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2005-01-04

Die autonome Mobilisierung

Die autonome Mobilisierung stand unter dem Motto "Verhindern wir den Kongreß". 14.000 "Banker" wurden erwartet, geschützt von 20.000 Polizeikräften. Es sollte der Start für eine neue antiimperialistische Bewegung werden, jenseits der Abarbeitung am "Schweinesystem". IWF sollte nicht bloß ein Modethema sein:

"Kampagne sucht Bewegung". Die radikale linke Bewegung sollte wiederhergestellt, eine revolutionäre Strategie entwickelt werden. Zentrale Themen waren Patriarchat, Klasse, Krise, Internationalismus. Es gab einen starken Bezug auf Befreiungsbewegungen, aber auch auf lokale Kämpfe wie Anti-Atom (Siemens, KWU). Man verortete sich als Teil des "weltweiten Widerstands", die Autonomen analysierten eine Verbindung zwischen dem "imperialistischen System und unserem Alltag". Die Analyse sollte folglich "in den Alltag drängen". Das Patriarchat spielte eine große Rolle. Stichworte: Subsistenz, Klasse, Imperialismus, aber auch die Auseinandersetzung in eigenen Strukturen.

Es war die Zeit der Reagan-Ära. Berlin galt in den Aufrufen als "Frontstadt", die imperialistische Politik wurde als Versuch interpretiert, "das Weltproletariat auf die sozialistischen Länder auszudehnen".

Es gab einen Bruch zwischen reformistischen Gruppen (z.B. Grüne/ AL) und Autonomen ("Die Mordmaschine ist nicht reformierbar!"). Dies spiegelte sich auch auf dem BUKO 1988. Der BUKO hatte damals einen großen Teil der Mobilisierung mitgetragen. Autonome monierten dass sich dort, neben ihnen selbst, viele "kirchlich-humanitär-pazifistische Gruppen" trafen.
Dementsprechend war die Bündnisfrage eine entscheidende. Autonome beantworteten sie zunächst dahingehend dass sie Bündnisse ablehnten. Erst später, als die eigene zahlenmäßige Schwäche offenkundig wurde, waren viele zu Bündnissen bereit.Die autonomen Ziele wurden kleiner: Das Netzwerk stören, die Gespräche auf dem Gipfel durcheinander bringen. Es gab große Angst vor Repression, der damalige Innensenator gab die Parole aus dass sich das Problem der Autonomen bis zum Gipfel erledigt hätte. Viele Gruppen arbeiteten an defensiven Maßnahmen.

Der bundesweite Widerstand (es sollte nicht nur in Berlin demonstriert werden) war dürftig. Es gab wenig Resonanz auf die Proteste in deutschen Medien. Demgegenüber waren die Proteste in internationalen Zeitungen ein großes Thema. Es gab "Bilder wie sonst aus Lateinamerika"; eingeworfene Scheiben, zerstörte Banken, demolierte Staatskarossen, Massen von DemonstrantInnen, eine Stadt zugeschissen mit Polizei.
Laut einem Auswertungspapier waren Trommeln auf dem Breitscheidplatz der eigentliche Auslöser der Riots. Die Autonomen, die vorerst wenig militant agieren konnten, trafen auf eine aufgeheizte Stimmung bzw. "Unbekümmerheit" anderer Protestierender. In diesem Setting kam es dann zu größeren Massenprotesten.

Lediglich die Organisierungsdiskussion wurde nach dem Gipfel weitergeführt. Die verkürzte Kapitalismuskritik hat viele Linksradikale abgeschreckt. Die Auseinandersetzung mit dem Patriarchat ging anscheinend auch nicht zufriedenstellend weiter (immerhin gab es einen tiefen Riß in der Bewegung, es gab zuletzt Frauen- und Männerplena). Wie einige selbst in den Auswertungspapieren formulieren waren die Ziele zu hoch gesteckt: "Wir haben es nicht erreicht, eine konstruktive Auseinandersetzung der verschiedenen Richtungen/Pole zusammenzuführen, wir waren nicht fähig zu einer produktiven Konfrontation. Viele der Treffen und Gruppen sind dann wieder zusammengebrochen"."Die (nicht eingelösten) Vorstellungen reichten von einem Kongreß, einem Camp, regelmäßigen Infos, Broschüren bis hin zu einem Archiv".
"Es bleibt die Frage nach unseren, in der Kampagne selbstgesteckten Zielen. Wir wollten einen neuen Internationalismus entwickeln, die Teilbereichskämpfe zusammenbringen, die Männer schrieben den Kampf gegen das Patriarchat groß auf ihre Fahne. All das sollte zu einem politischen Prozess werden, der über den September hinauslaufen sollte. Was ist nun damit?".

[mehr unter mehr unter http://autox.nadir.org/archiv/iwf/index.html]