Gegner des G-8-Gipfels rüsten zur Blockade von Heiligendamm. Ein Gespräch mit Christoph Kleine
Christoph Kleine ist Sprecher der Kampagne »Block G 8«, die anläßlich des G-8-Gipfels im Juni in Heiligendamm zu Aktionen des zivilen Ungehorsams aufruft
Auf welche Weise wollen Sie den G-8-Gipfel in Heiligendamm »blockieren«?
Um den Tagungsort, das Kempinski Grand Hotel in Heiligendamm, wurde bekanntlich ein kilometerlanger Zaun hochgezogen. Die wenigen Zufahrtsstraßen, auf denen man zum Hotel gelangt, werden vor und während des Treffens von Tausenden Menschen in Beschlag genommen. Ziel ist es, den Gipfel von seiner Infrastruktur abzuschneiden, indem der Troß von Diplomaten, Übersetzerinnen und Versorgungsfahrzeugen mit Massenblockaden am Zugang nach Heiligendamm gehindert wird.
Was macht Sie so optimistisch, damit Erfolg zu haben?
Die »Block-G-8-Kampagne« ist gut eingebunden in die gesamte Mobilisierung. Das Konzept stößt quer durch alle Spektren des Protests gegen den Gipfel auf großen Zuspruch. Bis dato haben sich bereits über 50 Gruppen und Initiativen unserem Aufruf angeschlossen. Das läßt mich hoffen, daß wir die notwendigen Massen zusammenbringen und die notwendige Entschlossenheit und Einigkeit herstellen können.
Die Polizei wird vorbereitet sein. Könnten nicht sämtliche Gipfelteilnehmer auf dem Luftweg zum Tagungsort verfrachtet werden?
Für einen planmäßigen Ablauf des Gipfels bedarf es Tausender Beteiligter, die täglich zum Tagungsort befördert und mehrere Tage versorgt werden müssen. Das alles mit Hubschraubern zu bewältigen, ist schlicht unmöglich.
Muß sich Mecklenburg-Vorpommern also auf Verhältnisse wie in Seattle oder Genua einstellen?
Wegen der Ereignisse in Genua hat sich der Gipfel ja erst in die Provinz zurückgezogen. Das macht die Mobilisierung nicht gerade leichter, weil die Menschen von weit her anreisen müssen und ihre Unterbringung Schwierigkeiten bereitet. Wir sind aber auf einem guten Weg, die Probleme in den Griff zu bekommen und dafür zu sorgen, daß von Heiligendamm ein ähnlich starkes Signal ausgehen wird wie schon von Seattle. Damals wurden die ersten Risse im Projekt der neoliberalen Globalisierung sichtbar. Wir wollen die Risse weiter vertiefen.
Wie breit ist das Spektrum Ihrer Unterstützer?
Das reicht von gewerkschaftlichen zu christlichen Initiativen, von Pazifisten bis zur autonomen Antifa, von Globalisierungskritikern zu Kommunisten, von Aktivisten der Umwelt- und Anti-AKW-Bewegung bis zur radikalen Linken. Es kommen vielfältige Blockadeerfahrungen von den Castortransporten, von Antifa-Aktionen und von vorherigen Gipfeln zusammen. Bemerkenswert ist neben der Breite des Bündnisses die Tatsache, daß sich allesamt auf ein gemeinsames Aktionskonzept und nicht bloß auf Formelkompromisse geeinigt haben.
Wie weit soll und darf der zivile Ungehorsam im Ernstfall gehen?
Ziviler Ungehorsam bedeutet, daß wir uns physisch der G 8 in den Weg stellen und das Feld auch dann nicht räumen, wenn uns die Polizei dazu auffordert. Wir wollen also mehr als nur symbolische Aktionen. Wir kommen, um den Gipfel real und effektiv zu blockieren, und wir kommen, um zu bleiben. Unser Konzept besagt allerdings auch, daß wir nicht die Eskalation suchen, daß wir versuchen werden, das Niveau der Auseinandersetzung beherrschbar zu halten. Schließlich sollen viele Menschen kommen und sich solidarisch aufgehoben fühlen, auch die, die zum ersten Mal an Blockadeaktionen teilnehmen.
Sehen Sie nicht die Gefahr, daß die gesamten Proteste im Falle einer Gewalteskalation in Verruf geraten könnten?
Das hängt davon ab, von welcher Seite die Gewalt ausgeht. Ich mache mir in der Tat Sorgen hinsichtlich möglicher Polizeigewalt. Dafür gab es in der Vergangenheit, gerade im Umfeld von Politik- und Wirtschaftsgipfeln, genügend negative Beispiele. Eine unserer wesentlichen Aufgaben muß es deshalb in den verbleibenden Wochen sein, den nötigen politischen Druck aufzubauen, um die Polizei von einem Eskalationsszenario abzuhalten.
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