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2007-03-01

Erklärung zu den Aktionen am 7. Februar 2007 in Berlin

Interim Nr. 651 29. Februar 2007

Wir haben in der Nacht von Mittwoch den 07.02. auf Donnerstag den 08.02. mehrere Orte in Berlin mit Farbe und Steinen angegriffen. Anlass ist die vom 09.-11.02. in München stattfindende NATO- Kriegskonferenz. Dort verhandelt, bespricht und koordiniert die Welt-Kriegs-Elite (Außen- und KriegsministerInnen, militärische Think Tanks, Militärs und die Rüstungsindustrie) den „Krieg gegen den Terror“, militärische Interventionen, den Zugang zu Rohstof- fen und Märkten, innerimperialistische Interessenkonflikte, Rüstungsgeschäfte und andere Widerlichkeiten. Um den Profiteuren und Unterstützern des Krieges zu zeigen, dass es für sie kein ruhiges Hinterland gibt, haben wir folgende Orte besucht:

Katholischen Militärbischoff am Weidendamm 2
SAP Rosenthaler Str
Bertelsmann Stiftung Unter den Linden
Wohnhaus Dr. Elmar Rauch
GEGEN KIRCHE, KRIEG UND PATRIARCHAT!
Militärseelsorger sind mit der Bundeswehr auf Auslandseinsätzen und feiern zuhause Gottesdienste für diejenigen, die den nächsten Marschbefehl erhalten oder ihr blutiges Handwerk bereits hinter sich haben. Mit Gesprächs- und Gebetskreisen (über Frieden???), mit Fernbeziehungsberatungen, mit „geselligen Abenden“ im so genannten „Einsatzland“ ( wo wir uns lebhaft vorstellen können, wie die Fernbeziehung „verarbeitet“ wird…) und vieler weiterer ach so ehrenwerter Arbeit spielt auch die Kirche ihre Rolle in einer Gesellschaft, die Kriege führt und alles tut, um diese wortwörtlich abzusegnen.
GEGEN BESSER VERNETZTE KRIEGSFÜHRUNGEN – GEGEN JEDEN KRIEG!
SAP ist weltweit führend im Bereich der Business-Software. Ihr Marktsegment „defence & public security“ trägt zum weiteren Verschwimmen des Unterschieds zivil-militärisch bei. Das zentrale Modernisierungsprojekt der Bundeswehr – die administrative und logistische Umstellung auf die SAP-Software SASPF reicht von Rechnungswesen über Rüstung/Logistik bis zum Personalmanagement. Neben Stansardisierung der verstreuten und veralteten Systeme bedeutet dies die Umstrukuturierung der Institution Bundeswehr entlang betriebswirtschaftlicher Vorgaben. Transformation ist das Stichwort. Neben Rationalisierung spielt SAP bei dieser Transformation auch in operativer Hinsicht eine wichtige Rolle: Für internationale Einsätze ist es zentral, dass die Systeme verschiedener NATO-Staaten zusammenpassen: SAP entwickelt die Software dafür oder wie es aus Anlass einer Übung von 18 NATO-Staaten der „NATO Allied Command Transformation“ heißt: „realisiert SAP die Interoperabilität bestimmter NATO-Verfahren (…) fügt sich das System von SAP nahtlos in die Führungsin- formationssysteme der militärischen Kommandostruktur der Nato Response Force (NRF) ein.“ Zudem brüstet sich SAP, für die besonderen Anforderungen „netzzentrierter Kriegsführung“ spezielle Schnittstellen entwickelt zu haben. Zu den Kunden von SAP gehören die US Navy, US Material Command, die Verteidigungs- ministerien der BRD und Israel und die Armeen von Singapur, der BRD und Neuseeland.
GEGEN NEOLIBERALE THINK-TANKS!
Ein anderer Kunde von SAP ist die Bertelsmann Stiftung, ein Ziel für sich. Als Forschungsinstitut im Dienste des Bertelsmann- konzerns arbeitet sie in unterschiedlichen Politikbereichen. Auf ihre Dienste greift die Bundesregierung gerne zurück, wenn es um modernes, noch effizienteres und rücksichtsloseres Regieren im 21. Jahrhundert geht. Ob Transformationsforschung, europäischer Integrationsprozess mit neoliberaler Verfassung, ob Gesundheits- reform oder Expertisen zur demographischen Entwicklung, überall mischt der neoliberale Think-Tank mit. Auch und gerade im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik, wo sich das ökonomistische Denken besonders verheerend auswirkt. Im von der Bertelsmann- Stiftung herausgegebenen „Bertelsmann Transformation Index“ werden die Entwicklungs- und Transformationsprozesse in 119 Staaten bewertet. Die Zielrichtung dabei sind konsolidierte marktwirtschaftliche Demokratien. Kritische Geister können leicht erkennen, wie solche Publikationen die Aufrechterhaltung neokolonialer Strukturen unterstützen. Im Prinzip das, was früher der IWF machte in anderer Form.
Richtig eklig ist das eng mit der Stiftung verbundene und von ihr finanzierte „Centrum für angewandte Politikforschung“ (C.A.P.) das sich selbst Denkfabrik nennt. Hier wird ohne Scham der obersten Regierungsebene zugearbeitet. Das Bertelsmann-Forum, welches im Auswärtigen Amt stattfindet, ist hierfür nur der deutlichste Ausdruck. Hochglanzbroschüren mit Politikempfehlungen wie z.B. „Transatlantische Strategien für das 21. Jahrhundert“ ein weiterer. Krieg ist für sie letzten Endes Mittel der Wahl, damit die kapitalistische Weltordnung so imperialistisch bleibt wie sie ist.
Uns wundert es nicht, dass Bertelsmann mit seinen weitverzweig- ten Forschungsaktivitäten die Einrichtung einer „Europäischen Rüstungsagentur“ pusht, welche die Ausrüstung, den Aus- und Umbau der europäischen Armeen koordinieren soll. Damit das „alte Europa“ endlich richtig mitmischen kann in den innerimperia- listischen Auseinandersetzungen und im Nachteil der Länder des globalen Südens. Wenn sie sich dann auch noch zur Nachkriegsord- nung der von ihnen unterstützten Kriege äußern und das dann technokratisch kalt lächelnd als „post-conflict-management“ bezeichnen, dann kommt uns das kalte Kotzen.
KRIEGSTREIBER ANGREIFEN – KEIN KRIEG NIRGENDWO!
Die globalen Kriegseinsätze der EU und der NATO machen schnelle Verlegung von großem Kriegsgerät nötig wie Panzern, Hubschrau- bern, Raketenkomponenten und Munition. Der Flughafen Leipzig ist seit kurzem mit den russischen Großraumflugzeugen Antonow (derzeit 2, künftig 6) zu einem der bedeutendsten militärischen Umschlagplätzen für die NATO ausgebaut worden. „Intensive militärische Kampfhandlungen“ sollen laut NATO-Planungsunterlagen durch den Lufttransport ab Leipzig ermöglicht werden. Binnen 5 Tagen sollen die schweren Kriegswaffen der Nato Response Forces (NRF) an jeden Punkt der Erde verlegt werden können. Deutschland hat in den Kriegsplanungsvereinbarungen seit 2000 die Zuständig- keit für die „Strategische Lufttransportkapazität“ für EU- und NATO-Truppen übernommen. Erst ab 2012 kann diese Aufgabe durch den Airbus 400 und damit durch ein Flugzeug aus westlicher Produktion übernommen werden. 120 Tonnen Ladekapazität bieten derzeit nur die aus Russland angemieteten Antonows. Das Geschäft mit diesen Kriegsmaterialtransporten (Volumen rund 1 Milliarde Euro) macht die Ruslan Salis GmbH, die sich den entsprechenden NATO-Beschluss gleich zum Firmennamen gemacht hat: SALIS= Strategic Airlift Interim Solution. Die Bereitstellung einer Transportflotte mit Langstreckenfähigkeit für die Großwaffen der NRF, nichts anderes ist die Geschäftsidee der Ruslan Salis GmbH. Die passgenaue Abstimmung auf NATO- und EU-Militärprojekte wurde und wird gewährleistet durch eine zentrale Figur mit über 30 Jahren Erfahrung im deutschen Verteidigungsministerium und als deutscher Repräsentant bei der NATO: Dr. Elmar Rauch, der nun als Firmenberater der Ruslan Salis GmbH auftritt. Dieser deutsch- russischen Rüstungskooperation schaden die zusätzlichen Kontakte mit Sicherheit nicht, die Elmar Rauch als 2.Vorsitzender des Berliner Vereins für deutsch-russische Wirtschaftsallianz hat – mit Sitz in der Friedrichstraße und direkten Drähten zur russischen Regierung. Der Standort Leipzig wurde für „Investoren“ wie die Ruslan Salis GmbH mit rund 21 Millionen Euro öffentlicher Wirtschaftsförderung aus Landesmitteln für derartige Militär- transporte ausgebaut. Derartige „zivil-militärische Zusammen- arbeit“ gemäß kriegspolitischer Vorgaben versteckt staatliche Rüstungsausgaben außerhalb des Verteidigungsetats. Und ermöglicht einen weiteren wichtigen Schritt beim Ausbau deutscher Kapazi- täten für die Vorbereitung, Unterstützung und Durchführung globaler Kriegseinsätze. Die Antonows versorgen von Leipzig aus bereits z.B. die deutschen Truppen in Afghanistan, fliegen aber auch Aufträge für Frankreich, Spanien etc. In Leipzig protes- tieren verschiedene Initiativen gegen die Militarisierung des Flughafens und gegen den enormen Lärm, den die Antonow- Riesenflieger ohne jede Reglementierung Tag und Nacht verbreiten.
Ob Leipzig, Ramstein, Spanien, Italien oder Südkorea – an vielen Orten weltweit organisiert sich Widerstand gegen Militär- und Folterstützpunkte und diese Initiativen arbeiten an ihrem Zusammenschluss. So trifft die Verlagerung von Truppentransporten für die US-Armee von Shannon (Irland), mit der dem dortigen antimilitaristischen Widerstand ausgewichen werden sollte, nach Leipzig auch hier nicht auf ein völlig widerspruchsloses Umfeld. Die FriedensaktivistInnen besuchen sich gegenseitig, um voneinander zu lernen, so war der Protest gegen Militärstütz- punkte ein Thema auf dem Weltsozialforum in Nairobi, im März findet eine Weltkonferenz gegen Militärstützpunkte in Ecuador statt, Ende März wird gegen die Militärbasis in Rota in Spanien demonstriert und Anfang Juni wird eine Blockade des zivil- militärischen Flughafens Rostock-Laage im Rahmen der G8- Gegenaktivitäten stattfinden.
Wir stellen unsere Aktionen in den Zusammenhang der Mobilisierung gegen den G8 Gipfel 2007 in Heiligendamm. Dort treffen sich die Regierenden der reichsten Industrieländer. Diese sind an vielen stattfindenden Kriegen direkt oder indirekt beteiligt und decken sich mit den beteiligten Staaten der Kriegskonferenz in München. Um dem antimilitaristischen Widerstand beim G8-Gipfel Ausdruck zu verleihen und die Anreise der G8 zu blockieren gibt es den o.g. Aktionstag am Luftwaffenstützpunkt Flughafen Rostock Laage. In den letzten Monaten fanden schon zahlreiche Aktionen im Zusam- menhang mit dem Gipfel statt und in den nächsten Monaten werden es noch viel mehr werden!
Solidarische Grüße nach München und Erlangen. Dort haben die Bullen auf der Suche nach Flugblättern gegen die Siko und G8, mit der lächerlichen Begründung, dass in ihnen zur Gewalt aufgerufen wurde, mehrere Projekte und Privatwohnungen durchsucht. Gefunden haben sie nichts. Das ist der durchsichtige Versuch den Widerstand gegen die Siko und den G8-Gipfel zu kriminalisieren und zu schwächen. Aber unseren Widerstand kriegen sie nicht kaputt!
Auf nach München! Siko angreifen! Bundeswehr abschaffen!
G8 versenken!
See you on the barricades!
Autonome AntimilitaristInnen