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2005-10-26

Linksextremistische Globalisierungsgegner: Vorbereitung auf G8-Gipfel 2007

Globalisierungsgegner wollen Kommunikationsstrukturen schaffen, um Proteste mit unterschiedlichen Aktionsformen gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm (Mecklenburg-Vorpommern) vorzubereiten. Wirksamer Protest sei nur möglich, wenn man nah an den Ort des Geschehens herankomme.

Auf dem Campus der Hamburger Universität trafen sich vom 07. bis 09.10.05 rd. 200 überwiegend linksextremistische Globalisierungsgegner zur inhaltlichen und organisatorischen Planung von Protestaktionen gegen den G8-Gipfel im Jahr 2007 im Seebad Heiligendamm in Mecklenburg-Vorpommern. Eingeladen hatte der deutschsprachige Ableger des internationalen Netzwerkes “Dissent!”. Es war maßgeblich von militant orientierten britischen Globalisierungskritikern zur Vorbereitung von Protesten gegen das G8-Treffen im Juli 2005 in Gleneagles (Schottland) initiiert worden. Die meisten Teilnehmer des Treffens kamen aus Berlin und Hamburg, aber auch aus der Schweiz, Großbritannien, Frankreich und Polen waren Interessierte angereist. Bereits im April 2005 hatte es in Hamburg im Rahmen des “Bundeskongress Internationalismus” (BUKO) erste Treffen und Gespräche zu diesem Thema gegeben.

Der G8-Gipfel in Deutschland – so ein Einladungsschreiben zu dem Campus-Treffen – sei eine gute Möglichkeit, der “Gruppe der Acht” zu zeigen, für wen sie nicht spräche. Er biete viele Ansatzpunkte konkreter gesellschaftlicher Intervention. Nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern gebe es viele Teilbereichsbewegungen, deren Arbeitsfelder auch mit der Politik der G8 zu tun hätten: Gentechnik, Atom- und Energietechnik, Privatisierung, Migrationspolitik, Rassismus, Militarisierung, Patriarchat.

Man habe zwei Jahre Zeit für die Schaffung von Kommunikationsstrukturen. Regionale und internationale Vorbereitungstreffen müssten auf die Beine gestellt und neue Kontakte gesucht werden. Unterschiedliche Aktionsformen begreife man als Ausdruck vielfältiger Herangehensweisen und sähe darin eine Stärke. Wer bereit sei, eigene Aktionsformen zu reflektieren und dabei andere Positionen respektiere, sei willkommen. Die sog. PGA-Eckpunkte des anarcho-sozialrevolutionären Netzwerkes “Peoples Global Action” (PGA) seien ein guter Orientierungsrahmen:

1. "Eine klare Ablehnung von Kapitalismus, Imperialismus und Feudalismus und aller Handelsabkommen, Institutionen und Regierungen, die zerstörerische Globalisierung vorantreiben.

2. Wir lehnen alle Formen und Systeme von Herrschaft und Diskriminierung ab, einschließlich aber nicht beschränkt auf Patriarchat, Rassismus und religiöser Fundamentalismus aller Art. Wir anerkennen die vollständige Würde aller Menschen.

3. Eine konfrontative Haltung, da wir nicht glauben, dass Lobbyarbeit einen nennenswerten Einfluss haben kann auf undemokratische Organisationen, die maßgeblich vom transnationalen Kapital beeinflusst sind.

4. Ein Aufruf zu direkter Aktion und zivilem Ungehorsam, Unterstützung für die Kämpfe sozialer Bewegungen, die Respekt für das Leben und die Rechte der unterdrückten Menschen maximieren, wie auch den Aufbau von lokalen Alternativen zum Kapitalismus.

5. Eine Organisationsphilosophie, die auf Dezentralisierung und Autonomie aufgebaut ist."

Kontrovers diskutiert wurde in Hamburg das Verhältnis des deutschsprachigen “Dissent!”-Ablegers zu der zweiten maßgeblichen Mobilisierungsströmung gegen den G8-Gipfel, dem Projekt “Für eine interventionistische Linke” (IL). Gegen das von dieser Gruppierung geforderte breite gesellschaftliche Bündnis unter Einschluss von gewerkschaftlichen und kirchlichen Organisationen hatte das linksextremistische “Dissent!”-Spektrum erhebliche Vorbehalte.

Nach Ansicht verschiedener Diskussionsgruppen habe man es nicht geschafft, den Gipfel in Gleneagles nennenswert zu stören. In Heiligendamm wolle man mehr erreichen. Man müsse näher an den eigentlichen Ort des Geschehens herankommen, nur so sei es möglich, den Protest wirksamer zu artikulieren.

Ein weiteres Treffen ist für Januar 2006 in Berlin geplant.

Bereits zweimal haben militante Linksextremisten von ihnen verübte Brandanschläge als Bestandteil bzw. Auslöser des sich formierenden Widerstandes gegen den geplanten G8-Gipfel in Heiligendamm bezeichnet:

  • Am 28.07.05 setzten bisher unbekannte Täter das Fahrzeug des Vorstandsvorsitzenden der Norddeutschen Affinerie, Dr. Werner Marnette, vor seinem Wohnhaus in Brand. Der Schwerpunkt der Bekennung zu dieser Tat lag auf den Protesten gegen den zurückliegenden G8-Gipfel in Gleneagles/Schottland und damit verbunden die perspektivische Ausrichtung auf den für 2007 geplanten G8-Gipfel in Heiligendamm. Mit dem Anschlag sei “der Vorschlag für eine breite, auch militante Kampagne zum G8-Gipfel in Heiligendamm bei Rostock” verbunden.
  • In der Nacht zum 17.10.05 verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf ein im Umbau befindliches Dienstgebäude des Auswärtigen Amtes (AA) in Berlin. Unter der Überschrift “No G8 2007 – die Verhältnisse zum Tanzen bringen!” agitierten die Verfasser einer später eingegangenen Bekennung u. a. gegen die – wie es dort heißt – “neue deutsche Außenpolitik, sprich Großmachtspolitik im ökonomischen und militärischen Sinne”. Als eine der nächsten Stationen deutscher Außenpolitik bezeichnen sie die “Inszenierung und Ausrichtung” des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm. Vor diesem Hintergrund begrüßten die Verfasser ausdrücklich den Brandanschlag auf das Dienstfahrzeug (s.o.). Sich selbst ordneten sie “kritisch solidarisch” dem sich gegen das G8-Treffen formierenden “Widerstand” zu und wollen ihre “Aktion” als einen “Debattenbeitrag für eine �offene militante Plattform’” verstanden wissen.

Stand:26.10.2005

http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/inneres/landesamt-fuer-verfassungsschutz/aktuelles/g8gipfel-heiligendamm-artikel.html