren, Patrouillen und Kontrollen.

Die Demonstranten, die nun jeden Morgen in den Bus steigen, um an Kundgebungen in anderen Städten teilzunehmen, kommen aus unterschiedlichsten Ländern. Zu Posti, dem Punkrocker der deutschen Band Sprengsatz, gesellen sich Demonstranten aus Südkorea, den USA und von den Philippinen. Auch Angehörige vom Volk der Ainu, der Ureinwohner der nordjapanischen Insel Hokkaido, sind unter den Gipfelgegnern. Der 57-jährige Kenichi Kawamura hat sich in die Tracht der Ainu gehüllt und trägt ein traditionelles Stirnband. In einem traditionellen Ritual spricht er zu den Göttern der Ainu, um für erfolgreiche Demonstrationen gegen den Gipfel der acht mächtigsten Staaten zu beten. Mehrere Südkoreaner mit Kerzen in den Händen schließen sich ihm an.

Die Demonstranten aus dem Lager wollen so nah wie möglich an das 30 Kilometer entfernte Tagungshotel herankommen. Ein erster Versuch von rund 50 G-8-Gegnern, sich dem festungsartigen Gebäude zu nähern, scheitert am Montagmorgen. Mehr als hundert Polizisten stellen sich ihnen in der Stadt Toyoura in den Weg. 30 Minuten stehen sich die teilweise vermummten Demonstranten und mit Schilden ausgerüstete Polizisten im strömenden Regen gegenüber - dann ziehen sich die Demonstranten wieder in ihr Zeltlager zurück. Wohl oder übel müssen sie sich darauf beschränken, ihre Parolen über den See zu schreien.

Source: www.tah.de

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Extremkletterer demonstriert an Frankfurter Wolkenkratzer gegen G8

Frankfurt/Main (dpa) An einem Frankfurter Wolkenkratzer hat der französische Extremkletterer Alain Robert gegen die Klimapolitik der G8-Staaten protestiert. Der 45-Jährige befestigte am Montag am Skyper-Hochhaus zunächst ein Plakat und kletterte dann bis zur Spitze des 154 Meter hohen Gebäudes. Auf dem Plakat stand: "Global warming kills more people than 9/11 every week" (Die globale Erwärmung tötet jede Woche mehr Menschen als die Anschläge vom 11. September 2001). Danach stieg der als "Spiderman" bekannte Kletterer wieder hinab, nahm zuvor noch sein Plakat ab und stellte sich dann der Polizei. Die hatte zuvor nicht in seine Aktion eingegriffen, sondern lediglich den Verkehr auf den Straßen in der unmittelbaren Umgebung abgeriegelt. Das Risiko, dass ein Autofahrer fasziniert nach oben schaut und dabei einen Unfall verursacht, wäre sonst wohl zu groß gewesen

Source: http://www.moz.de/index.php/Moz/Article/category/Nachrichten/id/237469

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Bewährungsstrafe für Steinewerfer bei Anti-G8-Demonstration 2007

Wegen Steinwürfen gegen Polizisten bei einer Anti- G8-Demonstration in Rostock vor einem Jahr ist ein 32 Jahre alter Mann am heutigen Montag zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt worden.

In der Berufungsverhandlung blieb das Rostocker Landgericht unter den zehn Monaten Haft ohne Bewährung, zu der das Amtsgericht Rostock den Mann aus Stuttgart in einem beschleunigten Verfahren kurz nach der Demonstration verurteilt hatte.

Der Angeklagte hatte erst kurz vor der Berufungsverhandlung gestanden, am 2. Juni 2007 in einer Kurzschlussreaktion Steine gegen Polizisten geworfen zu haben. Beamte waren nicht verletzt worden.

Source: http://www.mvregio.de/mvr/144310.html

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G8-Gipfel in Heiligendamm: Journalisten machten "schwere handwerkliche Fehler"

Forscher vom Wissenschaftszentrum Berlin untersuchten 1.165 Artikeln und kritisierten dabei systematische Mängel in der Nachrichtenproduktion.

Berlin - Über einen Zeitraum von sechs Wochen haben Forscher vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) elf Zeitungen und Magazine zum G8-Gipfel vor einem Jahr in Heiligendamm ausgewertet. Jetzt legen sie ihre Analyse aus 1.165 Artikeln vor: In 82 Prozent der Texte ging´s um die Proteste, nur ein Achtel widmete sich dem eigentlichen Gipfelgeschehen. Die Soziologen äußern herbe Kritik, viel Falsches sei veröffentlicht worden, weil oft der journalistische Anspruch aufgegeben worden sei, berichtet der Branchendienst ABZV aktuell.

"Das Gebot, sach- und faktenorientiert zu berichten, wurde zuweilen massiv verletzt. Es kam zu schweren handwerklichen Fehlern, die nicht als Betriebsunfälle gelten können, sondern systematische Mängel in der Nachrichtenproduktion offenbaren." So habe die "Clowns Academy" im Rahmen der Demonstrationen einen humoristischen Ansatz gewählt und Spritzpistolen mit Seifenlauge gefüllt. Medien berichteten daraufhin von einer Säureattacke gegen Polizisten.

Die Studie untersuchte Texte in taz, Ostsee-Zeitung, Neue Osnabrücker Zeitung, FAZ, Welt, Süddeutsche, FR, Bild, Spiegel, Focus und Zeit. "Der Anpassungsdruck gegenüber anderen Medien, auch der Eifer, möglichst mit einer spektakulären Nachricht aufzuwarten, ist zuweilen größer als die Sorgfaltspflicht, Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Nicht nur wurden tendenziöse Polizeiberichte ungeprüft übernommen. In einigen Fällen bevorzugten Redaktionen sogar diese Berichte, obgleich diesen von den eigenen Reportern vor Ort widersprochen wurde."

5.000 Journalisten berichteten. Die Wissenschaftler verglichen auch, wie die Zeitungen die G8-Gegner beurteilten. "Die negativsten Bewertungen der Protestierenden enthielt Bild, die positivsten die Ostsee- Zeitung. Innerhalb der Kommentare wurden die Protestierenden ebenfalls in Bild am negativsten, in der FR und SZ - und nicht etwa in der taz - am positivsten bewertet."

Am WZB arbeiten 140 in- und ausländische Ökonomen, Politologen, Soziologen, Juristen und Historiker. Das Institut wurde 1969 auf Initiative von Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen gegründet und wird zu 75 Prozent vom Bund und zu 25 Prozent vom Land Berlin bezuschusst. Zusätzlich gibt's Sponsorengelder aus der Wirtschaft.

Source: www.newsroom.de