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2007-10-01

1.10.2007 Heiligendamm

- Tagesspiegel: BKA. Der falsche Klick

- junge Welt: "Von 129a nicht abschrecken lassen"

- Aufruf zur Vorbereitung und Organisation eines Klima-Camps 2008 in Deutschland!

- Video-DVD Proteste gegen G8-Gipfel 2007

- SVZ: 600 000 Euro für G8-Gipfel

- Die Waffen der Linken

- FelS.: Wälder, Wiesen und wünschenswerte Widerstandswirkungen

- GANZ EUROPA IN VICENZA!

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Tagesspiegel: BKA. Der falsche Klick

Wer auf der Internetseite des Bundeskriminalamts recherchiert, wird registriert - und möglicherweise zurückverfolgt. Weil Internetprovider Daten ihrer Kunden oft nur kurz speichern, soll nun das Gesetz geändert werden.
Die Internetseite des Bundeskriminalamtes hat nur 14 Zeilen. Unter "offene Tatkomplexe" beschreibt die Behörde die nach ihrer Darstellung linksterroristische Vereinigung "Militante Gruppe". Sie erwähnt etwa Bekennerschreiben zu zehn Brandanschlägen in Berlin und Umgebung - und die Beschäftigung der Aktivisten "mit verschiedenen linksradikalen Themenfeldern, aktueller Schwerpunkt ist die beabsichtigte Kürzung von Sozialleistungen", dazu gibt es ein paar Links. Wer sich im Netz diese offizielle Information einholt, riskiert was: Ausweislich eines Vermerkes der Behörde, der dem Tagesspiegel vorliegt, werden seit September 2004 die IP-Adressen - es geht um Zahlenkolonnen, die der eindeutigen Identifizierung von Rechnern dienen - aller Besucher dieser Internetseite registriert. Zudem versuchte die Behörde, einen Teil der Computerbesitzer zu identifizieren, die die betreffende BKA-Website besucht hatten.

Ursprünglich hatte das BKA die Identität von 417 Personen feststellen wollen. Dabei handelte es sich nicht um Tatverdächtigte, sondern offenbar um alle Personen, die sich zwischen dem 28. März und dem 18. April diesen Jahres auf den Internetseiten des Bundeskriminalamtes über die "Militante Gruppe" informieren wollten. Weil aber ein großer Teil der IP-Adressen von Providern stammte, die diese nur kurze Zeit speichern, wurde die Identifizierung von "nur" rund 120 Telekom-Kunden beantragt. Das BKA habe "einen weiteren Teil" der IP-Adressen "resseorganen bzw. einzelnen Firmen oder Universitäten" zugeordnet, heißt es. "Anhand dieser Daten werden weiterführende polizeiliche Ermittlungen wie unter anderem die Identifizierung weiterer Mitglieder der "militanten gruppe" (mg) ermöglicht", begründen die Beamten ihren Antrag . Sie verweisen zudem auf die "zeitliche Dringlichkeit der Bearbeitung", da die Speicherfrist für die IP-Adressen und deren Zuordnung zu bestimmten Kunden begrenzt sei. Die Bundesregierung arbeitet gegenwärtig an einem neuen Gesetz, das Internetprovidern eine längere Datenspeicherung vorschreibt.
Der Zeitraum, in dem das BKA die Identität jedes Besuchers ihrer Website zur "Militanten Gruppe" feststellen wollte, steht im Zusammenhang mit dem Brandanschlag auf ein Bürogebäude am Märkischen Ufer in Berlin durch die Gruppe: Dieser erfolgte am 16. März. Alle Surfer, die zufällig oder gezielt auf die Website des BKA gelangten, sollten von diesem Zeitpunkt an überprüft werden. Die Aktion der Ermittler endete am 19. April, weil an diesem Tag ein "Positionspapier" der mutmaßlich terroristischen Gruppe öffentlich wurde, das beim Tagesspiegel eingegangen war.
Das BKA wollte zu der Speicherung und Auswertung der IP-Adressen keine Stellung nehmen und verwies auf die Bundesanwaltschaft. Dort hieß es, dass Internetüberwachung zu den Fahndungsmitteln zähle. Der innenpolitische Spreche der Unionsfraktion im Bundestag, Wolfgang Bosbach, sagte, dass die Registrierung von IP-Adressen im Zusammenhang mit Ermittlungsverfahren zum "täglichen Geschäft" der Sicherheitsbehörden gehöre. Er sagte aber auch, er könne das "Motiv nicht erkennen, warum das BKA mit einer solchen Website in die Öffentlichkeit geht". Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz wollte den Vorgang nicht kommentieren, er habe sich "damit noch nicht befasst".
Christian Ströbele, Fraktionsvize der Grünen, sagte, seine Fraktion werde den Fall zum Anlass nehmen, "im Bundestag weitere Aufklärung über die Motive des Bundeskriminalamtes zu verlangen". Er bezweifle, dass ein solches Vorgehen zulässig sei. Man könne nicht übersehen, dass hier "eine große Zahl völlig unverdächtigter Personen in ein Raster kommen und unbequemen polizeilichen Maßnahmen ausgesetzt werden." Denn es sei nicht auszuschließen, dass die Polizei bei den Betreffenden anrücke - auch wenn gegen diese nichts vorliegt. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, sprach von einer "Fangschaltung" des Bundeskriminalamtes, dies sei ein "absoluter Skandal". Es sei doch legitim, sich über die "Militante Gruppe" zu informieren - und empörend, wenn Menschen deshalb "unter Generalverdacht zu geraten".
[Tagesspiegel / Ralf Schönball und Matthias Meisner , 01.10.2007]

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junge Welt: "Von 129a nicht abschrecken lassen"

Verfahren gegen angebliche "mg"-Mitglieder gehen weiter. Drei Verdächtige weiter in Haft. Ein Gespräch mit Christina Clemm. Christina Clemm ist Fachanwältin für Strafrecht in Berlin

Sie vertreten den Soziologen Andrej H., gegen den wegen angeblicher Mitgliedschaft in der "Militanten Gruppe" (mg) nach Paragraph 129a (Bildung einer terroristischen Vereinigung) ermittelt wird. Wie ist der aktuelle Stand?

Die Ermittlungen laufen weiter. Drei Personen sind weiterhin in Untersuchungshaft, mein Mandant ist von der Untersuchungshaft verschont worden. Anhängig sind zur Zeit eine Beschwerde der Bundesanwaltschaft gegen die Haftverschonung meines Mandanten, als auch Beschwerden der Verteidiger gegen die Untersuchungshaft der weiteren drei Personen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat angekündigt, hierüber ab dem 5. Oktober entscheiden zu wollen.

Andrej H. und den drei weiteren Beschuldigten wird vorgeworfen, daß ihre wissenschaftlichen und journalistischen Publikationen Begriffe enthalten würden, die auch in Bekennerschreiben der "mg" zu finden seien ...

Es gäbe sicherlich viele Personen, die dann nach Paragraph 129a StGB verfolgt werden könnten. Bei meinem Mandanten hat ja schon die Verwendung des Begriffs "gentrification" ausgereicht, um ihn verdächtig zu machen.

Sehen Sie überhaupt ernsthafte Ansatzpunkte, die Ermittlungen nach Paragraph 129a rechtfertigen?

Nein.

Also dient der Paragraph einzig der Kriminalisierung und gezielten Ausforschung linker Aktivisten?

So wird er zur Zeit gehandhabt und angewendet. Der BGH hat nun aber angekündigt, sich grundsätzlich mit den Voraussetzungen des Paragraphen 129a StGB auseinandersetzen zu wollen, und ich gehe davon aus, daß dann entschieden werden wird, daß die Aktivitäten, die der "mg" zugerechnet werden, nicht strafbar im Sinne dieses Paragraphen sind. Dies hätte selbstverständlich dann auch auf zahlreiche andere Verfahren Auswirkungen, die in den letzten Jahren eingeleitet wurden und zu unzähligen Überwachungsmaßnahmen geführt haben.

Ist absehbar, wann es zu einer Gerichtsverhandlung kommen wird?

Nein, es gibt auch noch keine Anklageschrift, und ich kann mir weiterhin nicht vorstellen, wie eine solche aussehen könnte.

Inwiefern kann man die kriminalisierten Personen unterstützen?

Öffentlichkeitsarbeit und Solidarität sind natürlich sehr hilfreich. Wichtig ist aber sicherlich auch, sich trotz dieser Kriminalisierung nicht davon abschrecken zu lassen, sich weiterhin kritisch und öffentlich zu äußern und politisch aktiv zu sein.

Interview: Markus Bernhardt

[junge Welt, 29.09.2007]

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Aufruf zur Vorbereitung und Organisation eines Klima-Camps 2008 in Deutschland!

1) Die Idee.
2) Wie die Idee entstand und wie es weitergehen wird.
3) Warum ein Klima-Aktions Camp?
4) Kommunikation

Die Idee

Nach dem Vorbild des Camp for Climate Action in England, das dieses Jahr zum zweiten Mal stattfand, möchten wir anregen, 2008 auch in Deutschland ein Klima-Aktions Camp zu organisieren. Wie auch in England sollen Wissensaustausch (durch Workshops), selbstorganisiertes Leben mit möglichst geringem ökologischen Fußabdruck (auf dem Camp), Vernetzung und Direct Action miteinander verbunden werden. In England richtete sich das Camp die letzten zwei Jahre an bestimmte Ziele, gegen die direkt oder indirekt thematisch Aktionen durchgeführt wurden. Letztes Jahr handelte es sich um das größte Kohlekraftwerk Englands und dieses Jahr lenkte das Camp die Aufmerksamkeit auf die Flugindustrie und den Ausbau des Londoner Flughafens Heathrow. Ob wir auch in Deutschland ähnliche Schwerpunkte wählen, sollten wir auf den Vorbereitungstreffen besprechen.

Wie die Idee entstand und wie es weitergehen kann

Diese Mail und dieser erste Aufruf entstanden auf dem diesjährigen Camp for Climate Action in England, als sich dort mehrere deutschsprachige Menschen trafen, die unabhängig voneinander vorhatten, ein solches Camp auch in Deutschland zu organsieren. Das weitere Vorgehen soll am ersten Novemberwochenende (2.-4.11.) auf einem Planungstreffen in Kassel vereinbart werden. Wenn ihr kommen wollt, dann meldet euch doch bitte unter folgender Adresse an: anmeldung(ätt)klimacamp(punkt)org.

Warum ein Klima-Aktions Camp?

Klimachaos ist Realität. Und uns bleibt nicht mehr viel Zeit, den Schaden zu begrenzen. Gerade deshalb geht es nicht um blinden Aktionismus der die Ursachen des Problems reproduziert sondern tiefgreifende Direkte Aktion die wiederum niemanden ausschließt. Wir brauchen darüber hinaus fundierte Analysen über zugrundeliegenden Strukturen die eine schnelle gesellschaftliche Veränderungen mit Nachdruck einfordern und die Relevanz der tiefersitzenden Ursachen an eine breite Öffentlichkeit bringen.

Klimawandel ist nicht nur ein ökologisches Problem, sondern auch eine Frage der Verteilung seiner Folgen. Er stellt damit auch soziale Fragen. Deshalb braucht es schnelles und direktes Handeln. Es müssen aber auch noch viele andere Fragen diskutiert werden, u.a. die folgenden (erste grobe Sammlung von uns Camp-TeilnehmerInnen):

- Wie handelt Mensch effektiv?
- Wie sieht ein CO2-neutrales Leben aus? Welche Utopien brauchen wir? Welche Alternativen können wir jetzt schon leben?
- Warum wird das Thema Klimawandel auf einmal von den Medien aufgegriffen? Was für Interessen stehen dahinter? Sind das auch unsere Interessen?
- Vertrauen wir darauf, dass Regierung und Wirtschaft uns retten? Oder schaffen wir uns unsere eigenen Lösungen?
- Wie ist die bis dato gemachte Klimapolitik von Umweltverbänden und Umwelt-NGOs zu beurteilen? Wie ist deren Wirkung?
- Ist Klimaschutz im jetzigen System möglich? Oder bedarf es radikaler sozialer Veränderung?
- Wer macht Profite mit dem Klimawandel? Und was heißt das für unser Handeln?

Ein Klima-Camp könnte diesen und vielen weiteren Fragen nachgehen, Menschen Anstöße und Anregungen geben für politisch-ökologisches Denken und Handeln, es könnte Experimentier-Wiese, Thinktank und Kontaktbörse für weiteres gemeinsames Handeln sein. Zu klären wären dafür natürlich zuerst:

- Wie könnte ein Klima-Camp in Deutschland aussehen?
- Wie kann es organisiert werden?
- Wer macht mit?
Kommunikation

Infos:
> Website des englischen Camp for Climate Action: http://www.climatecamp.org.uk/
> Für Indymedia Berichterstattung: http://www.indymedia.org.uk/en/actions/2007/climatecamp/
> Website des englischen Networks for Climate Action: http://www.networkforclimateaction.org.uk
> Bericht bei Indymedia Deutschland: http://de.indymedia.org/2007/09/193563.shtml

Für die zukünftige Kommunikation tragt euch in unsere Mailingliste ein: http://lists.trilos.net/mailman/listinfo/klimacamp
Wenn Ihr mehr von uns direkt erfahren wollt, lasst uns das über die Mailingliste wissen. Wir kommen aus unterschiedlichen Regionen in Deutschland (u.a. Freiburg, Berlin, Nähe Wendland, Bremen) und können evtl. auch zu Euch kommen und Euch mit Fotos und Film vom Camp berichten! (als motivierenden Infoabend vor dem ersten Orgawochenende).

In der Hoffnung auf viel positive Resonanz,

Alexis, Christina, Dominik, Flo, Hanna, Ines, Ingmar, Jan, Jasmin, Jörg, Judith, Julian, Lulu, Matthias, Robin, Tadzio, Ursel

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Video-DVD Proteste gegen G8-Gipfel 2007

- in bester Bild- und Tonqualität auf DVD-R / Bildformat: 16:9 / läuft mit DVD-Playern auf TVs, mit Video-Playern auf Rechnern / in reduzierter Qualität online: www.g8-tv.org -

Inhalt: Bombodrom - Großdemo - Riot - AntiRa-Demo - Block G8 - Blockade Hinter Bollhagen - Sturm auf Zaun - Abschlusskundgebung

Produktion: freundeskreis v i d e o c l i p s

Inhalt:
(01) 1.6.07, Kyritz-Ruppiner Heide ('Bombodrom')
Besiedlung des geplanten Bombenabwurfgeländes, Lebenslaute-Konzert - 23:10
(02) 2.6.07, Rostock Großdemo ab Hauptbahnhof - 5:35
(03) Demoblock 'Make Capitalism History!' - 5:35
(04) Kämpfe mit der Polizei - 13:12
(05) 4.6.07, Rostock
Statement eines Flüchtlings, Beginn der antirassistischen Demo - 4:23
(06) 6./7.06.07, zwischen Camp Reddelich und Osttor nach Heiligendamm Straßen- und Schienenblockade der Kampagne Block G8 - 29:49
(07) 7.06.07, Hinter Bollhagen (Westtor nach Heiligendamm) Massenblockade und Sturm auf den Zaun - 16:43
(08) 8.6.07, Rostock Abschlußkundgebung (Block G8, indymedia, Erlassjahr, Rostocker Bündnis) - 10:02

Länge: 1h 28min
Produktion: freundeskreis v i d e o c l i p s
www.freundeskreis-videoclips.de

Infos, Kontakt, Bestellungen und Feedback bitte an: videoclips(at)gmx.net

Unser Dank geht an: Gemeinsam8ten, interflugs (Studentisches Projekt an der UdK Berlin), mmi-clips und Netzwerk Videoaktivismus www.videoactivism.de

Wir freuen uns, wenn Ihr unsre Videos öffentlich zeigt! Nicht-kommerzielle Weiternutzung ist frei. Teilt uns Aufführungen bitte mit.

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SVZ: 600 000 Euro für G8-Gipfel

Der G8-Gipfel hat dem Landkreis Bad Doberan 611000 Euro gekostet. Rund 260 000 Euro für zwei Behandlungsplätze, 70000 Euro für Lohnkosten, 2500 Euro für Betriebsstoffe und 80 000 Euro für Sonstiges (z.B. Verpflegung, Bewirtung). Diese Rechnung präsentierte gestern der stellvertretende Landrat Manfred Gerth dem Kreistag. Kosten die in voller Höhe vom Land erstattet werden, versicherte Gerth. Vor dem Gipfel hatte man mit 975000 Euro gerechnet.

[www.svz.de ]

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Die Waffen der Linken

Es ist schon erschreckend, mit welcher Dreistigkeit der Staat und die Polizei inzwischen gegen Linke vorgehen. Man hat es nie leicht gehabt als Linker; immer wieder wurden scheinheilige Vorwände genommenn um einen zu behindern, zu schikanieren und zu schädigen. Aber daß man wegen der Mitnahme eines Zahnschutzes festgenommen werden kann und sich eine Anklage wegen passiver Bewaffnung einhandelt, das hat mich doch schon sehr überrascht.
Kurz zum Sachverhalt. Ich wurde in Heiligendamm am Donnerstag, den 7. Juni, in Rostock festgenommen und verbrachte den Großteil des Tages statt auf den Blockaden in der GESA (Gefangenensammelstelle). Vor ein paar Wochen habe ich einen Strafbefehl vom Amtsgericht Rostock erhalten, demzufolge ich 160 Euro Strafe zu zahlen habe und bei Zahlungsunfähigkeit zehn Tage ins Gefängnis muß. Dazu kommt natürlich noch ein Eintrag ins Polizeizeugnis, damit ich bei jeder zukünftigen Demo vorsorglich entfernt werden kann, Zahnschutz hin oder her.
Anders gesagt: Das arme Schwein, das gegen die Verhältnisse demonstriert und aufgrund der derzeitigen Polizeigewalt sich genötigt sieht, einen Zahnschutz mitzunehmen, muß für zehn Tage in den Bau. Stellt sich mir die Frage, wie lange dauert es noch, bis eine Firewall als passive Bewaffnung ausgelegt wird?
Als Antwort darauf können wir nur eins machen. Wir halten uns an das Gesetz. Wir nutzen die Pressefreiheit und versuchen, so viele Leute wie möglich über dieses Vorgehen des Staates gegen linke Aktivisten zu informieren. Und wir gehen vor Gericht gegen diese Leute vor, legen Einspruch gegen jeden Strafbefehl ein und greifen gleichzeitig an, indem wir sie für das Vorgehen in und um Heiligendamm anklagen. Wir haben in Heiligendamm gewonnen, jetzt wird es Zeit, in den Gerichtsräumen in ganz Europa zu gewinnen, denn unsere stärkste Waffe ist nicht ein Zahnschutz, sie ist das Recht, denn das haben wir als Linke immer bei uns. Da ein Gerichtsverfahren auch immer Kosten mit sich bringt und junge Leute wie ich und die tausend überwiegend jungen AktivistInnen in der Regel kein oder nur ein geringes Einkommen haben bitte ich euch um finanzielle Unterstützung für die Rote Hilfe, die solche Verfahren unterstützt.

Alexander Sohn, Edemissen

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FelS.: Wälder, Wiesen und wünschenswerte Widerstandswirkungen

Einschätzungen der Gruppe FelS zu den Protesten gegen den G8-Gipfel

"G8 2007 - Heiligendamm blockiert!"
So lautet die Aufschrift eines T-Shirts der Block G8-Kampagne im Zuge derer Anfang Juni diesen Jahres Zehntausende rund um Heiligendamm die Zufahrtsstraßen des G8-Gipfels blockierten. Polit- T-Shirts kann man gut finden oder nicht und wie immer wird die Meinung über die Message wohl nicht zuletzt durch das Ereignis geprägt. In dem Fall handelt es sich um eine eindeutige Einschätzung der Protest-Ereignisse: "Wir haben gewonnen!" wollen die T-Shirts sagen und es stellt sich die Frage, ob das überhaupt stimmt und was nach den Protesten im Juni für die Zukunft noch bleibt. Für die Gruppe FelS weisen die Massenblockaden gegen den G8- Gipfel in eine ähnliche Richtung wie die Berlin- Umsonst-Kampagne für ein kostenloses gutes Leben (www.berlin-umsonst.tk) und die Mayday-Paraden gegen Prekarisierung (berlin.euromayday.org). Sie machen deutlich, dass das Experimentieren mit unterschiedlichen Formen von Protest und linker Politik nötig ist - und wie im Fall der Blockaden - erfolgreich sein kann.

In Heiligendamm wurden nicht nur die unterschiedlichen Potentiale globalisierungskritischen Protests und ihrer Widerstandspraxen gebündelt sichtbar, sondern auch die Debatte um das Verbinden grundsätzlicher Kritik an den bestehenden Verhältnissen mit widerständigen und kollektiven Ausdrucksformen hat wieder Aufwind bekommen.

Ein Block im Kornfeld
"Block G8 - Zufahrtsstraßen dichtgemacht!" und "So sehen SiegerInnen aus - schalalala" riefen Tausende auf der Abschlussdemonstration durch Bad Doberan am letzten Tag des Gipfels und feierten so, dass sie dauerhaft und effektiv den Gipfel seiner Landwege und Infrastrukturzufuhr beraubt hatten und damit die praktische Delegitimierung des Treffens deutlich gemacht hatten. Warum ein paar Tage zuvor fast niemand mit einem solchen Ende der Proteste gerechnet hatte, zeigt ein kurzer Rückblick: Nach einem guten Start der Protestwoche wurde das Bild zunächst durch das brutale Vorgehen der Polizei am Ort der Abschlusskundgebung und das fehlende solidarische Vorgehen nach der Großdemonstration am 2. Juni in Rostock getrübt. Die von der Polizeiführung und Politik geschürte Medienhetze nach der Großdemo sorgte auf der Demonstration für globale Bewegungsfreiheit am Montag im Zusammenspiel mit den fortwährenden Provokationen der Polizei gegenüber den 10 000 DemonstrantInnen dafür, dass die Demo noch weit vor ihrem Ziel, dem Stadthafen, abgebrochen werden musste. Am nächsten Tag wurden jegliche Aktionen gegen die Anreise von Georg Bush am Vortag des Gipfelbeginns unterbunden. Während die Stimmung auf den Camps in Wichmannsdorf, Reddelich und Rostock von diversen Höhen und Tiefen geprägt war, führten die TrainerInnen von Block G8 wie geplant zahlreiche Aktionstrainings durch. Es übten in diesen Tagen geschätzte 2500 Menschen den Ernstfall: angefangen beim Bilden von Bezugsgruppen, über das geschickte Überwinden von Polizeiketten mithilfe der 5-Fingertaktik bis hin zu effektiven Blockadetaktiken. Auf Diskussionsveranstaltungen und in Delegiertenplena wurde die Strategie diskutiert und schließlich waren viele vorbereitet und vor allem entschlossen ihr Ziel, die praktische Delegitimierung des Gipfels durch Blockaden, in die Tat umzusetzen. Eine der am besten organisierten und klar verabredeten linken Aktion der letzten Jahre stand in den Startlöchern. Das erste Hindernis noch vor dem Aufbruch zur Überwindung der Polizeibarrieren waren die Debatten darüber, ob die Blockaden nach den Ereignissen der vergangenen Tage überhaupt stattfinden sollten. Vor allem Mitglieder der Attac-Koordinierung, vorher Befürworter der Block G8-Kampagne, wollten die Blockaden auf unbedeutende Straßen verlegen und damit auf rein symbolische Protestaktionen herabstufen. Glücklicherweise geschah dies nicht ohne den vehementen Protest vieler Attac-BasisaktivistInnen, die entschlossener und mutiger waren als ihre SprecherInnen und sich den Blockaden anschlossen. Letztlich sorgte die Attac-Basis zusammen mit den weiteren tausenden TeilnehmerInnen, dass die Staatsgewalt ziemlich alt aussah in dem Versuch, die ausströmenden Finger davon abzuhalten sich Meter um Meter den Nadelöhren in dem Heiligendammer Zaun zu nähern. Die Stärke und Entschlossenheit lässt sich auf einige Koordinaten der Kampagne Block G8 zurückführen: Transparenz und Offenheit bei Planung und Durchführung der Aktion, die gemeinsamen Diskussionen über die Strategien und Hemmschwellen, eine verbindliche Einigung auf einen gemeinsamen Aktionshorizont, der die spektrenübergreifende Vorbereitung ermöglichte. Dies waren die Grundlagen dafür, dass weder die Einschüchterungsversuche in den Vortagen, noch die Wasserwerfer und knüppelnden Polizeikräfte auf den Straßen oder die Zweifelnden den Erfolg von Block G8 verhindern konnten. Was bleibt ist die Erfahrung, dass Radikalität in breiten Bündnissen und spektrenübergreifende Mobilisierungen möglich und nötig sind. Und das massenhafter Ungehorsam auch in Deutschland machbar ist. Es zeigt sich, wie wichtig transparente und verbindliche Absprachen sind, um sicherzustellen, dass sich tausende Menschen aus unterschiedlichen Teilen der Bewegung, die vielfach unorganisiert und ohne Aktionserfahrung waren, zu einer kollektiven kraftvollen Aktion vereinen können.

United or divided colors of resistance?
Nahezu 80.000 Menschen folgten den Aufrufen zur Großdemonstration nach Rostock. Die Demo war das Ereignis, zu dem die meisten Organisationen, Gruppen und politische Strömungen zusammenkamen, und dies fast gänzlich ohne die Unterstützung großer Apparate und Hauptamtlicher. Trotz der Breite des Zusammenschlusses konnten linksradikale Positionen artikuliert werden: In Redebeiträgen, Durchsagen der Demoleitung, der Mitgestaltung des Demo-Aufrufs wie auch bei der Aufstellung eigener Blöcke waren wir im Rahmen der Interventionistischen Linken (IL, www.linke-intervention.org) involviert. Der von der IL organisierte "make capitalism history"-Block war sicherlich einer der größten Blöcke auf der Demonstration. Während die Euromayday- AktivistInnen, in Superhero-Kostümen oder als Überflüssige verkleidet gegen Kapitalismus, Prekarisierung und Rassismus demonstrierten, zogen es viele andere vor, im klassischen Dress gegen die herrschende Weltordnung zu demonstrieren. Die in weiten Teilen als Schwarzer Block auftretende Formation und die anschließenden Auseinandersetzungen mit der Polizei werden von einigen AktivistInnen als willkommener Kontrapunkt zu den nachfolgenden, nicht auf Eskalation setzenden Protesten dargestellt. Es wird behauptet hier seien antagonistische Positionen der Radikalen Linken, die Kapitalismus und Dialog mit den Herrschenden ablehnen, am deutlichsten zu Tage getreten. Zwar stimmt es, dass militanter Protest weit davon entfernt ist, den Umarmungsstrategien aus Medien und Politik zu erliegen, dennoch stellt sich die Frage, ob die Unvereinbarkeit linksradikaler Positionen mit der herrschenden Ordnung sich nicht ebenso bei den Blockaden artikulierte, als sich tausende Menschen gut koordiniert und entschlossen und mehreren Polizeisperren trotzend, den Weg auf die Zufahrtsstraßen erkämpften. Und kann es nicht als ebenso antagonistisch bezeichnet werden, dass die TeilnehmerInnen der Demonstration für globale Bewegungsfreiheit nicht auf die unzähligen Polizei-Provokationen eingingen und damit den klaren Rahmen zum Schutz von anwesenden Flüchtlingen einhielten.

Happy together?
"Der G8-Protest war ein großer Erfolg" - eine Sichtweise, die nicht nur aus linker Perspektive existiert, sondern auch von Angela Merkel für sich beansprucht wird. Hat der Protest gar nichts gebracht und werden wir schlicht als das "demokratische Antlitz", einer Bundesrepublik, die sich Widerspruch zur herrschenden Politik leisten kann, dargestellt? Natürlich gilt es zu recherchieren, an welchen Stellen der reibungslose Ablauf des Gipfels unterbrochen wurde und wo wir gestört haben: Die Delegationen wurden am ersten Gipfeltag angewiesen in die Hotels zu fahren, statt nach Heiligendamm, wie es eigentlich geplant war. Nur eine handvoll Journalisten wurde per Militärboot über den Seeweg in die Sicherheitszone gebracht und nur sie konnten über die Auftaktpressekonferenz berichten. Wir können festhalten, dass der Gipfelort landseitig die meiste Zeit abgeschlossen war und es mühsam einerseits und schwer möglich andererseits ist, herauszufinden, welche Behinderungen und Patzer im geplanten Ablauf tatsächlich stattfanden. Sicher ist nur, dass die Bilder eines belagerten und nicht reibungslos durchführbaren G8-Gipfels um die Welt gingen und dass die Treffen der G8 in den nächsten beiden Jahren auf Inseln abgehalten werden, dürfte mitunter auch ein Erfolg der Mobilisierung nach Heiligendamm sein. Dass nun ebenso die Regierungsvertretungen der G8 von Erfolgen sprechen, sollte bei einer massiven medialen Inszenierung nicht überraschen. Für uns existieren unterschiedliche Gradmesser für den Erfolg: Blicken wir auf die Pluralität und Stärke des Protests, wie auch die vielen Fragen, die neu zu diskutieren sind, so blicken die VertreterInnen der Bundesregierung dagegen auf ihre mediale Darstellung der G8-Debatte. Außerdem zeichnen sich die Mechanismen der Macht dadurch aus, das auf Protest reagiert werden kann und er beispielsweise (um-)gedeutet und / oder vereinnahmt wird. Denn: Widerstand und Macht existieren nicht unabhängig voneinander. Ein gutes Beispiel dafür war der Gipfel(-protest) im schottischen Gleneagles 2005: Vertreter der britischen Regierung suchten an verschiedenen Stellen die Kooperation mit dem Protest-Bündnis und konnten - erleichtert durch das Fehlen linksradikaler Kräfte - in diesem Bündnis inhaltlich an Einfluss gewinnen. Medial vermittelt wurde ein Schulterschluss zwischen Regierung und Protest-Bündnis unter dem Motto: Gemeinsam gegen Armut. Welche Mechanismen und Anforderungen an die armen Länder mit dem auf dem G8-Gipfel 2005 beschlossenen Programm zur Bekämpfung der Armut und dem Schuldenerlass verbunden waren, wurde nur selten kritisch aufbereitet. Grundsätzliche, fundamentale Kritik an der Ordnung der Welt tauchte, auch aufgrund einer relativen Isolierung der Radikalen Linken, so gut wie gar nicht auf. Auch der G8- Gipfel in Köln 1999 ist ein Beispiel für diese Vereinnahmung. Dort behauptete Gerhard Schröder, dass es Aufgabe der G8 sei der Globalisierung ein soziales Antlitz zu geben und versuchte damit kritischen Stimmen den Wind aus den Segeln zu nehmen, nicht zuletzt, um sich und die anderen G8- Vertreter zu legitimieren. Doch Heiligendamm war anders: Auch wenn es Versuche gab, die Wirkung der Blockaden herunterzuspielen, so übermittelte gerade diese Aktionsform in den Medien und für die Menschen vor Ort die Botschaft einer deutlichen Absage an jegliche Verhandlungen mit den G8. Im wahrsten Sinne des Wortes verkörperten die tausenden von Menschen die fast zwei Tage auf den Straßen vor Heiligendamm ausharrten, das Begehren nach einem grundsätzlichen Bruch mit den herrschenden globalen Verhältnissen. Und auch der "make capitalism history-Block" machte diesen Anspruch deutlich und war als der Teil der Großdemonstration nicht zu übersehen. Unversöhnlich kam auch der Aufruf zur Demonstration mit seiner klaren Absage gegen den globalen Krieg daher, und konnte damit von den Ranschmeißern an den globalisierungskritischen Protest wie der Bundesvorsitzenden der Grünen Claudia Roth nicht unterzeichnet werden.

Vom Raps und Weizen lernen:
Erneuerbare Energien für die Bewegung Das G8-Gipfeltreffen nutzten die unterschiedlichsten Gruppen und Organisationen als Anlass, die globalisierungskritische Bewegung auch in Heiligendamm in Erscheinung treten zu lassen. Ereignisse wie diese sind immer nur ein Anfang, auch jetzt müssen wir wieder die Politisierungs- und Organisierungsansätze aufgreifen und die positiven Erfahrungen von Heiligendamm, wie die massenhaften Aktionen des Ungehorsams, in unsere alltägliche Auseinandersetzung mit den Schlechtigkeiten dieser Welt hineintragen. Seien es die Kämpfe gegen Prekarisierung oder Kampagnen gegen den Sicherheitsstaat, die Mobilisierungen gegen Nazi-Aufmärsche oder die Kämpfe gegen rassistische Abschiebelager oder die zahlreichen anderen Bereiche, in denen Linke für eine bessere Welt streiten. Jetzt da die Blockaden gegen die G8 noch unmittelbar präsent sind, können wir auf eine Art kollektives Gedächtnis zurückgreifen und die geteilten Erfahrungen nutzen, um sie anderer Stelle in modifizierter Weise wieder anzuwenden. Lassen sich die Blockadekonzept auch auf Nazi-Aufmarsch-Blockaden anwenden? Lässt sich auch eine öffentlich kommunizierte Aktion des massenhaften Ungehorsams gegen prekäre Arbeitsverhältnisse oder rassistische Diskriminierung durchführen? Auch wenn die Welt nach dem G8 keine andere geworden ist, ist ein Potential für Veränderung sichtbar geworden. Dieses kann unsere Handlungsspielräume erweitern und setzt neue Energien frei. Und genau deswegen ist es wichtig, dass wir uns für die Stunden in Heiligendamm als Gewinnerinnen und Gewinner fühlten und dieses in die weiteren Kämpfe tragen. Und wer diese Message auch auf dem Körper tragen möchte, kann sich bei uns melden. Denn T-Shirts gibt es auch noch.

FelS-G8-AG

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GANZ EUROPA IN VICENZA!

Seit mehr als einem Jahr kämpfen Männer und Frauen hier in Vicenza gegen den geplanten Bau einer riesigen neuen Militäranlage der Vereinigten Staaten, die wir weder hier, in unserer Stadt, noch anderswo wollen. Dieser Kampf verbindet Menschen unterschiedlicher politischer Einstellungen und verschiedenster kultureller Geprägtheiten, Sichtweisen und Biographien. Der gemeinsame Nenner dieses Kampfes ist die Verteidigung der Umwelt und des kulturellen und sozialen Umfeldes, die unbedingte Kriegsgegnerschaft, die die Ursache für soviele Qualen und Leiden ist, sowie die Forderung nach einer konsequenten Friedenspolitik. Die offizielle Politik hat sich bei der ganzen Angelegenheit auf das allerübelste verhalten: Sie versucht, die Entscheidung der Gesellschaft aufzwingen, von der wird aber das Projekt massiv abgelehnt. Sowohl die Mitte-Rechts-Regierung als auch die Mitte-Links-Regierung ist, ohne jeden Unterschied, über die Köpfe der Menschen hinweggetrampelt.

Die Verteidigung des Öffentlichen, der Werte der Umwelt und des kulturellen wie sozialen Umfeldes, ein klares Nein zum Krieg und neue Formen von Demokratie und aktiver Beteiligung an der Entscheidungsfindung, sowie die totale Unabhängigkeit von der institutionalisierten Politik: das sind für uns vom Presidio Permanente contro il Dal Molin (Permanentes Plenum gegen den Militärstützpunkt Dal Molin) die Grundforderungen, nach denen sich unser Kampf ausrichtet. Zusammen mit vielen anderen Männern und Frauen aus ganz Italien haben wir eine beachtliche Demonstration auf die Beine gestellt, an der sich mehr als hunderttausend beteiligten. Der Kampf ging zunächst von den Stadtvierteln aus, wo wir noch schwach waren und wenig Ressourcen hatten, aber dann ist es uns gelungen, die Auseinandersetzung zu einer landesweiten zu machen.
Eben ist eine politische und kulturelle Großveranstaltung zu Ende gegangen, an der mindestens 30.000 Menschen teilgenommen haben und mit der eine neue Etappe gegen das Kriegsprojekt eingeleitet wurde.
Wir meinen aber, daß wir darüber noch hinausgehen müssen und daß der Kampf innerhalb dieser relativ engen Grenzen keineswegs ausreicht. Im Laufe der Mobilisierung haben wir Kräfte aus ganz Europa kennengelernt, die vieles mit uns gemeinsam haben. Wir sind auf unterschiedliche Formen von Widerstand gestoßen, die sich dem Kampf um die Bewahrung kollektiver und öffentlicher Werte und regionaler Specifika sowie der natürlichen Ressourcen gewidmet haben. Darunter fanden sich Aktionskomitees, Vereine, Bewegungen, die wie wir den Bau neuer militärischer Einrichtungen im Dienste des Dauerkrieges sowie die wahnwitzige Rüstungsspirale verhindern wollen, und wie diese Kräfte machen auch wir immer genau die gleiche Erfahrung, daß nämlich bei den politischen Entscheidungen sich ein absolutes Defizit an Demokratie geltend macht. Wenn wir uns alle diese Geschichten anhörten, da glich praktisch ein Bericht dem andern: Das gilt für das Projekt No Mose in Venedig, den Kampf gegen den Hochgeschwindigkeitszug im Val di Susa, gilt für Neapel und dessen Kampf gegen die Müllverbrennungsanlage, betrifft Càmeri bei Novara, wo die F-35 montiert werden, das geht über die Tschechische Republik bis nach Deutschland, von Holland nach Heathrow, Warschau, London. Überall stößt man an die Macht, die sich immer mehr von den Bedürfnissen und Interessen der Bürger entfernt und Entscheidungen diktiert, die von niemandem geteilt werden.
Jetzt wollen wir über die bisherige Ebene hinausgehen! Wir sind davon überzeugt, daß es möglich ist, einen gemeinsamen Aktionsraum für alle Bewegungen zu schaffen, die, in all der jeweiligen Unterschiedlichkeit und Besonderheit, reelle Demokratie voranbringen. Wir wollen aber keine abstrakte zusammenfassende Formel und keine große Vereinfachung, wir wollen keine europäische Bewegung schaffen, in der spezifischen Charakeristika einer jeden Gruppierung untergehen. Wir wollen uns vielmehr dazu Überlegungen machen, wie ein Netzwerk aufgebaut werden kann, in dem gerade der Reichtum all dieser Initiativen zur Geltung kommen kann. Wir haben unsere Politik darauf ausgerichtet, die Mitwirkung Anderer kontinuierlich zu erweitern, wir versuchen einzubeziehen und dafür den organisatorischen Raum zu schaffen. Wir sind davon überzeugt, daß Europa heute zu einem konkreten gemeinsamen Aktionsraum, einer reellen Bezugskategorie für die Bewegungen in all ihrer jeweiligen Autonomie werden kann.
Auf dieser Ebene können konkrete Resultate erzielt und dabei die Kräfte der einzelnen Initiativen konkret eingeschätzt werden. Das Presidio Permanente contro il Dal Molin hat daher für den 14., 15. und 16. Dezember eine gesamteuropäische Veranstaltung in Vicenza anberaumt und am 15. Dezember eine große gesamteuropäische Kundgebung gegen das Projekt Dal Molin.
All diese komplexen Fragestellungen wollen wir in diesen Tagen miteinander konfrontieren, und alle Themen wie der Kampf gegen Fremdbestimmung des sozialen und politischen Umfelds und der öffentlichen Einrichtungen werden zur Sprache kommen. Wir werden uns überlegen, welche neue Formen von selbstbestimmter Beteiligung an der Entscheidungsfindung heute angesichts der Krise der repräsentativen Demokratie, die sich immer mehr auf sich selbst bezieht und den Bedürfnissen und der realen Welt der BürgerInnen entfremdet, angemessen scheinen. Wir schlagen daher für Ende Oktober eine erste Vorbereitungssitzung vor, auf der, in Zusammenarbeit mit andern europäischen Kräften, der Dezembertermin vorbreitet werden soll.

Presidio Permanente, 20. September 2007

Presidio Permanente contro la costruzione della nuova base Usa a Vicenza
Via Ponte Marchese
c.p. 303 36100 Vicenza
comunicazione@nodalmolin.it
www.nodalmolin.it

Quelle: Da Vicenza all´Europa (dies ist der wörtliche Titel, den wir hier etwas modifiziert haben: "Von Vicenza nach Europa!")
http://www.altravicenza.org/index.php?option=com_content&task=view&id=283&Itemid=72

[http://de.indymedia.org/2007/09/195536.shtml]