Ein Gericht kritisiert das Sicherheitskonzept beim G-8-Gipfel 2007. Insbesondere das Verbot des Sternmarschs sei rechtswidrig gewesen. von Christian Rath
Der Sternmarsch gegen den G-8-Gipfel von Heiligendamm 2007 wurde zu Unrecht verboten. Das entschied jetzt in letzter Instanz das Oberverwaltungsgericht (OVG) Greifswald.
Im Juni 2007 kamen Tausende nach Mecklenburg-Vorpommern, um gegen den Weltwirtschaftsgipfel in Heiligendamm zu demonstrieren. Weil linke Gruppen im Vorfeld eine „reale und effektive“ Blockade des Gipfels angekündigt hatten, erließ die Polizei ein 40 Quadratkilometer umfassendes Demoverbot rund um das Seebad. Das Verbot sei erforderlich, um die Zufahrtswege zum Gipfel freizuhalten und Polizeieinheiten zügig hin und her bewegen zu können. Auch die zentrale Demonstration, ein Sternmarsch zum Tagungsgelände, wurde verboten.
Das OVG Greifswald erklärte nun, dass die Polizei damals ein völlig einseitiges Sicherheitskonzept vertrat. Die Interessen der Demonstranten an der Durchführung der Proteste seien nicht berücksichtigt worden. Deshalb sei das Demonstrationsverbot rechtswidrig gewesen.
Source: https://www.taz.de/G8-Proteste-in-Heiligendamm/!99944/ weiter...Pressemitteilung Attac Deutschland
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac begrüßt das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Schwerin, dass das Verbot des Sternmarsches gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm im Jahr 2007 rechtswidrig war. “Wir sehen uns in unserer Auffassung bestätigt, dass mit dem Verbot unzulässig in das Grundrecht der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit eingegriffen wurde”, sagte Werner Rätz vom bundesweiten Attac-Rat. Demonstrationsfreiheit sei ein wesentlicher Bestandteil von Demokratie – wo sie eingeschränkt werde, werde die Demokratie selbst eingeschränkt. “Leider neigen die Regierenden nicht nur in arabischen Ländern dazu, sich protestierende Menschen vom Hals halten zu wollen.”
Source: email weiter...Eines der größten Demoverbote der Bundesrepublik war rechtswidrig", stellt Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, fest: "Das Verwaltungsgericht Schwerin hat gestern Abend in einem Urteil bestätigt, dass die Abriegelung des G8-Gipfels in Heiligendamm im Jahr 2007 unverhältnismäßig war." Jelpke hatte damals zu den Anmeldern der Demonstration gehört. Weiter äußert sie:
"Das Verwaltungsgericht entschied, das Demoverbot lasse sich ,nicht als Ergebnis einer dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Abwägung zwischen den Sicherheitsinteressen einerseits und dem Demonstrationsrecht andererseits rechtfertigen'. Mit anderen Worten: Der G8-Gipfel erweist sich auch nach gerichtlicher Prüfung als antidemokratische Staatsveranstaltung, die auf Kosten der Grundrechte durchgesetzt wurde.
Source: email weiter...Carsten Gericke
16. Mai 2007: Die Besondere Aufbauorganisation (BAO) Kavala, eine eigens für den G8-Gipfel errichtete Sonderbehörde bei der Polizeidirektion Rostock1, erlässt eine versammlungsrechtliche Allgemeinverfügung, mit der sämtliche relevanten gipfelkritischen Versammlungen während des G8-Gipfels verboten wurden. Dieser sicherheitspolitische Paukenschlag folgte nur eine Woche, nachdem die Generalbundesanwaltschaft bei groß angelegten Razzien wegen angeblicher Bildung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a StGB unter dem Namen „Militante Kampagne zur Verhinderung des G8-Gipfels“ zahlreiche Privatwohnungen, Arbeitsstätten und Projekte hatte durchsuchen lassen.2 Im Folgenden sollen einige der rechtlichen und politischen Implikationen der polizeilichen Verbotsverfügung und der sich daran anschließenden gerichtlichen Auseinandersetzungen nachgezeichnet und im Kontext aktueller versammlungsrechtlicher Entwicklungen bewertet werden.
Source: http://www.rav.de/infobrief100/Gericke.html weiter...Gemeinsame Pressemitteilung von Ulla Jelpke (MdB) und Tobias Pflüger (MdEP) - Brüssel/Berlin, 18. September 2007
Die Anmelder/innen des verbotenen Sternmarschs gegen den G8-Gipfel haben heute eine Klage beim Verwaltungsgericht Schwerin eingereicht. Die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke und der Europaabgeordnete Tobias Pflüger erklären dazu:
Wir haben heute im Namen des Sternmarschbündnisses des für den 7.06.2007 - dem Haupt-Gipfeltag - geplanten und von der KAVALA per Allgemeinverfügung unter Totalverbot gestellten Sternmarsches - eine Fortsetzungsfeststellungsklage beim Verwaltungsgericht Schwerin eingereicht, um die schon vom BVerfG bescheinigte Rechtswidrigkeit der Versammlungsverbote nachzuweisen.
Source: Pressemitteilung weiter...Pressemitteilung 18. September 2007
Das Sternmarsch-Bündnis hat beim Verwaltungsgericht Schwerin Klage eingereicht. Das Bündnis will in einem Hauptsacheverfahren die Rechtswidrigkeit des Demonstrationsverbots beim G8-Gipfel in Heiligendamm feststellen lassen. Die eigens für den Gipfel eingesetzte Polizeibehörde “Kavala” hatte für die Gipfeltage ein generelles großräumiges Versammlungsverbot erlassen. Die Rechtmäßigkeit dieser sog. Allgemeinverfügung wird vom Sternmarsch-Bündnis bestritten.
Source: Pressemitteilung weiter...im Gebiet innerhalb der technischen Sperre um Heiligendamm und bis 200 m vor der technischen Sperre, sowie im kleinen (seeseitigen) Sperrgebiet vor Heiligendamm,
in dem in beiliegender Karte mit “II” gekennzeichneten Bereich,
für das Gebiet um den Flughafen Rostock – Laage. Alle bislang angemeldeten Versammlungen in diesen Räumen werden auf Grundlage der Allgemeinverfügung geprüft.
Als notwendig wird auch angesehen,
dass anwaltliche Vertreter Zugang zu
den Gefangenensammelstellen haben.
So haben vor Ort bereits Koordinationstreffen
zwischen anwaltlichen
Vertretern und Vertretern der Gerichte
stattgefunden, insbesondere auch
um ein Klima des Vertrauens zu schaffen.
Der Notdienst wird vom Rostocker
Anwaltverein zusammen mit
dem StrafverteidigerInnenverein und
dem Republikanischen Anwaltverein
eingerichtet.
Vom 25.5.2007 bis 10.6.2007 wurden
etwa 100 Richter für Entscheidungen
im Zusammenhang mit Eilverfahren
und Verfahren nach dem Sicherheitsund
Ordnungsgesetz abgestellt. Das
Land hat insoweit eine Konzentrationsverordnung
erlassen und den AG
Rostock und Schwerin für die oben
genannte Dauer die Sonderzuständigkeit
gegeben.
Das BVerfG hat im Zusammenhang
mit den am 5.6.2007 geplanten Veranstaltungen
anlässlich des G8-Gipfels
zwei Anträge auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Wie ihr bestimmt alle mitbekommen habt, wurde – abgestimmt auf die Allgemeinverfügung – der für den Donnerstag 7.Juni konzipierte Sternmarsch unter dem Motto „Den Protest nach Heiligendamm tragen!“ verboten. Gegen diesen Versuch die Proteste soweit zu verbannen, dass sie nicht mehr gehört werden, klagen wir als Sternmarschbündnis nun. (siehe auch Presseerklärung unten). Natürlich ist die Motivation für den Klageweg nicht die Hoffnung, dass deutsche Gerichte höchstrichterlich erlauben werden, die Abschlusskundgebung auf der Seebrücke von Heiligendamm abzuhalten. Mit Verweis auf das Brockdorf-Urteil, dass den Adressaten eines Protestes zu zumuten ist, dass sie den Protest wahrnehmen müssen, rechnen wir uns allerdings gute Chancen aus, dass diese „Was-stört-wird-verboten“-Strategie zumindest nicht vollständig durchkommen wird und es nicht bei einem Totalverbot bleiben kann.
Darüberhinaus kann eine Globalisierungsbewegung, als Bewegung der Bewegungen, ein solches Verbot nicht akzeptieren, da hier Verbotsmaßstäbe gesetzt werden, die sicherlich – sind sie einmal durchgesetzt – immer wieder auf unseren und anderen Protest angewendet werden würden.
Der Sternmarsch ist Teil der übergreifenden Choreographie gegen den G8. Beschlossen wurde die Durchführung dieser Demonstration auf der Aktionskonferenz in Rostock. Zudem hat die Klage gegen das Versammlungsverbot eine Bedeutung, die über das Ereignis G8 in Heiligendamm hinausreicht. Deshalb gehen wir davon aus, dass es Teil der politische Verantwortung der Gesamtbewegung sein muss, diesen Angriff auf die Versammlungsfreiheit zu beantworten.
Die Klage gegen das Verbotsverfahren wird Geld kosten, die Sternmarsch-AG alleine wird dies nicht schultern können. In Hannover wurde beschlossen, die Kosten in den Bereichen Großdemonstration, Camp, Medienzentrum und in Sachen Repression als Gesamtkosten des Widerstandes auf die gesamte Bewegung zu verteilen. Über eine Erweiterung in Richtung Gerichts- und Klagekosten ist dabei unseres Wissens bisher nicht gesprochen worden. Angesichts der Tatsache, dass die öffentliche Debatte um das Verbot des Sternmarsches momentan einer der Auslöser für die breite öffentliche G8-Debatte ist, bitten wir zum einen, die Kosten für dieses und mögliche weitere Verfahren im Zusammenhang mit der Einschränkung des Demonstrationskonzepts für den Donnerstag als Teil der Gesamtkosten des Protestes zu betrachten und am Ende zu bedenken. Attac vermeldet im Zuge der Verbotsdiskussion ein erhöhtes Spendenaufkommen, vielleicht ist das bei anderen größeren und kleineren Organisationen auch so. Wir bitten daher auch einzelne Gruppen und Teile der Bewegung in nächster Zeit kleinere oder größere Geldmengen für die Klage zu spenden oder zu organisieren.
Mit solidarischen Grüßen
das Sternmarschbündnis
Spenden bitte auf folgendes Konto:
Kultur- und Sportclub schw-rot eV
Kontonummer: 8194623
Sparkasse Hanau
BLZ: 506 500 23
Verwendungszweck: Klage-Sternmarsch
„Den Protest nach Heiligendamm tragen!“
Sternmarsch nach Heiligendamm am Donnerstag, 7. Juni 2007
Einladung zum Koordinierungstreffen in Berlin am 6.5.07
Der G8-Gipfel in Heiligendamm im Juni rückt näher und die Planungen für die seit langen geplanten Protestaktivitäten konkretisieren sich zunehmend – so auch für den gemeinsamen Sternmarsch nach Heiligendamm am Donnerstag, den 7. Juni.
Idee und Anmeldung ist weiterhin, nachmittags von vier angemeldeten Kundgebungsorten rund um Heiligendamm, nämlich Kühlungsborn, Kröpelin, Bad Doberan und Nienhagen, auf sechs verschiedenen Routen nach Heiligendamm zu laufen. Für alle Protestierenden soll der Sternmarsch die Möglichkeit bieten, nach mehreren Tagen unterschiedlichster Aktionen und Protesten wieder zusammen zu kommen. Mit dem Sternmarsch wollen wir noch einmal unsere Vorstellung einer anderen möglichen und nötigen Welt inhaltlich sichtbar machen. Da uns an diesem Tag das Gemeinsame wichtiger erscheint als das Trennende, schlagen wir vor, die verschiedenen Demozüge nicht nach Spektren oder Aktionsformen zu sortieren, sondern nach inhaltlichen Strängen. Das Konzept und die weitergehende Verständigungen auf den letzten beiden Treffen könnt ihr unter www.gipfelsoli.org/Home/Demonstrationen nachsehen.
Bis zum Koordinierungstreffen wird wahrscheinlich ein erstes Kooperationsgespräch stattgefunden haben und wir werden dann in etwa wissen, wie sich die Polizeibehörde „Kavala“ die Durchführung der Demo vorstellt. Entsprechend wird auf diesem Koordinierungstreffen die Frage Raum einnehmen, wie wir gedenken mit dem von Kavala diktierten Rahmen umzugehen.
Für eine Projekt dieser Größenordnung ist der Vorbereitungskreis enorm dünn. Das Ganze ist demnach nur realisierbar, wenn sich noch Leute in die Vorbereitung einbringen, ob mit einem inhaltlichen Block, einem Lautsprecherwagen, bei der Organisation eines der Demonstrationszüge oder in der Gesamtkoordination. Wie die Blöcke und Routen konkret aussehen und genutzt werden hängt von Euch ab. Von daher fühlt euch herzlich eingeladen und beteiligt euch an dem Projekt.
Sonntag, 6.Mai 2007, 17.00 Uhr
voraussichtlich im Cabuwazi-Zelt, Spreewaldplatz Berlin-Kreuzberg
Sternmarschbündnis
Hallo, hier die “Beschlüsse” der AG vom Samstag
1) Der Sternmarsch ist von den Anwesenden als gemeinsame Abschlusskundgebung gewollt. Entsprechend soll breit dafür mobilisiert werden. Es wird ein Treffen am Mittwoch (6.6.) nachmittag/abend stattfinden, auf dem -entsprechend der Gesamtsituation der Gipfelproteste und Repression – entschieden wird, ob und wie die Demonstration stattfindet.
2) Die unterschiedlichen Aktionsformen werden gegenseitig respektiert. Dazu gehört, dass es Rückzugsräume gibt. Entsprechend sollen auch Routen für den Rückweg bereits im Anmeldegespräch abgesprochen werden.
3) Der Sternmarsch ist als gemeinsame Aktion verschiedener Spektren geplant, an der möglichst Viele teilnehmen können sollen.
4) Der Zeitrahmen soll in etwa wie folgt konkretisiert werden: 8-12 Warm up; ab 12 Auftaktkundgebung; ab ca. 14 Demonstration geht los; ca. ab 20 Abschlusskundgebung. Diese Konkretisierung gilt nicht für die Route des FrauenLesbenTransgenderNetzwerks.
5) Offen blieb, ob es eine gemeinsame Abschlusskundgebung geben soll, wenn diese nicht in Heiligendamm stattfinden darf. Mehrheitlich wurde sich dagegen ausgesprochen.
6) Alle Gruppen sollen noch einmal zurückmelden, was sie übernehmen wollen/können (Blöcke, Ko-Anmeldung, Lautsprecherwagen etc.).
7) Nächstes Treffen ist voraussichtlich am Sonntag, 6.5., mittags in BERLIN. Ort wird noch gesucht.
Hier noch kurz unsere persönliche Einschätzung: Der Koordinierungskreis für den Sternmarsch ist noch immer sehr prekär besetzt. Es braucht mehr Personen, Gruppen, Zusammenhänge, die noch Lust haben, mitzumachen. Auch die Sternchenarme müssen sich jetzt weiter koordinieren (zumindest Ko-Anmleder_innen benennen und Demoleitungen zusammenstellen). Was ist eigentlich aus dem Anti- Atom-/Energie-Arm geworden? Wer hat Lust, einen Anikapitalismus/Weltwirtschaft/Arbeit-Arm zu machen oder auch einen ganz anderen Arm zu organisieren?
“Den Protest nach Heiligendamm tragen!“
Konzept für einen Sternmarsch nach Heiligendamm, Donnerstag, 7.Juni 2007
Die Grundidee:
Von vier Orten rund um Heiligendamm setzen sich am Donnerstag Mittag große Demonstrationszüge mit verschiedenen thematischen Schwerpunkten in Bewegung Richtung Heiligendamm. Sie bewegen sich soweit wie möglich in Richtung des Gipfelortes. Erklärtes Ziel ist es den Protest tatsächlich zum Ort des Geschehens zu tragen.
Entstehung der Idee
Auf der 2. Aktionskonferenz in Rostock wurde die Idee eines Sternmarschs nach Heiligendamm für Donnerstag in die Choreographie des Widerstands aufgenommen. Dort wurde auch der Wille erklärt, am Donnerstag Demonstrationen nach Heiligendamm mit einer angemeldeten Abschlusskundgebung unmittelbarvor dem G8-Tagungsort, dem Kempinski-Hotel, durchzuführen. Allerdings wurde kein Koordinierungskreis gegründet, der sich der Vorbereitung dieser Demonstration zu Eigen gemacht hätte.
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