OSTSEE-ZEITUNG.DE Dienstag, 05. Juni 2007
Polizei: Demo-Einsatz war Erfolg
Nach den Krawallen vom Sonnabend in Rostock steht die Polizei in der Kritik. Doch die Einsatzleitung sieht keinen Anlass dafür.
Rostock (OZ) Die schweren Krawalle bei der Großdemo am Sonnabend in Rostock haben eine Debatte um die Einsatzstrategie der Polizei ausgelöst. Bei den Auseinandersetzungen mit über 2000 gewaltbereiten Autonomen aus dem In- und Ausland gab es fast 1000 Verletzte. Wie konnte das passieren? Hat die Polizei versagt? Die OZ sprach mit Axel Falkenberg, Sprecher der Polizei-Sondergruppe Kavala.
OZ: Von Beginn an war der gewalttätige schwarze Block geschlossen im Demonstrationszug dabei. Obwohl die Teilnehmer gegen das Vermummungsverbot verstießen, griff die Polizei nicht ein. Wie ist das zu erklären?
Falkenberg: Das war Teil des Konzepts der Deeskalation. Hätte die Polizei zugegriffen – in der Hansestadt waren 5000 Polizisten im Einsatz – , wäre es voraussichtlich schon am Hauptbahnhof zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen.
OZ: Als Steine auf die Scheiben der Ostseesparkasse flogen, kam die Polizei zu spät. Als das Gleiche später noch einmal an der zweiten Filiale passierte, hätte sie vorbereitet sein können.
Falkenberg: Für den Bürger ist es sicher schwer zu verstehen, wenn solche Sachbeschädigungen durch die Polizei geduldet werden. Unsere Strategie war aber, den Demonstrationszug möglichst geschlossen zum Stadthafen zu bringen. Damit sollte verhindert werden, dass der schwarze Block sich auflöst und in kleinen Gruppen marodierend durch die Innenstadt zieht. Das wäre das Schlimmste gewesen. Dann hätten wir in Rostock eher ähnliche Bilder gehabt wie bei den Ausschreitungen am Pfingstmontag in Hamburg.
OZ: Am Stadthafen marschierten immer wieder Hundertschaften auf und zogen sich dann wieder zurück. Funktionierte die Befehlsstruktur nicht, wie einzelne Polizeibeamte angedeutet haben?
Falkenberg: Auch die Polizeipräsenz am Stadthafen diente dazu, die Versammlung möglichst geschlossen zu halten. Auf der einen Seite hatten wir den friedlichen Protest, auf der anderen etwa 2000 gewaltbereite Autonome. Die waren im Stadthafen. Dort hatten wir sie im Griff. Sie haben es nicht geschafft, in die Innenstadt zu kommen.
OZ: Trotzdem bleibt aber unverständlich, dass die Polizei nicht eingriff, als vor den Augen der Beamten mit Spitzhacken Steine aus dem Pflaster gelöst wurden.
Falkenberg: Auch das war Teil der Strategie. Der normale Bürger wundert sich, aber er hat eben nie eine strategische Ausbildung bei der Polizei genossen.
OZ: Dann flogen die Steine auf die bereitstehenden Polizeiformationen. Seitens der Polizeigewerkschaft gibt es Vorwürfe, dass die Beamten verheizt wurden.
Falkenberg: Diesen Vorwurf weisen wir zurück. Das deeskalierende Konzept wich sofort nach Beginn der Auseinandersetzungen einem entschiedenen Vorgehen der Einsatzkräfte.
OZ: Es ging die Nachricht um, ein Abschnittsführer der Polizei sei abgelöst worden.
Falkenberg: Ein Gerücht. Es gab keinen Wechsel in der Einsatzführung. Der Polizeieinsatz war insgesamt erfolgreich. Personelle Konsequenzen hinsichtlich vor Ort agierender Beamter wurden nicht erwogen.
OZ: Sind die gewaltbereiten Autonomen inzwischen abgereist oder ist weiter mit Gewalt zu rechnen?
Falkenberg: Sie sind noch in den Camps, finden dort Schutz. Unverantwortlich von den Betreibern, wenn sie wirklich friedliche Proteste wollen.
Interview:
MARCUS STÖCKLIN