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2005-10-07

G8-Gipfel 2007 in Deutschland: Diskussions- und Vorbereitungswochenende vom 7. - 9. Oktober 2005 in Hamburg

Warum dagegen?

Die G8 - das ist die "Gruppe der acht" Regierungschefs der weltweit mächtigsten Industrienationen. In dieser Runde wird vorgegeben, nach Lösungen für die Probleme der Welt zu suchen: Hunger, Krieg und Umweltzerstörung sollen bekämpft werden, während tatsächlich aber das kapitalistische System ausgebaut und stabilisiert wird, welches diese Probleme erst produziert.

G8-Treffen sind wichtige Orte, an denen die Industriestaaten die Möglichkeit haben, ihre Interessen zu koordinieren und die neoliberale Globalisierung noch effizienter und gnadenloser zu planen und durchzusetzen.

In den vergangenen Jahren konnte kaum ein Gipfeltreffen ungestört durchgeführt werden: ob gegen die G8 in Genua und Evian, gegen IWF/Weltbank in Prag und schon 1988 in Berlin, gegen die WTO in Seattle - Widerstand ist die offensichtliche und immer lauter werdende Antwort auf diese herrschende Ordnung. Seit den Protesten in Genua 2001 werden die G8-Treffen nicht mehr in den Metropolen abgehalten und in teils schwer zugängliche (und leichter zu kontrollierende) Landstriche verlegt.

Im Sommer 2007 kommt der jährliche G8-Gipfel nach Deutschland. Das Treffen wird im Kempinski Grand Hotel in Heiligendamm in Mecklenburg-Vorpommern stattfinden, ein exklusiver Kurort direkt an der Ostsee. Heiligendamm liegt ca. 20 km westlich von Rostock, 200 km von Berlin.

Der G8-Gipfel in Deutschland ist also eine gute Möglichkeit der "Gruppe der acht" zu zeigen für wen sie NICHT spricht. Zudem bietet der Gipfel viele Ansatzpunkte konkreter gesellschaftlicher Intervention. Nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern gibt es viele "Teilbereichsbewegungen", deren Arbeitsfelder auch mit der Politik der G8 zu tun haben: Gentechnik, Atom- und Energiepolitik, Privatisierung, Migrationspolitik, Rassismus, Militarisierung, Patriarchat etc. 2004 gab es eine Anti-Lager-Tour auch durch Mecklenburg-Vorpommern, bei der gegen die verschiedenen rassistischen Repressionsformen wie Lager und Abschiebungen protestiert wurde.

Wer sind wir?
Wir sind bisher ein Netzwerk von Aktiven aus verschiedenen linken Spektren. Inspiriert vom Vernetzungsprozess verschiedener linker Gruppen in Grossbritannien, die unter dem Namen Aktionen in Schottland koordinieren, möchten wir jetzt schon damit beginnen, über einen gebührenden Empfang der G8 auch in Deutschland nachzudenken.

Diese Einladung richtet sich an Gruppen und Einzelpersonen aus sämtlichen "Teilbereichen". Wir wollen unsere täglichen Kämpfe in einen gemeinsamen Zusammenhang gegen die Politik der G8 stellen, und in Bezug auf den Gipfel Aktionen und inhaltliche Auseinandersetzung planen. Die Mobilisierung zum G8-Gipfel ist eine Chance für Vernetzung und intensiven Austausch von Ideen und Praxen.
Sehr wichtig ist uns der Ausbau der internationalen Vernetzung. Zwar mobilisieren wir für dieses erste Vorbereitungswochenende noch nicht international; wir werben zunächst im deutschsprachigen Raum. Insbesondere wollen wir Menschen mit Migrationshintergrund ansprechen. Aufgrund der regionalen Nähe des Gipfels werden wir auch versuchen Gruppen aus Polen einzuladen.

Warum jetzt schon mobilisieren?

Wir haben zwei Jahre Zeit, die wir für die Schaffung von Kommunikations- und Diskussionsstrukturen nutzen wollen, damit die undogmatische Linke gestärkt in die Proteste hinein- und vor allem gestärkt daraus wieder herausgeht.

Diese Proteste zu organisieren ist eine immense Arbeit und braucht viele Menschen. Medien- und Öffentlichkeitsarbeit muss organisiert, Texte geschrieben und die Vernetzung vorangetrieben werden. Regionale und internationale Vorbereitungstreffen müssen auf die Beine gestellt und neue Kontakte gesucht werden. Es braucht Leute, die einen tragfähigen Legal Support aufbauen, und nicht zu spät müssen verschiedene Arbeitsgruppen konstituiert sein: Convergence Center, Demosanität, Kochen, Schlafen + Transport. Und vor dem eigentlichen Gipfel sollen ja auch noch Aktionen, Camps und inhaltliche Auseinandersetzungen stattfinden. Und dann muss auch noch mit NGOs, Gewerkschaften, politischen Splittergruppen und der Lokalregierung gestritten werden (naja, nicht zuletzt ist der nächste G8-Gipfel 2006 zunächst in Russland. Den Widerstand dort wollen wir natürlich auch unterstützen).

Die Mobilisierung gegen den G8-Gipfel wollen wir nicht allein etablierten NGOs überlassen: der Abbau von hierarchischen Strukturen ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Wir gehen davon aus, dass auch reaktionäre Gruppen, womöglich sogar Nazis etwas gegen den G8-Gipfel haben. Dieser Nebenschauplatz soll von uns nicht außer acht gelassen werden. Uns ist weiterhin wichtig, mit BewohnerInnen der vom G8-Gipfel heimgesuchten Region in Kontakt zu treten.

In einem selbstorganisierten Netzwerk möchten wir gleichberechtigt mit anderen Grass Roots Gruppen und Einzelpersonen zusammenarbeiten. Wir hoffen, auf viele Engagierte auch aus "etablierten Verbänden" zu treffen, die die Stärke einer solchen Herangehensweise erkennen und die mit uns arbeiten möchten. Unterschiedliche Aktionsformen begreifen wir als Ausdruck vielfältiger Herangehensweisen und sehen darin unsere Stärke. Wer bereit ist, eigene Aktionsformen kritisch zu reflektieren, und dabei andere Positionen respektiert, ist willkommen. Die PGA-Eckpunkte (s.u.) bieten hierfür einen guten Orientierungsrahmen.

Wir wollen aus den Erfahrungen von vergangenen Gipfelmobilisierungen lernen, indem wir gemeinsam Diskussionen führen, wie wir Protest und Widerstand am sinnvollsten nach Heiligendamm tragen. Wie wir uns vernetzen, was wir im Vorfeld und während des Gipfels machen - das ist noch offen, und kann am besten mit breiter Beteiligung beantwortet werden.

Worum geht es im Oktober?

Ein erstes Treffen mit etwa 80 Leuten fand bereits im Mai 2005 im Rahmen des Bundeskongress Internationalismus (BUKO) in Hamburg statt. Auch auf dem dissent!-Treffen in Mannheim war die Vorbereitung des G8-Gipfels 2007 auf der Tagesordnung. Auf dem Sozialforum in Erfurt und dem Prekarisierungscamp im Wendland gibt es dazu die ersten Workshops.

Auf dem Wochenende im Oktober wollen wir nun tiefer in die inhaltliche und organisatorische Planung einsteigen. Einen detaillierten Vorschlag zur Tagesordnung veröffentlichen wir im September; bisher haben wir uns folgendes überlegt:

Freitagabend - Block 1: Geschichte und Auswertung Gleneagles. In welcher Tradition steht die Mobilisierung nach Heiligendamm? Ein kurzer Abriß der Gipfelproteste seit 1988. Auswertung der Mobilisierung nach Gleneagles. Welche Aktionen waren erfolgreich? Wie tragfähig sind die Strukturen des dissent!-Netzwerks?

Samstag - Block 2: Inhalt und Ziele. Kritik am Gipfelhopping vs. Chancen für gesellschaftliche Intervention. Was versprechen wir uns von den Protesten in Heiligendamm? Aussichten für die Linke in Deutschland und international, gesellschaftliche Prozesse, internationale Vernetzung. Perspektiven und Aktionen ausloten.

Wer sind wir und was wollen wir? Konstituierung unseres Zusammenhangs. Auf welche Gruppen oder Bündnisse wollen wir nicht verzichten, auf welche schon? Was kritisieren wir an den G8 und am Kapitalismus, was ist unser gemeinsamer Nenner?

Sonntag - Block 3: Praxis. Wie geht es weiter? Organisations- und Entscheidungsstrukturen sowie Kommunikation klären. Dringende Planungsschritte beginnen, Arbeitsgruppen bilden.

Soweit so gut. Auf dem Treffen in Hamburg gab es bereits ein buntes Ideen-feuerwerk für Aktionen und Kampagnen. Mindestens eine Idee hat sich bis heute im Vorbereitungskreis gehalten und müsste bald in konkrete Planung übergehen: Wir wollen schon nächstes Jahr ein internationales Vorbereitungs- und Mobilisierungscamp in Mecklenburg-Vorpommern machen. Das Camp könnte zeitlich rund um den G8 in Russland liegen und konkret die Politik der G8 (und ihre lokalen Auswirkungen) thematisieren.

Es wäre schön wenn ihr euch für das Wochenende anmelden könnt bzw. in etwa sagt mit wie viel Personen ihr anreist. Der Ort wird Hamburg sein. Wo genau, werden wir euch noch wissen lassen. Der Zusammenhang, der sich auf dem BUKO getroffen hat (bzw. die Vorbereitungsgruppe) ist erreichbar unter g8-2007@riseup.net.

Na dann, wir gehen von einem großen und relevanten Treffen aus und freuen uns auf euch!
Die Vorbereitungsgruppe

Die PGA-Eckpunkte, an denen wir uns bisher orientieren:
1. Eine klare Ablehnung von Kapitalismus, Imperialismus und Feudalismus; und aller Handelsabkommen, Institutionen und Regierungen, die zerstörerische Globalisierung vorantreiben.

2. Wir lehnen alle Formen und Systeme von Herrschaft und Diskriminierung ab, einschließlich aber nicht beschränkt auf Patriarchat, Rassismus und religiösen Fundamentalismus aller Art. Wir anerkennen die vollständige Würde aller Menschen.

3. Eine konfrontative Haltung, da wir nicht glauben, dass Lobbyarbeit einen nennenswerten Einfluss haben kann auf undemokratische Organisationen, die maßgeblich vom transnationalen Kapital beeinflusst sind.

4. Ein Aufruf zu direkter Aktion und zivilem Ungehorsam, Unterstützung für die Kämpfe sozialer Bewegungen, die Respekt für das Leben und die Rechte der unterdrückten Menschen maximieren, wie auch den Aufbau von lokalen Alternativen zum Kapitalismus.

5. Eine Organisationsphilosophie, die auf Dezentralisierung und Autonomie aufgebaut ist.