Am Dienstag dem 05. Mai fanden in Strasbourg Verhandlungen gegen fünf Antimilitaristen statt. Die Aktivisten wurden bei den Protesten gegen den NATO-Gipfel 2009 im April verhaftet und angeklagt. Gegen vier seit diesem Zeitpunkt inhaftierten Angeklagten wurde nun ein Urteil gesprochen, ein weiteres Urteil wird am 25. Juni erwartet. Drei französischen Genossen wurden vorläufig freigesprochen, gegen Matthias aus Berlin wurde eine Strafe von 6 Monaten Haft und 2 Jahre Einreiseverbot nach Frankreich ausgesprochen, er ist damit der dritte deutschsprachige Aktivist gegen den eine Haftstrafe in dieser Höhe ausgesprochen wurde. Weitere Verfahren gegen bereits Inhaftierte Personen stehen noch aus.
Morgens um 8:30 begann die erste Verhandlung gegen einen französischen Aktivisten, dieser befindet sich gerade nicht in Haft und war eigens für die Verhandlung angereist. Vorwurf war Waffenbesitz, er hatte ein ca. 7 cm langes Schweizer Messer im Rucksack. Laut Aussagen wurde er von der Polizei kontrolliert, bei der Kontrolle wurde das Messer ausdrücklich nicht beanstandet sondern ihm nach der Kontrolle zurückgegeben. Kurz danach versuchte er eine Tram zu erreichen, verpasste sie trotz Rennen knapp und lief dann zur Bushaltestelle. Dabei wurde er dann erneut kontrolliert und wegen dem Messer vorläufig festgenommen.
Der Prozess lief sehr ruhig ab, Zeugen wurden keine gehört. Die Staatsanwaltschaft hat ohne großes Plädoyer 3 Monate auf Bewährung gefordert.
Vom Plädoyer des Angeklagten und des Verteidigers konnte aufgrund der schlechten Akustik im Saal fast niemand was verstehen. Das Urteil soll erst am 25. Juni verkündet werden.
Zu den weiteren Verhandlungen um 14:30 waren nur 20 Zuschauer zugelassen. Von den 50 Leuten die sich am Gericht zum Solipicknick konnte daher nur ein kleinerer Teil die Gerichtsverhandlung beobachten.
Bei der Verhandlung gegen die drei inhaftiert Franzosen denen wegen dem Kauf brennbarer Füssigkeiten in einem Supermarkt der Bau von Brandsätzen vorgeworfen wird hat die Staatsanwaltschaft jeweils zwischen 10 und 12 Monaten ohne Bewährung gefordert. Die 3 angeklagten Franzosen wurden wegen Formfehlern freigesprochen und wurden noch am selben Tag aus der Haft entlassen. Der Richter betonte das die Freigesprochenen deshalb noch nicht unschuldig wären, ein Verfahren kann innerhalb der nächsten 3 Jahre wieder aufgenommen werden.
Gegen Matthias waren die Strafvorwürfe "violence agrave" (Steine werfen aus der Menschenmenge), "rebellion" und Widerstand bei der Verhaftung. Hintergrund war, dass einer der Polizeibeamten Matthias von hinten angesprungen und zu Boden gerissen hat dabei so gefallen ist, dass er sich die Hand gebrochen hat. Matthias wurde dafuer die Schuld gegeben, obwohl selbst der betroffene Polizist geschrieben hat, dass er ausgerutscht ist.
Die Stimmung war in diesem Verfahren deutlich anders, der Richter wurde teilweise aggressiv gegen den Angeklagten. Der Vorsitzende fragte nach der Verlesung der Vorwürfe und den Angeklagten nach einer Stellungnahme dazu. Dieser begann sehr ruhig und sachlich die Ereignisse die er erlebt hatte zu schildern, ähnlich wie auch schon in seinem ZeugInnen-Aufruf.
Der Richter unterbrach ihn dann irgendwann in der Mitte ruppig und fragte wie es denn sein könnte dass drei Polizisten gesagt hätten sie hätten ihn Steine werfen sehen, ob er ihnen unterstellen wollte zu lügen. Matthias konzentrierte sich auf das Verfahren, und versuchte seine Sicht auf die Geschehnisse zu schildern, er ging davon aus das die Beamten sich geirrt hätten weil sie von ihrem Einsatz gestresst gewesen wären. Der Vorsitzende jedoch erlaubte ihm nicht seine Schilderung der Ereignisse fortzuführen.
Danach folgte das Plädoyer der VertreterIn/Anwältin der Nebenklage die erneut die Aussagen der Polizisten lang und breit ausführte. Die Polizisten behaupteten an der Bahnunterführung in den 700 Leuten von denen einige Steine geworfen haben sollen eindeutig Matthias erkannt zu haben. Dann hätten sie Ihn wiedererkannt als er auf der Rue de Epis aus dem Haus auf die Strasse trat.
Die widersprüchlichen Aussagen konnte jedoch nicht durch ein Kreuzverhör der Polizisten entlarvt werden, weil diese das Recht hatten als Nebenkläger sich nur von der Anwältin vertreten zu lassen. Eine weitere Aufklärung lies sich gegen den Willen des Richters nicht machen.
Dank der ausführlichen Nebenklage musste die Staatsanwältin nicht viel sagen, sie hatte 6 Monate ohne Bewährung und 5 Jahre Einreiseverbot nach Frankreich gefordert.
Der Verteidigung war es gerade noch gelungen sowohl eine weitere Person aus der Gruppe in der Matthias zur Rue d'Epis kam, als auch einen weiteren deutsch sprechenden Franzosen als Zeugen zu finden. Die Aussage beider lag schriftlich vor, der Franzose war sogar anwesend. Der Antrag Ihn zu hören wurde jedoch einfach abgelehnt mit der Begründung es sei nun zu spät noch Zeugen zu laden.
Der französische Anwalt des Angeklagten hat daraufhin in seinem Plädoyer die Aussage des Franzosen vorgetragen und auf andere schriftliche Aussagen Bezug genommen. Vor allem konzentrierte er sich darauf zu belegen dass die Aussagen der Polizisten schon in sich offensichtlich widersprüchlich seien. Vor allem sei es unmöglich jemanden eindeutig zu erkennen der vermummt aus ca. 20 Meter Entfernung von einem 7 Meter hohen Bahndamm Steine auf einen wirft. Auf den Filmaufnahmen der Situation sei das zu erkennen.Noch seltsamer ist die Behauptung exakt die selben Polizisten die am Bahndamm waren ca. 1/2 Stunde später genau da wo Matthias auf die Straße trat.
Weiterhin wurde auf seinen einwandfreien Leumund und seine gewaltfreie Einstellung hingewiesen. Zum Schluss betonte er noch mal keinesfalls Steine geworfen zu haben und unschuldig zu sein.
Matthias wurde jedoch wie von der Staatsanwaltschaft beantragt zu 6 Monaten ohne Bewährung verurteilt, zu dem soll er eine Geldstrafe wegen Beleidigung zahlen. Die Kosten fuer eine unabhaengige medizinische Untersuchung des betroffenen Polizisten soll er ebenfalls tragen, stellt sich dabei eine dauerhafte Schädigung des Polizeibeamten heraus sind noch weitaus höhere Kosten zu erwarten.
Unabhängige Prozessbeobachter_innen
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