Demonstration am 4. Juli 2009 in Berlin
Mit der sich weltweit vertiefenden Finanzkrise und den Kämpfen dagegen bereiten sich Polizei und Militär auf wachsenden Protest und Widerstand vor. Die Institutionen der „führenden Wirtschaftsnationen“ sind gezwungen, sich neu zu organisieren, und so steht das diesjährige Gipfeltreffen der selbsternannten „Weltleitung“ (Italiens Außenminister Franco Frattini über die G8) vom 8. bis 10. Juli in Italien ganz im Zeichen dieser Neuordnung.
Auf der Agenda stehen Klima, Rohstoffe, Nahrungsmittel und Migration – als sicherheitspolitische Risiken für Industrieländer. Normalerweise nicht Thema der G8, will Berlusconi die „Regulierung des Internet“ vorantreiben.
Das von Frattini ausgegebene inoffizielle Motto des G8 lautet „We produce security“. NATO, G8 und EU sollen im „Kampf gegen den Terrorismus“ stärker zusammenarbeiten, um „Rohstoffketten“ zu sichern. Im „Tampere-Programm“ (1999) und „Haager Programm“ (2004) der EU-Innen- und Justizminister wurden Verschärfungen in der Migrationspolitik beschlossen und neue Behörden wie Europol und Frontex eingerichtet. Ein nachfolgendes restriktives „Stockholm Programm“ soll im Herbst 2009 unter schwedischer EU-Präsidentschaft verabschiedet werden. Anvisiert sind auch mehr Missionen der „Europäischen Gendarmerietruppe“ zur Unterdrückung von Aufständen in „Krisengebieten“.
Die „zivil-militärische Zusammenarbeit“, also die Militarisierung und Verpolizeilichung sozialer Konflikte durch NATO, G8 und EU, wird durch „Anti-Terror“-Gesetze unterfüttert. Diese werden längst auch gegen antikapitalistischen Widerstand in Stellung gebracht, um etwa Gipfelproteste unter Kontrolle zu bringen.
Verglichen mit früheren Mobilisierungen gegen G8-Gipfel ist der Widerstand schon jetzt beträchtlich.
Ende März tagte in Rom die Konferenz der G8-Arbeits- und Sozialminister. Im Zuge des internationalen Aktionstages demonstrierten 50.000 gegen die Finanzkrise und nahmen erstmals seit 2001 wieder auf den G8 Bezug. BasisgewerkschafterInnen, SyndikalistInnen und Studierende widersetzten sich erfolgreich Demonstrationsauflagen.
In Treviso fand eine öffentliche Vollversammlung gegen das Treffen der G8-Landwirtschaftsminister statt. Demonstriert wurde gegen Umweltzerstörung, industrielle Landwirtschaft, Nano- und Gentechnik. In Rom streikten ArbeiterInnen in der Landwirtschaft für 8 Stunden. AktivistInnen von Ya Basta hatten in Treviso die Benetton-Verkaufsstelle mit Stacheldraht umzogen. In Roncade wurde ein Labor für Experimente mit gentechnisch veränderten Organismen „von unten sanktioniert“, Steine auf Gewächshäuser und Videoüberwachungskameras geworfen und „No OGM“ auf die Wände gesprüht: „Dies ist unser Willkommensgruß an die Delegationen derer, die glauben, die Welt auf der Haut von Milliarden von Menschen beherrschen zu können“, heißt es in einer Erklärung.
In Syrakus/ Sizilien demonstrierten 3.000 Menschen gegen das Treffen der G8-Umweltminister und im Zusammenhang damit auf internationale militärische und kommerzielle Großprojekte. Aus der Mobilisierung entwickelte sich ein permanentes Netzwerk zur Unterstüzung sozialer Kämpfe in der Region.
In Turin beteiligten sich 8.000 Menschen an einer landesweiten Demonstration gegen ein Treffen von Hochschulrektoren der G8-Staaten. Behelmte DemonstrantInnen trugen große Schilde, errichteten Barrikaden und versuchten Polizeiketten zu durchbrechen. Feuerlöscher wurden gegen die Polizei in Stellung gebracht; eine symbolträchtige Handlung in Anlehnung an die Geste, die Carlo Giuliani 2001 das Leben kostete. Die Proteste in Turin sorgten für die Absage des in Monza geplanten Treffens der G8-Wissenschaftsminister.
10 Jahre nach Seattle fordert die Gruppe „Diggers 2.0.“ zur „Solidarität aus dem Schutt des Neoliberalismus“ auf: „Wir brauchen Krisenlösungen von unten, eine Gegenmacht der sozialen Bewegungen, die sich mit der Schaufel in der Hand zum Aufbau einer post-kapitalistischen Welt aufmacht“.
Zum Treffen der G8-Innenminister in Rom demonstrierten 5.000 gegen ihre rassistische Migrationspolitik – das ursprünglich auf Lampedusa geplante Treffen wurde nach Riots in Flüchtlingslagern eilig verlegt. Eine Woche zuvor waren bereits 15.000 in Mailand auf der Straße, um Widerstand gegen die italienischen Sicherheitsdekrete zu zeigen.
Weitere Proteste gegen den G8 sind angekündigt. Vor und während des Gipfels wird zu Vollversammlungen, Aktionen und Demonstrationen aufgerufen, darunter auf Sardinien, in Lecce, Rom und Vicenza, aber auch im Erdbebengebiet rund um L‘Aquila.
Zu neuen Entwicklungen in Italien, auch über die Verfahren gegen 25 AktivistInnen wegen des G8 2001 in Genua, siehe http://g809.blogsport.de und www.gipfelsoli.org.
Um die italienische Mobilisierung zu unterstützen, organisieren wir für den 4. Juli unter dem Motto „Quake G8 2009 – We are your crisis!“ eine Demonstration in Berlin .
Wir rufen dazu auf, 2009 in grenzüberschreitenden Mobilisierungen die Entwicklung eines transnationalen Kampfes gegen „Sicherheitsarchitekturen“ voranzutreiben, egal ob sie von der NATO, den G8 oder der EU zusammengezimmert werden sollen.
Sicherheitsarchitekturen einstürzen!
Shake G8 – Quake G8!
La storia siamo noi!
4. Juli 2009
14.00 Uhr
Oranienplatz, Berlin
Join the international mailinglist: https://lists.riseup.net/www/info/g8-int
Diesen Aufruf unterstützen:
Résistance des deux Rives/ Widerstand der zwei Ufer | Gipfelsoli | six hills berlin | Soligruppe Breakout Berlin | Gefangenen-Soligruppe Dresden
Friends of dissent!