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2007-06-05

tagesspiegel: Polizeikonzept: Polizeipräsident verteidigt Rostock-Einsatz

Berlins Innensenator Ehrhart Körting und Polizeipräsident Dieter Glietsch haben das Polizeikonzept bei der Demonstration von G8-Gegnern in Rostock verteidigt. (04.06.2007, 15:02 Uhr)

Berlin - Im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses sagten Körting und Glietsch, es seien keine Fehler der Polizei erkennbar. Bei den Krawallen gewaltbereiter Globalisierungsgegner sei die Polizei dem Ansturm von Gewalt zunächst nicht gewachsen gewesen. Sie habe sich daraufhin zurückgezogen und neu geordnet.

Aufgabe für die Zukunft ist es nach Einschätzung von Glietsch und Körting, die Kommunikation zwischen Veranstalter und Polizei zu verbessern. Zudem müsse darauf gedrängt werden, dass sich die Veranstalter früher und deutlicher von gewaltbereiten Demonstrationsteilnehmern distanzieren. Körting regte zudem an, zu überprüfen, ob der so genannte schwarze Block gegen das Uniformverbot verstößt.

1000 Verletzte in Rostock

Bei den Ausschreitungen während der Demonstration in Rostock waren 1000 Menschen verletzt worden, darunter 433 Polizisten und 520 Demonstranten. Rund 130 G-8-Gegner wurden festgenommen. Gegen neun von ihnen wurde Haftbefehl erlassen. 158 der Verletzten gehörten zu den 900 Berliner Beamten. 18 von ihnen wurden schwer verletzt, sagte Körting. Wie ein Polizeisprecher erläuterte, kehrten 16 der Verletzten bereits am Wochenende nach Berlin zurück. Sie litten vor allem an Brüchen von Armen, Händen und Fingern. Ersatzbeamte für die Zurückgekehrten sollen nicht an die Ostseeküste geschickt werden, wo für diese Woche weitere Protestveranstaltungen von Globalisierungsgegnern gegen das Treffen der G8 angekündigt sind.
Nach Angaben von Glietsch gab es in Rostock "Gewalt von unbekannter Härte und Brutalität". Das hätten ihm Kollegen, die in Rostock waren, berichtet. Unter dem Steinhagel seien sogar Polizeihelme gesplittert und geborsten. "Ich warne die vereinigten Besserwisser, die auch diesmal wieder auftreten", sagte Glietsch dem RBB-Sender RadioBerlin 88,8. Wenn mehr als 2000 gewaltbereite Extremisten konzentriert Polizeibeamte angriffen, dürfe man sich nicht wundern, dass dabei zahlreiche Polizisten verletzt werden.
Glietsch: Von Ersetzen kann überhaupt keine Rede sein
Polizeipräsident Glietsch wies einen Bericht des Tagesspiegels zurück, wonach ein bayerischer Einsatzleiter während der Krawalle in Rostock durch einen Berliner Kollegen ersetzt wurde. Nach Informationen des Tagesspiegels hatte ein erfahrener Einsatzleiter aus Berlin die Leitung der Polizisten übernommen. Polizeikreise kommentierten diese Vorgehensweise als "völlig ungewöhnlich". Glietsch sagte in RadioBerlin 88,8, entsprechende Meldungen seien "dummes Zeug". Vielmehr hätten der Berliner Polizeiführer und sein Kollege den Einsatz gemeinsam bewältigt. "Von Ersetzen kann überhaupt keine Rede sein", fügte der Polizeipräsident hinzu.
Verantwortlicher für den Abschnitt sei von Anfang an ein hauptstädtischer Beamter gewesen. Ein bayerischer Kollege hätte die Verantwortung für einen Unterabschnitt getragen. Nach Angaben des Berliner Verantwortlichen habe es keinen Grund für Kritik an dem Kollegen gegeben. Nach Medienberichten soll der zuständige Polizei-Einsatzleiter noch während der Krawalle abgesetzt worden sein.

Europäische Zusammenarbeit vor Großereignissen stärken

Zu den Lehren aus den Rostocker Krawallen sagte Innensenator Körting, das Schengen-Abkommen auszusetzen, sei eine sinnlose Maßnahme gewesen. Es zeige sich, dass die Zusammenarbeit der europäischen Länder in Sicherheitsfragen "verbesserungswürdig" sei. Er habe das Gefühl, fügte Körting hinzu, dass Europa die Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr anders begleitet habe als jetzt das G-8-Treffen. Künftig müssten im Vorfeld solcher Ereignisse nationale Dateien, beispielsweise über Gewalttäter, ausgetauscht werden. Die internationale Herkunft der Gewaltbereiten zeige zudem, dass auch Länder außerhalb der EU in die Zusammenarbeit einbezogen werden müssen. (tso/ddp)