Wir bleiben Kassandra treu und plädieren dafür:
Die Soli-Arbeit für Oliver, Florian und Axel ausbauen!
Wir veröffentlichen hier die Langfassung eines Textes von Paragraphenamazone (pdf-Datei, 6 Seiten: http://delete129a.blogsport.de/images/akREPLIKLangfassung.pdf), der vor einer Woche in einer kürzeren Fassung in „ak. analyse und kritik“ erschienen ist. Diese Langfassung scheint uns nicht überholt zu sein, obwohl sie bereits vor der am Mittwoch bekannt gegebenen BGH-Entscheidung fertig gestellt wurde.
Der Text warnt vor Gefahren, die unseres Erachtens auch mit der jetzigen BGH-Entscheidung nicht vom Tisch sind:
1. Warnt der Text davor, das Beweis- oder Indizienmaterial der BAW gegen die drei weiterhin inhaftierten GenossInnen zu unterschätzen. Eine Kampagne, die die Vorwürfe der BAW schlicht und einfach als „absurd“ und „haltlos“ abtut, kann schnell zusammenbrechen, falls die BAW doch etwas in der Hand hat und ein Zeitpunkt kommt, wo es ihr opportun erscheint, das eventuell vorhandene Material zu veröffentlichen.
2. Insbesondere hat – jedenfalls bisher – die Strategie nicht funktioniert, die „Terrorismus“-Vorwürfe gegen die drei Inhaftierten darüber wegzubekommen, dass sie bei Andrej ausgeräumt werden.
2.1. Auch gegen Andrej wird weiterhin wegen des Verdachtes der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ermittelt – wenn auch nur noch wegen einfachen und nicht mehr wegen dringenden Tatverdachtes (siehe die Presseerklärung von Ulla Jelpke vom Mittwoch).
2.2. Nicht einmal der dringende Tatverdacht auf mg-Mitgliedschaft der drei Inhaftierten wurde in einem Automatismus mit dem dringenden Tatverdacht gegen Andrej ausgeräumt. Vielmehr wird der BGH über diese Frage erst zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden. Wie diese Entscheidung ausfällt, ist zumindest offen (siehe dazu unsere „Erste Einschätzung“ und den dortigen - insoweit zustimmenden - Kommentar von “xccccccccc” [24.10., 21:02 h] [1]. Für unsere angekündigte genauere Analyse des Beschlusses brauchen wir leider noch etwas Zeit.)
3. Genauso wenig aufgegangen ist bisher die (politisch zweifelhafte) Strategie, die mg als möglichst harmlos darzustellen und darüber die Anwendung des § 129a zu kippen. Ob diese Strategie am Ende doch noch Früchte trägt und der BGH dann die mg zur „nicht-terroristischen Vereinigung“ erklärt, ist mindestens offen (siehe mit gegensätzlicher Tendenz die Artikel des „Stern“ und des „Tagesspiegel“). Wir befürchten, dass das jetzige Schweigen des BGH zu dieser Frage darauf hin deutet, dass er den „Terrorismus“-Vorwurf am Ende bejaht. Die Frage, ob die mg eine „terroristische Vereinigung“ im Sinne des Gesetzes ist, ist die grundlegende Frage, von der das ganze Verfahren abhängt. (2) Dass der BGH die Frage in der Entscheidung zu Andrej nicht behandelt, deutet darauf hin, dass er sie stillschweigend bejaht. Würde er sie verneinen, so würde das Ermittlungsverfahren nämlich auch nicht wegen eines einfachen Verdachts auf Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung“ weitergeführt werden können! (Würde die BAW als nächstes gegen ein Sportteam, das nichts anderes macht, als Volleyball spielen, wegen Terrorismus-Verdachts ermitteln, so würde der BGH – hoffentlich – auch nicht erst prüfen, ob die einzelnen Beschuldigten Team-Mitglieder sind, sondern der BAW mitteilen, dass es schon an einer „terroristischen Vereinigung“ fehlt, so dass die Frage, wer Mitglied des Sportteams ist, strafrechtlich völlig irrelevant ist.)
Deshalb ist also auch weiterhin die strategische Schlussfolgerung von Paragraphenamazone richtig: Statt Konzentration auf die Verteidigung speziell von Andrej vielmehr „den Angriff auf den § 129a in Zentrum rücken!“ – dies ist das Einzige, was definitiv allen Beschuldigten helfen würde. Und dies – die Einstellung des Verfahrens „für alle sieben Betroffenen“ – sollte in der Tat, wie Andrej im „Junge Welt“-Interview gesagt hat, weiterhin das Ziel sein; diese klare Haltung von Andrej sollte sich die Soli-Bewegung zu eigen machen.
Und in diesem Sinne begrüßen wir die Initiative für eine bundesweite Demo gegen den § 129a am 15.12. in Hamburg.
(1) “Die Haftbefehle gegen die anderen müßten […] deshalb aufgehoben werden, da Andrej ja die 129a-Brücke war, außer den Kontakt zu Andrej gibt es aus Sicht der Anwälte nicht so viel, was als eine Verbindung zur mg aufgefasst werden könnte und aus Sicht der Anwälte ist ein versuchter Brandanschlag ja nicht haftbefehlwürdig. […].
Aber dies sieht der BGH, wie du richtig anmerkst, anscheinend anders.”
(2) Insofern war wohl auch unsere Zustimmung zu dem Kommentar von „xccccccccc“ etwas voreilig.
„xccccccccc“ schrieb am 24.10. um 21:02 h:
Es ist „der beliebteste Anfängerfehler ist, stundenlang etwas zu prüfen, was überhaupt nicht relevant ist. Mit anderen Worten: wenn Andrej nicht dringend tatverdächtig ist, dann wäre es juristisch falsch noch zu prüfen, ob die mg überhaupt eine terroristische Vereinigung ist.“
Wir antworteten darauf spontan um 22:14 h:
„Unser Argument war nicht, der BGH hätte im Falle von Andrej die Frage, ob die mg eine ‚terroristische Vereinigung’ ist, prüfen müssen. Das wäre tatsächlich ein Anfänger-Fehler gewesen. Soweit stimmen wir dir zu.“
Wir würden jetzt dahin tendieren, das Argument genau umzudrehen: Wenn es keine „terroristische Vereinigung“ gibt, ist es falsch zu prüfen, ob jemand dort Mitglied ist. Diese Frage ist dann nämlich strafrechtlich irrelevant. Siehe am Ende des Absatzes im Haupttext.
Weiterhin richtig scheint uns auch unser weiteres Argument vom 24.10. zu sein:
„xccccccccc“ schrieb:
„Dass sie sich noch die Zeit nehmen, spricht eher dafür, dass es a) kontrovers ist oder/und b) sie eine wirklich weitreichende Einschätzung über den 129a abgeben und dafür hat die Zeit bisher wohl nicht gereicht(was ja auch die ständigen Verschiebungen andeuteten).“
Darauf antworteten wir:
„Das ist eine plausible Möglichkeit – bestätigt doch aber gerade unser Argument, dass eine eventuell positive Entscheidung für die drei Inhaftierten KEIN Automatismus ist, sondern mindestens noch erhebliche Diskussionen im 3. Strafsenat bedarf.“
(Quelle:
http://delete129a.blogsport.de/2007/10/26/nach-dem-bgh-beschluss-wir-bleiben-kassandra-treu-und-plaedieren-dafuer/; dort mir links zu den zitierten Quellen)