Ein deutscher Antiglobalisierungsaktivist wird derzeit von den japanischen Behörden in Abschiebehaft gehalten und soll nach Rußland abgeschoben worden – wo er bereits Anfang März festgenommen und mißhandelt worden war. Der Historiker Martin Krämer wollte über Rußland nach Japan reisen, um eine globalisierungskritische Karawane zu koordinieren, die im Sommer auf die japanische Insel Hokkaido zieht. Dort findet vom 7. bis 9. Juli der G-8-Gipfel statt.
Bereits am 3. März wurde Krämer im Gebiet Chabarowsk von Beamten des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB festgenommen und geschlagen. Sie beschuldigten ihn, im Besitz »extremistischer Dokumente« zu sein und beschlagnahmten sämtliche Unterlagen. Krämer ist Historiker und besitzt Kopien von zum Teil 80 Jahre alten russischen Akten, die früher als »geheim« klassifiziert waren, aber schon längst freigegeben sind. Nach einigen Stunden war er wieder freigelassen worden.
Vor einer Woche kam Krämer an Bord eines Schiffes im japanischen Sapporo an, wo ihm aber die Einreise verweigert wurde. Für Deutsche besteht in Japan keine Visumpflicht. Einreiseverweigerungen sind extrem selten. Gründe haben die Behörden Krämer gegenüber nicht genannt.
Nach einigen Tagen auf dem Schiff befindet sich Krämer jetzt »unter strengem Deportationsarrest mit Beobachtung Tag und Nacht«, wie er in einer junge Welt vorliegenden E-Mail schreibt. Der zuständige Einwanderungskommissar habe ihm die bevorstehende Abschiebung auf die russische Insel Sachalin angekündigt. Die russischen Behörden haben mittlerweile allerdings sein Visum storniert und werden ihn nicht an Land lassen. Die deutsche Botschaft in Japan war am Donnerstag zu einer Stellungnahme nicht mehr zu erreichen.
Japanische Globalisierungskritiker weisen seit langem darauf hin, daß die Behörden der Insel umfangreiche Repressionsmaßnahmen gegen Gipfelgegner vorbereiten.
Von Frank Brendle
[http://www.jungewelt.de/2008/03-14/011.php]
Japan verweigert Globalisierungsgegner Einreise
Tokio. dpa/baz. Die japanischen Einwanderungsbehörden haben einem deutschen Globalisierungsgegner im Vorfeld des G8-Gipfels im Juli in Japan die Einreise verweigert. Wie japanische Medien am Freitag unter Berufung auf Freunde des Deutschen berichteten, war der 37-jährige Martin Krämer von einem Hafen im russischen Sachalin aus per Frachter nach Otaru auf Japans nördlichster Hauptinsel Hokkaido gereist. Grund der Einreiseverweigerung sei, dass er als Reisezweck Tourismus angegeben habe, obgleich er nur wenig Geld und kein Rückreise-Ticket bei sich gehabt habe. Die Deutsche Botschaft in Tokio wollte den Fall auf Anfrage der dpa Deutsche Presse-Agentur nicht kommentieren.
Wie örtliche Medien weiter berichteten, wollte Krämer laut seinen Unterstützern an einer für Samstag geplanten Demonstration gegen den G8-Gipfel in Sapporo teilnehmen, der Provinzhauptstadt Hokkaidos. Der Weltwirtschaftsgipfel findet vom 7. bis 9. Juli statt. Der Deutsche soll auch beim G8-Gipfel im vergangenen Jahr in Heiligendamm aktiv an Protesten teilgenommen haben, hiess es.
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Nach Angaben der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo legte Krämer Einspruch bei der japanischen Einwanderungsbehörde ein. Er warte derzeit an Bord des Schiffes auf eine Antwort, hiess es. Am G8-Gipfel nehmen die Staats- und Regierungschefs Japans, Deutschlands, der USA, Grossbritanniens, Kanadas, Frankreichs, Italiens und Russlands teil.
[http://www.baz.ch]
Source: www.jungewelt.de