- Gerichtstest für den G-8-Gipfel
- Globalisierungskritik braucht auch Anwälte
- WARSAW SUMMIT ARRESTS APRIL 2005 - 10 PEOPLE CALLED TO COURT
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Gerichtstest für den G-8-Gipfel
Ein Stockholmer Gericht verurteilt zwei Berliner Antifas zu Haftstrafen. Ihr Anwalt beurteilt das Verfahren positiv - auch im Hinblick auf ähnliche Prozesse im nächsten Jahr Nur per Telefon erfuhr Rechtsanwalt Martin Henselmann von der Verurteilung seiner beiden Mandanten: Der schwedische Rechtsanwalt Lars Runberg teilte ihm am vergangenen Freitag mit, dass die beiden Berliner Antifas Fabian und Patrick zu einem beziehungsweise zwei Monaten Haft wegen Landfriedensbruch verurteilt worden sind. Beide waren am 10. Dezember 2005 nach einer Demonstration mit Sachschäden in Stockholm festgenommen worden und saßen knapp einen Monat in Untersuchungshaft, bevor sie zu Beginn des Prozesses vor zwei Wochen freigelassen wurden. Dennoch beurteilt Henselmann den Ablauf des Verfahrens weitgehend positiv - auch im Hinblick auf mögliche ähnliche Gerichtsprozesse in Deutschland im kommenden Jahr, wenn im Mai in Heiligendamm bei Rostock der G-8-Gipfel stattfindet.
Die rasch gegründete Soligruppe für die Antifas in Berlin hatte zunächst befürchtet, dass überhaupt keine auswärtigen Juristen zugelassen würden. Solche Erfahrungen gab es nach den Protesten gegen den EU-Gipfel im Sommer 2001 in Göteborg. Viele der damals Verhafteten aus unterschiedlichen Ländern mussten auf einen Anwalt ihrer Wahl verzichten. Deshalb war Henselmann positiv überrascht, dass seine Zulassung als Verteidiger eines der Angeklagten problemlos klappte - selbst wenn er vor Gericht nur den Status eines Assistenten des schwedischen Pflichtverteidigers hatte.
Auch in der Prozessführung sah Henselmann manche gegenüber dem deutschen Strafrecht positive Elemente. Dazu gehört die Tonbandaufnahme sämtlicher Aussagen während des Verfahrens. Ein oft zeit- und nervenaufreibender Streit zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung über die Korrektheit der Protokolle erübrigt sich daher.
Zudem konnten die Angeklagten ihre politische Motivation in das Verfahren einbringen. So habe man deutlich machen können, dass die beiden am 10. Dezember nicht nach Stockholm gekommen waren, um Gewalt auszuüben, sondern um gegen Neonazis zu protestieren.
Trotz der positiven Erfahrungen sei das Urteil gegen seinen Mandanten nicht nachzuvollziehen. Man werde in Berufung gehen, so Henselmann. Fabian wurde zu einem Monat Gefängnis verurteilt, weil er an einer Demo teilgenommen hat, von der aus vereinzelt Gewalt ausging. Die Polizeizeugen bestätigten, dass er sich an Ausschreitungen nicht beteiligt habe. Nur die Tatsache, dass er die Demonstration nicht verlassen habe, als einzelne Teilnehmer Steine oder Flaschen warfen, war die Grundlage für seine Verurteilung.
Zum G-8-Gipfel 2007 in Heiligendamm werden DemonstrantInnen aus ganz Europa erwartet. Auf den ersten Vorbereitungstreffen haben sich AktivistInnen über dem Aufbau eines europaweiten "Legalteams", an dem sich Rechtshilfegruppen und JuristInnen beteiligen, Gedanken gemacht. "Das fängt bei der Visafrage an und geht bis zur Betreuung bei Festnahmen", so eine Aktivistin.
[taz Berlin lokal vom 24.1.2006]
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Globalisierungskritik braucht auch Anwälte
Aufbau eines European Legal Team fortschrittlicher Verteidiger geht nur langsam voran
Die Justizminister der EU-Staaten haben sich auch bei ihrem jüngsten Treffen in Wien nicht über die Einführung von Mindeststandards für Untersuchungshäftlinge in absehbarer Zeit einigen können. Umso wichtiger wind Voraussetzungen für einen wirksamen Rechtsbeistand insbesondere für angeklagte Ausländer.
Bisher sind die rechtlichen Unterschiede in den einzelnen Ländern gravierend. Das fängt der Dauer der Untersuchungshaft an. So ist in Spanien eine U-Haft von weit über einem Jahr nichts ungewöhnliches. In Italien sind Gerichtsverhandlungen und Urteile in Abwesenheit möglich. Das ist nach deutschen Strafrecht ausgeschlossen.
Doch nicht nur die EU-Justizminister machen sich über die Rechte der Untersuchungshäftlinge Gedanken. Seit einigen Jahren ist es auch ein Dauerthema bei politischen Aktivisten und Juristen.
Mit dem Aufstieg der Antiglobalisierungsbewegung nahmen die länderübergreifenden Demonstrationen zu. So beteiligten sich Aktivisten aus unterschiedlichen Ländern an Protesten gegen EU- und G8-Gipfel. In der Folge waren unter den Verhafteten Aktivisten aus verschiedenen Ländern vertreten. Höhepunkt war die Repressionswelle in Italien nach den Protesten gegen das G8-Treffen in Genua im Sommer 2001. Zahlreiche ausländische Demonstranten waren festgenommen und teilweise auf den Polizeistationen misshandelt worden.. Unter diesem Eindruck entstand bei fortschrittlichen Juristenorganisationen und politischen Aktivisten die Idee für ein europaweites Legalteam.Ziel sollte der Aufbau eines Netzwerks fortschrittlicher Verteidiger sein. So sollte gewährleistet werden, dass Angeklagte in politischen Verfahren von einen Verteidige ihres Vertrauens betreut werden. In Deutschland hat sich der Republikanische Anwaltsverein federführend an dieser Initiative beteiligt und dazu sogar eine in Berlin eine Konferenz veranstaltet. Doch mit dem Abflauen der Antiglobalisierungsbewegung und dem Rückgang der länderübergreifende Aktionen ist die Initiative ins Stocken geraten. "Der Aufbau eines europäischen Anwaltsnetzwerks steckt noch immer in den Anfängen", meint der Berliner Rechtsanwalt Martin Henselmann gegenüber ND. Letztendlich müsste die Initiative für den Aufbau eines solchen länderübergreifenden Netzwerkes seiner Meinung nach von den politischen Aktivisten ausgehen. Die Juristen können hier nur eine Unterstützung geben.Den Aufbau des Netzwerkes hält der Anwalt für sehr erforderlich. Gerade hat er zwei Berliner Antifaschisten verteidigt, die im Dezember bei einer Demonstration in Schweden festgenommen wurden und einen Monat in Untersuchungshaft saßen. Am vergangenen Freitag sind sie Haftstrafen von zwei und einem Monat verurteilt worden. Henselmann sieht seine problemlose Zulassung durch die schwedische Justiz als großen Erfolg an. Bei den Anklagen nach den Protesten gegen den EU-Gipfel in Göteborg im Jahr 2001 war die Zulassung ausländischer Verteidiger in Schweden nicht möglich.. Die nächste Bewährungsprobe für ein europäisches Verteidigernetzwerk könnte im Jahr 2007 kommen. Dann soll der G8-Gipfel im norddeutschen Seebad Heiligendamm tagen. Proteste werden von Aktivisten aus vielen nord- und osteuropäischen Ländern erwartet. Darunter sind auch Staaten, die nicht in der EU sind. Auf den ersten Vorbereitungstreffen haben sich Aktivisten auch zu juristischen Fragen Gedanken gemacht. "Das fängt bei der Visafrage an und geht bis zur Betreuung bei Festnahmen", meinte eine Aktivistin. Sie hofft, dass vor demProtestbeginn das europäische Legalteam Konturen angenommen hat.
[Neues Deutschland vom 23.1.06]
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WARSAW SUMMIT ARRESTS APRIL 2005 - 10 PEOPLE CALLED TO COURT
Ten people who were arrested during the Council of Europe Summit protestin Warsaw last April have received court dates on charges like touching apolice officer, using offensive words to a police officer and obstructionof justice.
Among the accused are two people that the court already decided werearrested with due cause, but even though they were arrested improperly,and even though the police committed not only procedural errors but acrime (by beating somebody at the police station), the state wants toprosecute.