junge welt 22. Mai 2007
Von Reimar Paul
In Göttingen hat es in der Nacht zum Sonntag nach Polizeiangaben Brandanschläge auf zwei Fahrzeuge der Bundespolizei gegeben. Durch Zufall hätten zwei Streifenbeamte die teilweise in Flammen stehenden Kleinbusse auf dem Parkplatz der Polizei bemerkt, sagte eine Polizeisprecherin am Montag. Sie hätten das Feuer löschen können, noch bevor die Feuerwehr eintraf. Reifen und Unterböden der Einsatzfahrzeuge seien beschädigt worden, der Sachschaden soll sich auf 6000 Euro belaufen.
Einen politischen Hintergrund schloß die Polizei ausdrücklich nicht aus. Möglicherweise gebe es Zusammenhänge mit einer Demonstration von rund 400 linken G-8-Kritikern am Vorabend. Dabei war es zu Auseinandersetzungen gekommen. Als einige Demonstranten auf eine Polizeisperre in einer Seitenstraße zuliefen, setzten Beamte Schlagstöcke ein. Augenzeugen berichteten von einem harten Vorgehen der Polizei, die nach eigenem Bekunden mehrere hundert Einsatzkräfte aufgeboten hatte. Die Proteste richteten sich auch gegen das Demoverbot in Heiligendamm und die Razzien bei mutmaßlichen G-8-Gegnern in mehreren Städten.
Ihre Vermutung, Linke könnten den Anschlag auf die Fahrzeuge verübt haben, sieht die Polizei durch einen ähnlichen Vorfall vom vergangenen Oktober erhärtet. Damals sei am Vorabend einer Demonstration gegen Rechtsextremismus in Göttingen ebenfalls ein Brandanschlag auf ein Polizeifahrzeug verübt worden.
Unterdessen zieht die Observierung eines »antifaschistischen Stadtrundgangs« in Göttingen durch Beamte des Staatsschutzes weitere Kreise. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende im niedersächsischen Landtag, Stefan Wenzel, sprach am Montag von einer »völlig überzogenen Maßnahme«. Der Rundgang am 10. Mai war Bestandteil einer »Kulturwoche gegen rechts«, zu der zahlreiche Initiativen eingeladen hatten. Mehrere Zivilbeamte hatten die rund 35 Teilnehmer des Stadtrundgangs observiert. Dagegen protestierten auch Vertreter von Kirchen und der Jüdischen Gemeinde Göttingen. Polizeichef Hans Wargel wies die Kritik zurück und will nun prüfen lassen, ob die Veranstaltung möglicherweise strafrechtlich verfolgt werden müsse, weil sie als Versammlung nicht angemeldet gewesen sei.
Source: junge Welt