ZeugInnengruppe / Ermittlungsausschuss Berlin
Pressemitteilung, 15. Oktober 2007
Seit Mittwoch, den 10.10.2007 haben über 10 Personen eine Zeugenvorladung von der Bundesanwaltschaft (BAW) im Zusammenhang mit dem 129a-Verfahren gegen Florian, Oliver, Axel, Andrej und drei weitere Beschuldigte erhalten.
Zum Hintergrund des Verfahrens:
Am 31.7.2007 wurden Oliver, Florian und Axel verhaftet. Die Polizei wirft ihnen einen versuchten Brandanschlag auf Bundeswehr-LKW vor. Weiterhin wurde Andrej in seiner Wohnung verhaftet. Ihm werden zwei angeblich konspirative Treffen mit einem der drei Verhafteten vorgeworfen. Allen sieben Beschuldigten wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (militante gruppe) nach § 129a StGB vorgeworfen.
Andrej wurde nach einigen Wochen, gegen Meldeauflagen und Zahlung einer Kaution, von der Vollstreckung der Untersuchungshaft verschont. Gegen diesen Beschluss hat die BAW Beschwerde eingelegt. Bis zum jetzigen Zeitpunkt steht die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) noch aus. Der BGH hat angekündigt, im Rahmen dieser Beschwerde darüber zu entscheiden, ob in dem Verfahren weiter wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder wegen einer einfachen Brandstiftung ermittelt wird (Weitere Infos zum Verfahren gibt es unter http://einstellung.so36.net).
Zu den aktuellen ZeugInnenladungen durch die BAW:
Ohne diese Entscheidung abzuwarten hat die BAW nun wahllos mit der Vorladung von Personen als ZeugInnen begonnen. Uns sind bisher über 10 Betroffene bekannt. Neben Menschen aus dem näheren Umfeld der Beschuldigen sind hiervon auch Menschen betroffen, die bisher keinen Zusammenhang zu den Beschuldigen oder dem Verfahren erkennen können. Hier zeigt sich, dass alleine der Kontakt zu einem Beschuldigten dazu führen kann, in das Umfeld eines Terrorismusverfahrens gezogen zu werden.
Die Betroffenen müssen diesen staatsanwaltschaftlichen Vorladungen Folge leisten und sind rechtlich zur Aussage verpflichtet. Sollten diese Personen sich weigern Fragen zu beantworten, droht ihnen ein Zwangsgeld und die Verhängung von Erzwingungshaft. Dieses, auch als Beugehaft bezeichnete Mittel, ermöglicht es der BAW, einen unschuldigen Menschen bis zu sechs Monate ins Gefängnis zu stecken, nur weil dieser nicht bereit ist, das staatliche Terrorismuskonstrukt durch die Beantwortung von Fragen zu unterstützen und so beispielsweise einen Freund zu belasten oder zu einer Ausforschung seines Privatlebens beizutragen.
Für die Betroffenen ist nicht absehbar, wohin ihre Befragung führen soll. Sie könnte beispielsweise dazu dienen, neue ZeugInnen oder Beschuldigte zu schaffen.
Der Konflikt zwischen diesen Zwangsmitteln und der Gefahr bei einem nicht zu durchschauenden Verfahren unwissentlich mitzuwirken, setzt die Betroffenen erheblich unter Druck. Momentan ist nicht absehbar, ob weitere Zeugenvorladung durch die BAW zu erwarten sind.
"Anscheinend versucht die BAW kurz vor der Entscheidung des BGH noch Material zu sammeln, weil sie keine Beweise hat", sagte Beate Beckmann vom Ermittlungsausschuss (EA) Berlin.
ZeugInnengruppe / EA, 15.10.2007
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