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2007-11-30

Die drei Beschuldigten im 129a-Prozess kommen nun gegen Kaution frei

Ein fast normales Strafverfahren

Von Anke Engelmann

Das BGH hat die Hürden für die Anwendung des Terrorparagrafen 129a heraufgesetzt. Eine Entscheidung, die längst überfällig war, meinen die Anwälte der drei Beschuldigten, die seit Ende Juli unter verschärften Bedingungen in Haft sitzen.

90 000 Euro Kaution sind kein Pappenstiel, doch inzwischen müssten Oliver, Florian und Axel nach vier Monaten Haft wieder in Freiheit sein. Das gaben gestern in Berlin die Anwälte der Beschuldigten bekannt. Einen Tag zuvor hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil erstmalig dazu geäußert, wann der »Ermittlungsparagraf« 129a angewendet werden darf.

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Zwar bestehe ein begründeter Verdacht, dass die drei zur »militanten gruppe« (mg) gehören, meint das BGH. Für eine Anwendung des Paragrafen 129a könne jedenfalls »nicht jede geringfügige Schädigung ausreichen«.

Damit ist es amtlich: Die mg ist kein Fall für den Paragrafen 129a. Ihre Aktionen seien »weder nach Art ihrer Begehung noch nach ihren Auswirkungen geeignet, die Bundesrepublik erheblich zu schädigen«, befand das BGH. Eine »erfreuliche Klarstellung«, die »längst überfällig« war, kommentierte Anwalt Ulrich von Klingräff gestern. Die Entscheidung habe der Bundesanwaltschaft (BAW) »eine deutliche Grenze gesetzt« und Bestrebungen der BAW unter Monika Harms vereitelt, den umstrittenen Paragrafen auf einen historischen Stand zurückzusetzen, ergänzte sein Kollege Olaf Franke.

Für die Beschuldigten dürfte der Beschluss eine große Erleichterung sein. Nicht nur, dass sie gegen je 30 000 Euro Kaution und Hinterlegung ihrer Reisepässe freikommen, sie erwartet auch ein deutlich niedrigeres Strafmaß, erläuterte von Klingräff. Gegen sie laufe nun ein »normales Strafverfahren«.

Fast normal. Denn die Bundesanwaltschaft ist weiterhin für die Ermittlungen zuständig. »Wir gehen davon aus, dass weitere ZeugInnen vorgeladen« werden, sagte von Klingräff. Nur könne die BAW nicht mehr so starke Sanktionen durchsetzen. Den etwa 20 geladenen Zeugen drohte bisher bei einer Aussageverweigerung neben einem Bußgeld auch eine Beugehaft

»Die Paragrafen 129, 129a und b gehören abgeschafft«, so Volker Eick von der Soligruppe. Bereits jetzt sei der berufliche und finanzielle Schaden für die drei Beschuldigten sowie die vier, gegen die ebenfalls ermittelt wurde, immens. So hätten einige ihre Arbeitsstellen verloren, andere konnten bereits zugesagte Jobs nicht antreten. »Wir protestieren gegen die Kriminalisierung des antimilitaristischen Widerstandes« sowie die »Ausschnüffelung linker Szenen, die der Paragraf 129a ermöglicht hat«, sagte eine Sprecherin des Bündnisses gegen die 129a-Verfahren. Die »Anti-Kriegs-Aktion« der drei sei ein »Beitrag zu antimilitaristischen Friedensbewegungen«. Den drei Beschuldigten wird versuchte Brandstiftung an Bundeswehr-Lkw vorgeworfen.

Für den 15. Dezember mobilisieren linke Gruppen zu einer bundesweiten Solidemo nach Hamburg. Es soll »die größte linksradikale Demonstration nach Heiligendamm werden«, heißt es dazu auf der Internet-Plattform indymedia.
Paragraf 129

• Der Paragraf 129 des Strafgesetzbuches befasst sich mit der Bildung krimineller Vereinigungen. Das Strafmaß liegt bei bis zu fünf Jahren Haft.

• Der 1976 geschaffene Terrorismusparagraf 129a sieht für Taten von terroristischen Vereinigungen Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren vor. Demnach sei schon eine Gesinnung strafbewehrt, so Kritiker. Der Paragraf erfasst einen großen Personenkreis und stellt nur geringe Hürden an den Anfangsverdacht.

• 2002 wurde der Paragraf 129b hinzugefügt. »Die Paragrafen 129 und 129a gelten auch für ausländische Vereinigungen«, lautet der entscheidende Satz darin.

• Vor vier Jahren hat die rot-grüne Koalition erstmals eine Definition von Terrorismus in das Gesetz geschrieben und damit einen EU-Rahmenbeschluss umgesetzt. Demnach liegt ein Terrorakt nur dann vor, wenn die Tat geeignet ist, »die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen«, heißt es dort.

[http://www.neues-deutschland.de/artikel/120131.html]

Source: /www.neues-deutschland.de