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2007-08-07

7.8.2007 Heiligendamm

- Hintergründe zu den 129a-Verfahren

- Chronologie der zur Last gelegten Anschläge (mg)

- G8-Gegner veröffentlichen Aktionskarte

- Camp AG: Es geht weiter

- Demo 2.6. in Rostock aus autonomer Sicht

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Hintergründe zu den 129a-Verfahren
Repression gegen die linksradikale G8-Mobilisierung

Seit Mai 2007 gab es mehrere Razzien wegen insgesamt 4 Ermittlungsverfahren nach §129a in Hamburg, Berlin, Strausberg und Bad Oldesloe:

* Am 9. Mai wegen "Bildung einer terroristischen Vereinigung zur Verhinderung des G8-Gipfels" (unter wechselnden Gruppennamen, 18 Personen) sowie "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (militante gruppe, 3 Personen, Anschläge seit 2001).
* Am 13. Juni/ 19. Juni wegen "Bildung einer terroristischen Vereinigung (unter wechselnden Gruppennamen, z.B. AK Origami). Es geht um vier Brandanschläge auf Fahrzeuge der Bundeswehr und eine Firma, die an Rüstungsprojekten beteiligt ist in Glinde (2002), Bad Oldesloe und Berlin (2004 und 2006).
* Am 31. Juli wegen "Bildung einer terroristischen Vereinigung (militante gruppe, 4 Personen).

Das Bundeskriminalamt hat in der Presse mehrmals erklärt, die späteren Durchsuchungen stünden nicht im Zusammenhang mit denen des 9. Mai und damit nicht im Kontext des G8. Aus früheren Ermittlungen und Verfahren nach §129a ist allerdings bekannt, dass Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt werden, die auf konstruierten "Erkenntnissen" basieren. Damit wird weiteres Material zusammengetragen und die linksradikale Bewegung ausgeforscht. Insofern sind diese "Erkenntnisse" in die Ermittlungen zu anderen Anschlägen, die auch im "Begründungszusammenhang" mit dem G8 stehen, eingeflossen. In lediglich 2% der Fälle führen Ermittlungen wegen §129a zu einer Verurteilung.

Allein der Aktenbestand für die Ermittlungen, die zu den Razzien am 9. Mai führten, beläuft sich auf etwa 80.000 Seiten, ca. 200 Ordner. Neben den Durchsuchungen wurden seit Jahren Dutzende von Telefonüberwachungsmaßnahmen angeordnet, Autos und Treffen akustisch abgehört. Einer Zeugin, die nach dem Brandanschlag auf das Auto von Thomas Straubhaar eine "auffällige Person" bemerkt haben will, legte das BKA zur Identifikation 80 Lichtbilder vor.

Einigen der Betroffenen wird vorgeworfen, eine "militante Kampagne" gegen den G8 2007 ins Leben gerufen zu haben. Begründet wird das mit Telefonaten, in denen Mitglieder der "AG Globale Landwirtschaft" davon sprechen, die Kampagne müsse "Druck aufbauen". Verdächtig machten sich die Beschuldigten, wenn sie Webseiten kritisierter Unternehmen besuchten oder am Telefon über deren Standorte gesprochen hatten. Eine solche Kampagne würde natürlich "IT-Spezialisten" benötigen, die sich um die notwendige Einrichtung von Mailinglisten, Servern und Webseiten kümmere.

Ein beträchtlicher Teil der Akten besteht in der Analyse von "Selbstbezichtigungsschreiben" (im Polizeijargon "SBS"): Seitenlang werden Formulierungen und Interpunktion verglichen, "Genitivschwächen" gesucht, Groß- oder Kleinschrift ausgewertet. Wird das Datum in der rechten oder linken Ecke platziert, mit oder ohne Null geschrieben, ist von "Imperialismus" die Rede oder von "Prekarität", beziehen sich die VerfasserInnen auf lokale Szenen oder andere linke Kampagnen, benutzen sie die Schreibweise "dissent!", "dissent" oder "Dissent" (bzw. G8 oder G-8) etc. In einem Quervergleich wird nach Ähnlichkeiten mit anderen "SBS" gesucht: Wo wird vom "Geld scheffeln" gesprochen, wer bezieht sich auf "IWF" etc.
Am Ende jeder Analyse wird ein Profil potentieller VerfasserInnen entworfen: Aus welcher Stadt kommen sie, welcher Szene gehören sie an, welchen Bildungshintergrund haben sie, wie sind sie selbst in der Szene verankert. Einige der Schreiben werden anschließend konkreten Personen zugeordnet.
Es wird zusammengetragen wer mit Beschuldigten zusammenwohnt oder telefoniert hat, Telefon- und Internetanschlüsse gemeinsam nutzt, mit ihnen bei Demonstrationen kontrolliert wurde oder an gemeinsamen Projekten arbeitet.

Viele der Daten in den Ermittlungsakten dürften nicht unbedingt allein für die Anklageerhebung recherchiert sein. Im Gegenteil scheint eher, dass der Verfassungsschutz vom BKA für ohnehin gesammeltes Material abgefragt wurde. Deutlich wird, dass die Behörden die linksradikale Bewegung gegen den G8-Gipfel von Anfang an massiv durchleuchtet haben.
Mindestens für die beiden ersten Treffen des "dissent!"-Netzwerkes in Hamburg und Berlin mit je 250 TeilnehmerInnen wurde die Überwachung der gesamten Funkzelle um den Mehringhof bzw. die Hochschule HWP beantragt. Damit sind die Behörden vermutlich in Kenntnis über jedes Handy was sich dort eingebucht hat. Dass InformantInnen anwesend waren überrascht nicht.

Die Ermittlungen zu den Razzien vom 9. Mai basieren auf abenteuerlichen Konstrukten. Es wird versucht, einigen der Beschuldigten auf Biegen und Brechen ein Interesse an militanten Anschlägen nachzuweisen. Allein die Bekanntschaft mit ihnen macht verdächtig. Damit ist wieder bewiesen: wir sind alle 129a!

* Soligruppe zu den Razzien 31. Juli: http://soli.blogsport.de
* Soligruppen zu den Razzien 13./ 19. Juni: http://soligruppe.blogsport.de und http://soligruppenord.blogsport.de

* Alle Verfahren: http://gipfelsoli.org/Repression/129a

[Gipfelsoli Infogruppe]

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Chronologie der zur Last gelegten Anschläge (mg)

* Juni 2001: Versendung von Drohbriefen und scharfer Munition an den Regierungsbeauftragten für die Entschädigung der Zwangsarbeiter, Otto Graf Lambsdorff, und an die Repräsentanten der "Stiftungsinitiative der Deutschen Wirtschaft" [1]

* 22. Juni 2001: Brandanschlag auf ein Fahrzeug der Daimler-Benz-Niederlassung in Berlin-Marienfelde [1]

* 05. Februar 2002: Versuchter Brandanschlag auf das Sozialamt in Berlin-Reinickendorf, sowie Versendung eines Bekennerbriefes, einer scharfen Patrone und eines Messers an den Sozialstadtrat von Reinickendorf, Frank Balzer (CDU), der im Bekennerbrief als "Personifizierung des alltäglichen Sozialamtsterrors" bezeichnet wird

* 29. April 2002: Brandanschlag auf Fahrzeuge der Daimler-Chrysler-Niederlassung in Großziethen

* 01. Januar 2003: Brandanschlag auf das Finanzamt Berlin-Neukölln

* 26. Februar 2003: Brandanschlag auf zwei Bundeswehrfahrzeuge in Petershagen

* 18. September 2003: Brandanschlag auf das Oberlandesgericht Naumburg (Saale) und ein Fahrzeug der Außenstelle der Staatsanwaltschaft Halle (Saale) in Naumburg

* 01. Januar 2004: Brandanschlag auf den Sitz des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin

* 07. Mai 2004: Brandanschlag auf Fahrzeuge der Deutschen Telekom AG in Berlin-Wedding

* 23. September 2004: Brandanschläge auf das Bezirksamt Berlin-Reinickendorf sowie auf das Sozialamt Berlin-Tempelhof-Schöneberg

* 10. Januar 2005: Brandanschlag auf einen Neubau des Discounters Lidl in Berlin

* 29. April 2005: Brandanschläge auf Fahrzeuge des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz (MLUV) in Potsdam und ein Privatfahrzeug eines Polizeibeamten in Berlin-Reinickendorf

* 17. Februar 2006: Brandanschlag auf eine Renault-Niederlassung in Berlin-Reinickendorf

* 20. März 2006: Brandanschlag auf den Fuhrpark des Ordnungsamtes Berlin Treptow-Köpenick

* 09. April 2006: Brandanschlag auf ein Polizeipräsidium in Berlin

* 05. Mai 2006: Brandanschlag auf zwei Dienstfahrzeuge der Berliner Polizei

* 24. Mai 2006: Brandanschlag auf ein Sozialgericht in Berlin-Mitte

* 20. Juli 2006: Brandanschlag auf ein Autohaus in Berlin-Mitte

* 04. September 2006: Brandanschlag auf zwei Dienstfahrzeuge der Bundespolizei in Berlin-Lichtenberg

* 11. September 2006: Brandanschlag auf vier Dienstfahrzeuge des Ordnungsamtes Berlin-Reinickendorf

* 20. Dezember 2006: Brandanschlag auf Garagen einer Arztpraxis in Dessau und Farbanschlag auf das Haus eines leitenden Polizeibeamten in Wolfen; Hintergrund ist der Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh: Der Arzt hatte Oury Jalloh Blut entnommen und sollte sich nach dessen Tod rassistisch geäußert haben. Der Polizeibeamte soll als Dienstgruppenführer den Feueralarm aus Jallohs Zelle ignoriert und zweimal abgeschaltet haben, so dass für diesen jede Hilfe zu spät kam.

* 15. Januar 2007: Brandanschlag auf Fahrzeuge der Bundespolizei in Oranienburg. Als Grund gibt die militante gruppe (mg) an, dass die Bundespolizei "das zentral ausführende Verfolgungs- und Abschiebeorgan von MigrantInnen und Flüchtlingen in der BRD" sei. Die Aktion sollte direkt in die "Abschiebemaschinerie" eingreifen und stelle ein Beispiel für militanten Antirassismus dar. Außerdem sei dieser Anschlag der erste Beitrag zur "militanten Kampagne gegen den G8-Gipfel".

* 16. März 2007: Brandanschlag auf einen Bürokomplex des Verbandes Türkischer Industrieller und Unternehmer sowie der Italienischen Handelskammer für Deutschland e. V. in Berlin. Im drei Tage später aufgetauchten Bekennerschreiben setzten sich die Autoren mit dem Internationalen Aktionstag für die Freiheit der politischen Gefangenen auseinander. [5]

* 18. Mai 2007: Brandanschläge auf zwei Einsatzfahrzeuge der Polizei in Berlin-Spandau. Das vier Tage später aufgetauchte Bekennerschreiben erklärt die Gründe des Anschlags - diese hingen unter anderem mit den Razzien vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 zusammen.

[http://de.wikipedia.org/wiki/Militante_gruppe]

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[Media G8way | Gipfelsoli Infogruppe]

Presseerklärung 7. August 2007

* Projekt zur Geschichtsschreibung des G8-Widerstands
* G8-Gegner veröffentlichen Aktionskarte

Gipfelgegner aus Deutschland und anderen Ländern veröffentlichten diese Woche eine "Aktionskarte" zu den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm im Juni dieses Jahres.

Verschiedene Gruppen haben ihre unterschiedlichen Aktionen gegen die Politik der G8 dort zusammengetragen: "Direkte Aktionen", Demonstrationen, Blockaden, Barrikaden.

Die Karte zeigt Symbole, die den Standort der jeweiligen Aktion anzeigen. Sie verweisen auf Texte, Filme oder Bilder bzw. geben beim Scrollen einen Kurzüberblick.

Bisher unveröffentlicht sind beispielsweise eine "Direkte Aktion" gegen die Firma "Caterpillar", einige Clowns-Aktionen, manche Blockaden oder eine Straßenbarrikade mit Zement.

"Es ist soviel passiert in dieser Woche, vieles davon wurde nirgendwo dokumentiert", erklärt Hanne Jobst von der Gipfelsoli Infogruppe. "Alle Aktionen jener Tage haben erst zum Erfolg der Proteste beigetragen, genau das will die Karte zeigen".
Einige der Aktionen werden von Behörden oder betroffenen Firmen beschwiegen.

Die Karte ist ein Beitrag für zukünftige Massenproteste und Mobilisierungen gegen Gipfeltreffen, wie z.B. die Vorbereitung auf den G8-Gipfel in Japan 2008 oder Italien 2009. "Aktivisten können rekonstruieren welche Protestformen in Heiligendamm erfolgreich waren. Einige davon sind übertragbar, um den nächsten Gipfel, das nächste WTO-Treffen oder den Castor-Transport zu stören", ergänzt Jo Smith von der internationalen Pressegruppe Media G8way.

Link zur Aktionskarte: www.gipfelsoli.org/rcms_repos/maps/action.html

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Camp AG: Es geht weiter

Hallo, die Camp-AG hat auf ihrem letzten Treffen ein wenig nachgedacht, wie das denn nun mit der Protestiererei und dem Widerstand weitergehen kann. Herausgekommen ist dabei ein :

Vorschlag für einen spektrenübergreifenden großen Strategiekongress im Herbst/Winter 2007

Die Aktionen im Vorfeld und rund um den Gipfel in Heiligendamm haben und werden wie kein anderes Ereignis seit langem die strategischen Koordinaten unserer Kämpfe für eine andere Gesellschaft durcheinanderwirbeln. Allein für den in Deutschland agierenden Teil dieser Bewegung sind Neubewertungen und Analysen wie denn nachhaltiger Protest ablaufen kann unumgänglich. Der massenhafte erfolgreiche Ansturm zum Zaun, die Umgehung einer hochgerüsteten Polizeiphalanx mit weitgehend unkonventionellen und friedlichen Methoden, sind vorher ebenso skeptisch beurteilt worden, wie die Möglichkeit, Massenmilitanz anzuwenden oder dieses als Drohpotential in die Waagschalen zu werfen.

Wir werden kritisch bewerten müssen inwieweit dieser Mix aus unterschiedlichen Protest- und Widerstandsformen

- nur singulär bei Gipfelprotesten funktioniert,
- ob sie überhaupt nachhaltig wirken,
- ob dazu die vergleichsweise starke Internationalisierung der Proteste beigetragen hat,
- inwieweit es der spektrenübergreifende Charakter war, der vieles hat möglich werden lassen,
- ob aber nicht auch zuviele Kröten für die Installierung dieses Bündnisses in Form des Hannoverkreises geschluckt wurden
- und wir werden diskutieren müssen, warum einiges an gewünschten Protestformen, wie Plan B und dezentrale Aktionen nicht in dem gewollten Umfang funktioniert haben.

Wir wollen und können als CampAG diese Fragen nicht als Kollektiv beantworten, uns ist bei unserer Arbeit aber ein Aspekt besonders wichtig gewesen: das kategorische Beharren auf einem spektrenübergreifenden Charakter der Camps und mithin der Proteste, der nicht gleichschaltet oder bei dem die jeweiligen anderen Spektren rein strategisch instrumentalisiert werden, sondern eben die Vielfalt zugelassen wird, sowie bei dem dieser Charakter als momentan notwendige Form und als Stärke begriffen wird.

Diesen Charakter möchten wir auch zukünftig als Transmissionsriemen verstanden wissen um damit der Verwirklichung einer neuen Entfaltung sozialer Kräfte gegen die bestehenden Verhältnisse voranzutreiben. Eine gemeinsame G8-Protestauswertung und Richtungsentscheidung für die nächsten Kämpfe scheint uns dazu unerlässlich.

Derzeit finden in vielen Modulen und in vielen Spektren Diskussionen statt zur Analyse der Ereignisse von Heiligendamm und der daraus folgenden Strategie für die linke und linksradikale Bewegung. Soweit bekannt, treffen sich jetzt Attacies auf deren Sommerakademie, die IL an der Mosel, im September das dissentNetzwerk und vom 18.-21.Oktober findet das Sozialforum in Cottbus statt.

An diese und andere zahlreiche lokale und gruppeninterne Treffen haben wir Erwartungen: Wir hoffen, daß bis zum Herbst damit in dem Auswertungsprozeß der einzelnen Spektren erste Vorschläge erarbeitet werden,

- welche strategischen Elemente in unserem Kampf z.B. in 2008 und 2009 elementar sein sollen.
- Welche Teilkämpfe in der Gesellschaft haben unsere besondere Aufmerksamkeit
- oder gibt es Ideen wie wir ein übergeordnetes Ganzes der Proteste schaffen können?
- Haben die Gipfelproteste in Japan 2008 und Sardinien 2009 einen besonderen Stellenwert für uns?

Wenn denn diesbezügliche oder andere strategische Vorschläge und Analyseergebnisse von den einzelnen Spektren in die Debatte geworfen werden, können wir uns als CampAG sehr gut vorstellen, unseren Teil dazu beizutragen, diese Debatte infrastrukturell zu unterstützen. Sprich, wir schlagen vor, Ende Herbst oder Anfang Winter 2007 ein ganz großes mehrtägiges strömungsübergreifendes Debattier-, Strategie- und Netzwerktreffen zu machen. Erste vorbereitende Gespräche gibt es schon, für diesen Kongress in Berlin Räumlichkeiten zu finden, wenn denn dieser Ort als Kongressort gewünscht wird.

Wir wollen uns maßgeblich an der inhaltlichen und organisatorischen Ausrichtung dieses Kongresses beteiligen. Wir haben von vielen TeilnehmerInnen der Camps ein positives feedback erhalten und glauben, uns so auch einiges an Reputation erarbeitet zu haben, um bei der Vorbereitung so eines Treffens den spektrenübergreifenden Charakter gewährleisten zu können.

Da die Vorbereitung eines solchen Kongresses einiges an zeitlichem Vorlauf braucht, bitten wir die jeweiligen Spektren um ein frühzeitiges Feedback über den hier gemachten Vorschlag. Ob ein Wochende Zeit genug ist, die Fülle der Fragen zu diskutieren, oder ob wir uns mittels Brückentagen oder überhaupt in den Winterferien mehr Zeit nehmen sollten, sollte bei diesem Feedback berücksichtigt werden.

Erwartungsvolle Grüße von der Camp AG

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Demo 2.6. in Rostock aus autonomer Sicht

"I wear the black for the poor and beaten down... (And) for the prisoner who has long since served his time."
Johnny Cash

Der folgende Text wurde von unterschiedlichen Menschen aus der radikalen Linken erstellt, die wie viele, auch unterschiedliche Meinungen und Ansichten zu den Ereignissen am 2. Juni 2007 haben. Eines haben wir aber alle gemeinsam: den Willen zum Widerstand, der in seiner praktischen Ausführung mit den unterschiedlichen Ausdrucksformen von uns allen respektiert wird. Öffentliche Denunziation und einseitige Schuldzuweisung sind nicht unsere Mittel. Mit dem Text wollen wir lieber positive und negative Kritik üben, an uns selbst, als auch an den Leuten, mit denen wir die letzten 2,5 Jahre an einem Widerstandskonzept gearbeitet haben.

Die Großdemonstration am 2. Juni 2007 in Rostock.
Die Demo am 2. Juni in Rostock war ein Erfolg. Nicht trotz sondern wegen des schwarzen Blocks und der massiven Gegenwehr aus den unterschiedlichen Blöcken der Demonstration. Die Auseinandersetzungen mit den Bullen und der Angriff auf die Sparkasse etc. erzeugten Bilder, die unmissverständlich eine radikale Kritik an den herrschenden Verhältnissen und eine Ablehnung des offiziellen G8 Treffens zeigten. Hier ging es einer ganzen Menge Menschen nicht darum, mit den Herrschenden "in Dialog zu treten", "gehört zu werden" oder um "konstruktive Kritik" (d.h. mitmachenwollen bei der Organisation der Kapitalverwertung). Die Riots von Rostock waren eines der wenigen nicht integrierbaren oder umdeutbaren Zeichen gegen das Treffen der selbsternannten Herrscher der Welt. Hier wurden Symbole des kapitalistischen Systems angegriffen, ob es nun Banken oder Bullen sind, um "Nein" zu sagen, "Nein" zu einem ungerechten und unterdrückenden Weltwirtschaftssystem. "Den Kapitalismus angreifen" - dieses Motto wurde am 2. Juni 2007 tatkräftig umgesetzt - als unversöhnliches Zeichen, getragen von vielen internationalen, autonomen, linksradikalen und anarchistischen Gruppen und Einzelpersonen. Dabei waren "wir" nicht nur die Menschen aus organisierten kleinen oder größeren Zusammenhängen, am Samstag haben viele Leute wütend zum Stein gegriffen. Der Riot war nicht nur als Ausdruck von Wut gegen die Arroganz der Macht, die vor dem Hintergrund zunehmender staatlicher Repression, wie der Razzien am 9. Mai 2007, massiven Eingriffen in das Demonstrationsrecht vergangener Jahre wie Vermummungsverbot, Videoüberwachung, Polizei-Sonderkommandos zur Festnahme, Seitentransparent-Auflagen, Vorkontrollen, Wanderkessel, usw. zu sehen ist, sondern machte den Widerstand unkalkulierbarer für den Polizei- und Staatsapparat. Dieses Zeichen verfolgte das strategische Ziel, große Zusammenkünfte der Herrschenden (WTO, G8, IWF) zu behindern, effektiv zu blockieren und letztendlich zu verunmöglichen. Als unmittelbares Ergebnis, bzw. auch aufgrund der militanten Auseinandersetzungen bei der WTO-Konferenz in Seattle 1999, der IWF/Weltbank-Tagung in Praha 2000 und dem G8-Gipfel in Genova 2001, entschieden die G8-Staaten unserer Meinung nach die weiteren G8-Gipfel fernab großer Städte und Metropolen abzuhalten, in ländlichen Regionen mit vermeintlich schwächer ausgeprägten Widerstandspotenzialen. Können wir den Widerstand an Massivität und Intensität in den nächsten Jahren aufrechterhalten, werden G8-Treffen vielleicht nur noch im Hochgebirge, in der Antarktis oder virtuell stattfinden können. Viele Militante haben sich dem von der "Interventionistischen Linken" (IL) organisierten "make capitalism history" Block angeschlossen. Dieser Block war als "geschlossener" Schwarzer Block organisiert, für alle autonomen und anarchistischen Gruppen offen. Das Konzept hat im Nachhinein das spätere militante gemeinsame Vorgehen erleichtert bzw. ermöglicht. Zum deutlichen Charakter trugen auch Mobilisierungs-Plakate aus dem IL-Spektrum mit vermummten und behelmten DemonstrantInnen als Plakatmotiv bei.
Schon während und vor allem nach den Angriffen auf Polizei und Banken gab es verzweifelte Distanzierungsversuche von Vertretern unterschiedlicher Organisationen, die teils die Großdemonstration mit organisiert haben, teils die Blockaden für die kommenden Tage vorbereitet haben. Zusammen mit der offiziellen Presse strengten sich viele an, die militante Widerstandform zu entpolitisieren. Als Resultat der Distanzierungen berichteten die offiziellen Medien ausschließlich über "Gewalt" und die ist selbstverständlich nur legitim, wenn sie vom Staat ausgeht. Letztendlich ist das ein altbekanntes Spiel und von Spiegel, FAZ und TAZ ist auch nichts anderes zu erwarten. So wurde die inhaltliche Aussage "make capitalism history" in den folgenden Tagen medial völlig verschwiegen. Der Distanzierungswahn von einigen Attac SprecherInnen war für uns nicht weiter verwunderlich. Viel wichtiger für die Debatte ist, dass die Attac Basis den Spaltungs-Versuch von Peter Wahl, Pedram Shahyar und Sabine Leidig vom Attac-Koordinierungskreis am Montag beim Attac-Plenum auf dem Rostock-Camp zurückwies, die eine eigene Attac-Blockade in Abgrenzung zu Block G8 und in völliger Absprache mit der Polizei durchzusetzen versuchten. Diese Spaltung wurde von den BasisaktivistInnen verhindert. Neu für uns waren und sind die heftigen Distanzierungen von Vertretern aus dem linksradikalen Lager. Ein Tiefpunkt war sicherlich Christoph Kleines (IL, Sprecher von Block G8, AVANTI) Analyse der Beteiligten: "Es war eine wilde Mischung aus Hooligans, Jugendlichen aus der Gegend und Leuten aus dem Ausland" (Welt 4.6.07). Noch viel mehr auf Diffamierung ausgerichtet zweifelslos Monty Schädels (Geschäftsführer der DFG-VK und Mitorganisator der G8-Proteste, Anmelder der Großdemo am 2. Juni) Totalitarismustheorie für Anfänger. Er verglich die Bilder mit den Progromen in Rostock Lichtenhagen 1992: "Dass wir jetzt diese Bilder, die wir gerade auch als Rostocker Bündnis vermeiden wollten, die Wiederholung von solchen Bildern die wir 1992 schon in Rostock bei dem Überfall auf das Asylbewerberheim hatten, wieder hier aus Rostock haben, das ist ein großer Misserfolg, das ist das, was wir nicht wollten, was von uns nicht vorbereitet worden ist, was wir auf keinen Fall gutheißen" ( ZDF am 3.6.07, Link bei Indymedia mit Streaming seines Interviews 3.6.07). Auch einer der Sprecher der IL, Tim Laumeyer von der ALB, einer linksradikalen Antifa Gruppe aus Berlin, mühte sich um Distanzierung und rechtfertigender Entschuldigung. "Zum Ende ist die Situation in einem Maße eskaliert, wie wir dies nicht wollten und ausdrücklich verurteilen" (Junge Welt, 5.6.) oder auch "Die Randalierer waren nur eine kleine Minderheit, wir wollen keine Gewalt" (Mopo , 4.6.) und "Eine Eskalation wie in Rostock darf es nicht wieder geben" (Vanity Flair, dpa, 6.6.) Hier wird sich nicht nur politisch distanziert, sondern auch der Sprachduktus herrschender Terminologien unreflektiert übernommen und letztendlich dadurch entpolitisiert, etwa wenn von "Randalierern" die Rede ist. Interessant ist hier zu beobachten, dass sich einzelne Sprecher der IL in Rostock von den militanten Geschehnissen und Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht distanziert haben, während sich doch zumindest Teile der IL genüsslich am Riot beteiligten. Inzwischen gab es ja von verschiedener Seite Entschuldigungen und Erklärungen (z.B. ALB, 05. Juni, http://www.antifa.de/cms/content/view/564/32/) für die Distanzierungen. Das ist gut. Ob es als Erklärung jedoch ausreicht, das Fehlverhalten einzelner, die von den Medien "überrollt" wurden, herauszuheben ist zweifelhaft. Vielmehr bleibt zu prüfen, wie man in breiten, bis weit in die bürgerliche Mitte reichenden Bündnissen einer Bündnislogik entgehen kann, die einen zwingt sich von linksradikalen Kämpfen zu distanzieren. Gezeigt hat sich auf jeden Fall, dass das Vermeiden der Militanzdebatte im Orgakreis der Großdemonstration keine geeignete Wahl war. Dies gilt insbesondere auch für uns Autonome. Das Ringen um die Akzeptanz militanten Widerstands ist ein wichtiger Hegemoniekampf in einer antistaatlichen Orientierung. Und der Kampf um die Anerkennung militanten Widerstands ist immer gleichzeitig auch der Kampf um die Anerkennung der brutalen Gewaltförmigkeit der Verhältnisse selbst. Ein sich selbst ernst nehmen im Gerede um das rassistische Grenzregime, die gnadenlose Kapitalverwertungslogik und die Angriffskriege bedeutet eben auch militanten Widerstand. Es geht hier wohlgemerkt immer noch um einen symbolischen Kampf. Steine auf Schaufensterscheiben oder schwer gepanzerte Bullen bedeutet nicht den Kapitalismus zu zerschmettern. Es ist ein unversöhnliches Zeichen an ein menschenverachtendes System. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Besser gemeint, aber letztlich auch distanzierend ist "die Bullen haben angefangen".
Wir wissen, dass die Polizei viele Möglichkeiten zur Manipulation besitzt und diese auch einsetzt: Agents Provocateurs, direkte Angriffe wegen Lappalien (schwarzes Basecap, oder schwarzes Tuch) oder konstruierte Vorgänge. Alles so geschehen in Rostock. Dazu kommen noch Medien, die zunächst fast ausnahmslos jede noch so dummdreiste Bullenlüge sofort verbreiten: Auf der Großdemo hätte es 400 verletzte Bullen, davon 30 Schwerverletzte gegeben - später stellte sich heraus: es waren 30, davon 2 Schwerverletzte, angebliche Säureattentate von der Rebel Clowns Army auf einzelne Bullen, in Wahrheit war es Seifenlauge, mit denen Seifenblasen gepustet wurden. Auch dementierte die Polizeileitung den Einsatz von Agents Provocateurs während des Gipfels, Zitat vom Pressesprecher der Polizei "es gibt keine BeamtInnen in Zivil auf Demonstrationen", schon am gleichen Tag tauchten mehrere Videos auf, die einen Bremer Polizeibeamten ganz in Schwarz als Zivilbullen enttarnten. Es gibt noch mehr Beispiele, doch dass die Bullen uns oft angreifen, darf jedoch nicht bei jeder Demo als (alleinige) Begründung für militanten Widerstand herangezogen werden. Wir müssen uns nicht entschuldigen, wenn wir das staatliche Gewaltmonopol in Frage stellen. Wir wollten angreifen und haben es in Rostock auch getan, auch wenn Ort und Zeit so nicht von uns gedacht waren! Schon bereits bei den Protesten gegen die WTO-Tagung 1999 in Seattle, auf die sich ja so viele aus der anti-globalisierungskritischen Bewegung beziehen, hat eine anarchistische Gruppe, das ACME Collective, am 4.12.1999 in einem so genannten "Black Block Communique" unter dem Titel "Peasant Revolt" detailliert begründet, warum es notwendig und legitim war, in Seattle kapitalistische Symbole anzugreifen und Scheiben multinationaler Konzerne wie etwa Bank of America, US Bancorp, GAP, Starbucks, Mc Donalds, Nike Town und Levis etc. einzuschmeißen.

Endlich mal konstruktive Kritik
Wichtiger als die Distanzierungswelle müssen für uns andere Kritikpunkte sein. Ja, es lief nicht alles gut in Rostock. Schön wäre es zum Beispiel gewesen, wenn sich der "make capitalism history" Block nicht am Ende der Demonstration und noch vor dem Angriff der Berliner Einsatzhunderterschaften aufgelöst hätte, sondern sich geschlossen, und vor allem entschlossen, in Richtung Innenstadt bewegt hätte. Hier hätte es ausreichend Ziele und Angriffspunkte des Kapitalismus gegeben und andererseits wären "Unbeteiligte" weniger gefährdet worden. Aber anscheinend war das nicht geplant oder gewollt. Viel später gab es dann den erneuten Versuch von einigen hundert Vermummten in die Innenstadt zu ziehen, was allerdings nur bis zur ersten Bank geklappt hat, die dann auch gesmasht wurde. Hier fehlte im Nachhinein ein erneuter Treffpunkt, um weiter zu ziehen. Der Angriff auf das einzelne Polizeifahrzeug ( http://www.youtube.com/watch?v=yDqThVpu1AM) ist in dieser Form zu hinterfragen. Viele Militante kritisieren, dass, nachdem die Scheiben des Bullis eingeschlagen wurden, mit Steinen und Stangen die beiden unbehelmten und ungeschützten Polizisten, die vorne im Fahrzeug saßen, angegriffen wurden. Eine auch schwerere Verletzung konnte nicht ausgeschlossen werden. Zumindest ein Teil von uns vertritt die Auffassung, dass hiermit eine Grenze legitimer Militanz überschritten worden ist, weil es nicht unser Ziel sei, Polizeibeamte (schwerer) zu verletzen. Bei den anschließendem Riot im Stadthafen von Rostock wurden viel zu viele GenossInnen und zum Teil auch Unbeteiligte von eigenen Flaschen und Steinen getroffen und verletzt. Es müssen Wege gefunden werden, dass nicht Leute durch Würfe aus den hinteren Reihen verletzt werden. Für Leute, die keinen Bock auf diese Konfrontationen haben, muss ein geordneter Rückzug möglich sein. Zu einer verantwortlichen Militanz gehört aber auch, die Flaschen am Vorabend auszutrinken und nicht erst auf der Demo. Hier sind alle gefordert, sprecht Leute an, die auf Demos saufen! Wir müssen uns eingestehen, dass wir noch nicht weit genug sind bei der Organisierung verantwortlicher Militanz. Dies ist schwer und war in Rostock auch nicht unbedingt zu erwarten, waren wir doch alle überrascht, wie viele wir auf einmal waren. Mangelnde Erfahrung soll aber kein Grund sein, militante Demo´s ganz zu lassen. Vielmehr ist eine neue Demokultur nötig, um Militanz 1. akzeptierter , 2. sicherer für alle und 3. erfolgreicher zu machen. Und dies kann nur geschehen, wenn sich nachher nicht nur gebrüstet wird "ich war dabei und dann hab ich dem Bullen...", sondern es braucht eine Auseinandersetzung über Militanz und die kann zum Beispiel durch solche Texte, Diskussionen auf autonomen Plena, bei der Vorbereitung der nächsten Demo, etc. geschehen. Die Kritik muss ernst genommen werden. Aber sie ist auch ein Aufruf für eine bessere militante Organisierung.

Schwerter zu Pflugscharen, Steine zu Botschaften....
Aber nicht nur die Aktionen selber müssen besser organisiert werden, sondern auch deren Vermittlung. Das Dictum von der "Propaganda der Tat" mag stimmen, wenn es gelingt Symbole kapitalistischer Herrschaft anzugreifen. Manchmal, so auch in Rostock, stimmt es nicht. Wir haben es nach Samstag nicht geschafft, die Legitimität von militantem Widerstand gegen die gewalttätigen, staatlichen und kapitalistischen Verhältnissen zu vermitteln. Dies hat mit Sicherheit auch viel mit möglicher Repression zu tun. Es gab zahlreiche Interview - Anfragen, eine/n am Riot Beteiligte/n vor die Kamera zu bekommen. Die Möglichkeit, über die Medien unsere Beweggründe und Inhalte zu vermitteln, hat bestanden, aber es fehlten im allgemeinen die Leute, die sich das entweder getraut oder gar gewollt hätten. Dies gilt auch für die Campinski-Presse-Gruppe, die von Leuten aus dem autonomen Spektrum betrieben wurde. Selbst "unsere" Pressegruppe hat einige Erklärungen ignoriert, so z. B. die Erklärung der "Internationalen Brigaden" ( http://dissentnetzwerk.org/node/3040) die am 06. Juni auf Indymedia veröffentlicht wurde. Ebenso die Black Barrio Erklärung ( https://www.gipfelsoli.org/Newsletter/Militanz/2709.html) aus dem Camp Reddelich vom 06. Juni, als Reaktion auf die Vorwürfe und Distanzierungen der Attac-Führungsspitze. Es hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, unsere eigenen Strukturen wie Indymedia, Freie Radios, etc. besser zu nutzen und zu unterstützen. Dies beinhaltet eine breite Diskussion innerhalb unseres linksradikalen Spektrums über den Umgang mit Medien und die Frage über ihre Rolle als "vierte Gewalt im Staat". Letztendlich tauchen nur die alt-bekannten Gesichter in den Medien auf, deren Stellungnahme zwar eine Wohltat nach der Medienhetze war, die allerdings nur allein und ohne einen Gruppenzusammenhang abgegeben wurde. Wir halten es prinzipiell für sinnvoller, kollektiv diskutierte Meinungen von Gruppen und Zusammenhängen zu verbreiten anstatt, dass sich Einzelne, zumeist auch noch Männer, mit ihren eigenen Einschätzungen profilieren. Das ist zumindest unser Ansatz einer antagonistischen Bewegung. Das Ziel ist es gemeinsam die Ereignisse von Rostock auszuwerten und zu veröffentlichen und dies nicht einigen selbsternannten oder auch ernannten Sprechern zu überlassen. Das ist leider sehr durchgängig geschehen. Selbst das linken Szene-Blatt "analyse und kritik" hat meist nur männlichen Einzelpersonen Raum für Statements und Einschätzungen gegeben: über Sven Giegold (ATTAC), Olaf Bernau (no lager), Thomas Seibert (IL), Christoph Kleine (IL), Michael Kronawitter, Tim Laumeyer (ALB), Ulrich Brand (BUKO), Dario Azzelini (FELS) bis hin zu Raul Zelik u. Geronimo. Das ist für uns ein Rückschritt. Ebenso scheint die Tatsache, dass vornehmlich Männer sich äußern durften bzw. wollten, weder Zufall noch ein Ausdruck von reflektierten antipatriarchalen Diskussionen zu sein. Wir wollen das nicht pauschal allen unterstellen, denken jedoch, dass es an der nötigen Sensibilität diesbezüglich, zumindest gemangelt hat. Letztendlich müssen wir uns aber auch an die eigene Nase fassen. Dass es zu Riots kommen würde, haben wir nicht nur gehofft, sondern auch gewollt. Die mediale Reaktion war vorhersehbar. Mit unserem Nichtverhalten haben wir den Sprechern von NGOs, Attac und der IL das Feld überlassen, was zu Distanzierungen geführt hat. Diesem Dilemma müssen wir uns stellen, Diskussionen über Vermittlung von militanter Praxis auf Demonstrationen und den Umgang mit den Medien sind hier dringend notwendig.

Dress for the moment
Obwohl er es nicht wissen will, seien noch Ulrich Brands Vermutungen "Ich vermute (ich weiß es nicht und will es auch nicht wissen!), dass Menschen im Schwarzen Block mitlaufen und vielleicht sogar agieren, die sich ansonsten in ähnlichen politischen Zusammenhängen bewegen wie viele der anderen Demonstrations-TeilnehmerInnen" bestätigt. Militant sein auf Demos begründet keine Identität - sollte es zumindest nicht - sondern ist eine Aktionsform mit Stärken und Schwächen wie jede andere Aktionsform auch. Manchmal ist sie nützlich, manchmal nicht. In Rostock war sie nützlich, um dem G8 Widerstand eine unversöhnliche Note zu geben.

Für einen emanzipatorischen militanten Widerstand

"There must be a better world somewhere" (BB King)

United Color of Resistance, 01.08.2007