Wir wollen als münchner Zusammenhang der sich in die Mobilisierung gegen die Siko und insbesondere für den internationalistischen Block eingebracht hat im Folgenden einige Grundzüge unserer Diskussion über die Demo am Samstag 07.02.2009 wiedergeben.
Aspekte der Mobilisierung gegen die Siko die vor der Samstagsdemo lagen wie die Jubeldemo eine Woche zuvor oder die Kundgebung am Freitag werden wir hier auslassen, da wir uns an der Organisation dieser Aktionen nicht beteiligt haben. Eine baldige – z.T. auch kritische (?) - Nachbereitung zu beiden Punkten von Seiten der Organisator_innen wäre aber wohl durchaus sinnvoll.
Samstag 07.02.2009: Internationalistischer Block in der Anti-Siko-Demo
Der Block war mit ca. 700 Leuten zahlenmäßig ziemlich stark und aus unserer Sicht zumindest was die Blockspitze und den Lautischutz anging ziemlich gut koordiniert. So konnten wir einig politische Erfolge erringen: Vom Block-Lauti kamen viele powervolle und offensive Inhalte, Teile des Blockes konnten weite Strecken der Demo vermummt laufen, die Seitentransparente, die die Blockspitze koordiniert nach kurzer Strecke auspackte wurden bis zum Sendlinger Tor – und damit circa für die halbe Wegstrecke – durchgesetzt und es gab kaum Festnahmen. Das eigentlich Erstaunliche am Samstag war, dass die Eskalation der Repression auf die wir uns vor dem Hintergrund des neuen bayerischen Versammlungsgesetzes eingestellt hatten nicht eintrat. Im Gegenteil: auf allen Demos der letzten Jahre (mit Ausnahme der kurzen Demo von 2008) waren die Bullen weitaus repressiver abgegangen als dieses Jahr. Diese neue Deeskalationstrategie der Bullen muss als politischer Erfolg begriffen werden: Die langen Diskussionen im Aktionsbündnis um die Auslösung der Demo bei krasser Repression haben Wirkung gezeigt – den Bullen war klar, dass sie mit einem Out-of Control-Szenarion in der Innenstadt zu rechnen hätten wenn sie die Demo von Anfang an massiv angegriffen. Nicht nur die relative Zurückhaltung gegenüber dem Block sondern auch die Absperrungen in allen Seitenstraßen Richtung Innenstadt längs der Demoroute zeigten wie ernst die Cops die Auflösungsoption nahmen. Rückblickend sehen wir damit die Sinnhaftigkeit der oft kräftezehrenden Mitarbeit im Aktionsbündnis als bestätigt an: Nur als Gesamtdemo konnte es uns gelingen eine Drohkulisse aufzubauen die den Bullen Sorgenfalten auf die Stirn zauberte. Zugleich aber sehen wir hier das erste Manko: Wir selbst haben uns zu sehr auf ein worst-case-Szenario eingestellt, das nur entweder extreme Repression vor dem Hintergrund des neuen Versammlungsrechts (und damit Demoauflösung und out-of-control) oder aber eine Wanderkesseldemo mit zahlreichen Bullenabgriffen wie z.B. 2005 vorsah. Womit wir nicht wirklich gerechnet hatten war das was eintrat: dass unsere Plan-B-Drohung die Bullen tatsächlich zur „Deeskalation“ bewegen würde. Dementsprechend gelang es uns kaum die sich bietenden Spielräume zu nutzen: Gegen Demoende folgen zwar ein paar Eier, Böller und Batterien aus dem Block, aber ein wirklich offensiver Umgang mit den sich auftuenden Handlungsräumen hätte früher einsetzen müssen und politisch gezielter sein können. Insofern fällt das Resümee an dieser Stelle doch ein wenig zweischneidig aus: Die Bullen haben uns mit ihrer „Deeskalationstrategie“ so überrascht, dass wir die daraus erwachsenden Chancen kaum nutzten und sie so als weitgehend aufgegangen erscheinen muss.
Zu diesem Haupt(selbst-)kritikpunkt kamen einige Schwächen des Blocks, die wohl nur mittelfristig veränderbar sind: Im hinteren Teil des Blocks gelang es kaum durch Schilder und Transpis Inhalte nach außen zu vermitteln. Zudem gelang es nicht Seitentransparente über die gesamte Blocklänge durchzusetzen – obwohl der diesjährige Block dafür das ideale Experimentierfeld gewesen wäre. Außerdem war die Demo oft zu statisch – unser Ziel möglich immer in Bewegung zu bleiben (ohne das dabei Lücken entstehen!) scheint noch fern zu sein, zu eingeschliffen ist das Stehenbleiben bei Bullenübergriffen. Manchmal mag das unvermeidbar sein, grundsätzlich aber gilt, dass eine bewegte Demo schwerer anzugreifen ist als eine stehende. Bei der Zwischenkundgebung am Sendlinger Tor wurde zudem von Seite der Bullen der Druck wegen der Seitentranspis erhöht: Die Demoroute wurde zugeparkt und der Demoleitung mitgeteilt, dass die Demo erst weitergehen könne wenn die Seitentranspis weg sein. Dem beschlossenen taktischen Vorgehen (Transpis kurz weg, und sobald die Route frei ist und wir uns wieder bewegen kommen sie wieder raus) stimmen wir prinzipiell zu, da ein stundenlanges Stehen am Sendlinger Tor bei einer fünfstündigen Demo keine tolle Option ist und uns eine Durchsetzung der Demo gegen vier querstehende Bullenbusse nicht sehr realistisch wirkt. Dass die Transpis dann aber erst viel zu spät und nur unvollständig wieder ausgepackt wurden zeigt, dass wir noch an vielen Abläufen feilen müssen.
Insgesamt fällt unser Resümee positiv aus: Wir haben durch einen konkreten und bündnispolitisch getragenen Plan-B (das Auflösungsszenario) die Bullen unter Druck gesetzt und so erreicht, dass ihr neues Versammlungsgesetz gleich beim ersten bedeutsamen Anlass als Papiertiger entlarft wurde: das Militanzverbot hat keine Anwendung gefunden, nicht weil sie nicht gewollt hätten, sondern weil sie den politisch-materiellen Kollateralschaden fürchteten. Der Block war ziemlich stark und gut koordiniert – über die letzten Jahre haben sich einige Automatismen entwickelt, die uns deutlich stärker machen als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. In diesem Kontext auch beste Grüße an die Genoss_innen aus Nürnberg und Stuttgart – ihr wisst selbst wie wichtig eure Präsenz in München ist! Auch die inhaltliche Ausrichtung der Demo fanden wir sehr gelungen: Der Aufruf zu autonomen Abrüstungsinitiativen von Seiten des Kriegsgeräteblocks und vom internationalistischen Block war laut und deutlich und auch die praktische des Unterstützung von Seiten des Kriegsgeräteblocks fanden wir sehr gelungen! Dass nach Demoende wohl noch ein paar kleinere Aktionen (Spontandemo, Feuerwerke...) in der Innenstadt gelaufen sind bleibt eine Randnotiz, zeigt aber, dass es konkrete Vorbereitungen für den Auflösungsfall gegeben hatte.
Die Anti-Siko-Aktionen dürften so wie sie dieses Jahr gelaufen sind eine motivierende Etappe für das antimilitaristische Hauptziel 2009 gewesen sein: Straßburg. Jetzt geht es darum überall lokale Kräfte zu bündeln und Zusammenhänge zu koordinieren: Das Ziel muss sein den Nato-Gipfel in Straßburg für die Gegenseite zum Desaster zu machen – durch die große Zahl der Protestierenden, die effektive Blockade des Tagungsortes, eine riesengroße, powervolle und offensive Demo und die produktive Zusammenarbeit aller Spektren des antimilitaristischen Widerstandes!
In diesem Sinne: Auf nach Straßburg!
Münchner Autonome aus der Block-Vorbereitung
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