Urteil: Ermittler bekommen ihr Überwachungsgerät nicht zurück
Oldesloer Student, der unter Terrorismusverdacht stand, hatte den Apparat an seinem Auto gefunden und abmontiert.
Es ist ein Tag Anfang März vergangenen Jahres, an dem der Student Simon J. (Name geändert) aus Bad Oldesloe an der Stoßstange seines Opels eine sonderbare Entdeckung macht: ein Ding aus schwarzem Plastik, so groß wie eine Geldbörse, mit Antennen und Drähten dran. Ein satellitengestützter Peilsender! Der damals 24-Jährige baut das Gerät ab. Und eine Posse nimmt ihren Lauf, die gestern vor dem Amtsgericht Bad Oldesloe mit einer Blamage für das Landeskriminalamt (LKA) ihr Ende gefunden hat.
Denn das LKA hat den Studenten J. – in jenem März der Bildung einer linksextremistischen terroristischen Vereinigung verdächtig – nun auf Herausgabe des behördenintern “GPS-Ortungsgerät Nr. 20” genannten, 2500 Euro teuren Überwachungsapparats verklagt. Und verloren.
Es ist eine kuriose Verhandlung, die in Saal 122 ihren Lauf nimmt und kaum länger als 20 Minuten dauern soll. Für das Land ist Dörte Kloss erschienen, die Justiziarin des Landespolizeiamts. Simon J. lässt sich von seinem Kieler Anwalt Alexander Hoffmann vertreten. Vor der Tür regelt Amtsgerichtsdirektor Ulf Thiele den Strom der Besucher, der nicht abreißen will. Etwa 100 junge Leute aus der linken Szene wollen rein. Die meisten müssen draußen bleiben, denn Saal 122 ist bei weitem zu klein für alle Zuschauer.
Richterin Katja Krebs bringt das Problem auf den Punkt: “Zum Eigentum des Geräts ist bisher kein ausreichender Tatsachenvortrag erfolgt.” Das heißt im Klartext: Das LKA hat nicht beweisen können, Eigentümer des Peilsenders zu sein. Damit ist die Klage für Richterin Krebs unschlüssig und wird abgewiesen.
In der Vergangenheit hat das LKA unterdessen sogar ausdrücklich abgestritten, etwas mit dem Ortungsgerät zu tun zu haben. Das hat Anwalt Hoffmann schriftlich. Sein Mandant hatte nach dem Fund des Senders Briefe an jene staatlichen Stellen schreiben lassen, die infrage kommen, Peilsender zu montieren. Alle Behörden hatten geantwortet und die Montage abgestritten. Aus ermittlungstaktischen Gründen sei das so gewesen, heißt es heute unter der Hand aus dem LKA.
Simon J. und andere Oldesloer aus der linken Szene stehen im März 2007 im Verdacht, eine linksextremistische terroristische Vereinigung gegründet zu haben. Es ist die Zeit vor dem G-8-Gipfel in Heiligendamm. Es hat Brandanschläge unter anderem auf die Oldesloer Firmen Hako und Thormählen Schweißtechnik sowie auf die Autos des ehemaligen Finanz-Staatssekretärs Thomas Mirow (SPD) und des Direktors des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, gegeben. Die Generalbundesanwaltschaft ermittelt. Telefone werden abgehört. Während einer bundesweiten Razzia wird auch das Oldesloer Inihaus durchsucht.
Nachdem Simon J. den Peilsender gefunden hat, sehen sich die Ermittler auch in seiner Wohnung um. Offenbar hoffen sie, bei dieser Gelegenheit auch das verloren gegangenen Ortungsgerät zu finden. Fehlanzeige.
Die Generalbundesanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Simon J. und andere Verdächtige inzwischen an die Staatsanwaltschaft Flensburg abgegeben, die für politisch motivierte Straftaten zuständig ist.
Wo sich der Peilsender befindet, bleibt ein Geheimnis. Das weitere Vorgehen des Landeskriminalamts auch. Die Behörde lehnt unter Berufung auf die laufenden Ermittlungen in Flensburg eine Stellungnahme zum Urteil ab.
Von Alexander Sulanke
erschienen am 30. Mai 2008
Source: http://www.abendblatt.de/daten/2008/05/30/887648.html