Von Enzo Mangini
26. Mai 2009
Landesweite Vollversammlung am 1. Juni, um darüber zu diskutieren, welcher Empfang dem G8 bereitet werden soll. Derweil schreibt der italienische Verband der Kommunalverwaltungen der Kommission für Umwelt, Territorialstruktur und Landwirstchaft im Senat: mehr Rechte für die Bürgermeister beim Wiederaufbau.
“Das natürliche Erdbeben und das soziale: der aquilanische und abruzzische Kontext im Spiegel der sozialen Aktivitäten der Netzwerke, die auf dem Territorium aktiv sind. Territoriale uns soziale Kämpfe: wie sich dem G8 widersetzen und heute die Alternativen auf die globale Krise aufbauen” Das sind die zwei Punkte, die zur landesweiten Vollversammlung, die am Montag im großen Zelt im Unicef-Park an der Via Strinella in L’ Aquila stattfinden wird, auf die Tagesordnung gesetzt wurden. Die aquilanische und abruzzische Vollversammlung gegen den G8 hat eine Mitteilung und Einladung in Umlauf gebracht, um die Auseinandersetzung mit den landesweiten Netzwerken der Bewegung über das, was zu tun sein wird, wenn und während die Staats- und Regierungschefs der G8-Länder in der abruzzischen Hauptstadt versammelt sein werden zu eröffnen.
“Operative” Entscheidungen wurden noch nicht getroffen – hierfür wird es die Vollversammlung am Montag geben – und die Diskussion ist sehr intensiv. “Wir sind gegen den G8 und wir sind im Besonderen gegen ein G8 in L’ Aquila” – schreiben die Komitees und die Organisationen bzw. Gruppen aus der aquilanischen Vollversammlung. “Unser Territorium schickt sich an, der dramatischsten Phase der Zeit nach dem Erbeben entgegen zu sehen, in der die Militarisierung den Evakuierten immer mehr zu schaffen macht, in der die Entscheidungen bezüglich des Wiederafbaus durch den kommissarischen Beauftragten Berolaso von oben herab aufgestülpt werden, so dass jeder Versuch der Beteiligung zunichte gemacht wird, in der frei Versammlungen in den Zeltlagern verboten werden, in der die Tragödie zur Chance fur den Bauspekulationsplan wird, den die Regierung Berlusconi schon in der Schublade hatte. Dieser uns betreffende Ausnahmezustand schließt aber niemanden aus: die durch das Dekret 39/2009 umgesetzte autoritäre Praxis stellt ein Alarmsignal im Sinne der Gefährdung der Demokratie dar, das die Zukunft unseres gesamten Landes betrifft”. Nach Ansicht der Entsender der Einladung könnten aber gerade die besonderen Umstände in l’ Aquila und Umgebung die Gelegenheit bieten, um über “neue Protesformen” und einen “diffusen” Gegengipfel" nachzudenken, dessen symbolischer Autakt der Tag der am 4. Juli geplante, von den Bewegungen gegen den neuen US-Stützpunkt im Dal Molin-Flughafen bei Vicenza organisierten Tag der Unabhängigkeit sein könnte.
Im Informationschaos, der in den Zeltstädten herrscht, beginnen die ersten Nachrichten über den G8-Effekt die Runden zu machen: die Staatsanwaltschaft hat präventive Ermittlungen “gegen jene, die Probleme bereiten könnten” eröffnet und es ist bereits von der Schließung der wichtigsten Zufahrtswege nach L’ Aquila schon eine Woche vor dem Gipfel, der am 8. Juli beginnt. Die Militarisierung der Stadt schreitet rabiat voran und sie macht das Leben in den Zelten nur noch schwerer. Der Unmut der entnervten Bürger hat sich in teils auch harten Protesten gegen den Zivilschutz entladen, der eine kapillare Verteilung von Klimaanlagen zur Bekämpfung der Hitze in den Zelten, in denen die Temperaturen bis zu 40 Grad erreichen, versprochen hatte. Zu den Protesten der Bürger wegen den Lebensbedingungen in den Camps kommen die Proteste der Bürgermeister des Kraters und aus anderen Gebieten der Abruzzen gegen das vom Senat verabschiedete Regierungsdekret hinzu. Vor zwei Tagen haben die versammelten Bürgermeister erneut gegen die durch das Dekret festgelegten Mittelausschüttungsmechanismen und die Höhe der bereitgestelten Gelder protestiert. Heute war es der italienische Verband der Kommunalverwaltungen [Anci], der sich schriftlich an die Kommission für Umwelt, Territorialstruktur und Landwirstchaft im Senat gewendet hat, die derzeit den Text des Dekrets untersucht. Der Verband fordert eine stärkere Berücksichtigung der Forderungen der Kommunen, die sich sowohl auf die Beteiligung der lokalen Institutionen an die Entscheidungen über den Wiederaufbau beziehen, als auch auf die Unterstützung bei der Zahlung der Gehälter an die kommunalen Angestellten und bei der Gewährleistung der wichtigsten Dienstleistungen. Trotz der Proteste von unten und der lokalen Institutionen, setzt die Maschinerie des Zivilschutzes ihren Gang unerbittlich fort. Anfang Juni ist die Öffnung der Umschläge mit den Angeboten der Firmen, die sich an den Wettbewerb über die Ausschreibung des Baus der C.a.s.e. Wohnmodule* für die ersten zwanzig Areale, für die Aufstellung der Wohnmodule. Der endgültige Text des Dekrets wird eintreffen, wenn die Würfel beinahe schon gefallen sein werden.
A.d.Ü.:
* “Complessi Antisismici Sostenibili Ecocompatibili” = “Antiseismische, ökologisch verträgliche Komplexe”. Bezeichnung für den Teil des sehr umstrittenen Wiederaufbauplans, der die Errichtung von Siedlungen auf bisher unbebauten Arealen derim Erdbebengeibiet vorsieht.
Source: http://www.carta.org/campagne/beni+comuni/17571