Campinski Pressegruppe
Pressemitteilung
Rostock, den 06.06.2007
Rechtsanwälte Schultz & Förster
G 8-Protest-Kundgebung am Flughafen von Rostock-Laage am 05.06.07 trotz massiver
Behinderungen durch Polizeikräfte ohne gewaltsame Auseinandersetzungen zu Ende
gegangen
Verzögerung bei der Polizeidirektion Rostock und fehlender Eildienst beim
zuständigen Verwaltungsgericht verhindern Realisierung des Versammlungsrechts
1.
Die Protestkundgebung in Weitendorf gegen Militarisierung und Krieg konnte
nach den Vorgaben des Oberverwaltungsgericht mehrere hundert Meter vom
Flughafen-Zaun entfernt mit über Tausend Teilnehmer/innen stattfinden (vgl.
unsere Pressemitteilungen vom 01. bis 04.06.). Die gesamte Umgebung des
Flughafens erweckte mit massivem Polizeiaufgebot (zum Teil mit
Maschinenpistolen, Absperrungen, Fahrzeugen von Bundespolizei und GSG bis hin
zu Schützenpanzerwagen) den Eindruck eines Belagerungszustandes. Die
Kundgebung selbst wurde nach Feststellungen von RA Schultz als Vertreter der
Versammlungsleitung vor Ort erheblich behindert:
- Die Anfahrt und der Zugang zur Kundgebung wurden durch Absperrungen,
Kontrollstellen und verweigerte Parkmöglichkeiten vor Ort behindert; die
Erklärung zur “Sperrzone” durch Polizeikräfte im Ort konnte erst durch
Intervention von RA Schultz bei der Einsatzleitung als “Irrtum” beendet
werden.
- Trotz der ausdrücklichen Festlegung im Protokoll des OVG, wonach die
“Sichtbarkeit der Veranstaltung nicht durch Polizeifahrzeuge oder andere
polizeilichen Maßnahmen behindert wird”, waren zwei riesige Polizei-LKW auf
der Parkstraße Richtung Flughafen so aufgestellt, dass die Sicht vom und zum
Flughafen versperrt wurde. Auf die Intervention von RA Schultz bei der
Einsatzleitung vor Ort und mehrfacher Anmahnung verblieb diese rechtswidrige
Behinderung bis lange der nach Ankunft und Abtransport von Präsident Bush mit
dem Hubschrauber bestehen,
- Nach der kurzfristigen Blockierung einer Kreuzung an der Bundesstraße 103
durch einige Dutzend abziehende Versammlungsteilnehmer/innen wurden diese auf
eine Böschung neben der Straße abgedrängt und eine Stunde lang durch ein
massives Polizeiaufgebot mit Polizeihunden usw. am Weggehen gehindert, wodurch
die Straßen für den Durchgangsverkehr praktisch gesperrt waren. Während der
Einsatzleiter vor Ort auf Intervention von RA Schultz diesem erklärte, die
Demonstrant/innen könnten und sollten ungehindert und einzeln in jede
gewünschte Richtung abziehen, riegelten die Einsatzkräfte der Polizei die
Straße Richtung Weitendorf weiterhin ab, per Lautsprecher wurde gleichzeitig
eine Aufforderung zum Verlassen und eine Androhung polizeilicher Maßnahmen
verkündet.
- Nach Auflösung der Versammlung wurde eine junge Auszubildende aus Görlitz
festgenommen und in einer “Wanne” zur Gewahrsamsstelle abtransportiert, weil
ihr ein “Verstoß gegen das Versammlungsgesetz” vorgeworfen wurde und sie sich
nicht habe ausweisen können, während sich RA Schultz noch als Vertreter des
“Legal Teams” um eine Klärung bemühte.
- Ebenfalls nach Versammlungsende wurde bekannt, dass ein vollbesetzter Bus auf
der Anfahrt von Rostock zum Kundgebungsort auf einen Autobahn-Parkplatz
geleitet und dort mehrere Stunden festgehalten worden war: Nachdem die
polizeiliche Durchsuchung lediglich eine Gasmaske und zwei Funkgeräte erbracht
hatte, wurden sämtlichen Insassen die Ausweise abgenommen, sie wurden einzeln
fotografiert und ihnen wurde erklärt, die Fotos würden erst gelöscht, wenn sie
keine “Post von der Staatsanwaltschaft” erhalten.
- Dem Lautsprecherwagen der Kundgebung wurde erst Stunden nach Ende der
Versammlung gestattet, für das erforderlich werdende Manöver zur Rückfahrt nach
Rostock den abgesperrten Kreisel (der sich mehrere 100 m vom Flughafenzaun
befindet) zu benutzen.
Wenn es trotz dieser massiven Behinderungen zu keinen gewaltsamen
Auseinandersetzungen kam, zeigt dies wie besonnen die Teilnehmer/innen agierten
und dass sie sich durch entsprechende Aufforderung der Versammlungsleitung nicht
provozieren ließen.
Diese unvollständigen Beispiele verdeutlichen, wie die Polizeimaßnahmen den
gesetzlichen Aufgaben und rechtlichen Verpflichtungen zuwiderlaufen und die
Realisierung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit gefährden. Am Rande der
Kundgebung wurde die Vermutung geäußert, die Maßnahmen seien Bestandteil
großangelegter Notstandsübungen zur Untermauerung der Forderung nach einer
Änderung des Grundgesetzes, damit das Militär in Zukunft auch im Inneren
eingesetzt werden könne.
2.
Wer gemeint hat, gegen polizeiliche Willkür und Schikanen sei es möglich, auch
kurzfristig Rechtsschutz durch die zuständigen Verwaltungsgerichte zu erhalten,
die bekanntlich für voraussehbare Konflikte in der Größenordnung der
G-8-Proteste Eil- bzw. Notdienste rund um die Uhr einzurichten haben, sei auf
ein aktuelles Beispiel verwiesen:
Die Bemühungen von RA Förster, gegen das Verbot einer weiteren Kundgebung durch
die Polizeidirektion Rostock außerhalb der Verbotszone gerichtlich vorzugehen,
sind in seiner Antragsschrift an das VG Schwerin(VG) so dokumentiert:
“Am 04.06. wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass man beabsichtige, die
Versammlungen zu verbieten. Gleichwohl wurde dem Unterzeichner erst heute um
1:30 Uhr — also 5 1/2 Stunden vor dem Beginn der Kundgebungen ein
rechts-mittelfähiger Bescheid übermittelt. Der Unterzeichner hatte gegen 22:30
Uhr bei der Antragsgegnerin angerufen und um die kurzfristige Übersendung des
Bescheids gebeten. Herr Dr. E. von der Antragsgegnerin erklärte, es werde
gerade an dem Bescheid gearbeitet. In einer Stunde werde mir dieser vorliegen.
Er sei fast fertig und würde nur noch auf Rechtschreibfehler durchgesehen. Der
Unterzeichener hat dann noch mehrfach bei der Antragsgegnerin angerufen. Immer
wieder wurde er vertröstet, dass in einer halben Stunde der Bescheid
übermittelt werden. Gegen ca. 0 Uhr wurde ihm gesagt, Herr Dr. E. sei gerade
aus dem Raum gegangen und werde wahrscheinlich gerade die Übersendung des
Bescheids veranlassen”.
Weiter berichtet er:
Unmittelbar nach dem ersten Anruf bei Dr. E. habe ich beim VG angerufen, um den
Antrag anzukündigen. Ein Anrufbeantworter, der nicht durch eine Aufforderung zum
Sprechen angekündigt war, schaltete sich ein, brach aber nach kurzer Zeit ab, so
dass ich die Ankündigung in mehreren Anläufen in Teile zerlegt aufsprechen
musste. Ich habe dann in der ganzen Nacht bis zum frühen Morgen immer wieder
versucht, das VG zu erreichen. Um 7:40 erreichte ich die Zentrale und wurde mit
Frau I. verbunden. Ich fragte, ob mein Antrag eingegangen und wer zuständig sei.
Die Mitarbeiterin fragte, wann ich den Antrag eingereicht hätte. Als ich dies
sagte, fragte sie, ob ich denn glaube, ob das VerwG nachts arbeite, die Frage
könne sie nicht beantworten. Das Faxgerät stehe unten, da müsste sie erst
runtergehen. Ich sagte dann, dann würde ich in fünf Minuten wieder anrufen. Bis
8.45h war niemand mehr zu erreichen. – dies zum Thema Notdienst der zuständigen
Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Für weitere Informationen stehen wir unter den Telefonnummern 0172 4203768
(RA Schultz) und 0163 1565347 (RA Förster) zur Verfügung.
H.-Eberhard Schultz
Rechtsanwalt
Claus Förster
Rechtsanwalt