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2009-04-20

Abruzzen: Praktische Miltärbesatzungsübungen

So viele Miltärs hatte man in der Stadt noch nie gesehen, sagt uns jemand, den wir kennen. L'Aquila ist militarisiert. Es mutet an, wie praktische Miltärbesatzungsübungen.

Auf die Angst vor Plünderungen waren wir wirklich nicht gekommen. Wenn Du im Auto schläfst, in der Kälte, und dann zwischen den Zelten an Alles gedacht wird, außer an den Dingen, die Du wirklich gebrauchen könntest, Decken, Nahrung, bequemes Schuhwerk, hygienische Güter, Unterhosen. Die Dinge, die sie "wertvoll" nennen (Wertvoll warum - und für wen?) interessieren nur jene, die auf unsere Kosten Propaganda betreiben. Wir haben Verwandte, geliebte Menschen und Behausungen verloren. Jemand muss sich fragen, wer dafür die Verantwortung trägt.

Statt die Miltärs loszuschicken und jede Schuld von sich zu schieben, sollten sie uns erklären, warum es in dieser Gesellschaft, in der die Gier allgegenwärtig ist immer die selben sterben müssen, immer und besonders die Alten, die in in prekären Verhältnissen Lebenden, die Migranten, die, die es kaum schaffen, zum Monatsende zu kommen, oder nicht einmal das Geld für eine Wohnung haben während sie die Uni besuchen. Das Erdbeben legt die Realität offen, als das, was sie wirklich ist: geteilt zwischen Reich ud Arm. Deshalb wollen siew uns nicht sagen, wieviele Migranen unter den Trümmern begraben sind. Sie wisse es nicht* und sie wollen es auch nicht wissen. Zwischen der Ausage, dass wir von Ausländern umzingelt sind und der Aussage, dass wir, nach "offiziellen" Angaben erfahreen haben, dass L'Aquila die einzige Stadt Italiens ist, die vollständig vob Italienern besiedelt ist, und Gefahr läuft, von Plünderen angegriffen zu werden, die "von außen kommen" (sie müssten dann aber sagen, dass die Ortsplünderer - jene, die nach Lombrosianischer Erkenntnis* identifiziert wurden schon alle tot sind). Es ist lächerlich und absurd.

Was uns Überlebende betrifft, ist es so, dass sie us zu Fünftklässlern degradiert haben, die man in zweier-Reihen aufstellen muss möglichst mit Uniform und einer Nummer auf dem Arm, damit wir identifizierbar sind (in unserem Interesee, natürlich). Als ob wir keine zurechnungsfähigen Menschen wären. Sie laufen uns hinterher, sie verbieten uns, sie befehlen uns, sie schimpfen uns aus, wenn wir uns unsere Häuser zurück nehmen wollen. Sie behandeln uns wie "Geier"**, wenn wir keinen Ausweis bei uns haben und unsere Sachen aus den Häusern holen oder einen Blick in unser Wohnviertel werfen wollen. Angeblich sind sie die, denen Verantwortung übertragen ist und wir sind die Idioten und Idiotinnen.

Nach dem sie uns haben sterben lassen. Nach dem sie alles heruntergespielt haben und gesagt haben, dass wir uns keine Sorgen machen müssen. Jetzt wollen sie uns herumkommandieren und uns in ein wehleidiges, von ihnen abhängiges Volk voller Selbstmitleid, das misstraut und denunziert.

Die Bewohner von L'Aquila, die Menschen in den Abruezzer sind keine solchen Leute. Wir sind ruhige Leute. Wir würden nie auf die Idee kommen, jemanden "Sciacallo§" zu nennen, weil er aus Rumänien ist.

Hier ist aber ganz Italien über uns herein gebrochen - nicht bloß unsere Häuser: Ganz Italien, mit allen Widersprüchen den politischen Spekulationen und all den schrecklichen Dingen, die auf Kosten des Lebens von Menschen ausgespiekt werden.

Seit Tagen insistieren wir, um zu sagen, dass in Onna viele unsichtbare Migranten begraben sind. Dass es mehr Tote und Vermisste gibt, als sie angeben***,. Dass die Idee, die Zahlen zu frisieren, dazu dient, der geamten Operation ein restyling zu verpassen, um sagen zu können, dass sie ein Riesenerfolg gewesn ist. Dass es an Organisation und Koordinierung fehlt und dass alles schlecht funktioniert. Niemand hört uns zu. Sie haben uns benutzt, sie fahren damit fort, mit den Kameras im Schlepptau herumzuspazieren. Am unerträglichsten sind die Journalisstinnen, die sich vor jeder Live-Übertragung in eine Ecke verziehen, um ihren Make-up aufzufrischen. Zerstörte Stadt, ales in Trümmern, Blut und klaffende Wunden und sie müssen in strahlender Form erscheinen während sie das weibliche Erdbebenopfer interviewen, mit vernähtem Kopf und Harre, die kein Friseur zurechtgezupft hat. Wir sollten für jede Aufnahme Geld von ihnen verlangen, für jedes Erinnerungsfoto, für jede Werbemaßnahme der Politiker. Geier. Alle

Manche Journalisten wollen uns verzweifelt und naturbelassen haben, mit schön sichtbar plazierten Narben. Sie spionieren uns nach und sie wollen uns ganz zahm sehen. Wir sollen in leisem Ton über den Schmerz sprechen und sie setzten uns unter Druck, weil sie wissen, dass wir im Moment nichts sagen können. Wir sind für jede Flasche Wasser dankbar, für jeden Nudelteller, für jedes Paar Schuhe. Und sie stehen da und machen Dich wegen der Großzügigkeit der Anderen verlegen., weil sie diese kontrollieren und weil sie die einzigen sein wollen, die sie Dir zukommen lassen (wenn es ein Monopol der Solidarität gibt, ist es leichter zu sagen, das Alles gut ist). Es gibt nicht Schimmeres, als Hilfe zu benötigen, und diese von denen zu bekommen, die das Ganze ausnutzen, um ein Recht in eine Gefälligkeit zu verwandeln.

Die Nicht-Abruzzer haben angefangen, zu patrouillieren. Sie haben einige auch unter den Verzweifelten rekrutiert. Die Fanatiker finden immer einen Weg, um sich besonders unter fragilen und verängstigten Menschen, wie wir es gerade sind, Gefolgschaft für ihre Wahnvorstellungen zu verschaffen.

Das hier ist zu einer militärischen Kaserne geworden. Ein Gelände für Übungsmanöver. Hier wird hastig die Technik der Angst erprobt, um in einem Moment, in dem Alles erlaubt ist, die Kontrolle aufzuerlegen. Das ist es, das sich in Italien ereignen wird, wenn man das Kommando einem einzigen Mann oder mehreren überlassen wird****, die den Staat zusammen mit den Generälen und nicht mit den Bürger administrieren wollen.

Bisher haben sie den einen oder anderen geschnappt, der Geld hatte, das ihm gehörte, wie sich nachträglich zeigte. Eine Rumänische Pflegekraft und ihre Verwandten oder Freunde, die auf dem Weg waren, deren Sachen aus dem Haus zu bergen, in dem sie wohnte und eine Frau pflegte, die der Bergung zugestimmt hatte. Sie wurden auf die erste Seite der Zeitungen geknallt und im Eilverfahren vor Gericht gestellt, um dann mit tausend Entschuldigungen entlassen zu werden und die Nachricht ist sogleich im Nichts verschwunden. Der Plünderegedanke muss aber unbedingt kursieren. Besonders der "Plunderer" muss in einer klar definierten Gestalt identifizierbar sein, die sich von den Politikern, den pseudo-Schnüfflern der Boulevardpresse, den Händlern und Unternehmern, die mit den Preisen spekulieren, unterscheiden muss sonst könnten sie nicht den Straftatbestand anwenden, den sie extra dabei siond zu erfinden, um einen Grund mehr zu haben, um Migranten, Arme und Unangepasste zu verfolgen.

Zum Beispiel: gestern haben sie Aktivisten von Epicentro Solidale***** aus Neapel aufgegriffen, die auf dem weg hierher waren, um Hilfsgüter zu liefern. Sie wurden angehalten, weil die selbstverwalteten Hilfsaktionen der Meinung der Carabinieri nach der Deckmantel für ein umfangreiches Plünderungsmanöver seien.

Wir brauchen einen direkten Draht zur Welt. Wir haben das Bedürfmis , mitteilen zu können, was mit uns geschieht. Augenblicklich sind wir isoliert und es gibt würdelose Menschen, die über uns sprechen. An vielen Orten gibt es weder Radio noch Fernsehe3n. Und wir sind angesichts der Tatsache, dass jene, die berufliche Bürgerpatrouillen***** betreiben eingetroffen sind, beunruhigt.
.

* siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Cesare_Lombroso

** ironisch zugespitztes Wortspiel: Der Begriff im Original ist "sciacallo". "Sciacallo" ist der Plünderer, die ursprüngliche Bedeutung des Wortes ist "Geier". Hier ist "Geier zu bevorzugen.

*** Eine heimlich im Lagezentrum des Zivilschutzes gezeigte Videoaufnahme belegt, wie "intern" eine erhebliche Dunkelziffer eingeräumt und festgestellt wird, dass mancherorts 90% der Mietverhältnisse "schwarz" waren, so dass niemand sagen kann, wie viele Menschen wo gelebt haben.

**** Das verfolgt und fordert Ministerpräsident Berlusconi immer wieder. Exakt einen Tag vor Veröffentlichung obigen Textes, propagierte seine "hauszeitung "il Giornale", die in Besitz seines Bruders ist, den Gedanken ein weiteres Mal: "[...] Im Angesicht der Aquilanischen Tragödie hat Berlusconi deswegen ein weiters Mal sein Problem zur Sprache gebracht: damit die Regierung regieren kann, ist es Nötig, dass das Präsidentenamt und die Parlamentskammern der Regierung erlauben zu sein, was sie ist. Sie ist nicht der 'mit Würden ausgestattete Teil des Landes' um eine berühmte, vor zweihundert Jahren vorgenommene vonm Gründer des 'Economist" formulierte Unterscheidung zu zitieren; Es ist die 'effizienz' des Staates." (siehe: http://www.ilgiornale.it/a.pic1?ID=343017)

***** Bereits am Tag des Erdbens entstand die Initiative "Epicentro Solidale" (Solidarisches Epizentrum), siehe: http://abruzzo.indymedia.org/article/6244

****** Eintreffen von "City Angels" aus Mailand, einer berühmt-berüchtigten Bürgerwehr in der Hauptstadt der Lombardei.

Source: http://femminismo-a-sud.noblogs.org/post/2009/04/12/abruzzo-prove-tecniche-di-occupazione-militare