Dreitausend? Vielleicht sogar ein paar mehr. Viele Leute haben beschlossen, dem sehr schlechten Wetter zu trotzen, um in L' Aquila auf die Straße zu gehen, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen und um sich am Wiederaubau der eigenen Zukunft zu beteiligen. Schandhaft, die Manöver der offiziellen Medien, die, um die lokale Bevölkerung abzuschrecken, Befürchtungen über die Anwesenheit von no-global "Horden" äußerte.
Die no global waren nicht da, oder, besser: es waren dreitausend "no global" da.
Der Missbrauch von diesem Begriff, der von einer gefälligen Presse und von Politikern, die keine Luft mehr bekommen instrumentell eingesetzt wird verrät die Schwierigkeiten beim Umgang mit einem Protest der von Unten kommt und keine politische Couleur hat, aber Bewusstsein ansammelt.
Die Folgen des Erdbebens, das L' Aquila und deren Provinz zerstört hat, sind die Frucht von ruchlosen Wirtschaftspolitiken, von ökologiefeindlichen städtebaulichen und sozialen Entscheidungen, von durch die nationalen und lokalen Institutionen gedeckten Bauspekulationen und -betrügen. Die dreihundert Opfer des Erdbebensc in L' aquila wurden durch die Logiken des Profits getötet; von der über die Erdstöße katalyisierten "Globalisierung".
Nur dreitausend, und doch schon so viele, die nicht gewillt sind, sich der Militarisierung in den Camps, den Lügen einer zynischen "Regierung der Toleranz" und dem Versuch, die Evakuierten mit Versprechen, die sich nicht halten lassen zu betäuben zu fügen.
Sie fordern 100% Wiederaufbau, 100% Respekt, 100% Arbeit und vor Allem Wahrheit und Gerechtigkeit für jene, die unter den Trümmern jenes verfluchten 6. April um 3:32 starben.
Die vom Samstag, den 27. Juni ist nur eine Etappe auf einem langen und anstrengenden Weg, den die Frauen und Männer der Abruzzen Stein auf Stein dabei sind, zu pflastern.
Kaum war die Demo losgezogen, hörte es auf zu regnen und die Sonne ging auf.
Avanti quatra'!
A.d.Ü.:
* Wortspiel. Sinngemäß steht er dafür, dass die Abruzzer (im übertragenen Sinne) "zu den Waffen greifen" und, in Anspielung auf die drastische Militarisierung, "unter Waffen stehen". An der Piazza D' Armi in L' aquila liegt die größte der ewa 160 Zeltstädte, in die seit dem Tag des Erdbens, dem 6. April 2009, um die 30000 Menschen nach dem Zufallsprinzip zusammengewürfelt eingepfercht sind. "Piazza D' Armi" bedeutet gängigerweise "Exerzierplatz". Die "Piazza" steht sprachlich jedoch auch für ein sehr wichtiges, nicht nur strukturelles, sondern auch kulturelles und soziales Element des menschlichen und politischen Lebens, weil sie ein offener, allgemein zugänglicher Ort ist, an dem kollektive Zusammenkunft und Auseinandersetzung möglich sind. Nicht von ungefähr ist von Italien im Kontext von Protesten und militanten Auseinandersetzung nicht von "auf die Straße gehen" und von "Straßenkämpfen" die Rede, sondern jeweils von "scendere in Piazza" (runter gehen in die Piazza) und von "scontri di Piazza" (Zusammenstößen auf der Piazza) die Rede. Selbst die Polizei verwendet den Begriff: "Einsatzleiter" bei Protesten ist der "Dirigente di Piazza", "Lagebewältigung" heißt "Gestione della Piazza". "Armi" wiederum sind Waffen. Hier, die Waffen der Gemeinschaftlichkeit, der Selbstorganisation, der Entschlossenheit und der Absage an die Angst.
Source: https://abruzzo.indymedia.org/article/6684 - mit Bildern von der Demonstration